Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3113 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Haben jährlich 76 Milliarden Zigaretten, 3 Milliarden Zigarren und Zigarillos, 3 245 t Pfeifentabak und 24 258 t Feinschnitttabak Auswirkungen auf die Luftqualität in Deutschland? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP), eingegangen am 31.01.2019 - Drs. 18/2737 an die Staatskanzlei übersandt am 05.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 06.03.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten In Deutschland werden Milliarden von Zigaretten, Zigarren und Zigarillos sowie Tausende Tonnen von Tabak jährlich konsumiert und gelangen so in die Atemluft. Laut Berichterstattung betrug der in Deutschland versteuerte Tabakkonsum im Jahr 2017: 76 Milliarden Zigaretten, 3 Milliarden Zigarren und Zigarillos, 3 245 t Pfeifentabak und 24 258 t Feinschnitttabak („Der Staat verdient mehr an Rauchern“, Tagesspiegel, 12.01.2018). Durchschnittlich rauchen 25 % (30 % Männer, 20 % Frauen ) der erwachsenen Bevölkerung (ca. 61 Millionen von über 82 Millionen Gesamtbevölkerung) in Deutschland. Das entspricht ca. 15 Millionen Raucherinnen und Rauchern. Über 13 % oder mehr als 120 000 Todesfälle in Deutschlandsind auf die Folgen des Rauchens zurückzuführen. „Tabakrauch besteht aus mehr als 4 800 chemischen Stoffen, von denen 200 als giftig und ca. 50 als krebserregend eingestuft wurden. Der Tabakrauch einer Zigarette enthält laut Deutschem Zigarettenverband maximal 1,2 Milligramm Stickoxid, eine Schachtel dementsprechend 24 Milligramm“ („Einzelfragen zu Stickoxiden im Tabakrauch“, Wissenschaftliche Dienste im Deutschen Bundestag , WD 8 - 3000 - 034/18). 24 Milligramm (mg) entsprechen 24 000 Mikrogramm (μg). Unter der Annahme, dass 1,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger (m/w/d) in Niedersachsen durchschnittlich 20 Zigaretten pro Tag rauchen, entstehen täglich 36 000 000 000 μg oder über 13 t Stickoxide jährlich durch den freiwilligen Konsum von Zigaretten. Laut dem „Lexikon der Chemie“ laufen unterschiedliche chemische Prozesse (Verbrennung, unvollständige Verbrennung/thermische Zersetzung (Pyrolyse) und Verdampfung/Destillat) beim Tabakrauchen ab (http://www.chemie.de/lexikon/Tabakrauch.html). Das dabei entstehende „Rauchaerosol ist ein Stoffgemisch aus fest-flüssigen Partikeln, aus Dämpfen und Gasen“ (ebenda). „Das Aerosol Zigarettenrauch enthält nicht nur Benzol, Blausäure, Formaldehyd und Nitrosamine, sondern bis zu 12 000 verschiedene Stoffe in allen drei Aggregatzuständen“ (ebenda). Diese Stoffe lassen sich in reizende, bluttoxische, narcotoxische und kazerogene Substanzen unterscheiden. Mit Bezug auf die Qualität der Atemluft in Innenräumen und im Außenraum sollen für die Anfrage nachfolgende Stoffe vertieft betrachtet werden: Im Kondensat einer Zigarette befinden sich u. a. Stickoxide, Schwermetalle und Radioisotope. Zu den radioaktiven Substanzen gehören Polonium, Blei, Radium, Kalium und Thorium. Die durchschnittliche jährliche Strahlenbelastung allein durch Tabakrauch beträgt bei 20 Zigaretten täglich 0,287 Millisievert (mSv). Mit der Nahrung werden natürliche Radionuklide in Höhe von 0,3 mSv jährlich aufgenommen. Die durchschnittliche natürliche jährliche Strahlenexposition in Deutschland beträgt 2,1 mSv (http://www.bfs.de/DE/themen/ion/ umwelt/natuerliche-strahlenbelastung/natuerliche-strahlen-belastung_node.html). