Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3324 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Eva Viehoff, Meta Janssen-Kucz, Christian Meyer, Miriam Staudte und Dragos Pancescu (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Wie sind die Zustände der Unterkünfte für Werkvertragsarbeiter in Niedersachsen? Anfrage der Abgeordneten Eva Viehoff, Meta Janssen-Kucz, Christian Meyer, Miriam Staudte und Dragos Pancescu (GRÜNE), eingegangen am 05.02.2019 - Drs. 18/2775 an die Staatskanzlei übersandt am 08.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 20.03.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Am 29.01.2019 hat die Stadt Cloppenburg laut Medienberichten nur die lokale Presse zu einer Besichtigung einer Unterkunft für Wanderarbeiter zugelassen. Dabei ging es um die Wohnunterkunft, in der auch der im Dezember an TBC verstorbene Wanderarbeiter untergebracht war. Der NDR erhielt von diesem Termin Kenntnis. Ihm wurde jedoch unter Berufung auf das Hausrecht der Zugang zu dem ehemaligen Hotel in Cloppenburg untersagt. Ebenso wurde der Mitarbeiterin der mobilen Beratungsstelle des Landes Niedersachsen der Zugang zum Gebäude untersagt. Vorher berichtete die NWZ am 28.01.2019 zu dem Thema. Laut eigenen Aussagen sei die Stadtverwaltung ihren Kontrollpflichten nachgekommen, und es gebe keine bekannten Probleme mit Unterkünften von Wanderarbeitern in der Stadt Cloppenburg: „‚Fakt ist, dass jedenfalls in der Stadt Cloppenburg keine katastrophalen hygienischen Zustände in den der Stadt bekannten Unterkünften für Werkvertragsarbeiter festzustellen sind‘, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Pressemitteilung der Cloppenburger Stadtverwaltung. (…) Ein kausaler Zusammenhang zwischen den Hygienezuständen in der Einrichtung an der Löninger Straße und dem Todesfall bestehe nicht, sagt die Stadtverwaltung. Bereits seit 2013 führe eine ‚Task-Force‘ der Stadtverwaltung regelmäßig unangemeldete Kontrollen in Unterkünften für Werkvertragsarbeiter durch. Auch Hinweisen, die durch die Bevölkerung, Politik oder durch Rathauskollegen eingingen , werde unverzüglich nachgegangen.“ Vorbemerkung der Landesregierung Zu den Fragen 10 und 11 wurden 102 Kommunen, denen derzeit die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde übertragen sind, angeschrieben. Von 102 Kommunen haben 63 geantwortet. Von den Bauaufsichtsbehörden wurde darauf hingewiesen, dass sie sich im Rahmen ihrer bauaufsichtlichen Tätigkeit auf die Überprüfung baurechtlicher Sachverhalte, insbesondere, ob gesunde Wohnverhältnisse gegeben sind und ob genehmigungspflichtige Nutzungsänderungen vorgenommen wurden, beschränken. Ob, in welchen Branchen und mit welchem Vertragsmodell betroffene Personen beschäftigt sind, sei nicht Bestandteil ihrer bauaufsichtlichen Prüfung. Es bestehe keine Veranlassung, den Berufsstand oder Arbeitgeber genauer zu hinterfragen, zumal die untergebrachten Personen während der Ortsbesichtigungen ohnehin nur selten persönlich angetroffen worden seien und hätten befragt werden können. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3324 2 Ferner wurde angeführt, dass eingegangene Hinweise und Anzeigen sowie auch Überprüfungen und Kontrollen nicht in Listen erfasst, sondern in den einzelnen Grundstücks- und Bauakten abgelegt sind. 1. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung zu der Verweigerung der Teilnahme des NDR am Pressetermin durch die Pressesprecherin der Stadt Cloppenburg vor? Der Landesregierung liegen hierzu die Informationen aus den entsprechenden Presseartikeln, aus Berichten des NDR-Fernsehens und aus den anlässlich dieser Anfrage eingeholten Stellungnahmen der Stadt Cloppenburg sowie der am 29.01.2019 vor Ort anwesenden Mitarbeiterin der Beratungsstelle Oldenburg für mobile Beschäftigte vor. Die Stellungnahme der Bildungsvereinigung ARBEIT und LEBEN Niedersachsen e. V., bei der die Mitarbeiterin der Beratungsstelle Oldenburg angestellt ist, bestätigt die Sachverhaltsdarstellung in der Vorbemerkung der Abgeordneten, nach der zu der Besichtigung der Wohnunterkunft der ausländischen Beschäftigten von der Stadt Cloppenburg nur Vertreter regionaler Medien eingeladen waren und sowohl dem Fernsehteam des NDR als auch ihr, der Mitarbeiterin der Beratungsstelle Oldenburg, der Zutritt zur Wohnunterkunft verwehrt worden sei. Zur Begründung habe der Vertreter der Stadt Cloppenburg ihr gegenüber ausgeführt, dass der Rundgang nur für Vertreter der „Lokalmedien “ gedacht sei. Die Stadt Cloppenburg hat berichtet, dass der mit der Landtagsdrucksache 18/2775 angesprochene Ortstermin zustande gekommen sei, weil in der örtlichen Presse von „katastrophalen Verhältnissen “ im Zusammenhang mit der Unterbringung von Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern gesprochen worden sei. Sie, die Stadt, habe bereits zu dem angesprochenen Objekt, einem Wohnheim im ehemaligen Hotel „Zum Weißen Ross“, Kontrollen durchgeführt und könne solche Zustände nicht bestätigen. Um auch der örtlichen Presse die Gelegenheit zur Inaugenscheinnahme zu bieten, sei dies mit den Eigentümern und Mietern organisiert worden. Der Ortstermin sei der örtlichen Presse angeboten worden. Am Tag der Ortsbesichtigung hätten ein Kamerateam des NDR sowie die Mitarbeiterin von der mobilen Beratungsstelle für mobile Beschäftigte in Oldenburg unangemeldet vor dem Haus gestanden. Die Stadt habe versucht, im Gespräch mit Eigentümern und Mietern dem Kamerateam die Teilnahme an der Ortsbesichtigung zu ermöglichen. Dies sei von Eigentümern und Mietern abgelehnt worden. Außerdem hätten diese mit der Presse und dem Fernsehen nicht sprechen wollen. Das habe die Pressesprecherin der Stadt dann übermittelt. Die Stadt habe kein Hausrecht und in diesem Fall im Namen der Eigentümer und Mieter gehandelt. 2. Und wie bewertet die Landesregierung das Verhalten der Stadt Cloppenburg in diesem in Frage 1 genannten Fall? Nach Auffassung der Landesregierung dürfen staatliche Stellen zwischen auskunftsersuchenden Journalisten keine Unterschiede machen. Damit würden sie auf die Berichterstattung der Medien unzulässig Einfluss nehmen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verbietet es, bei der Entscheidung über Zeitpunkt, Inhalt oder Umfang zu erteilender Informationen zwischen den Medien zu differenzieren. Da es sich vorliegend um ein Objekt in privatem Eigentum handelt, steht nur dem Eigentümer bzw. den Mietern die Entscheidung darüber zu, wem sie Zutritt gewähren. Insoweit hatte die Stadt keine Möglichkeit, dieses Hausrecht durch eine eigene Entscheidung zu ersetzen und allen Interessierten einen Zutritt zu ermöglichen. 3. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung zu der Verweigerung der Teilnahme der Mitarbeiterin der Beratungsstelle für mobile Beschäftigte vor? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3324 3 4. Und wie bewertet die Landesregierung das Verhalten der Stadt Cloppenburg in diesem in Frage 3 genannten Fall? Die Mitarbeiterin der Beratungsstelle für mobile Beschäftigte hat als Angestellte eines eingetragenen Vereins die Stellung einer Privatperson. Sie verfügt bezüglich des Interesses, eine fremde Wohnung zu betreten, über keine Sonderstellung oder Sonderrechte. Die Tatsache, dass dieser Verein/die Beratungsstelle mit Mitteln des Landes gefördert wird, ist insoweit ohne Belang. 