Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3204 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Eva Viehoff und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Teilhabechancengesetz: Wie viele Langzeitarbeitslose wird das Land Niedersachsen als Arbeitgeber beschäftigen? Anfrage der Abgeordneten Eva Viehoff und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE), eingegangen am 12.02.2019 - Drs. 18/2820 an die Staatskanzlei übersandt am 14.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 14.03.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Am 1. Januar 2019 ist das sogenannte Teilhabechancengesetz des Bundes in Kraft getreten. Das Gesetz ermöglicht Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, Menschen einzustellen, die innerhalb von sieben Jahren mindestens sechs Jahre Hartz IV bezogen haben. Der Bund zahlt für fünf Jahre den Lohn; in den ersten beiden Jahren bis 100 %, dann reduziert sich die Förderung um 10 % jährlich. Die Rückkehr in den Arbeitsmarkt wird durch ein Coaching begleitet. Insgesamt stellt der Bund bundesweit 1 Milliarde Euro bis zum Jahr 2022 bereit. Trotz guter Konjunkturlage stagniert die Zahl der Langzeitarbeitslosen auf hohem Niveau. Im Januar 2019 waren bundesweit 813 409 Menschen langzeitarbeitslos, in Niedersachsen waren es 79 106 Menschen (Bundesagentur für Arbeit). Nordrhein -Westfalen hat angekündigt, mithilfe des Teilhabechancengesetzes 15 000 Langzeitarbeitslose und damit 6 % der in NRW von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Menschen in Arbeit bringen zu wollen (u. a. WDR 22.01.2019). Die gleiche Quote angewendet auf Niedersachsen würde bedeuten , dass hierzulande rund 4 800 Langzeitarbeitslose eine Chance auf Beschäftigung bekämen. Tatsächlich hat sich Arbeitsminister Bernd Althusmann mit einem Schreiben vom Januar 2019 an alle Arbeitsmarktpartnerinnen und -partner in Niedersachsen gewandt. Der Minister fordert darin insbesondere alle Wirtschaftsunternehmen, Kommunen und gemeinnützigen Träger auf, geeignete Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Er freue sich darüber, wenn potenzielle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Niedersachsen „sich aktiv an einer positiven Umsetzung“ beteiligten. Für die Jahre 2017 und 2018 hatte die rot-grüne Landesregierung ein Landesprogramm gegen Langzeitarbeitslosigkeit geschaffen. Insgesamt wurden 20 Millionen Euro in den beiden Jahren zur Verfügung gestellt. Der Haushaltsentwurf 2019 der rot-schwarzen Landesregierung sah hingegen vor, das Programm auslaufen zu lassen und weder im Wirtschaftsministerium noch im Sozialministerium Mittel für 2019 zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich sollten für den Haushaltstitel 685 11-8 im Einzelplan 08 „Arbeitsförderung - Arbeit und Qualifizierung Verbesserung der Qualität der Arbeit sowie Modellprojekte der Arbeitsmarktpolitik“ 3,5 Millionen Euro ab 2019 gestrichen werden. Die Koalitionsfraktionen beantragten später über ihre Politische Liste, 4 Millionen Euro der insgesamt für 2019 gestrichenen 13,5 Millionen Euro wieder einzustellen. Die SPD-Fraktion forderte in einer Pressemitteilung, das Land Niedersachsen solle „als Arbeitgeber (…) mit gutem Beispiel vorangehen“ und 100 Langzeitarbeitslose im Rahmen des Teilhabegesetzes beschäftigen (PM SPD, 07.02.2019). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3204 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Langzeitarbeitslosigkeit in Niedersachsen hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. So ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen im Durchschnitt von 99 442 im Jahr 2014 auf 82 740 im Jahr 2018 gesunken. Der Rückgang setzt sich weiter fort. Im Februar 2019 waren noch 77 046 Menschen in Niedersachsen ein Jahr oder länger arbeitslos. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung ist die Arbeitsmarkintegration von Langzeitarbeitslosen nach wie vor eine große Herausforderung und ein wichtiges Ziel der Arbeitsmarktpolitik des Landes. Die Landesregierung begrüßt deshalb das Teilhabechancengesetz (THCG) und die damit neu geschaffenen Fördermöglichkeit für die Zielgruppe. Damit stehen zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit zwei neue Instrumente zur Verfügung, für die die Jobcenter ab 2019 zusätzliche Mittel in erheblicher Größenordnung erhalten haben. So stehen insgesamt für Arbeitsfördermaßnahmen im SGB II in Niedersachsen 2019 rund 500 Millionen Euro zur Verfügung - im Vergleich zu den Ist- Ausgaben 2018 fast eine Verdoppelung der Mittel. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung unterstützt die Einführung und Umsetzung der neuen Fördermöglichkeiten nach Kräften und hat in enger Abstimmung mit der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen und dem Niedersächsischen Landkreistag die Jobcenter bereits sehr frühzeitig intensiv begleitet, sodass die Förderung in Niedersachsen sofort zum Jahresanfang anlaufen konnte. Darüber hinaus hat Minister Dr. Althusmann am 22.01.2019 zusammen mit der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen und der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände einen Aufruf an Arbeitgeber und Arbeitsmarktpartner gerichtet, Arbeitsplätze bereitzustellen , die neue Förderung intensiv zu nutzen und langzeitarbeitslose Menschen einzustellen . 1. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt das Land Niedersachsen? Im Kernhaushalt und in den Landesbetrieben beschäftigte das Land Niedersachsen am 30. Juni 2017 195 245 Personen. Hierin sind unbefristet und befristet Beschäftigte enthalten sowie Personen in Ausbildung; nicht enthalten sind Beurlaubte und geringfügig Beschäftigte. Ebenfalls nicht enthalten sind 21 240 Personen, die in Stiftungen und öffentlich-rechtlichen Anstalten des Landes tätig waren. 2. Plant das Land Niedersachsen als Arbeitgeber, mithilfe des Teilhabechancengesetzes Langzeitarbeitslose einstellen? Die neuen Fördermöglichkeiten des Teilhabechancengesetzes richten sich an alle Arbeitgeber. Es gibt keine Einschränkungen wie bei früheren Programmen. Daher können auch Landesdienststellen eine Förderung beim örtlichen Jobcenter beantragen, wenn sie einen förderfähigen Langzeitarbeitslosen einstellen wollen. Das Land Niedersachsen plant, mit Hilfe des Teilhabechancengesetzes Langzeitarbeitslose einzustellen , soweit dies im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und aufgrund ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung bzw. im Hinblick auf die für die Aufgabenerledigung erforderliche Qualifikation möglich ist. Die Einstellung geeigneter Personen liegt in der Verantwortung der einzelnen Landesdienststellen. 3. Wie viele der Langzeitarbeitslosen wird das Land Niedersachsen gegebenenfalls konkret und zu wann im Rahmen des Teilhabechancengesetzes in den kommenden Jahren beschäftigten? Die Frage, wie viele Langzeitarbeitslose konkret und zu wann im Rahmen des Teilhabechancengesetzes in den kommenden Jahren beschäftigt werden, kann in dieser Form nicht beantwortet werden . Über die zu Frage 2 signalisierte allgemeine Absicht hinaus kann nicht konkret geplant werden , in welcher Anzahl und zu welchen Terminen Einstellungen von Langzeitarbeitslosen erfolgen Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3204 3 können. Einstellungen erfolgen bedarfsorientiert unter Berücksichtigung der für die zu erledigenden Aufgaben erforderlichen Qualifikation. 4. Inwieweit wird sich das Land Niedersachsen an der Quote Nordrhein-Westfalens orientieren , wonach 6 % aller in NRW betroffenen Langzeitarbeitslosen mithilfe des Teilhabechancengesetzes eine Arbeit bekommen sollen? Wie viele Langzeitarbeitslose mit dem Teilhabechancengesetz eine Arbeit bekommen werden, ist von verschiedenen Faktoren abhängig und derzeit nicht absehbar. Mit den vom Bund bereitgestellten Mitteln können in Niedersachsen 2019 rund 4 000 bis 5 000 Langzeitarbeitslose mit der neuen Förderung eine Arbeit aufnehmen. Bezogen auf 77 000 Langzeitarbeitslose im Februar 2019 in Niedersachsen entspräche das in etwa ebenfalls bis zu 6 %. 5. Welche Botschaft vermittelt das Land Niedersachsen potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, wenn es andere in dem Schreiben vom Januar dazu auffordert, Langzeitarbeitslose einzustellen, selbst aber in dem Brief keine Angaben dazu trifft, Langzeitarbeitslose beschäftigen zu wollen? Das Land als Arbeitgeber ist ebenfalls aufgerufen, das Teilhabechancengesetz aktiv zu nutzen. Der gemeinsame Appell vom Januar ist daher bereits an wichtige Ressorts der Landesregierung versandt worden. Zudem hat Minister Dr. Althusmann die jüngsten Anregungen aus dem parlamentarischen Raum zum Anlass genommen, seine Ressortkolleginnen und Ressortkollegen nochmal ausdrücklich zu bitten, dass sie in ihren Häusern und in ihren nachgeordneten Dienststellen darauf hinwirken, bei der Besetzung von geeigneten Arbeitsplätzen auch Langzeitarbeitslose zu berücksichtigen und die neuen Fördermöglichkeiten zu nutzen. Ebenso hat das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung die Jobcenter gebeten, ihrerseits aktiv auf die einzelnen Landesdienststellen vor Ort zuzugehen. 