Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3239 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung „Legal Highs“ in Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 13.02.2019 - Drs. 18/2834 an die Staatskanzlei übersandt am 18.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 18.03.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten In den letzten Jahren hat sich in Deutschland der Konsum von „Legal Highs“ etabliert. Hierbei handelt es sich um vermeintlich legale Rauschmittel, die als Kräutermischungen, Räuchermischungen oder etwa als Badesalze angeboten werden. Die Produkte werden dabei primär über das Internet oder in Headshops vertrieben. Bei „Legal Highs“ handelt es sich überwiegend um Substanzen aus der pharmazeutischen Forschung . Darüber hinaus gibt es „Badesalze“, die hauptsächlich aus synthetischen amphetaminähnlichen Stoffen bestehen und dementsprechend auch einen amphetaminähnlichen Rauschzustand auslösen. Die Nebenwirkungen dieser Produkte können zuweilen lebensgefährliche Gesundheitszustände auslösen. 2017 seien 75 Menschen nach dem Konsum von „Legal Highs“ gestorben, berichtete das Bundeskriminalamt im Mai 2018. 2016 waren es laut Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung 98 Tote. Vorbemerkung der Landesregierung Als Legal Highs werden neue psychoaktive Substanzen (NPS) bezeichnet, deren Erwerb, Verkauf, Einfuhr etc. nicht durch Aufnahme in eine der Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) verboten sind. Häufig handelt es sich um synthetische Variationen von Cannabinoiden oder anderen bekannten Betäubungsmitteln mit ähnlicher chemischer Struktur und/oder ähnlicher Wirkung. Legal Highs werden als Spice, Räuchermischungen, Badesalze oder unter anderen Bezeichnungen überwiegend über das Internet vertrieben. Ihre genaue Zusammensetzung ist auch den Konsumierenden meist unklar. Betäubungsmittel im Rechtssinne sind nur die in den Anlagen I bis III des BtMG aufgeführten Stoffe und Zubereitungen. Neue Stoffe und Zubereitungen werden durch betäubungsmittelrechtliche Rechtsverordnungen der Bundesregierung in die Anlagen I bis III aufgenommen. Diese Verordnungen bedürfen grundsätzlich der Zustimmung des Bundesrates. Änderungen der Anlagen I bis III des BtMG wirken sich unmittelbar auf die Art und den Umfang des legalen und illegalen Betäubungsmittelverkehrs aus. Sie geben damit vor, inwieweit der Umgang mit einem bestimmten Stoff illegal und damit nach dem BtMG strafbar oder (noch) legal ist. In den letzten Jahren ist eine Vielzahl von psychoaktiven Stoffen z. B. in Kräutermischungen am Markt in Deutschland und der EU aufgetreten. Es handelt sich in der Regel um völlig neue oder um unbekannte, allerdings bislang so noch nicht in den Verkehr gebrachte Stoffe, die dem BtMG in der Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3239 2 Regel noch nicht unterliegen. Bis zu ihrer Unterstellung ist der Umgang, insbesondere der Handel, nach dem BtMG legal. Gleichwohl begründen diese Stoffe die Annahme erheblicher Gesundheitsrisiken . Von den Herstellern in diesem Bereich wird die chemische Struktur bereits unterstellter Betäubungsmittel häufig und gezielt so verändert, dass der im Ergebnis entstehende neue Stoff nicht mehr dem BtMG unterliegt. Auf diese Weise werden die gesetzlichen Verbote und Kontrollen des BtMG für psychoaktive Stoffe von den Akteuren des Drogenhandels gezielt umgangen. Die Bundesregierung, insbesondere das Bundesgesundheitsministerium (BMG), beobachtet diese Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt (BKA) und anderen Stellen, wie der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen- und Drogensucht (EBDD) kritisch und hat hierzu bereits erste Maßnahmen getroffen. Nach Auffassung der Bundesregierung stellt die starke Verbreitung von NPS eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar. Die