Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/314 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Jahresabschluss des Finanzmarktstabilisierungsfonds und Risiken für den Landeshaushalt Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE), eingegangen am 15.01.2018 - Drs. 18/193 an die Staatskanzlei übersandt am 23.01.2018 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 13.02.2018, gezeichnet Reinhold Hilbers Vorbemerkung des Abgeordneten Die Finanzmarktkrise führte ab September 2008 zu Vertrauensverlusten an den Finanzmärkten und zur finanziellen Gefährdung von Unternehmen des Finanzsektors (Institute). Vor diesem Hintergrund verabschiedete der Deutsche Bundestag im Oktober 2008 ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Stützung des Finanzmarktes und richtete den Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) als Sondervermögen ein. Die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) verwaltet den FMS bzw. übt die Rechtsaufsicht aus. Der FMS sollte Instituten dabei helfen, Kapital- und Liquiditätsengpässe zu überwinden. Hierzu konnte er z. B. Risikopositionen erwerben, Institute mit Kapital ausstatten oder sich an Instituten beteiligen. Daneben konnte er Instituten Garantien für ihre Schuldtitel gewähren. Zum Jahresende 2015 wurde der FMS für neue Maßnahmen geschlossen. Daneben konnte die FMSA Abwicklungsanstalten (sogenannte Bad Banks) errichten. Deren Aufgabe ist es, Vermögensgegenstände oder Risikopositionen von in Schieflage geratenen Instituten zu übernehmen und abzuwickeln. Wenn die Portfolien abgewickelt sind, werden die Abwicklungsanstalten aufgelöst. Spätestens dann muss der FMS Verluste der Abwicklungsanstalten ausgleichen. Zum 31. Dezember 2016 belief sich der seit Bestehen des FMS aufgelaufene Fehlbetrag laut Bundesrechnungshof auf 22,5 Milliarden Euro (im Vorjahr 22,6 Milliarden Euro). Der Fehlbetrag wird fortgeschrieben, bis der FMS aufgelöst wird. Einen nach der Auflösung verbleibenden Verlust teilen sich Bund und Länder grundsätzlich im Verhältnis 65 : 35, wobei die Länder insgesamt höchstens 7,7 Milliarden Euro übernehmen. Vorbemerkung der Landesregierung Die Finanzmarktkrise und insbesondere die folgende Insolvenz von Lehman Brothers in den USA und Deutschland im September 2008 machten staatliche Rettungseingriffe notwendig. Die Bundesregierung verabschiedete in kürzester Zeit ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Stützung des Finanzmarktes. Am 17. Oktober 2008 trat das Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG) in Kraft. Damit wird der Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) als Fonds des Bundes geschaffen, der über einen Handlungsrahmen von insgesamt 480 Milliarden Euro verfügt. Zur Koordinierung und Überwachung der Stabilisierungsmaßnahmen wurde die FMSA als unselbstständige Anstalt bei der Deutschen Bundesbank gegründet. Die FMSA ist seit dem 23. Juli 2009 eine bundesunmittelbare, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums (BMF). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/314 2 Zur Stützung des Finanzmarktes ist eine Reihe von Maßnahmen ergriffen worden. Über vom Fonds vorzunehmende Stabilisierungsmaßnahmen entscheidet das BMF nach pflichtgemäßem Ermessen entsprechend § 4 FMStFG. Eine Chronik der Maßnahmen ist auf der Internetseite der FMSA (https://www.fmsa.de/de/chronik/) ersichtlich. Das Instrumentarium des FMS umfasst die Errichtung von Abwicklungsanstalten, die Gewährung von Kapitalmaßnahmen, die Bereitstellung von Garantien sowie sonstige Risikoübernahmen. Zugunsten folgender Institute bzw. Institutsgruppen wurden insbesondere Maßnahmen gewährt: – Aareal Bank AG, – Commerzbank AG, – Hypo Real Estate Holding AG (HRE-Gruppe), – Portigon AG, ehemals WestLB AG, – HSH Nordbank AG, – IKB Deutsche Industriebank AG, – Bayerische Landesbank AöR, – Düsseldorfer Hypothekenbank AG, – SdB-Sicherungseinrichtungsgesellschaft deutscher Banken mbH, – Corealcredit Bank AG. Per 31. Dezember 2016 bestehen lediglich noch Maßnahmen im Bereich der Abwicklungsanstalten und bei den Kapitalmaßnahmen. Im Bereich der Garantien und der Risikoübernahme sind die Maßnahmen bereits abgeschlossen. Auf den historischen Überblick über die Maßnahmen des FMS (https://www.deutsche-finanzagentur.de/fileadmin/user_upload_fmsa/SoFFin/SoFFin_Massnah men.pdf) wird verwiesen. In Bezug auf die Beteiligung der Länder sieht das FMStFG vor, dass gemäß § 13 Abs. 2 FMStFG nach Abwicklung des FMS das