Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/319 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Schulden des Landes Niedersachsen Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE), eingegangen am 18.01.2018 - Drs. 18/212 an die Staatskanzlei übersandt am 24.01.2018 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 16.02.2018, gezeichnet Reinhold Hilbers Vorbemerkung des Abgeordneten Das Verschuldungsverbot des Artikels 109 Abs. 3 Satz 1 GG bindet das Land ab dem Haushaltsjahr 2020 und gilt für den Haushaltsplan und die Haushaltsführung. Bei der Umsetzung der Ermächtigung aus Artikel 109 Abs. 3 Satz 5 GG hat das Land darauf zu achten, dass das Verschuldungsverbot nicht umgangen werden kann. Neben der Senkung der Nettokreditaufnahme auf null muss auch das strukturelle Defizit abgebaut werden. 1. Wie hoch sind die Kreditschulden des Landes zum 31.12.2017? Für die Bestimmung des Schuldenstandes des Landes sind aufgrund verschiedener Informationsinteressen unterschiedliche Abgrenzungen geläufig. Der stichtagsbezogene Schuldenstand aus Kreditmarktmitteln erfasst die aktuell valutierten Kredite am Kreditmarkt und betrug zum 31.12.2017 57.284 Millionen Euro. Die stichtagsbezogene Betrachtung berücksichtigt nicht, in welchem Umfang das Land Ausgaben des Haushalts, insbesondere Tilgungsausgaben, aus vorhandenen liquiden Mitteln finanziert, die einem bestimmten Zweck vorbehalten sind, zu diesem Zweck aber vorübergehend nicht benötigt werden. Im Rahmen einer an Wirtschaftlichkeit orientierten Liquiditätssteuerung nutzt das Land solche Mittel zur Vorfinanzierung, anstatt die sonst notwendigen Tilgungskredite sofort aufzunehmen. Zum notwendigen Ausgleich dieser Inanspruchnahme werden Kredite, die zu Beginn des folgenden Haushaltsjahrs aufgenommen werden, in das abzuschließende Haushaltsjahr umgebucht. Der Stand der fundierten Schulden, der in Abschnitt II der Haushaltsrechnung des Landes Niedersachsen veröffentlicht wird, bezieht diese Umbuchung aus dem nachfolgenden Haushaltsjahr sowie die Schulden beim öffentlichen Bereich ein. Zum Ende des Haushaltsjahres 2016 belief er sich auf 60 815 Millionen Euro, davon 60 246 Millionen Euro Kreditmarktschulden. Darüber hinaus meldet das Land für Zwecke der Haushaltsüberwachung von Bund und Ländern nach Artikel 109 a GG einen Schuldenstand in Abgrenzung des Stabilitätsrats. Diese einheitlich für alle Länder getroffene Abgrenzung bezieht sich auf Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich und geht zugleich weiter, indem im Rahmen des Haushaltsabschlusses gebildete Einnahmereste aus Kreditermächtigungen sowie nach § 3 Abs. 2 des Haushaltsgesetzes übertragene Kreditermächtigungen einbezogen sind. Dieser Schuldenstand gibt damit ein aus haushaltswirtschaftlicher Sicht vollständigeres Bild der Verpflichtungssituation des Landes. Für das Haushaltsjahr 2016 waren im Stabilitätsbericht 2017 61 452 Millionen Euro zu melden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/319 2 2. Wie hat sich die Nettoneuverschuldung seit 2009 im Plan und im Vollzug entwickelt? Die Nettokreditermächtigung laut Haushaltsgesetz ist in der nachfolgenden Tabelle dargestellt: Jahr Millionen Euro 2009 2 300 2010 2 300 2011 1 950 2012 720 2013 620 2014 720 2015 600 2016 480 2017 0 Die Kreditermächtigungen werden im Rahmen des in Niedersachsen gesetzlich vorgeschriebenen Sollabschlusses für den Ist- und den Sollausgleich in Anspruch genommen. Dies ist dem Abschlussbericht in Band 1 der Haushaltsrechnung unter Nr. 4.2.2. zu entnehmen. Von 2009 bis 2015 wurde regelmäßig die gesamte verfügbare Kreditermächtigung einschließlich der Nettokreditermächtigung ausgeschöpft; lediglich im Abschluss des Haushaltsjahres 2014 wurden rund 456 Millionen Euro Kreditermächtigung nicht in Anspruch genommen. Im Abschluss des Jahres 2016 konnte auf die veranschlagte Nettokreditermächtigung von 480 Millionen Euro verzichtet werden. 3. Welche Ansätze sieht die mittelfristige Finanzplanung 2016 bis 2020 für die Nettoneuverschuldung vor? Die aktuelle mittelfristige Finanzplanung bezieht sich auf die Haushaltsjahre 2017 bis 2021; für diese Jahre ist keine Nettokreditaufnahme vorgesehen. Die in der mittelfristigen Finanzplanung 2016 bis 2020 geplante Nettokreditaufnahme betrug 480 Millionen Euro für das Jahr 2016, 360 Millionen Euro für das Jahr 2017 und 0 Euro für die Folgejahre bis 2020. 