Bundesregierung hat daher im Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) ein weitreichendes verwaltungsrechtliches Verbot des Umgangs mit NPS und eine Strafbewehrung des Handeltreibens mit NPS, des Inverkehrbringens, des Verabreichens sowie des Herstellens und des Verbringens von NPS in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Zweck des Inverkehrbringens geregelt. Das Gesetz trat mit seiner Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 26.11.2016 in Kraft. Durch das Gesetz sollen die Verbreitung des Konsums und der Handel mit NPS reduziert werden. Dadurch soll die Bevölkerung vor den häufig unkalkulierbaren und schwerwiegenden Gesundheitsgefahren geschützt werden. 1. Wie hoch war in Niedersachsen die Anzahl der Todesfälle durch „Legal Highs“ im Zeitraum von 2013 bis 2018 (bitte für die einzelnen Jahre angeben)? Für die polizeilich registrierten Todesfälle1 kann folgendermaßen geantwortet werden: 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Todesfälle mit Beteiligung NPS 0 2 3 4 1 2 Drogentote gesamt (NI) 60 73 70 65 65 81 Obduktionsrate 40 % 41 % 37 % 42 % 39 % 25 % Grundsätzlich ist bei der überwiegenden Anzahl der Verstorbenen von einem multiplen Substanzgebrauch auszugehen. Eine todesursächliche Kausalität durch einen mono- oder polyvalenten Konsum bestimmter Rauschmittel kann in der Regel nicht nachgewiesen werden. 2. Wie hoch war in Niedersachsen im Zeitraum von 2013 bis 2018 die Anzahl der Menschen mit Erkrankungen, die auf den Konsum von „Legal Highs“ zurückzuführen sind (bitte für die einzelnen Jahre angeben)? Es liegen diesbezüglich keine Erkenntnisse vor. 3. Wie viele Produkte, die unter die Kategorie „Legal Highs“ fallen, gibt es momentan etwa auf dem Markt? Zu den o. g. Produkten liegen der Landesregierung keine Zahlen vor. Da es gezielte Manipulationen der chemischen Substanz ermöglichen, kontinuierlich neue Produkte auf den Markt zu bringen, kann weder eine abschließend gültige Aussage zur Zusammensetzung noch zur Menge von Legal Highs gemacht werden. 1 Bericht des Landeskriminalamtes Niedersachsen Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3239 3 Erkenntnisse zu der Vielzahl an möglichen Stoffen, die unter die Kategorie „Legal Highs“ fallen können, ergeben sich aus dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG). Das Gesetz stellt den Umgang mit neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) unter Strafe. Es ist am 26. November 2016 in Kraft getreten. Mit dem Auftreten und der Verbreitung immer neuer chemischer Varianten bekannter Betäubungsmittel und psychoaktiver Stoffe, die nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht unter den Arzneimittelbegriff und das Arzneimittelgesetz fallen, war eine Regelungs- und Strafbarkeitslücke für NPS entstanden, deren Einzelstoffe auch nicht in die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes aufgenommen worden waren. Dem NpSG unterfallen daher Substanzen, die sich von der Leitstruktur des Phenethylamins ableiten, und ganze Stoffgruppen synthetischer Cannabinoide. Allein in der Gruppe der Phenethylamine werden ca. 2 000 Stoffe beschrieben, die eine pharmakologische Wirkung aufweisen und bei denen nach bisherigen Erkenntnissen von einem Missbrauch zu Rauschzwecken ausgegangen werden kann. 4. Was unternimmt die Landesregierung, um auf die Gefährlichkeit von „Legal Highs“ hinzuweisen ? Im Zuge der Unterrichtung des Landtags vom 18.09.2014 „ Gefahren und Risiken der stofflichen und nichtstofflichen Süchte erkennen - Suchtprävention stärken“ (Drs. 17/2036) hat die Landesregierung zur Suchtprävention und den Aktivitäten in Niedersachsen ausgeführt. Das Land Niedersachsen fördert mit freiwilligen sozialen Leistungen die Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen (NLS) und die 75 Fachstellen für Sucht und Suchtprävention (FSS) institutionell . Die