Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3222 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Neue Nachtflugregelung für Flughafen Hannover-Langenhagen: Kommt das Nachtflugverbot ab 2020? Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 04.02.2019 - Drs. 18/2753 an die Staatskanzlei übersandt am 06.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung 18.03.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Der Flughafen Hannover-Langenhagen ist der größte Flughafen des Landes Niedersachsen und gehört deutschlandweit zu den wenigen Stadtflughäfen mit einem Nachtflugbetrieb. Er wurde 1952 eröffnet, zählt mittlerweile rund 6,3 Millionen Passagiere im Jahr und mehr als 75 000 Flugbewegungen . Mit rund 5 200 Beschäftigten ist der Flughafen Hannover auch ein bedeutender Arbeitgeber in der Region. Gleichwohl klagen die benachbarten Kommunen über Lärmemissionen und fordern als eine Maßnahme gegen Fluglärm seit vielen Jahren ein Nachtflugverbot. Seit den 50er- Jahren existiert allerdings eine unbeschränkte und unbefristete Betriebsgenehmigung. Alle zehn Jahre wird die Nachtflugregelung überprüft; die aktuelle Regelung läuft Ende 2019 aus. Die neue Regelung wird derzeit vom Verkehrsministerium in Hannover zusammen mit dem Bundesverkehrsministerium entwickelt. Dass sich die Landesregierung für ein Nachtflugverbot einsetzen wird, gilt als unwahrscheinlich (HAZ 21.07.2018). Denn im Koalitionsvertrag hat sich Rot-Schwarz für die Beibehaltung des 24-Stunden-Betriebs ausgesprochen: „SPD und CDU bekennen sich zur wichtigen Rolle des Flughafens Hannover-Langenhagen im norddeutschen Luftverkehrskonzept und wollen zur Absicherung des 24-Stunden-Betriebs die notwendigen Lärmschutzmaßnahmen ausbauen.“ Im Sommer 2018 machte Staatssekretär Bernd Lindner den Anwohnerinnen und Anwohnern Hoffnung und schloss zumindest veränderte Grenzwerte und, daraus folgend, geänderte Regelungen von 2020 an nicht aus. Bis Mai 2018 können im Bundesumweltministerium noch Eingaben zu den Grenzwerten im Fluglärmschutzgesetz gemacht werden. Veränderte Grenzwerte könnten dann dazu führen, dass bei der neuen Nachtflugregelung „der Katalog jener Maschinen erweitert [wird], die aufgrund ihrer Lärmentwicklung nachts nicht starten oder landen dürfen“. (HAZ 21.07.2018) Das Land Niedersachsen wollte laut Lindner Ende 2018 auf „die unter dem Fluglärm leidenden Anwohner der Umlandkommunen zugehen, um einen neuen Nachbarschaftsdialog einzuleiten“? Vorbemerkung der Landesregierung Der Flughafen Hannover-Langenhagen stellt mit seiner Konnektivität den für die Wirtschaft sowie für die Bevölkerung wichtigen Anschluss an internationale Märkte sowie Destinationen in der ganzen Welt sicher. Ferner ist der Flughafen Hannover-Langenhagen mit seinen unmittelbaren Nachbarbetrieben eine der größten Arbeitsstätten in der Region Hannover. Nach der neuesten vollständigen Arbeitsstättenerhebung gab es im Jahr 2017 auf dem Gelände 158 Betriebe mit insgesamt 10 391 Mitarbeitern . Allein in der Region Hannover hängen über 19 500 Arbeitsplätze vom Flughafen Hannover- Langenhagen ab. Der wirtschaftliche Erfolg des Flughafens hängt maßgeblich insbesondere auch Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3222 2 von der Möglichkeit zu An- und Abflügen zur Nachtzeit ab. Wirtschaftliche Untersuchungen zeigen, dass ca. 30 % des Umsatzes der Flughafengesellschaft auf der Möglichkeit zu Nachtflügen begründet sind. Ein generelles Nachtflugverbot würde dazu führen, dass der Flughafen Hannover- Langenhagen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könnte. Dieses geht aus der neusten Studie „Hannover Airport ein zentraler Wirtschafts- und Standortfaktor für die Region“, durchgeführt von Prof. Dr. Lothar Hübl, hervor. Die aktuell geltenden Betriebsbeschränkungen für den Flughafen Hannover-Langenhagen, die insbesondere die derzeit gültige Nachtflugregelung enthalten, sind durch das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (MW) im Jahr 2009 erlassen worden und noch bis zum 31.12.2019 gültig. Rechtlich betrachtet sind sie in Form eines Teilwiderrufs der unbeschränkten Betriebsgenehmigung des Flughafens aus den 1950er Jahren ausgestaltet. Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens hatte das MW diese Betriebsgenehmigung bis jetzt letztmalig 2009 auf Antrag des Flughafens eingeschränkt und für die Nachtzeit (23:00 bis 5:59 Uhr) vor allem besonders laute Flugzeugmuster und bestimmte Verkehrsarten ausgeschlossen (sogenannte aktiver Lärmschutz, da Lärm an der Quelle verringert wird). Als zuständige oberste Verkehrsbehörde ist MW derzeit damit befasst, eine Folgeregelung, die Betriebsbeschränkungen auch über den 31.12.2019 hinaus vorsieht, zu erarbeiten. Zweck dieses Vorhabens ist es, den Gesundheitsschutz für die von Fluglärm betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner auch nach Auslaufen der bisherigen Regelung für die Zukunft bei der Beibehaltung des Nachtflugbetriebs uneingeschränkt zu gewährleisten. MW ist es ein besonderes Anliegen, im Rahmen dieses Verfahrens nicht zuletzt wegen der Bedeutung der Thematik für die Anwohnerinnen und Anwohner vor Ort sowie zur Gewährleistung der Teilhabe der kommunalen Gremien und Entscheidungsträger insbesondere den Vertretern der Anrainerkommunen Gelegenheit zu geben, sich ausführlich mit den geplanten Regelungen auseinanderzusetzen , die jeweiligen örtlichen Interessenlagen der Bürgerinnen und Bürger zu bündeln und als Stellungnahme gegenüber MW in das Verfahren einzubringen. Nach einer Würdigung der eingegangenen Stellungnahmen sowie Beteiligung weiterer Institutionen und Behörden auch auf Bundesebene wird eine Folgeregelung sodann von MW erlassen werden. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass jede Einschränkung der Betriebsgenehmigung des Flughafens Hannover nur auf Basis einer gesetzlichen Rechtsgrundlage möglich ist. Nur wenn die gesetzlichen Voraussetzungen (insbesondere: Fluglärm, der u. U. gesundheitsgefährdende Ausmaße erreicht) für eine Einschränkung der Betriebserlaubnis des Flughafens bejaht werden können, hat MW die rechtliche Handhabe zu einer Beschränkung. Hierbei ist stets eine Abwägung zwischen den rechtlich ebenso geschützten Interessen des Flughafens und dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung vorzunehmen. Dieses wiederum darf allein in verhältnismäßiger Weise erfolgen. 1. Wie viele Nachtflugbewegungen gab es in den Jahren 2003, 2008, 2013, 2017 und - sofern bereits bekannt - 2018 auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen? Bewegungen Kalenderjahr 2003 2008 2013 2017 2018 Bahnzeit 22-06 Uhr 10 219 11 667 11 016 14 042 15 869 2. Wie viele Flugbewegungen gab es insgesamt in den Jahren 2003, 2008, 2013, 2017 und - sofern bereits bekannt - 2018 auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen? Bewegungen Kalenderjahr 2003 2008 2013 2017 2018 Bahnzeit 00-24 Uhr 87 632 87 292 76 596 75 588 78 968 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3222 3 3. Wie hoch ist der Anteil der Frachtgutflüge und der Anteil der Passagierflüge in den Jahren 2003, 2008, 2013, 2017 und - sofern bereits bekannt - 2018 (bitte Angaben in Zahlen und prozentual)? Bewegungen Frachtflüge (Linie und Charter) Bewegungen Kalenderjahr 2003 2008 2013 2017 2018 Bahnzeit 22-06 Uhr 677 837 328 1.135 1.252 Anteil an Nachtflügen