Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3131 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Wie vielen DB-Reisezentren droht das Aus? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP), eingegangen am 31.01.2019 - Drs. 18/2742 an die Staatskanzlei übersandt am 05.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 07.03.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten „DB-Reisezentrum in Celle droht das Aus - Otte und Lühmann wollen Uelzener Verhältnisse verhindern“ titelte die Cellesche Zeitung (CZ) am 26. Januar 2019. Die beiden regional zuständigen Bundestagsabgeordneten Kirstin Lühmann und Henning Otte befürchten, dass der Ticketverkauf für den Schienenpersonennahverkehr in Uelzen und Celle nicht mehr gewährleistet sein könnte. Weiterhin heißt es im Artikel: „Hintergrund des Problems sind die Ausschreibungsbedingungen durch die LNVG“ (CZ, 26.01.2019). Die Metronom GmbH bedient bis 2033 die Bahnstrecken Göttingen–Hannover–Uelzen (RE 2), Hannover–Uelzen–Hamburg (RE 3), Hamburg–Bremen (RE 4), Hamburg–Lüneburg (RB 31) und Bremen–Hamburg (RB 41). Hierfür sind 180 Doppelstockwagen und Lokomotiven von der LNVG angemietet worden. Im Dezember 2017 hieß es hierzu: „Metronom hat für die ausgeschriebene Betriebsleistung das beste Preis-Leistungs-Verhältnis geboten. Mit dem Zuschlag erzielen wir im Vergleich zum jetzigen Verkehrsvertrag erneut einen Wettbewerbsgewinn und erhalten ein besseres Fahrplanangebot für weniger Steuergeld“, bilanziert LNVG-Chef Hans-Joachim Menn, dessen Gesellschaft in dem Ausschreibungsverfahren die Federführung hatte (https://www.lok-report.de/news/deutschland/aus-den-laendern/item/2673-niedersachsen-metro nom-erhaelt-zuschlag-bis-2033-fuer-hanse-netz-und-uelzen-goettingen.html). Der Bundestagsabgeordnete Henning Otte suche demnach auch das Gespräch mit Verkehrsminister Dr. Althusmann. Vorbemerkung der Landesregierung Die vom Abgeordneten in der Vorbemerkung geschilderte Schließung von Reisezentren der Deutschen Bahn AG (DB) an personenbedienten Standorten im Hansenetz fällt alleine in die Verantwortung der DB, da es sich dabei um ihre unternehmerische Entscheidung handelt. Die niedersächsischen Aufgabenträger im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) haben gemeinsam mit Hamburg und Bremen ein Gesamtkonzept für den Vertrieb von Nahverkehrsfahrscheinen entwickelt. Das Ziel war dabei, die Effizienz durch Vermeidung von Doppelstrukturen zu steigern sowie ein langfristig verlässliches und einheitliches Vertriebsangebot für die Fahrgäste zu schaffen. Gleichzeitig sollten planbare und verlässliche Rahmenbedingungen für die Verkehrsunternehmen und Vertriebsdienstleister durch klare Verantwortlichkeiten sowie aufeinander abgestimmte Vorgaben erreicht werden. Kernelemente dieses Konzepts sind die Vorhaltung stationärer Automaten an jeder Station, ein ergänzendes Netz von personenbedienten Verkaufsstellen an nachfragestärkeren Standorten sowie ein ergänzender Abo- und Internetvertrieb. Dieses Konzept, das bereits erfolgreich in anderen SPNV-Netzen in Niedersachsen umgesetzt wurde, wird mit dem neuen Verkehrsvertrag seit Dezember 2018 auch für das Hansenetz angewandt, zu dem die Linien Göttingen–Hannover–Uelzen (RE 2), Hannover–Uelzen–Hamburg (RE 3), Hamburg–Bremen (RE 4, RB 41) und Hamburg–Lüneburg (RB 31) gehören. Für die Verkehrser- 