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3113 2 Vorbemerkung der Landesregierung Unter dem Begriff Stickoxide (NOx) werden Stickstoffdioxid (NO2) und Stickstoffmonoxid (NO) zusammengefasst . NOx entstehen beim Verbrennen von Brenn- und Treibstoffen, insbesondere bei hohen Temperaturen. Die betrachteten Publikationen beziehen sich teilweise nur auf NO2, sodass bei Vergleichen besondere Sorgfalt geboten ist. 1. Inwiefern ist die Schlussfolgerung zutreffend, dass Raucher in Innenstädten oder in der Umweltzone von Hannover zur Belastung der Atemluft beitragen? Die Ermittlungen zur Überwachung der Luftqualität in Niedersachsen erfolgen auf Basis der Anforderungen der 39. BImSchV. Die Messungen erfolgen daher an verkehrsnahen und industrienahen Probenahmestellen sowie im städtischen, vorstädtischen und ländlichen Hintergrund. Von den beim Konsum von Tabakerzeugnissen (Zigaretten, Zigarren, Zigarillos etc.) freigesetzten Stoffen werden durch das Lufthygienische Überwachungssystem Niedersachsen die gasförmigen Luftschadstoffe Stickstoffoxide (NO2, NOx), Kohlenstoffmonoxid und Benzol sowie der Feinstaub (als PM10 und PM2,5) und als Bestandteile des PM10-Feinstaubs Benzo[a]pyren, Blei, Cadmium, Nickel und Arsen erfasst. Die Freisetzung von z. B. 13 t Stickoxiden pro Jahr durch Tabakkonsum, wie dies in der Kleinen Anfrage aufgeführt wurde, würde zu einem Anteil von 0,001 % zu der im Jahr in Deutschland emittierten Menge an Stickoxiden beitragen. Laut Angaben des UBA wurden im Jahr 2016 insgesamt 1 261 920 t Stickoxide in Deutschland emittiert (Quelle: UBA, 14.02.2018, „Nationale Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen“). Damit ist eine mögliche Belastung der Außenluft durch die aus Tabakkonsum freigesetzten Stoffe als marginal anzusehen. 2. Welche Stoffe setzen die Raucherinnen und Raucher hierbei in den Innenstädten oder in der Umweltzone von Hannover in welchen jährlichen Durchschnittsmengen frei? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. In welcher Form akkumulieren sich die Schadstoffe des Zigarettenrauchs in der Außenluft oder setzen Wechselwirkungen mit anderen Schadstoffen ein? In die Außenluft freigesetzter Zigarettenrauch verteilt sich dort und wird entsprechend stark verdünnt ; es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. Welchen Gefahren werden Asthmatiker, Kinder und sonstige empfindliche Personen in den Innenstädten täglich durch das Verbrennen von Tabak ausgesetzt? Es kann durchaus zu einer erhöhten Konzentration durch die Emissionen kommen, wenn sich z. B. mehrere rauchende Personen an einem Ort zusammenfinden. Solche Situationen sind nicht auf Innenstädte beschränkt. Hier kann dann durchaus eine empfindliche Person mit Krankheitserscheinungen reagieren (z. B. einem Husten- oder Asthma-Anfall). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Um Kinder vor dem Passivrauchen zu schützen, wurde in Niedersachsen ein Rauchverbot in Schulen , Kindertagesstätten, Jugendfreizeiteinrichtungen, Jugendbildungsstätten und in Sporthallen bereits 2005 eingeführt. Bis dahin war das Rauchverbot in diesen Einrichtungen zwar durch Hausordnungen geregelt, aber das Rauchen nicht gesetzlich verboten. Seit dem 1. August 2007 gibt es ein generelles Rauchverbot, das nicht nur geschlossene Räume betrifft. Vielmehr ist das Rauchen in Niedersachsen auch auf den Hof- und Freiflächen und bei Veranstaltungen von Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe verboten. Die gesetzlichen Rauchverbote gelten darüber hinaus nur für vollständig umschlossene Räume. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3113 3 5. Leisten Raucherinnen und Raucher hierbei einen Beitrag zur Erhöhung der radiologischen Hintergrundbelastung der Allgemeinbevölkerung und, wenn ja, in welchem Ausmaß? Alle Pflanzen können radioaktive Stoffe aus den Böden aufnehmen, auf denen sie wachsen. Werden Obst, Gemüse, Getreide oder Pilze als Lebensmittel konsumiert, gelangen die radioaktiven Substanzen in den menschlichen Körper. In Tabak kommt u. a. Polonium-210 vor, ein Alphastrahler , der über den Rauch in die Atemwege und die Lunge gelangt. Das Bundesamt für Strahlenschutz führt dazu auf seiner Internetseite (https://odlinfo.bfs.de) aus, dass das Rauchen von 20 Zigaretten am Tag zu einer Lungendosis von 0,8 mSv im Jahr führt. Die effektive (über den ganzen Körper gemittelte) Dosis beträgt 0,1 bis 0,3 mSv. Das WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) gibt auf seiner Internetseite an, dass der Tabakrauch, der beim Passivrauchen eingeatmet wird, die gleichen giftigen und krebserzeugenden Substanzen wie der vom Raucher inhalierte Rauch enthält (www.krebsinformationsdienst.de). 