in % 6,6 7,2 3,0 8,1 7,9 Bahnzeit 00-24 Uhr 909 1 188 536 1.587 1.564 Anteil an Gesamtbewegungen in % 1,0 1,4 0,7 2,1 2,0 Bewegungen Fracht- und Postflüge (Linie und Charter) Bewegungen Kalenderjahr 2003 2008 2013 2017 2018 Bahnzeit 22-06 Uhr 1 662 1 838 1 251 1 815 1 957 Anteil an Nachtflügen in % 16,3 15,8 11,4 12,9 12,3 Bahnzeit 00-24 Uhr 1 894 2 189 1 459 2 267 2 269 Anteil an Gesamtbewegungen in % 2,2 2,5 1,9 3,0 2,9 Bewegungen Passagierflüge (Linie und Charter) Bewegungen Kalenderjahr 2003 2008 2013 2017 2018 Bahnzeit 22-06 Uhr 6 696 8 255 8 182 10 255 11 646 Anteil an Nachtflügen in % 65,5 70,8 74,3 73,0 73,4 Bahnzeit 00-24 Uhr 65 563 67 224 52 253 50 815 53 711 Anteil an Gesamtbewegungen in % 74,8 77,0 68,2 67,2 68,0 4. Welche Kenntnisse besitzt die Landesregierung darüber, dass die Flugzeuge, die den Flughafen Hannover-Langenhagen anfliegen, in den vergangenen Jahren größer und lauter geworden sind? Die Frage lässt sich sinnvoll nur im Kontext von bestehenden Verfahren zur Ermittlung der akustischen Belastung in der Umgebung von Flugplätzen beantworten. Dazu gehören zum einen die Berechnung der Belastung u. a. mit der „Anleitung zur Datenerfassung über den Flugbetrieb“ (AzD) in Verbindung mit der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (1. FlugLSV) sowie die Messung von Luftverkehrsgeräuschen gemäß § 19 a Luftverkehrsgesetz (LuftVG), die eine „fortlaufend registrierende Messung der durch die an- und abfliegenden Luftfahrzeuge entstehenden Geräusche“ vorschreibt. Die AzD fasst verschiedene Luftfahrzeugmuster bzw. –typen zu Gruppen zusammen. Akustisch dominieren am Flughafen Hannover-Langenhagen die Strahlflugzeuge, die nach AzD im Wesentlichen in die Luftfahrzeuggruppen S 5.1 (bis 50 t), S 5.2 (über 50 t bis 120 t), S 6.1 / 6.2 (über 120 t bis 300 t) sowie S 7 (über 300 t bis 500 t) unterteilt werden. Die prozentuale Veränderung in den Luftfahrzeuggruppen stellt sich über die letzten Jahre, soweit verfügbar, wie folgt dar: Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3222 4 Lfz-Gruppe 2008 2003 2018 S 5.1 19,2 9,1 7,7 S 5.2 79,1 90,0 91,8 S 6.1 1,3 0,5 0,5 Rest 0,4 0,4 0,0 Die vom Flughafen Hannover-Langenhagen betriebene Fluglärmmessanlage gestattet auch Aussage über die Höhe der akustischen Belastung sowie deren zeitliche Veränderung. Die nachfolgenden Ergebnisse beschränken sich auf die Auswertung des Nachtflugverkehres, der zu 80 % über die Nordbahn abgewickelt wird. Es wird zwischen Landung und Start unterschieden. Landungen (MP 2) Lfz-Gruppe Ø LpASmax in dB 2008 2013 2018 S 5.1 77,5 77,1 76,6 S 5.2 80,9 80,8 80,5 S 6.1 84,2 81,7 84,0 Starts (MP 9) Lfz-Gruppe Ø LpASmax in dB 2008 2013 2018 S 5.1 73,3 72,9 72,2 S 5.2 78,5 80,2 79,4 S 6.1 79,1 79,4 78,3 Insgesamt zeigt sich eine leichte, aber nicht spürbare Abnahme der Pegel. Die Hauptvertreter der Luftfahrzeuggruppe S 5.2 sind am Flughafen Hannover-Langenhagen die Luftfahrzeugtypen Boeing 737-800 und Airbus 320-200. Für beide werden mittlerweile in der neuesten Generation besonders lärmarme Versionen angeboten. Erste Messergebnisse belegen, dass sich die Maximalpegel bei der Landung um ca. 1,9 dB und beim Start sogar um ca. 4,5 dB reduzieren . Mit zunehmender Durchdringung der Luftfahrzeugflotte mit Luftfahrzeugen der neuesten Generation sollte sich eine spürbare Reduzierung der Pegel einstellen. 