1 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3131 bringung im Hansenetz wurde dem Eisenbahnverkehrsunternehmen metronom Eisenbahngesellschaft mbH (metronom) im Rahmen einer wettbewerblichen Vergabe der Zuschlag erteilt. Im Rahmen des Verkehrsvertrags haben die Aufgabenträger entsprechend ihrem gemeinsamen Vertriebskonzept metronom zur Vorhaltung von Verkaufsstellen und stationären Vertriebsangeboten verpflichtet, die Standorte für den personenbedienten Verkauf vorgegeben und finanzieren diese langfristig. Daher ist metronom dafür verantwortlich, dass ein personenbedienter Verkauf an den vorgegebenen Stationen erfolgt. Anders als teilweise öffentlich verbreitet, räumt der Verkehrsvertrag im Hansenetze metronom aber kein Monopol für den Ticketverkauf von Nahverkehrstickets an diesen Stationen ein. Auch an allen Stationen im Hansenetz bleibt es der DB deshalb unbenommen, in ihren dort vorhandenen DBReisezentren auch in Zukunft Nahverkehrstickets für Fahrgäste zu verkaufen. Art und Weise des Vertriebs von DB-Fernverkehrsfahrscheinen und die Vorhaltung von personenbedienten Verkaufsstellen dafür sind darüber hinaus im Übrigen alleinige unternehmerische Aufgabe der DB als eigenwirtschaftlich betriebenes Fernverkehrsunternehmen. In Uelzen konnten sich metronom und die DB nicht auf eine Fortführung des Betriebs des DB-Reisezentrums verständigen. Mittlerweile erfolgt der Verkauf von Tickets über eine lizensierte DB-Agentur. Anlaufschwierigkeiten bei der Schließung von DB-Reisezentren und der Umstellungen auf DB-Agenturen oder andere Verkaufsformate sind bedauerlich, aber auch künftig leider nicht vollständig auszuschließen. 1. Was ist der Landesregierung bezüglich der Situation des Verkaufs von Nahverkehrstickets für den SPNV im Bereich des Hanse-Netzes und auf der Linie zwischen Uelzen und Celle bekannt? 2. Wie ist und wie wird der zuverlässige Verkauf von SPNV-Tickets im Bereich des HanseNetzes und auf der Linie zwischen Uelzen und Göttingen organisiert und gewährleistet? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Entsprechend dem zwischen den SPNVAufgabenträgern abgestimmten Vertriebsgesamtkonzept ist metronom im Rahmen des neuen Verkehrsvertrags für das Hansenetz derzeit mit dem Vertrieb von SPNV-Tickets an allen Stationen im Hanse-Netz mit Ausnahme von Northeim beauftragt. In Northeim ist die DB Regio AG als Betreiberin des Netzes DINSO 1 mit der Durchführung des Vertriebs beauftragt. Von Dezember 2020 bis Dezember 2022 geht schrittweise auch der Vertrieb in Bremen Hauptbahnhof, Langenhagen-Mitte, Hannover Hauptbahnhof und Sarstedt von metronom auf die Betreiber anderer SPNV-Netze über. Die Beauftragung von metronom über den Verkehrsvertrag umfasst dabei konkret festgelegte vertragliche Verpflichtungen in Bezug auf den Vertrieb. Enthalten sind u. a. Vorgaben zu den Stationen, an denen personen- oder fernbediente Verkaufsstellen vorzuhalten sind, zu den Mindestöffnungszeiten, zur Anzahl der Fahrkartenautomaten, zum Tarifsortiment, zu den zu akzeptierenden Zahlungsmitteln und zu Entstörfristen. Für den Fall von Mängeln sind über den Verkehrsvertrag zudem Ersatzmaßnahmen gefordert und Zuschusskürzungen festgelegt. Ergänzend ist der Kauf über Onlinevertriebskanäle möglich. Über die Beauftragung wird eine zuverlässige und langfristige Sicherung aller vorgegebenen