6. Welche Schwermetalle werden durch den Abbrand von Zigaretten und sonstigen Tabakprodukten in welcher Form freigesetzt? Tabakrauch ist ein komplexes Gemisch aus zahlreichen giftigen und krebserzeugenden Stoffen. Diese liegen teils gasförmig, teils an Tabakrauchpartikel gebunden vor. Tabakrauch ist besonders gesundheitsschädlich, da die zahlreichen in ihm enthaltenen Substanzen miteinander in Wechselwirkung treten und sich gegenseitig verstärken können. Die Gesundheitsgefährdung entsteht daher nicht nur durch die einzelnen Substanzen, sondern durch das komplexe Stoffgemisch (Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009 des DKFZ; https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publika tionen/sonstVeroeffentlichungen/Tabakatlas_2009.pdf). In dieser Publikation sind als „ausgewählte gesundheitsgefährdende Substanzen im Tabakrauch“ die Schwermetalle Cadmium, Blei und Nickel genannt. 7. Wie verhalten sich diese Schwermetalle in der Umwelt? Schwermetalle, die partikulär in die Außenluft emittiert werden, verteilen sich entsprechend den vor Ort herrschenden Ausbreitungsbedingungen abhängig von der Größe und Dichte der Partikel, der Luftströmung, den meteorologischen Bedingungen etc. und können sedimentieren, ausgewaschen oder auch über weitere Strecken mit der Luftströmung transportiert werden. Hierbei findet eine Verteilung und Verdünnung der Schadstoffe statt. Die Konzentrationen in der Außenluft der im Tabakatlas Deutschland 2009 des DKFZ als Bestandteile von Tabakrauch genannten Metalle Cadmium, Blei und Nickel werden vom Lufthygienischen Überwachungssystem Niedersachsen (LÜN) als Bestandteile des PM10-Feinstaubs im Rahmen der Ermittlungen der Luftqualität an mehreren Probenahmestellen im städtischen, vorstädtischen und ländlichen Hintergrund messtechnisch ermittelt. Hierzu gehören auch die weiteren PM10-Bestandteile Arsen und Benzo[a]pyren. Hinsichtlich der Luftqualitäts-Messergebnisse in Niedersachsen wird auf den LÜN-Jahresbericht 2017 (http://www.umwelt.niedersachsen.de/themen/luft/LUEN/berichte/jahresberichte/bewertungder -luftqualitaet-2017-9127.html) in den Kapiteln 4.2.10/4.2.12 und 5.8/5.9 sowie im Anhang Tabellen B11/B13 verwiesen. Grenz-, Ziel- und Immissionswerte werden deutlich unterschritten. Die Belastung der Außenluft durch die o. g. Metalle ist im Vergleich mit dem Grenzwert (Blei) und den Zielwerten (Cadmium, Nickel, Arsen) der 39. BImSchV insgesamt sehr niedrig. Bis auf Standorte, die durch aktuelle bzw. jahrhundertelange Verhüttung von Schwermetallen geprägt sind (hier ist vor allem die Deposition kritisch), liegt die Bleibelastung in der Außenluft bei ca. 1/100 des Grenzwertes . Die Belastungen durch Arsen, Cadmium und Nickel liegen bei ca. 1/10 bis 1/20 der Zielwerte. Überschreitungen der Zielwerte für Staubinhaltsstoffe wurden in Niedersachsen nicht ermittelt. Ansonsten wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3113 4 8. Geht eine Gefahr von Radioisotopen und Schwermetallen, die durch den Abbrand von Zigaretten und sonstigen Tabakprodukten freigesetzt werden, aus (bitte mit Begründung )? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 9. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung bezüglich der Gesundheitsgefährdung Dritter, sogenannter Passivraucher, durch den Abbrand oder das Verschwelen von Zigaretten, sonstigen Tabakprodukten oder elektronischen Inhalationsprodukten vor? Abbrennen von Tabak: Passivrauchen stellt eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit dar. Menschen, die sich regelmäßig in Räumen aufhalten, in denen geraucht wird, haben ein erhöhtes Risiko für eine Vielzahl von Krankheiten und Beschwerden. Dazu zählen auch schwerwiegende Krankheiten, wie z. B. Herz- Kreislauf-, Krebs- und Atemwegserkrankungen. Sie gehen mit einem hohen Behandlungsbedarf einher und können die Lebensqualität der Betroffenen dauerhaft beeinträchtigen oder zum Tod führen . Insbesondere für Kinder (ganz besonders für Ungeborene) geht mit dem Passivrauchen ein hohes Risiko einher, z. B. für plötzlichen Kindstod, Mittelohrentzündung, Asthma bronchiale, Atemwegsinfektionen , für Ungeborene bzw. Schwangere Frühgeburtlichkeit sowie geringes Geburtsgewicht . Bei der Verbrennung von Tabakprodukten werden über 4 800 verschiedene Stoffe freigesetzt. Bei 90 dieser Stoffe ist eine krebserregende Wirkung nachgewiesen oder wird vermutet. Einige Substanzen wirken direkt toxisch und können z. B. zu Reizungen der Augen und der oberen Atemwege führen. Das gesundheitsgefährdende Potenzial von Tabakrauch ist auch dann hoch, wenn dieser nicht direkt inhaliert, sondern indirekt über die Raumluft aufgenommen wird. Die Konzentration vieler schädlicher Inhaltsstoffe ist sogar in dem Rauch, der an die Umgebung abgegeben wird, höher als im aktiv inhalierten Tabakrauch. Zudem lagern sich Giftstoffe an Wänden, Boden und Gegenständen ab, sind also nicht durch einfaches Lüften zu entfernen. Zu den krebserregenden Bestandteilen des Passivrauchs zählen u. a. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und N-Nitrosamine sowie Arsen und Cadmium. Hinzu kommen gesundheitsschädliche Stoffe wie Kohlenmonoxid , Ammoniak oder Blausäure. Zur Entstehung giftiger Verbrennungsprodukte tragen auch sogenannte Zusatzstoffe bei, die den Tabakwaren aus produktionstechnischen Gründen oder zur Geschmacksverbesserung beigefügt werden. Ein gesundheitlich unbedenklicher Schwellenwert für die Belastung durch Passivrauchen kann derzeit nicht angegeben werden (Deutsches Krebsforschungszentrum DKFZ 2005, 2009). Auf der Grundlage der Publikation „Passivrauchen - ein unterschätztes Gesundheitsrisiko“ des DKFZ im Dezember 2005 wurden daher bundesweit Nichtraucherschutzgesetze erlassen, um den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens in der Gesetzgebung zu verankern. E-Zigarette: Auch der Konsum von Schnupftabak, Kautabak oder nikotinhaltigen Liquids mittels sogenannter E-Zigaretten ist gesundheitlich bedenklich. Allerdings ist dies nach bisherigen Erkenntnissen weit weniger riskant als das Abbrennen von Tabak; mögliche Gefahren durch E-Zigaretten sind damit weder identisch noch vergleichbar. Bei der „rauchlosen“ E-Zigarette verbrennt kein Tabak; es wird Dampf anstelle von Rauch produziert . Die gesundheitliche Bedenklichkeit einer E-Zigarette für „Passivdampfer“ durch Dämpfe und Partikel, die an die Umgebungsluft abgegeben werden, wird zwar in Grundzügen beschrieben, ist aber bislang weder in ihren Auswirkungen (Erkrankungen) beschrieben noch quantitativ erforscht. Auch die wissenschaftliche Diskussion bestätigt, dass - zumindest zum jetzigen Stand der Forschung - die Exposition nicht mit den Schäden durch traditionelles Tabakrauchen vergleichbar ist bzw. die Effekte kaum messbar sind. Für eine fundierte Bewertung fehlen bislang zuverlässige Daten . Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3113 5 Für Unbeteiligte und Passivrauchende bleibt es daher in konkreten Fällen fraglich, welche Stoffe sie in der Nähe von E-Rauchenden tatsächlich einatmen bzw. welche Substanzen in welcher Konzentration von E-Rauchenden abgeatmet werden. Nach einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) Nr. 016/2012 vom 24. Februar 2012, ergänzt am 21. Januar 2013, sind Gesundheitsgefahren bei eigenem Konsum nicht auszuschließen. Abhängig vom Nutzerverhalten können geringe Dampfvolumina beim „Absetzen “ der E-Zigarette in den Raum entweichen; der Schadstoffgehalt der Emissionen wird sicher auch durch das individuelle Rauchverhalten beeinflusst. Das BfR registriert mit besonderer Sorge, dass neben den vielfältigsten Aromen auch pharmakologisch wirksame Substanzen wie Tadalafil (Potenzmittel) oder Rimonabant (Appetitzügler) den Liquids beigefügt werden. Ob und inwieweit auch solche Begleitsubstanzen von Passivrauchenden aufgenommen werden können, ist nicht belegt. Zudem besteht die Gefahr, dass Jugendliche, die E-Zigaretten konsumieren, auch mit tabakhaltigen konventionellen Zigaretten experimentieren. Nach einer aktuellen Studie der BZgA aus April 2018 lässt sich zurzeit keine Aussage darüber treffen, ob der Konsum von E-Zigaretten mit der Entwicklung einer Tabakabhängigkeit verbunden ist (Dtsch Arztebl Int 2018; 115(14): 243-8; DOI: 10.3238/arztebl.2018.0243). Verschwelen von Tabak: Bei Tabakverschwelern, sogenannten Tabakerhitzern, wird der Tabak zwar nicht wie bei einer Zigarette verbrannt, aber doch auf bis zu etwa 350 Grad Celsius hocherhitzt. Die gesundheitlichen Risiken sind daher vergleichbar dem Inhalieren von Tabakrauch, der durch das Verbrennen (eigentlich Glimmen) tabakhaltiger Erzeugnisse wie Zigaretten, Zigarillos oder Zigarren bzw. Pfeifentabak entsteht . Wasserpfeifen/Shishas: Auch für Shisha-Bars gilt die Einschätzung der gesundheitlichen Risiken, soweit beim Shisha-Rauchen Tabak abgebrannt bzw. der Rauch inhaliert wird. Im Hinblick auf den Schutz vor Passivrauchen ist das Rauchen einer Shisha mit Tabak dem Rauchen einer Zigarette oder von Pfeifentabak gleichzusetzen. Allerdings gilt für Shishas die Besonderheit, dass durch den Aufbau bzw. die Mechanik der Shisha einige die Atemwege reizende Begleitstoffe des Tabakrauchs neutralisiert werden. Deswegen wird häufig der Rauch aus dem Mundstück einer Shisha fälschlicherweise als weniger aggressiv empfunden bzw. für weniger toxisch gehalten als der „klassische“ Tabakrauch. 10. Wie wirken die Verbrennungsprodukte von Tabakrauch und elektronischen Inhalationsprodukten auf die Innenraumluft? Die Landesregierung verweist auf die Veröffentlichung des Umweltbundesamts (UBA) mit dem Titel „Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema Stickstoffdioxid“ (https://www.umweltbundesamt.de/ sites/default/files/medien/421/dokumente/faq_stickstoffdioxid-grenzwerte.pdf). Das UBA gibt an, dass das Rauchen wesentlich zu den Innenraumluftbelastungen beiträgt, nicht nur mit Stickstoffdioxid , sondern auch mit vielen anderen Schadstoffen. Insbesondere in kleinen Räumen werden schnell hohe Konzentrationen erreicht. Speziell auf elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) bezieht sich eine Stellungnahme der Innenraumhygienekommission von 2016: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2Fs00103-016- 2464-y.pdf. 11. Haben die Verbrennungsprodukte von Tabakrauch und elektronischen Inhalationsprodukten Auswirkungen auf die Qualität der Atemluft im Außenraum und, wenn ja, welche ? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3113 6 12. Stellen Raucherbereiche an öffentlichen Aschenbechern, z. B. in der Passerelle von Hannover, einen Hotspot für gesundheitsgefährdende Luftschadstoffe und somit eine Gefährdung für empfindliche und gefährdete Personen dar (bitte mit Begründung)? Hierzu liegen beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim keine Erkenntnisse vor, da das dort betriebene Messnetz zur Erfassung solcher i. a. extrem kleinräumiger Belastungen (zum Teil in Innenräumen) nicht ausgelegt ist (gegebenenfalls sind Personen, die sich im Nahbereich aufhalten (Passivrauchende) betroffen). Eine Messverpflichtung besteht diesbezüglich nicht. Im Hinblick auf Personen, die durch zufälliges Passieren eines „öffentlichen Aschenbechers“ von den dort emittierten Stoffen betroffen sein können, ist zudem darauf hinzuweisen, dass das Passieren eines „öffentlichen Aschenbechers“ die Dauer von einem bis zwei Atemzügen umfassen dürfte. Personen, die einen solchen Punkt nicht aktiv ansteuern, werden in der Regel einen leichten Abstand zu möglicherweise anwesenden Rauchern einnehmen. Aufgrund der Verdünnung, die die Luft um die im Freien befindlichen „öffentlichen Aschenbecher“ erfährt, ist von einer deutlichen Reduzierung der emittierten Rauch- und Dampfstoffe auszugehen, die olfaktorisch aufgrund der sensiblen Wahrnehmung einzelner Rauchbestandteile gleichwohl auch in geringen Konzentrationen von Passanten als störend empfunden werden können. Bei der toxikologischen Betrachtung spielt u. a. die zeitliche Dauer der Einwirkung eines Stoffes auf den Menschen eine wichtige Rolle. Diese ist in der angefragten Situation als so geringfügig anzusehen, dass gesundheitliche Zusatzeffekte über das umweltbedingte Maß hinaus (Hintergrundbelastung) nicht einzeln beschreibbar erscheinen . 13. Wird die Landesregierung gegen unfreiwillige Inhalationen und weitere Gesundheitsgefährdungen von Passivrauchern im öffentlichen Raum etwas unternehmen und falls ja, was und wann? Auf der Grundlage der Publikation „Passivrauchen - ein unterschätztes Gesundheitsrisiko“ des DKFZ im Dezember 2005 wurden bundesweit Nichtraucherschutzgesetze erlassen, um den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens in der Gesetzgebung zu verankern (siehe auch Antwort zu Frage 9). Mit dem Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetz (Nds. NiRSG) vom 12.07.2007, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Änderungsgesetzes zum Nds. NiRSG vom 10.12.2008, wird in Niedersachsen ein umfassender Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens gewährleistet . Wesentliches Ziel des Gesetzes ist nicht, das Rauchen zu verbieten, sondern die niedersächsische Bevölkerung in öffentlich zugänglichen Räumen wirksam vor den gesundheitlichen Gefahren durch Tabakrauch (Passivrauchen) zu schützen und dadurch ausgelöste Krankheiten zu vermeiden. Ein wesentliches Anliegen der Landesregierung ist es, neben dem Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens auch den Einstieg in das Rauchen zu verhindern sowie den Ausstieg aus dem Rauchen zu erleichtern. Daher werden zahlreiche Programme u. a. der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung insbesondere in Schulen unterstützt (z. B. „be smart, don`t start“). In Niedersachsen haben sich die Regelungen des Nds. NiRSG bewährt (siehe Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage in Drs. 18/1816 „Elf Jahre Nichtraucherschutzgesetz in Niedersachsen “). Insbesondere schafft das Nds. NiRSG einen Interessenausgleich zwischen denen, die selbst entscheiden können, ob sie sich dem Risiko des Tabakrauchens aussetzen wollen, und den besonders schutzwürdigen Personen (wie z. B. Kindern und Jugendlichen), siehe auch Antwort zu Frage 4. Kinder und Jugendliche stehen unter besonderem Schutz der Regelungen des Jugendschutzgesetzes . Seit 2016 gelten die Regelungen zum Schutz vor den Gefahren des Tabaks dort auch für nikotinfreie Erzeugnisse wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas (§ 10, Rauchen in der Öffentlichkeit, Tabakwaren). Diese dürfen seitdem nicht mehr an Kinder und Jugendliche abgegeben , noch darf ihnen das Rauchen oder der Konsum nikotinhaltiger Produkte gestattet werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3113 7 14. Wie können elektronische Inhalationsprodukte durch Verdampfer die Gesundheit von Dritten gefährden? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 15. Inwieweit und in welcher Form gibt es eine Umweltgefährdung durch Zigarettenstummel /Zigarettenfilter? Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem Titel „Umweltverschmutzung durch Zigarettenkippen “ (BT-Drucksache 19/7380 vom 28.01.2019, dort insbesondere die Fragen 1 bis 10, verwiesen . Demnach stellt die unsachgemäße Entsorgung von Zigaretten durch achtloses Wegwerfen von Zigarettenkippen in der freien Natur oder im öffentlichen Straßenraum eine ökologische Belastung dar. In den gebrauchten Filtern sammelt sich bestimmungsgemäß ein Großteil der im Tabakrauch enthaltenen Schadstoffe, vor allem das nach dem Gefahrstoffrecht GHS als giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung eingestufte Nikotin. Die Schadstoffe können durch den Regen in Böden und Grund- und Oberflächenwasser ausgewaschen werden und dort lebende Organismen schädigen. Es kann zudem nicht ausgeschlossen werden, dass sie über diesen Pfad auch in die Nahrungskette gelangen. Die Bundesregierung gibt an, dass ihr hierzu weitere Erkenntnisse nicht vorliegen. 16. Kann die Landesregierung bestätigen, dass vom Rauch einer Zigarette (nur Hauptstrom ) bis zu 600 Mikrogramm Stickoxide emittiert werden? Die Landesregierung verweist auf die in der Vorbemerkung des Abgeordneten zitierte Publikation „Einzelfragen zu Stickoxiden im Tabakrauch“ des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 27.04.2018 (WD 8 - 3000 - 034/18; S. 4f.), wonach ein durchschnittliches Analyseergebnis für Tabakrauch 100 - 600 µg Stickoxide pro Zigarette aufweist. 17. Wie viele Stickoxide werden durch den Abbrand/Rauch der Menge einer durchschnittlichen Zigarettenschachtel freigesetzt? Ausgehend von der unter Frage 16 eingefügten Information des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages liegt das durchschnittliche Analyseergebnis von Tabakrauch bei 100 - 600 µg Stickoxid /Zigarette. Unter der Annahme einer durchschnittlichen Packungsgröße von 20 Zigaretten und einer mittleren Stickoxidemission von 300 µg/m3 ergäbe sich eine Stickoxidmenge von 6 000 µg NO2/Packung. 18. Wie bewertet die Landesregierung die gesundheitlichen Folgen von Tabakrauch für in der Nähe befindliche Passanten (Passivraucher) im Vergleich zu den Emissionen von Diesel-Pkw auf in der Nähe befindliche Passanten? Die Landesregierung verweist auf die Veröffentlichung des Umweltbundesamts (UBA) mit dem Titel „Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema Stickstoffioxid“ (https://www.umweltbundesamt.de/ sites/default/files/medien/421/dokumente/faq_stickstoffdioxid-grenzwerte.pdf). Hier weist das UBA darauf hin, dass ein Vergleich einer Stickstoffdioxid-Konzentration im Jahresmittel (40 µg/m³) mit einer akut hohen Konzentration durch Zigarettenrauchen schon allein aufgrund des unterschiedlichen zeitlichen Zusammenhangs nicht sinnvoll ist. Eine Zigarette kann zwar zu einer deutlichen Stickstoffdioxidbelastung führen. Kurzfristige (minutenlange) und langfristige (lebenslange) Belastungen müssen aber völlig unterschiedlich bewertet werden. (Verteilt am 08.03.2019) Drucksache 18/3113 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Haben jährlich 76 Milliarden Zigaretten, 3 Milliarden Zigarren und Zigarillos, 3 245 t Pfeifen-tabak und 24 258 t Feinschnitttabak Auswirkungen auf die Luftqualität in Deutschland? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP), eingegangen am 31.01.2019 - Drs. 18/2737 an die Staatskanzlei übersandt am 05.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 06.03.2019