5. In welcher Weise ist das Land seiner Ankündigung gefolgt und hat das direkte Gespräch mit den Anwohnerinnen und Anwohnern Ende 2018 gesucht, um anlässlich der Neuauflage der Nachtflugregelung im Jahr 2020 einen Nachbarschaftsdialog einzuleiten ? Der Staatssekretär im MW, Dr. Berend Lindner, hat in der HAZ vom 21.07.2018 die geplante Verfahrensstrategie des MW für die Neufassung einer Nachtflugregelung am Flughafen Hannover dargestellt . Ein wesentlicher Baustein hierfür ist eine beabsichtigte - freiwillige - Beteiligung der Anrai- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3222 5 nerkommunen im anstehenden Verwaltungsverfahren. Die Kommunen können dann ihre Bürgerinnen und Bürger an dem Meinungsbildungsprozess mit dem Ziel beteiligen, eine einheitliche Stellungnahme der Kommune gegenüber dem MW zu erstellen, um diese in das laufende Verwaltungsverfahren zum Erlass einer Nachtflugregelung einzubringen. Hierdurch ist eine umfassende Beteiligung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger gewährleistet. Eine darüber hinausgehende förmliche Beteiligung der Öffentlichkeit ist rechtlich nicht vorgesehen und daher auch nicht geplant. MW beabsichtigt jedoch, über die üblichen Kommunikationskanäle - z. B. Internet - die Öffentlichkeit regelmäßig offen, zeitgerecht und transparent zu informieren. Einen Nachbarschaftsdialog - wie in der Frage aufgeworfen - hat der Staatssekretär nicht in Aussicht gestellt. 6. Was waren die bisherigen Ergebnisse des Nachbarschaftsdialogs, welche Planungen gibt es? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 7. Wann genau und in welchem Umfang und mit welchen Beteiligten wird der Nachbarschaftsdialog im Jahr 2019 stattfinden? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 8. Wann liegen die derzeit evaluierten Grenzwerte zum Fluglärmschutzgesetz vor? Zweck des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm ist es, in der Umgebung von Flugplätzen bauliche Nutzungsbeschränkungen und baulichen Schallschutz zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Fluglärm sicherzustellen. Das Missverständnis zwischen den Zielen des Fluglärmgesetzes und der Forderung nach Absenkung der Werte liegt im Begriff „Grenzwerte“. Bei den Werten im Fluglärmgesetz handelt es sich nicht um einzuhaltende Grenzwerte. Im Rahmen des Berichts zur Evaluierung des Fluglärmgesetzes war eine umfassende Bewertung der Auswirkungen der Werte nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (FluLärmG) aufgrund des bisher noch unvollständigen und auf Teilbereiche beschränkten Umsetzungsstandes bei der Durchführung von Maßnahmen des baulichen Schallschutzes an Wohngebäuden und schutzbedürftigen Einrichtungen in den neu festgesetzten Lärmschutzbereichen noch nicht möglich. Der Bericht zur Evaluierung des FluLärmG stellt ferner fest, dass die aktuellen Entwicklungen der Luftfahrttechnik keine unvorgesehenen oder unabsehbaren Lärmminderungspotenziale aufzeigen und insoweit keine zusätzlichen oder neuen Spielräume für eine Absenkung der Werte des FluLärmG eröffnen. Mit einer Absenkung der Werte wird in der nächsten Zeit nicht gerechnet. 9. Was für Folgen könnten sich aus Sicht der Landesregierung aus den neuen Grenzwerten für den Nachtflugbetrieb des Flughafens Hannover-Langenhagen ergeben? Da es sich bei den Werten nicht um einzuhaltende Grenzwerte handelt, hat eine Änderung oder Nichtänderung keinen Einfluss auf die Nachtflugregelung. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3222 6 10. Welche Auswirkungen könnten die neuen Grenzwerte auf die Rechtslage haben, die eine Gefährdung der Gesundheit der Menschen auszuschließen hat und die damit Ausnahmen für den Nachtflugbetrieb vorschreiben könnte? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 11. Welche Lärmschutzmaßnahmen, die im Koalitionsvertrag angekündigt werden, hat die Landesregierung für die Anwohnerinnen und Anwohner in den benachbarten Kommunen a) entwickelt und b) umgesetzt? Das zuständige Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU) stellt die Umsetzung und Gewährleistung des gesetzlichen Schallschutzes sicher. Darüber hinaus stellt MW derzeit Überlegungen an, wie das Thema passiver Schallschutz am Flughafen Hannover im Rahmen der Neuregelung der Nachtfluggenehmigung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu ergänzen ist, z. B. noch bürgerfreundlicher umgesetzt werden kann. Die Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen. 12. Welche Lärmschutzmaßnahmen plant die Landesregierung künftig noch zu unternehmen ? Aufgrund der Einhaltung der geltenden gesetzlichen Lärmgrenzwerte sind zusätzliche Maßnahmen derzeit rechtlich nicht notwendig. Ansonsten wird auf die Beantwortung der Frage 11 verwiesen. 13. Wie viele Mittel unter welchem Haushaltstitel stellt die Landesregierung für die Lärmschutzmaßnahmen in den Jahren 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022 zur Verfügung (Angabe bitte in Euro)? Der gesetzliche Schallschutz wird durch eine Umlage der Nutzer des Flughafens Hannover vollumfänglich privat finanziert. Der Flughafen Hannover erhebt diese Abgaben mit seiner Entgeltordnung. Darüber hinaus sind für den Landeshaushalt - soweit derzeit absehbar - keine weiteren Mittel eingestellt bzw. eingeplant worden. 14. Welche Messwerte haben sich seit Juli 2017 an den vorhandenen Messstationen im Einzelnen ergeben (bitte detailliert Monatsmittelwerte aufführen)? Der Begriff des Monatsmittelwertes wird im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, hier des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (FluLärmG), nicht verwendet. Dieser stellt auch keinen anerkannten lärmtechnischen Fachbegriff dar, sodass es an einer für die Beantwortung notwendigen Definition fehlt. Insoweit kann diesbezüglich keine Aussage der Landesregierung erfolgen. Die an den vorhandenen neun Messpunkten im Umfeld des Flughafens Hannover-Langenhagen durchgängig erhobenen Lärmmessdaten werden jedoch vom Fluglärmschutzbeauftragten des MW für den Flughafen Hannover-Langenhagen kontinuierlich ausgewertet, von MU geprüft und für die Öffentlichkeit bereitgestellt. Die umfangreichen Jahresberichte des Fluglärmschutzbeauftragten sind bis einschließlich 2017 unter https://www.mw.niedersachsen.de/startseite/themen/verkeh r/luftverkehr/fluglaerm/fluglaermschutzbeauftragter/fluglaermschutzbeauftragter_den_flughafen_ha nnoverlangenhagen/fluglaermschutzbeauftragter-fuer-den-flughafen-hannover-langenhagen- 113947.html abrufbar. Der Jahresbericht für 2018 wird derzeit erstellt. Er wird nach seiner Präsentation im Rahmen der nächsten Sitzung der Fluglärmschutzkommission für den Flughafen Hannover -Langenhagen am 14.05.2019 ebenfalls veröffentlicht werden. Details zu Fluglärmereignissen im Jahr 2018 sind zudem von MU veröffentlicht: http:// www.umwelt.niedersachsen.de/themen/laermschutz/fluglaerm/fluglaermschutz/fluglaermmonitoring/ mufluglaermschutzfluglaermmonitoring-128430.html. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3222 7 15. Wie schätzt die Landesregierung die Weiterentwicklung der Nachtflugbewegungen bis zum Jahr 2025 ein (bitte Antwort unter Angabe der Grundlagen für eine Einschätzung.)? Eine exakte, weil auf den Flughafen Hannover-Langenhagen zugeschnittene Prognose ist aufgrund der Vielzahl zu beachtender Faktoren (z. B. makroökonomische Entwicklungen, luftverkehrsspezifische Entwicklungen, lokal bedeutsame betriebswirtschaftliche wie politische Entscheidungen) nicht ohne weiteres möglich. Insoweit hat jedoch MU den Flughafen im Rahmen der Überprüfung des Lärmschutzbereiches beauftragt, ein Verkehrsprognosegutachten mit dem zeitlichen Horizont des Jahres 2030 in Auftrag zu geben. Für belastbare Aussagen im Hinblick auf die Fragstellung ist dessen Vorliegen abzuwarten. 