Förderrichtlinie sieht vor, suchtmittelübergreifend zu arbeiten. Bereits Anfang 2013 wurde im Konsens mit den Trägern der Suchthilfeeinrichtungen (Wohlfahrtspflege ), vertreten in der NLS, zwischen der Geschäftsstelle der NLS und der Landesdrogenbeauftragten eine aktuelle Schwerpunktsetzung im Thema psychoaktive Substanzen abgestimmt. Die NLS hat ihre Jahrestagung im Juli 2014 zum Thema „Neue psychoaktive Substanzen“ mit dem Themenschwerpunkt „Legal Highs“ ausgerichtet. Dabei wurden pharmakologische, toxikologische und rechtliche Aspekte zu den neuen Substanzen behandelt, Informationen zu Prävalenzdaten, Konsummustern und Konsumentengruppen vermittelt und Möglichkeiten der zielgerichteten Prävention , Beratung und Behandlung aufgezeigt. Die NLS hat weiterhin in 2014 mit finanzieller Zuwendung in Höhe von ca. 20 000 Euro durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung ein Projekt zu neuen psychoaktiven Substanzen durchgeführt. Die Zielgruppe der Fachkräfte für die Suchtprävention und Suchtberatung aus dem Netzwerk der FSS wurden im Hinblick auf neue psychoaktive Substanzen fortgebildet. Weiterhin wurden Schulungsmaterialen zum Thema entwickelt. Die Fachkräfte sollen in die Lage versetzt werden, kompetent und angemessen im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit über die Wirkweisen und gesundheitlichen Risiken neuer psychoaktiver Substanzen aufzuklären und zu beraten bzw. gezielt in weiterführende Hilfen vermitteln zu können. Das Projekt wurde gut angenommen . Das Thema „neue und alte psychoaktive Substanzen“ ist als ein wichtiges Schwerpunktthema in der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen und in den 75 Fachstellen für Sucht und Suchtprävention auf Dauer verankert. Zusätzliche, substanzbezogene Schwerpunktsetzungen, z. B. in Bezug NPS oder Cannabis, können je nach Problemlage in den Fokus genommen werden. Die Niedersächsische Polizei bildet ebenfalls insbesondere durch suchtpräventive konzeptionelle Ansätze auch vorbeugende Aspekte der Kriminalitätsbekämpfung zur Gefahrenabwehr ab. Da die Polizei in Niedersachsen ein umfangreiches Vorbeugungskonzept im Sinne des „weiten Drogenbegriffs “ (dieser schließt sowohl legale als auch illegale Drogen ein) praktiziert, existiert grundsätzlich keine alleinige, spezifische Prävention gegen „Legal Highs“. Folgend aufgeführte Punkte tangieren das Thema Missbrauch von „Legal Highs“ im Rahmen allgemeiner polizeilicher Suchtmittelvorbeugungskonzeptionen : Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3239 4 Die Internetseite der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) sowie die spezielle polizeiliche Jugendseite www.polizeifuerdich.de bieten ein aktuelles und sehr umfangreiches Informationsangebot zum Thema Drogen, Sucht und Prävention. „Sehnsucht - So schützen Sie ihr Kind vor Drogen“ ist eine Broschüre der ProPK für Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie sonstige Erwachsene, die Einfluss auf Erziehungsprozesse von Kindern und Jugendlichen haben. Hier werden u. a. die Themen Sucht, Freizeit- und Lebensgestaltung, Vorbildfunktion, Verhalten im Straßenverkehr, Rechtsfragen und legale wie illegale Drogen behandelt . Die Zentralstelle Jugendsachen des LKA NI bietet interne Fortbildungsmodule zum Thema Drogenprävention für alle niedersächsischen Polizeiangehörigen, die in der Bearbeitung von Rauschgiftdelikten oder der Suchtprävention tätig sind. Grundsätzliches Ziel aller Beteiligten ist es, die Suchtprävention in allen Bereichen des öffentlichen Lebens zu verankern. (Verteilt am 21.03.2019) Drucksache 18/3239 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung „Legal Highs“ in Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP), ein-gegangen am 13.02.2019 - Drs. 18/2834 an die Staatskanzlei übersandt am 18.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 18.03.2019