6. Wie bewertet die Landesregierung die Aufforderung der SPD-Fraktion vom 7. Februar, dass das Land mit gutem Beispiel vorangehen und mindestens 100 Langzeitarbeitslose einstellen soll, und wird die Landesregierung der Aufforderung nachkommen? Die Landesregierung begrüßt jede wohlmeinende Initiative aus der Mitte des Parlaments, um die Lebenssituation der Menschen in Niedersachsen zu verbessern. Insbesondere das für das Thema Arbeit zuständige Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung ist dabei daran interessiert , Menschen ohne einen Arbeitsplatz neue Perspektiven zu eröffnen. Die Anregung wird demzufolge in die Arbeit der Landesregierung einfließen. 7. Warum hat die Landesregierung in ihrem Haushaltsentwurf 2019 im Herbst 2018 kein weiteres Geld für das Programm gegen Langzeitarbeitslosigkeit eingestellt? Die zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit bereitgestellten zusätzlichen Mittel waren vom Parlament lediglich für die Jahre 2017 und 2018 vorgesehen worden. Dementsprechend waren die darauf basierende Förderung und das Landesprogramm gegen Langzeitarbeitslosigkeit ebenfalls von vornherein befristet. Das Landesprogramm mit seinen Bausteinen „Arbeitsplatzprämie“ und „Coaching“ läuft noch bis Ende 2019. Die Förderziele des Landesprogramms werden von dem neuen Teilhabechancengesetz des Bundes, das zum 01.01.2019 in Kraft getreten ist, weitgehend abgedeckt. Zudem bietet die neue Bundesförderung ein Vielfaches an Mitteln und möglichen Förderplätzen für arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3204 4 8. Wie wichtig ist der Landesregierung der Einsatz für Langzeitarbeitslose, und welche Handlungen leitet die Landesregierung aus ihrer Prioritätensetzung ab? Der Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit und Langzeitleistungsbezug sind wichtige Schwerpunkte der niedersächsischen Arbeitsmarktpolitik. Bei der Umsetzung dieser Ziele arbeitet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung eng mit den Arbeitsmarktpartnern zusammen. Insbesondere in enger Kooperation mit der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen und dem Niedersächsischen Landkreistag ergreift es zahlreiche Initiativen und Maßnahmen zur Unterstützung der Jobcenter in Niedersachsen bei dieser anspruchsvollen Aufgabe, denn dort liegen sowohl die Hauptverantwortung als auch die wesentlichen personellen und finanziellen Ressourcen. Zudem fördert das Land mit eigenen Maßnahmen Langzeitarbeitslose. Mit dem Programm „Qualifizierung und Arbeit“ werden Qualifizierung und Stabilisierungsmaßnahmen unterstützt. Insbesondere gilt es dabei, arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose ohne bzw. ohne verwertbaren Berufsabschluss nachhaltig in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Dafür stehen in 2019 bis zu 2,5 Millionen Euro an Landes- und ESF-Mitteln zur Verfügung. Zusätzlich wurden im Haushalt 2019 des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung 2,5 Millionen Euro über die politische Liste zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit bereitgestellt. Mit diesen Mitteln werden Langzeitarbeitslose und von Langzeitarbeitslosigkeit bedrohte Arbeitslose, insbesondere mit Migrations - und Fluchthintergrund, für eine spätere berufliche Integration in den Bereichen Pflege oder Verkehr/Spedition/Logistik vorbereitet und qualifiziert, um so dem Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel dieser Branchen zu begegnen. (Verteilt am 18.03.2019) Drucksache 18/3204 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Teilhabechancengesetz: Wie viele Langzeitarbeitslose wird das Land Niedersachsen als Ar-beitgeber beschäftigen? Anfrage der Abgeordneten Eva Viehoff und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE), eingegangen am 12.02.2019 - Drs. 18/2820 an die Staatskanzlei übersandt am 14.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung na-mens der Landesregierung vom 14.03.2019