Verkaufsstellen und Fahrkartenautomaten für die gesamte Verkehrsvertragsdauer gewährleistet, und zwar unabhängig von einzelbetrieblichen Wirtschaftlichkeitserwägungen aus Betreibersicht. An 18 der 45 Stationen im Hanse-Netz sieht der Verkehrsvertrag personenbediente Verkaufsstellen (Reisezentren oder Agenturen) vor, an weiteren fünf Stationen einen sogenannten fernbedienten Verkauf in Form eines Video-Reisezentrums, wie z. B. an der Station Stelle. Diese fünf Stationen verfügten bislang über keine personenbedienten Verkaufsstellen. Der fernbediente Verkauf wurde dort im Rahmen des neuen Verkehrsvertrages zusätzlich zum bisherigen Angebot eingerichtet. An zwei Station davon war das zusätzliche Angebot wegen technischer Probleme allerdings im Februar zunächst noch nicht in Betrieb. Außerdem steht an allen Stationen im Hanse-Netz mindestens ein Fahrkartenautomat zur Verfügung. Durchschnittlich gesehen gibt es im Hanse-Netz sogar mehr als zwei Fahrkartenautomaten 2 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3131 je Station. Im Bereich der Tarifverbünde VBN, GVH und VSN stehen zudem Entwerter zur Verfügung. Konkret bezogen auf den Streckenabschnitt zwischen Uelzen und Celle ist metronom vertraglich dazu verpflichtet, in Uelzen, Unterlüß und Celle personenbediente Verkaufsstellen vorzuhalten. Darüber hinaus hält metronom in Uelzen sechs, in Suderburg, Unterlüß, Eschede und Celle je zwei Fahrkartenautomaten vor. In Celle befinden sich außerdem drei Fahrkartenautomaten der DB, in Uelzen ein weiterer Fahrkartenautomat der DB. 3. Wie viele DB-Reisezentren gibt es derzeit in Niedersachsen? Die DB betreibt derzeit 30 Reisezentren in Niedersachsen. 4. Was ist der Landesregierung bezüglich der Schließung von DB-Reisezentren in Niedersachsen bekannt? Sofern aktuell Schließungen von DB-Reisezentren erfolgen, geschieht dies aufgrund unternehmerischer Entscheidungen der DB. Generell nimmt die Landesregierung ein sinkendes Interesse der DB am Weiterbetrieb von Reisezentren (also mit eigenem Personal) wahr, stattdessen wird verstärkt auf DB-Agenturen gesetzt, die von DB lizensiert sind und als Vertriebspartner der DB umfassende Beratungsleistungen für Bahnkunden anbieten. Der Grund für die herausfordernde Lage beim Vertriebsgeschäft sind die bundesweit sinkenden Umsätze im personenbedienten Verkauf von Nah- und Fernverkehrstickets. So sollen nach Auskunft der DB inzwischen 70 % der Fernverkehrsfahrkarten online verkauft werden. Aktuell wurde zum Fahrpanwechsel im Dezember 2018 das DB-Reisezentrum in Uelzen geschlossen, weil die DB es aus unternehmerischen Gründen nicht weiterbetreiben wollte und dazu vertraglich auch nicht verpflichtet war. Bezüglich eines durchaus möglichen Weiterbetriebs des DB-Reisezentrums oder dessen Umwandlung in eine DB-Agentur im Auftrag des Eisenbahnverkehrsunternehmens metronom, das durch den Verkehrsvertrag zum Hanse-Netz zur Vorhaltung einer personenbedienten Verkaufsstelle am Bahnhof Uelzen verpflichtet ist, konnten sich metronom und DB Vertrieb leider nicht auf für beide Seiten wirtschaftlich tragfähige Konditionen verständigen. Eine Möglichkeit zur Aufteilung der Nutzung des sehr großflächigen Reisezentrums auf mehrere Nutzer im Rahmen der Vermietung wurde seitens der DB in diesem Zusammenhang abgelehnt. Im Januar 2019 wurde das DB-Reisezentrum in Rotenburg (Wümme) geschlossen