Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3200 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Anwendung von Zwangsmitteln bei Abschiebungen Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 18.02.2019 - Drs. 18/2880 an die Staatskanzlei übersandt am 19.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 14.03.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten In einem Artikel vom 23.10.2018 berichtete die taz über „alarmierende Abschiebepraktiken“. Der Artikel bezog sich auf Dublin-Sammelabschiebungen, für die der Bund zuständig ist, und thematisierte die Anwendung von Zwangsmitteln. Darauf bezog sich auch die Anfrage in Bundesratsdrucksache 19/7401. Die Bundesländer sind für Abschiebungen außerhalb des Dublin-Verfahrens zuständig. Auch für Abschiebungen aus Niedersachsen stellt sich die Frage nach der Anwendung von Zwangsmitteln. Vorbemerkung der Landesregierung Die Durchführung der Rückführungen und Überstellungen obliegt in Niedersachsen nach Ziffer 4.1.2. des Rückführungserlasses vom 24.08.2016 der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI). Soweit Überstellungen nach der Dublin-III-VO durchgeführt werden, wird die LAB NI in Vollzugshilfe für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge tätig. Für Maßnahmen außerhalb Niedersachsens und/oder zur Unterstützung der Durchführung stellt die LAB NI ein Vollzugshilfeersuchen an die jeweilige Polizeidienststelle, in deren Gebiet der rückzuführende Ausländer seinen regulären Aufenthalt hat. 1. Wie viele Mobiltelefone wurden Abzuschiebenden im Rahmen des Abschiebungsvorgangs jeweils in den einzelnen Jahren seit 2015 weggenommen? Wie viele wurden ihnen wann zurückgegeben? Durch wen geschah dies, mit welcher Begründung, auf welcher Rechtsgrundlage? Bei der Abholung der rückzuführenden Ausländer werden diese aufgefordert, elektronische Geräte in das Gepäck oder Handgepäck zu verstauen. Sollte dennoch ein Gerät vom rückzuführenden Ausländer während der Maßnahme genutzt werden, wird dies nur übergangsweise verwahrt und spätestens bei der Übergabe am Flughafen der Bundespolizei normalerweise im Beisein des Rückzuführenden übergeben. Die Rechtsgrundlage ist in der Regel § 26 Nr. 1 oder 3 d Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG). Eine Statistik, wie häufig Mobiltelefone sichergestellt wurden, wird nicht geführt. Fälle, bei denen das Mobiltelefon nicht zurückgegeben wurde, sind der Landesregierung nicht bekannt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3200 2 2. Wie oft wurden Abzuschiebenden im Rahmen des Abschiebungsvorgangs jeweils in den einzelnen Jahren seit 2015 gegen ihren Willen Beruhigungsmittel oder andere Medikamente verabreicht? Um welche Medikamente handelte es sich, auf wessen Weisung ging die Verabreichung der Medikamente zurück, inwieweit wurden Medizinerinnen und Mediziner beigezogen? Inwiefern und wie oft wurde die gerichtliche Kontrolle dieses körperlichen Eingriffs gewährleistet? Die Verabreichung von Medikamenten erfolgt nicht gegen den Willen der Rückzuführenden. Sofern Kenntnisse von gesundheitlichen Einschränkungen vorliegen, wird eine ärztliche Begleitung für die Rückführung organisiert. Bei einer bekannten regelmäßigen Einnahme von Medikamenten wird diese überwacht, aber durch den rückzuführenden Ausländer selbst - oder gegebenenfalls durch den begleitenden Arzt - vorgenommen (z. B. Insulinspritzen). 3. Wie viele Abzuschiebende wurden im Rahmen des Abschiebungsvorgangs jeweils in den einzelnen Jahren seit 2015 mit Handfesseln, Fußfesseln, Bodycuffs, Handschellen oder Ähnlichem fixiert? Eine statistische Erhebung des Einsatzes von Zwangsmitteln erfolgt nicht. 4. Wie oft wurden an Abzuschiebenden im Rahmen des Abschiebungsvorgangs jeweils in den einzelnen Jahren seit 2015 Elektroschockgeräte angewendet? In keinem Fall. 5. In wie vielen Fällen kam es jeweils in den einzelnen Jahren seit 2015 zu physischer Gewaltanwendung gegen Abzuschiebende im Rahmen des Abschiebungsvorgangs? Wer hat die Gewaltanwendung vorgenommen, angeordnet? Wie wurde sie begründet? Inwiefern wurden dabei Abzuschiebende verletzt, um welche Verletzungen handelte es sich, und welche medizinischen Maßnahmen wurden zur Behandlung dieser Verletzungen von wem durchgeführt? Eine Statistik, wie oft physische Gewalt angewendet wird, wird nicht geführt. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung ist physische Gewalt allerdings das letzte Mittel und wird im Rahmen von Abschiebungsmaßnahmen im Falle der Anwendung in der Regel aus Gründen der Eigen- oder Fremdsicherung vorgenommen. 6. In wie vielen Fällen kam es jeweils in den einzelnen Jahren seit 2015 zu Selbstverletzungen bzw. Suizidversuchen von Abzuschiebenden im Rahmen des Abschiebungsvorgangs ? Welcher Art waren die eingetretenen Verletzungen? In welcher Form erfolgte eine medizinische Versorgung? Wurden die betroffenen Personen dennoch abgeschoben ? Suizidversuche oder Selbstverletzungen bei Rückführungsmaßnahmen wurden in den letzten Jahren statistisch nicht erhoben. Im Januar 2019 wurden zwei Fälle von durchgeführten Selbstverletzungen bekannt. (Verteilt am 15.03.2019) Drucksache 18/3200 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anwendung von Zwangsmitteln bei Abschiebungen Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 18.02.2019 - Drs. 18/2880 an die Staatskanzlei übersandt am 19.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 14.03.2019