5. Wie plant die Landesregierung, die freie und ungehinderte Arbeit der Beratungsstelle für mobile Beschäftigte weiterhin sicherzustellen? Die Beratungsstellen für mobile Beschäftigte erfüllen ihre mit dem Zweck der Landesförderung verbundenen Aufgaben nach Maßgabe des der Förderung zugrunde liegenden Zuwendungsbescheids und im Übrigen selbstständig. Bei den Beratungsstellen handelt es sich nicht um Behörden, deren Aufgabenerfüllung durchgesetzt und damit „sichergestellt“ werden kann. Die Landesregierung geht aber davon aus, dass die Beratungsstellen auch weiterhin die ihnen rechtlich erlaubten Mittel und Wege nutzen werden, ihre Beratungsdienstleistungen für mobile (vor allem ausländische) Beschäftigte zu erbringen. 6. Wie lange war die Werkvertragsarbeiter-Unterkunft in der Löninger Straße im Jahr 2018 ohne Strom und Wasser? Nach dem Bericht der Stadt Cloppenburg hatte die Mitarbeiterin von der Beratungsstelle für mobile Beschäftigte in Oldenburg am 19.09.2018 telefonisch gemeldet, dass seit Tagen 35 Personen in dem ehemaligen Hotel „Zum Weißen Ross“ (hierbei handelt es sich um die in der Fragestellung genannte Unterkunft in der Löninger Straße) kein warmes Wasser und Strom mehr hätten. Der Strom sei vom Versorger abgestellt worden. Da die Wiederherstellung der Versorgung nicht sofort erfolgt sei, habe die Stadt Cloppenburg noch am gleichen Tage die Räumung des Wohnhauses bauaufsichtlich angeordnet. Seit wann genau die Versorgung des Wohnhauses, des ursprünglichen Hotelgebäudes, abgestellt gewesen sei, sei ihr, der Stadt Cloppenburg, als Bauaufsichtsbehörde nicht bekannt. Nach Teilrenovierung und Wiederherstellung der Versorgung sei nach der bauaufsichtlichen Abnahme unter Beteiligung des Gesundheitsamts des Landkreises Cloppenburg am 15.10.2018 das Gebäude für die genehmigte Wohnheimnutzung (für maximal 45 Personen) von der Stadt wieder freigegeben worden. 7. Wann waren der mobilen Beratungsstelle und der Stadt Cloppenburg die Situation in der Unterkunft bekannt? Die Stadt Cloppenburg hatte nach ihrem Bericht erstmals durch den Anruf der Mitarbeiterin der Beratungsstelle für mobile Beschäftigte in Oldenburg am 19.09.2018 von der Unterbrechung der Versorgung erfahren. 8. War der Landesregierung die Situation in der Unterkunft bekannt? Der am 19.09.2018 von der Stadt Cloppenburg vorgefundene Zustand der Unterkunft war dem Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz als oberster Bauaufsichtsbehörde nicht bekannt . Aus Anlass von Presseberichten im Jahr 2014 über den damaligen Zustand des Gebäudes wurde die Stadt Cloppenburg um Bericht gebeten. Die Stadt hat daraufhin berichtet, dass nach Bekanntwerden der Nutzung des Gebäudes als Wohnheim für Zeitarbeiter ein bauaufsichtliches Verfahren zur Herstellung rechtmäßiger Zustände eingeleitet worden sei, da die für die Nutzungsänderung vom Hotel zum Wohnheim erforderliche Baugenehmigung nicht beantragt worden war. Im Zuge Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3324 4 dieses Verfahrens sei eine Ortsbesichtigung zusammen mit einem Vertreter des Gesundheitsamts des Landkreises Cloppenburg durchgeführt worden, bei der keine gravierenden Mängel im Hinblick auf die räumliche Unterbringung und Hygiene festgestellt worden seien. Da der Bauantrag zur Nutzungsänderung nachgereicht worden sei und er der Stadt Cloppenburg grundsätzlich genehmigungsfähig erschienen sei, sei die Nutzung bis zur Erteilung der Baugenehmigung geduldet worden . Im Mai 2015 hatte die Stadt Cloppenburg zu der Angelegenheit zuletzt berichtet und dabei mitgeteilt , dass das Objekt viermal besichtigt worden sei und sich dabei die in der örtlichen Presse dargestellten Behauptungen über menschenunwürdige Zustände nicht bestätigt hätten. 