und durch eine DB-Agentur in den gleichen Räumen ersetzt. Auch andernorts ist es in der Vergangenheit immer wieder zur Schließung von DB-Reisezentren und deren Ersatz durch lizensierte DB-Agenturen gekommen, so beispielsweise im Dezember 2015 in Peine sowie im Dezember 2016 in Cloppenburg und Wilhelmshaven. Im Dezember 2020 werden nach aktuellem Kenntnisstand auch das DB-Reisezentrum Celle und im Dezember 2022 möglicherweise das DB-Reisezentrum Lüneburg durch eine DB-Agentur ersetzt werden. Weitere konkrete Schließungspläne von DB-Reisezentren seitens DB sind der Landesregierung derzeit nicht bekannt. 5. Gibt es gravierende Probleme im SPNV, die die Kundenzufriedenheit beeinträchtigen? Die Kundenzufriedenheit im SPNV wird maßgeblich vom Ausmaß der Zugverspätungen und Zugausfälle beeinflusst. Aufgrund verschiedener Ursachen, wie z. B. der gesteigerten Bau- und Unterhaltungstätigkeit im Netz der DB zur Beseitigung des langjährigen Investitionsstaus, Personalengpässen bei Zugführern und Fahrzeugmängeln kommt es hier derzeit leider im steigenden Maße zu Problemen. Soweit die Fragestellung darauf abzielt, Kenntnis über besondere vertriebliche Probleme zu erlangen, sind insoweit gravierende Probleme mit Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit nicht bekannt. Der grundsätzlich feststellbare generelle Kundenwunsch nach einer zeitlichen 3 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3131 und räumlichen Ausweitung des personenbedienten Vertriebs steht im Gegensatz zur weiter wachsenden Inanspruchnahme von Online-Verkaufsangeboten und Fahrkartenautomaten. 6. Gibt es Überlegungen, Ansätze oder Maßnahmen, wie der Verkauf von SPNV-Tickets in Niedersachsen digitalisiert und für mobile Endgeräte angeboten werden kann? In einem ersten Schritt wird die App „Fahrplaner“ in Kürze um eine Funktion für den Ticketverkauf im Niedersachsentarif erweitert. Fahrgäste können dann über ihren PC oder ein mobiles Endgerät SPNV-Tickets für viele Verbindungen in Niedersachsen und Bremen online kaufen. Dabei wird bei der ausgewählten Verbindung auch jeweils angezeigt, ob die zu erwerbende Fahrkarte im Niedersachsentarif die sogenannte Anschlussmobilität beinhaltet. Anschlussmobilität bedeutet, dass das SPNV-Ticket auch die Bus- oder Stadtbahnfahrt am Startort zur Bahnstation sowie am Zielort von der Bahnstation umfasst und diese Beförderungen ohne Zusatzkosten im Preis der SPNV-Fahrkarte automatisch mit enthalten sind. Im Großteil Niedersachsens ist die Anschlussmobilität beim Kauf einer SPNV-Fahrkarte im Niedersachsentarif seit Dezember 2018 automatisch inkludiert. Der digitale Vertriebskanal soll darüber hinaus intensiv weiterentwickelt werden. Allerdings befinden sich diese Planungen noch in der Konzeptionsphase, da zahlreiche rechtliche, technische, organisatorische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu beachten sind. 7. Gibt es sonstige Überlegungen, Ansätze oder Maßnahmen, wie die Kundenzufriedenheit im SPNV und damit die Attraktivität des SPNV erhöht werden kann? Ja, die niedersächsischen Aufgabenträger für den SPNV verfolgen vielfältige Überlegungen und Maßnahmen zur Steigerung der Kundenzufriedenheit und Attraktivität des SPNV wie z. B. die Ausweitung des Fahrplanangebots, die Erhöhung der Zugbegleitquoten oder den Einsatz neuer Fahrzeuge. 4 (Verteilt am 12.03.2019)