16. Plant die Landesregierung bei steigenden Nachtflugbewegungen eine Ausweitung der Lärmschutz- und Siedlungsbeschränkungszonen sowie eine aktive Lärmminderung am Flughafen durch Flugbeschränkungen in der Nacht? Der Lärmschutzbereich des Flughafens Hannover-Langenhagen ist nach § 4 Abs. 6 FluLärmG zehn Jahre nach seiner Festsetzung zu prüfen. Der Lärmschutzbereich ist am 21.09.2010 verkündet worden. Nach § 4 Abs. 5 FluLärmG ist der Lärmschutzbereich neu festzusetzen, wenn eine Änderung in der Anlage oder im Betrieb des Flugplatzes zu einer wesentlichen Veränderung der Lärmbelastung in der Umgebung des Flugplatzes führt. Eine Veränderung der Lärmbelastung ist insbesondere dann als wesentlich anzusehen, wenn sich die Höhe des äquivalenten Dauerschallpegels an den Grenzen entweder der Tag-Schutzzone um 1 oder der Nacht-Schutzzone um 2 dB(A) ändert. Das MU befindet sich in der Vorbereitung zur Überprüfung des Lärmschutzbereiches. Im Landesraumordnungsprogramm (LROP) ist in Kap. 2.1 Ziffer 11 zum Schutz der Bevölkerung vor Lärmbelastung im Bereich des Verkehrsflughafens Hannover-Langenhagen und zur langfristigen Sicherung der Funktions- und Entwicklungsfähigkeit des Vorrangstandortes Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen ein Siedlungsbeschränkungsbereich festgelegt. Die Notwendigkeit einer Überprüfung des Siedlungsbeschränkungsbereichs ergäbe sich erst, wenn die oben genannte Prüfung des Lärmschutzbereichs zu einer Neufestsetzung des Lärmschutzbereiches führen würde und wenn diese Neufestsetzung maßgebliche Auswirkungen auf die raumordnerischen Zielfestlegungen hätte. Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt wären, wäre eine Anpassung des im LROP festgelegten Siedlungsbeschränkungsbereiches angezeigt. MW als zuständiger oberster Verkehrsbehörde des Landes obliegt die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch den Flugverkehr (§ 6 Abs. 2 Satz 3 und 4 Luftverkehrsgesetz). Hierzu zählt insbesondere die Abwehr von Gesundheitsgefahren durch Fluglärm. Ein Mittel hierzu können grundsätzlich auch aktive Lärmschutzmaßnahmen, z. B. in Form von Flugbeschränkungen, sein. Maßgebliche Voraussetzung für Eingriffe in die Gewerbefreiheit von Flughafenbetreibern ist nach dem geltenden Recht jedoch das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr für Anwohnerinnen und Anwohner im Sinne des Luftverkehrsgesetzes. Diese kann nur bei Überschreitung geltender gesetzlicher Lärmgrenzwerte angenommen werden. Entscheidend für eine derartige Entwicklung wäre jedoch nicht allein ein Anstieg der zur Nachtzeit stattfindenden Flugbewegungen, sondern deren Zusammenspiel mit einer Vielzahl weiterer Kriterien (z. B. verwendete Flugzeugmuster, An- und Abflugrouten, Aufstiegs- und Landeverfahren). 17. Wie schätzt die Landesregierung die Entwicklung der Arbeitsplätze in Abhängigkeit vom Tages- und Nachtbetrieb am Flughafen Hannover ein? Die derzeitige Nachtflugregelung ist für den Flughafen Hannover-Langenhagen ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal in Deutschland und von großem Vorteil im Wettbewerb der Flughäfen untereinander . Ein Nachtflugverbot würde zu einem Verkehrsrückgang führen, der über die gesamte Wertschöpfung des Flugbetriebs am Flughafen erhebliche Wirkung zeigen würde. Das in der Vorbemerkung erwähnte Hübl-Gutachten kommt aufgrund verschiedener Rechnungen zu dem Ergebnis, dass eine umfassende Nachtflugbeschränkung bzw. ein Nachtflugverbot eine Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3222 8 Gefährdung von 1 666 bis 2.400 Arbeitsplätzen am Flughafen und