9. Welche Schritte wurden vonseiten der Stadt Cloppenburg sowie des Eigentümers wann zur Behebung der Situation vorgenommen? Die Stadt berichtet, sie habe unmittelbar nach der telefonischen Information am 19.09.2018 durch die Mitarbeiterin der Beratungsstelle für mobile Beschäftigte in Oldenburg Kontakt mit der Hausverwaltung bzw. dem Eigentümer aufgenommen. Da eine sofortige Wiederherstellung der Versorgung nicht habe bewirkt werden können, sei noch am gleichen Tage die umgehende Räumung des Wohnheims mit sofortiger Vollziehung bauaufsichtlich angeordnet worden. Die am 21. und 22.09.2018 vorgenommene Sichtkontrolle habe die bereits weitgehende Räumung des Gebäudes zu diesem Zeitpunkt bestätigt, soweit dieses bei der Begehung zugänglicher gemeinschaftlicher Bereiche erkennbar gewesen sei. 10. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zum Zustand und zu möglichen baurechtlichen sowie hygienischen Problemen in den Wohnunterkünften für Werkvertragsarbeiter von Schlachthöfen in Niedersachsen vor (bitte sowohl eingegangene Hinweise /Anzeigen aus der Bevölkerung als auch Prüfergebnisse der Kontrollen durch die zuständigen Städte und Landkreise für die Jahre 2018 und 2019 auflisten)? Baurechtliche Probleme: Die diesbezügliche Abfrage bei den unteren Bauaufsichtsbehörden nach Anzahl von Kontrollen und Gründen für getroffene bauaufsichtsbehördliche Anordnungen in Bezug auf Unterkünfte für Beschäftigte von Schlachthöfen hat folgende Erkenntnisse gebracht: Von den 102 befragten Kommunen haben 63 geantwortet, von denen fünf nähere Angaben zu dieser Frage gemacht haben. Der Landkreis Cloppenburg hat eigenen Angaben zufolge seit Anfang 2018 insgesamt 134 Wohnungen überprüft, 106 davon im Jahr 2018, wovon wiederum eine aufgrund eines Hinweises der Beratungsstelle erfolgt sei, und 28 im Jahr 2019. Dabei seien 20 Brandschutzmängel, 19 Überbelegungen , 24 ungenehmigte An- und Umbauten oder Nutzungsänderungen, drei Hygienemängel und zwei sonstige Mängel (Mehrfachnennungen möglich) festgestellt worden. Eine Unterscheidung in Wohnunterkünfte für Beschäftigte von Schlachthöfen und von anderen Betrieben sei nicht erfolgt. Der Landkreis Oldenburg hat nach seinem Bericht 2018 sechs Kontrollen und 2019 eine Kontrolle durchgeführt, die aufgrund von Anzeigen oder Hinweisen durch Gemeinden erfolgt seien. Gründe für die getroffenen bauaufsichtsbehördlichen Anordnungen seien fehlende formelle und planungsrechtliche Voraussetzungen gewesen. Eine Unterscheidung, ob es sich ausschließlich um Unterkünfte für Beschäftigte von Schlachtbetrieben oder sonstigen Betrieben gehandelt hat, sei nicht erfolgt . Der Landkreis Osnabrück hat 2018 acht Kontrollen im Rahmen von Abnahmen nach Baugenehmigungen bzw. aufgrund von Hinweisen aus Einwohnermeldeämtern durchgeführt, bei denen der Brandschutz und Überbelegungen bemängelt worden seien. Für 2019 wurde keine Kontrolle gemeldet . Eine Unterscheidung in Wohnunterkünfte für Beschäftigte von Schlachthöfen und von anderen Betrieben sei nicht erfolgt. Der Landkreis hat allerdings den Eindruck, dass Beschäftigte von Schlachthöfen deutlich häufiger in Wohnunterkünften untergebracht seien. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3324 5 Die Stadt Cloppenburg berichtet, dass es bisher keine genehmigte Wohnunterkunft für Beschäftigte von Schlachthöfen gebe. Allgemein seien solche Personen in Wohnungen in Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern untergebracht. Das ehemalige Hotel „Zum Weißen Ross“ sei als Wohnheim mit 45 Betten genehmigt worden. Dem Anschein nach würde dieses vorwiegend von Beschäftigten von Schlachthöfen bewohnt. Von der Stadt wird geschätzt, dass 2018 ca. 60 Kontrollen erfolgt seien, davon fünf aufgrund von Anzeigen oder Hinweisen durch Medien, eine durch Hinweis einer Beratungsstelle und fünf durch Hinweise aus der Bevölkerung. Als Begründung für die Kontrollen wurde Überbelegung angegeben. 2019 seien zehn Kontrollen erfolgt, wobei Gründe dafür nicht genannt wurden. Die Stadt Meppen hat nach ihrem Bericht 2018 eine Kontrolle im Rahmen der Abnahme einer genehmigten Nutzungsänderung durchgeführt, bei der keine Mängel festgestellt worden seien. Sie nimmt an, dass es sich bei den Bewohnern um Beschäftigte eines Hähnchenverarbeitungsbetriebes gehandelt habe. Hygienische Probleme: Grundsätzlich handelt es sich bei den Wohnunterkünften um private Wohnverhältnisse, die nicht der Überwachung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) unterliegen. Gemäß Nr. 5 des Runderlasses, auf den sich Frage 11 bezieht, können Unterkünfte für Beschäftigte im Einzelfall jedoch als Massenunterkunft i. S. d. § 36 Abs. 1 IfSG aufgefasst werden. Eine Massenunterkunft ist auch nach ständiger Rechtsprechung ein Wohn- oder zumindest Übernachtungszwecken dienender Aufenthaltsort für eine Vielzahl von Personen, deren Möglichkeiten zu individueller Abgrenzung eingeschränkt sind und die dadurch zwangsläufig in einen gesteigerten gegenseitigen Kontakt treten. Die Feststellung hierüber trifft der zuständige kommunale öffentliche Gesundheitsdienst . Aufgrund einer Abfrage bei den Landkreisen (LK) und kreisfreien Städten haben acht Landkreise (Celle, Cloppenburg, Diepholz, Emsland, Harburg, Nienburg, Osterholz und Vechta) mitgeteilt, dass ihnen Unterkünfte für Werkvertragsarbeiter, Saisonarbeiter oder Mitarbeiter landwirtschaftlicher Betriebe bekannt sind. Von keinem Landkreis wurde berichtet, dass es sich dabei um eine Massenunterkunft im Sinne des § 36 IfSG handelt. Der LK Emsland hat am 31.01.2019 einen Hinweis auf eine Unterbringung mit Angaben zum Zustand der Unterkunft erhalten. Eine Aussage, ob Auflagen aus infektionshygienischer Sicht erteilt werden, kann noch nicht getätigt werden, da die Kontrolle noch aussteht. Der LK Diepholz hat einen Runden Tisch (Schulamt, Jugendamt, Bauordnungsamt, Gesundheitsamt , Ausländerbehörde) für die Problematik der Wohnunterkünfte für Werksvertragsarbeiter initiiert. In zwei Fällen wurde das Gesundheitsamt wegen Schaben tätig. Es wurde eine Schädlingsbekämpfung vom LK beauftragt. Im LK Nienburg erfolgt dortigem Bericht zufolge in bekannten Einrichtungen eine Überwachung der Trinkwasserinstallation im Rahmen der Trinkwasserverordnung. Vereinzelt seien Befundauffälligkeiten festgestellt worden, die aber zügig hätten abgestellt werden können. In diesem Zuge habe der Hygienekontrolleur ein Auge auf die hygienischen Zustände, spreche diese gegebenenfalls an und achte auf die Abstellung von Mängeln. Der LK Cloppenburg berichtet, dass Anordnungen zur Mängelbeseitigung und gegebenenfalls Nutzungsuntersagungen nicht auf Grundlage des IfSG, sondern des § 79 NBauO erfolgen. Das Gesundheitsamt sei dabei beratend