verbleibende Ergebnis für bis zum 31. Dezember 2012 gewährte Maßnahmen zwischen Bund und Ländern im Verhältnis 65 : 35 aufgeteilt wird. Die Beteiligung der Länder ist auf einen Höchstbetrag von 7,7 Milliarden Euro begrenzt. Die Aufteilung auf die einzelnen Länder erfolgt zur Hälfte nach Einwohnern (Stand 30. Juni 2008) und zur Hälfte nach dem Bruttoinlandsprodukt 2007 in jeweiligen Preisen. Für nach dem 31. Dezember 2012 bis zum 31. Dezember 2015 gewährte Maßnahmen besteht seitens des FMS ein Ausgleichsanspruch gegenüber dem Restrukturierungsfonds. Ein positives Ergebnis wird demgegenüber nach dem vorstehenden Verhältnis von 65 : 35 auf den Bund und die Länder verteilt. Soweit Landesbanken oder Zweckgesellschaften, die deren Risikopositionen übernommen haben, durch Maßnahmen des Fonds unterstützt werden, tragen hieraus resultierende finanzielle Lasten die Länder entsprechend ihren Anteilen an den Landesbanken oder Zweckgesellschaften zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des FMStFG (§ 13 Abs. 3 FMStFG). Der Bund trägt gemäß seinem Anteil zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des FMStFG die Lasten der Finanzinstitutionen nach § 2 FMStFG, an denen er beteiligt ist. Wegen der Besonderheiten bei der „Ersten Abwicklungsanstalt“, die Risikopositionen der Portigon AG, übernommen hat, wird auf die gesondert geregelte Haftungskaskade und die sonstigen einschlägigen Regelungen im Statut der teilrechtsfähigen Anstalt nach Bundesrecht gemäß 8 a FMStFG (https://www.fmsa.de/fileadmin/user_upload_fmsa/Statuten/Statut_EAA_de.pdf) verwiesen . Bei der FMS Wertmanagement Abwicklungsanstalt, die zur Stabilisierung der HRE-Gruppe errichtet wurde, besteht keine besondere Haftungskaskade, sodass der FMS zum vollständigen Verlustausgleich verpflichtet ist. Per 31. Dezember 2016 wurden wegen dieser Verpflichtung rund 9,3 Milliarden Euro aus dem FMS geleistet. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/314 3 1. Welche Risiken ergeben sich nach Auffassung der Landesregierung der Höhe und Wahrscheinlichkeit nach aus dem oben beschriebenen Sachverhalt für den Landeshaushalt in Niedersachsen? Die Höhe tatsächlich wirksamer Haushaltsbelastungen wird sich erst mit Abrechnung des FMS beziffern lassen. Eine hinreichend konkrete Prognose zu den Risiken für den Landeshaushalt lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt daher nicht abgeben. 2. Wann können die Risiken auftreten? Die Auflösung und Abwicklung des FMS erfolgt gemäß § 13 Abs. 4 FMStFG durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, die derzeit noch nicht erlassen wurde. Sie bedarf der Zustimmung durch den Deutschen Bundestag und den Bundesrat. Es ist zurzeit nicht absehbar, wann eine solche Rechtsverordnung erlassen werden soll. 3. Beabsichtigt die Landesregierung, weitere Vorsorge für eine eventuelle Inanspruchnahme des Landeshaushaltes zu treffen? Bislang war noch keine Vorsorge zu treffen, da weder der Zeitpunkt der Abrechnung des FMS noch die Höhe der möglichen Belastung erkennbar sind und damit keine Veranschlagungsreife gegeben ist. Hierzu siehe auch Antwort zu Frage 1. 4. Welchen Börsenwert haben die Portfolien der einzelnen Abwicklungsanstalten bzw. die verschiedenen Risikopositionen aktuell? Der Landesregierung liegen nur die Informationen vor, die seitens der einzelnen Abwicklungsanstalten veröffentlicht wurden. Auf die Geschäftsberichte der FMS Wertmanagement (http://www.fms-wm.de/de/downloadcenter-de/investoren/berichte), der Erste Abwicklungsanstalt (https://www.aa1.de/presse/geschaeftsberichte/) und des FMS (https://www.deutsche-finanz agentur.de/de/finanzmarkt-stabilisierung/) wird verwiesen. 5. Wie sind die Portfolien der einzelnen Abwicklungsanstalten bzw. die verschiedenen Risikopositionen derzeit zusammengesetzt (Anleihen, Aktien, Derivate, Devisen, Immobilien , Rohstoffe und Sonstiges nach Herkunftsländern)? Siehe Antwort zu Frage 4. 6. In welchem Umfang und gegebenenfalls wann hat die EZB Teile der Portfolien der einzelnen Abwicklungsanstalten bzw. der verschiedenen Risikopositionen erworben? Der Landesregierung liegen keine Informationen darüber vor, in welchem Umfang und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt die EZB Teile der Aktiva oder Passiva von den Abwicklungsanstalten erworben hat. (Verteilt am 19.02.2018) Drucksache 18/314 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums Jahresabschluss des Finanzmarktstabilisierungsfonds und Risiken für den Landeshaushalt