in der Region Hannover zur Folge hätte. Zudem würde eine grundlegende Basis der niedersächsischen Verkehrsinfrastruktur aufs Spiel gesetzt werden. Das MW teilt diese Einschätzung. Der Standort Hannover ist im überwiegenden Maße gekennzeichnet durch Charter- bzw. Urlaubsverkehre . Wesentlich für deren Wirtschaftlichkeit ist die Anzahl der Flugumläufe, die mit einer Maschine an einem Tag vollzogen werden können. Durch die Erreichbarkeit des Flughafens Hannover auch in der Nacht sind mehr Umläufe als an anderen Standorten ohne Nachtflugoption möglich. Die Maschinen können so aufgrund der höheren Laufzeit wirtschaftlicher betrieben werden als an anderen Standorten. Dieses Asset wiederum stellt ein Alleinstellungsmerkmal für Hannover dar und ist für die Standortentscheidung der Airlines, von Hannover aus zu operieren, wesentlich. Daher ist der Nachtflug für den Standort Hannover entscheidend für dessen Wirtschaftlichkeit und Prosperität, und damit auch für die Frage des Erhalts oder der Schaffung neuer Arbeitsplätze am oder um den Flughafen Hannover. Ohne ausreichende Flugverbindung und Fluggäste wären Einbußen auch bei den Arbeitsplätzen wahrscheinlich. 18. Können aus Sicht der Landesregierung insbesondere im Personenflugverkehr Flüge vom Nachtbetrieb auf den Tagesbetrieb verlegt werden? Wenn ja, in welcher Weise wird sich die Landesregierung dafür einsetzen? Wenn nein, warum nicht? Der Flughafen Hannover-Langenhagen ist ein Tourismusstandort und belegt auf dem Ferienreisemarkt bundesweit Platz 3 angesichts der eigens dafür vorgehaltenen Urlauberflugzeuge. Für touristische Carrier wie Tuifly und Condor ist der Standort Hannover gerade aufgrund der Nachtflugperspektive attraktiv, um ihre Maschinen zu stationieren. Ein 24-Stunden-Betrieb ermöglicht es den Airlines, drei tägliche Umläufe in touristische Ziele im Mittelmeerraum zu fliegen. Nachtfüge sind bei Touristen besonders beliebt, da bei frühem Hin- und spätem Rückflug zwei Urlaubstage gewonnen werden. Dies spiegelt sich vor allem in Auslastungszahlen der Flugzeuge wider: Die Auslastung im Zeitraum Januar bis September 2018 liegt in der Nacht (87 %) höher als am Tag (76 %). Auch Geschäftsreisende profitieren von Flügen in den Tagesrandzeiten, wodurch sich eventuelle Übernachtungen vermeiden lassen. Zwingende Instrumente für eine Verlagerung der Flüge von der Nacht in den Tag gibt es weder für die Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH noch für das MW. Der Flughafen Hannover dient als internationaler Verkehrsflughafen dem allgemeinen Luftverkehr. Auf Verkehrsflughäfen darf grundsätzlich jedermann starten und landen. Sie sind grundsätzlich zum Gemeingebrauch für den Luftverkehr bestimmt und damit allgemein zugänglich, mithin öffentlich. Lediglich im Falle von Betriebsstörungen u. a. wären Ausnahmen von der Betriebspflicht möglich. Diese umfassen jedoch nicht den Ansatz, Flüge generell von der Nacht in den Tag zu verlegen. 19. Kann aus Sicht der Landesregierung die Genehmigungsdauer für den Nachtflugbetrieb von zehn Jahre auf fünf Jahre verkürzt werden? Wenn ja, setzt sich die Landesregierung dafür ein? Wenn nein, welche Hinderungsgründe gibt es aus der Sicht der Landesregierung für eine Neuregelung bei der Verkürzung der Genehmigungsdauer? Der Flughafen Hannover-Langenhagen verfügt über eine Betriebserlaubnis, die den Nachtflugverkehr zulässt. Diese ist in der Vergangenheit jedoch mehrfach eingeschränkt worden. Diese Einschränkungen (die sogenannten „Nachtflugregelungen“) waren jeweils zeitlich befristet, ergänzend wird auch auf die Vorbemerkung verwiesen. Insoweit kann bezüglich des Flughafens Hannover- Langenhagen nicht von einer „Verkürzung der Genehmigung für den Nachtflugbetrieb von zehn auf fünf Jahre“ gesprochen werden. Im Übrigen sieht die bereits zitierte gesetzliche Eingriffsermächtigung des § 6 Abs. 2 Sätze 3 und 4 LuftVG zeitliche Vorgaben für die Dauer von Betriebsbeschränkungen nicht vor. Es zählt vielmehr zum regelmäßigen gesetzlichen Auftrag der jeweils zuständigen Luftverkehrsbehörden, Gefahren für die Gesundheit durch Fluglärm kontinuierlich abzuwehren. Daher ist eine Befristung von Be- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3222 9 triebsbeschränkungen weder rechtlich noch tatsächlich zwingend geboten. Eine abschließende Meinungsbildung des MW ist diesbezüglich noch nicht abgeschlossen. 20. In welcher konkreten Form wägt die Landesregierung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens alle Interessen ab, und inwiefern werden dabei insbesondere Gesundheitsaspekte der Anwohnerinnen und Anwohner berücksichtigt? Es wird auf die Darstellung zur Rechtslage unter der Geltung von § 6 Abs. 2 Sätze 3 und 4 LuftVG in der Antwort zu Frage 16 verwiesen. 21. In welcher Form werden die betroffenen umliegenden Kommunen im Rahmen der Genehmigung des Nachtflugbetriebes einbezogen? Es auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 22. Findet im Rahmen des Genehmigungsprozesses eine Anhörung der politischen Gremien und der Bürgerinitiativen statt, und werden Einwendungen berücksichtigt? Rechtstechnisch handelt es sich, wie im Rahmen der Vorbemerkung sowie in der Antwort zu Frage 19 dargestellt, nicht um eine Genehmigung des Nachtflugbetriebs. Vielmehr wird MW eine Betriebsbeschränkung gegenüber der Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH verfügen. Hierbei handelt es sich um einen Verwaltungsakt zulasten der Flughafengesellschaft und zugunsten der von Fluglärm betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner im Rahmen des laufenden Geschäftes der Verwaltung. Die gesetzlichen Vorgaben (§ 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes) sehen eine Anhörung begünstigter Personen, politischer Gremien und Bürgerinitiativen daher nicht vor. Jedoch wird MW die Anrainerkommunen beteiligen. Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen . Wie die Kommunen weitere lokale Beteiligungsprozesse jeweils ausgestalten (Beteiligung der gemeindlichen Gremien, Einbeziehung von Bürgerinitiativen etc.), kann von MW als verfahrensführende Stelle im Hinblick auf die Garantie kommunaler Selbstverwaltung (Art. 57 Abs. 1 Niedersächsische Verfassung) nicht vorgegeben werden. Die gegenüber MW abgegebenen Stellungnahmen der Kommunen werden im Rahmen der weiteren Entscheidungsfindung sodann gewürdigt werden. 23. Was plant die Landesregierung zu unternehmen, um den Fluglärm insgesamt und insbesondere während der Nacht zu reduzieren? Neben der konkret dargelegten Maßnahme einer auch künftigen Betriebsbeschränkung für den Flughafen Hannover-Langenhagen setzt sich MW in Gesprächen mit den niedersächsischen Flughafenbetreibern darüber hinaus dafür ein, Lärmreduzierungen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus zu erreichen. Die Landesregierung wirkt zudem in den jeweiligen Fachgremien auf Bundesebene daran mit, eine sachgerechte Neufassung des Fluglärmgesetzes zeitnah zu verabschieden. (Verteilt am 19.03.2019) Drucksache 18/3222 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Neue Nachtflugregelung für Flughafen Hannover-Langenhagen: Kommt das Nachtflugverbot ab 2020? Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 04.02.2019 - Drs. 18/2753 an die Staatskanzlei übersandt am 06.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung na-mens der Landesregierung 18.03.2019