4. Wie hat sich das strukturelle Defizit seit 2009 entwickelt? Zahlen in Millionen Euro; in Abgrenzung des Stabilitätsrats Jahr Strukturelles Defizit 2009 2 233 2010 2 054 2011 1 262 2012 749 2013 998 2014 90 2015 426 2016 -556 (Überschuss) 2017 noch offen Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/319 3 5. Welche Ansätze sieht die mittelfristige Finanzplanung 2016 bis 2020 beim strukturellen Defizit für die einzelnen Jahre vor? Zahlen in Millionen Euro; in Abgrenzung des Stabilitätsrats Jahr Mittelfristige Finanzplanung 2016 bis 2020 Mittelfristige Finanzplanung 2017 bis 2021 2016 650 650 2017 767 555 2018 400 245 2019 97 92 2020 -7 (Überschuss) -11 (Überschuss) 2021 -18 (Überschuss) 6. Welche Veränderungen ergeben sich durch den neuen Länderfinanzausgleich, aktuelle Steuerschätzungen und weitere Rechtsänderungen? Die Landesregierung beobachtet die Auswirkungen sich ändernder Umstände (in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht) auf den Landeshaushalt und wird aus ihrer Sicht erforderliche und angemessene Maßnahmen ergreifen. Die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab 2020 sieht für Niedersachsen (Land und Kommunen) gegenüber dem in der Mittelfristigen Planung 2017 bis 2021 abgebildeten Status Quo Umsatzsteuermehreinnahmen in Höhe von rund 650 Millionen Euro jährlich ab 2020 vor. Im Gegenzug entfallen künftig Entflechtungsmittel in Höhe von rund 213 Millionen Euro jährlich, die bisher gesondert im Landeshaushalt vereinnahmt wurden. Im gleichen Zuge wird die sogenannte erhöhte Gewerbesteuerumlage mit einem Effekt von rund 400 Millionen Euro jährlich zum Jahr 2020 auslaufen . Damit werden die zusätzlichen Umsatzsteuereinnahmen aus der Neuordnung der Bund- Länder-Finanzbeziehungen im Ergebnis zunächst nicht für den Landeshaushalt, sondern vollständig auf der kommunalen Ebene wirksam. Die Frage erforderlicher Nachjustierungen in den kommunalen Finanzbeziehungen im Sinne der gebotenen Verteilungssymmetrie wird die Landesregierung mit den Kommunen erörtern. Aus der aktuellen Steuerschätzung vom November 2017 ergeben sich einschließlich der Effekte aus der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen Steuermehreinnahmen (brutto vor kommunalem Finanzausgleich) in Höhe von 919 Millionen Euro für 2020 und 876 Millionen Euro für 2021 gegenüber der Mittelfristigen Planung 2017 bis 2021. Hierin enthalten sind die bislang als zweckgebundene Einnahmen des Bundes erhaltenen Einnahmen aus Entflechtungsmitteln in Höhe von 213 Millionen Euro pro Jahr. Für die Jahre 2018 und 2019 werden Mehreinnahmen in Höhe von 684 Millionen Euro (2018) und 639 Millionen Euro (2019) prognostiziert. Aktuelle Erkenntnisse zur Höhe der zu erwartenden Steuereinnahmen wird die Steuerschätzung vom 07. bis 09.05.2018 bringen. 7. Wie hat sich der Durchschnittszinssatz für die gesamten Kreditschulden des Landes vom Jahr 2009 bis zum Jahr 2017 jeweils entwickelt? Jahr Zinssatz 2009 4,46 % 2010 3,41 % 2011 3,34 % 2012 2,94 % 2013 2,71 % 2014 2,49 % 2015 2,21 % 2016 2,04 % 2017 1,85 % Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/319 4 8. Wie viele Jahre dauert die Tilgung der Kreditschulden bei einem Tilgungssatz von 1 %? Das Land hat nur endfällige Wertpapiere begeben. Bei einem Tilgungssatz von 1 % würde die Tilgung einer Schuld 100 Jahre dauern. 9. Wie viele Jahre dauert die Tilgung der Kreditschulden bei einem Tilgungssatz von 2 %? Das Land hat nur endfällige Wertpapiere begeben. Bei einem Tilgungssatz von 2 % würde die Tilgung einer Schuld 50 Jahre dauern. 10. Bis wann will die Landesregierung die Kreditschulden zurückzahlen? Entsprechend der Koalitionsvereinbarung der die Landesregierung tragenden Parteien strebt die Landesregierung neben dem Abbau des Investitionsstaus den Einstieg in die Tilgung von Altschulden in dieser Legislaturperiode an. Ein konkreter Zeitpunkt und ein Tilgungsplan sind nicht festgelegt . 11. Will die Landesregierung die Kreditschulden vollständig tilgen? Siehe Antwort zu Frage 10. 12. Wie hoch wäre die zusätzliche Belastung des Landeshaushaltes, wenn sich der Durchschnittszinssatz für die gesamten Kreditschulden des Landes um 1 % erhöht? Die Kreditmarktschulden des Landes betragen (per 31.12.2017) 57 284 Millionen Euro. 1 % davon entsprechen 572,84 Millionen Euro. Das Land hat nicht nur Kreditmarktschulden, sondern setzt auch Derivate ein, welche die Zinsausgaben beeinflussen. 13. Wie hoch wäre die zusätzliche Belastung des Landeshaushaltes, wenn sich der Durchschnittszinssatz für die gesamten Kreditschulden des Landes um 2 % erhöht? 2 % entsprechen 1 145,68 Millionen Euro. 14. Wie hoch wäre die zusätzliche Belastung des Landeshaushaltes, wenn sich der Durchschnittszinssatz für die gesamten Kreditschulden des Landes um 3 % erhöht? 3 % entsprechen 1 718,52 Millionen Euro. 15. Wie hoch ist aktuell der Leitzins in der Eurozone, in Großbritannien, in den USA und in Japan? Datum/Stand Name der Zentralbank Name des Zinssatzes Höhe in % 01.02.2018 EZB Satz der Haupfinanzierungsgeschäfte 0,00 01.02.2018 Bank of England Repo rate 0,5 01.02.2018 Federal Reserve USA Federal funds rate 1,25 - 1,50 01.02.2018 Bank of Japan Uncollateralized Overnight call rate - 0,045 (Verteilt am 20.02.2018) Drucksache 18/319 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums Schulden des Landes Niedersachsen