eingebunden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3324 6 11. Wie viele Kontrollen hat es seit Einführung des Gem. RdErl d. MS u. d. MI v. 17.12.2013 zur bauordnungsrechtlichen und melderechtlichen Behandlung von Unterkünften für Beschäftigte‘ bis heute in Niedersachsen gegeben, und was waren die Ergebnisse (bitte die Prüfergebnisse der Kontrollen durch die zuständigen Städte und Landkreise seit Inkraftsetzung des Erlasses für Schlachthöfe auflisten)? Die diesbezügliche Abfrage bei den unteren Bauaufsichtsbehörden nach Anzahl von Kontrollen und Gründen für getroffene bauaufsichtsbehördliche Anordnungen in Bezug auf Unterkünfte für Beschäftigte von Schlachthöfen hat folgende Erkenntnisse gebracht: Von den 102 befragten Kommunen haben 63 geantwortet, von denen fünf nähere Angaben zu dieser Frage gemacht haben. Der Landkreis Cloppenburg teilt mit, im Jahr 2013 seien 281 Kontrollen, im Jahr 2016 23 Kontrollen , im Jahr 2017 elf Kontrollen erfolgt und seit 2018 134 Unterkünfte überprüft worden. Bei diesen 134 Kontrollen habe es 52 Beanstandungen gegeben. Dabei wurden Brandschutzmängel, Überbelegungen , ungenehmigte An- und Umbauten oder Nutzungsänderungen, Hygienemängel und sonstige Mängel genannt. Eine Unterscheidung in Wohnunterkünfte für Beschäftigte von Schlachthöfen und von anderen Betrieben sei nicht erfolgt. Der Landkreis Oldenburg berichtet von 34 Kontrollen, davon 15 mit Beanstandungen. Als Gründe für getroffene bauaufsichtsbehördliche Anordnungen wurden Überbelegung, ungesunde Wohnverhältnisse , schlechter baulicher Zustand, unzulässige Wohnnutzung und formelle Rechtswidrigkeit genannt. Eine Unterscheidung, ob es sich ausschließlich um Unterkünfte für Beschäftigte von Schlachtbetrieben oder sonstigen Betrieben gehandelt hat, sei nicht erfolgt. Der Landkreis Osnabrück hat ca. 120 Kontrollen gemeldet, bei denen es ca. 60 Beanstandungen gegeben habe, vorwiegend im Bereich Brandschutz, aber auch wegen ungesunder Wohnverhältnisse . Eine Unterscheidung in Wohnunterkünfte für Beschäftigte von Schlachthöfen und von anderen Betrieben sei nicht erfolgt. Der Landkreis hat allerdings den Eindruck, dass Beschäftigte von Schlachthöfen deutlich häufiger in Wohnunterkünften untergebracht seien. Die Stadt Cloppenburg geht geschätzt von ca. 300 Kontrollen aus, davon über 200 ohne Beanstandungen und über 70 mit Beanstandungen. Als Grund für getroffene bauaufsichtsbehördliche Anordnungen wird hauptsächlich Überbelegung genannt. Die Stadt Laatzen berichtet, 2017 habe es eine Beschwerde über angeblich ungesunde Wohnverhältnisse gegeben, die sich beim Ortstermin nicht bestätigt hätten. Ob es sich um eine Unterkunft für Beschäftigte eines Schlachthofes gehandelt habe, sei nicht bekannt. Eine nicht auf Unterkünfte für Beschäftigte von Schlachthöfen bezogene umfangreiche Abfrage vom 11.06.2015 des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung als damaliger oberster Bauaufsichtsbehörde bei den unteren Bauaufsichtsbehörden hatte seinerzeit Folgendes ergeben : Von allen damals 104 unteren Bauaufsichtsbehörden Niedersachsens lagen Angaben vor. Davon berichteten 39 Bauaufsichtsbehörden, dass sie im abgefragten Zeitraum mit Unterkünften von Beschäftigten im Sinne des Runderlasses vom 17.12.2013 bauordnungsrechtlich befasst waren . Anlass der bauordnungsrechtlichen Befassungen waren 280 Bauanträge, Bauvoranfragen und Mitteilungen , 254 Hinweise und Beschwerden sowie 270 eigene örtliche Feststellungen. Von diesen Befassungen entfielen über 71 v. H. auf fünf Bauaufsichtsbehörden im Bereich des ehemaligen Regierungsbezirks Weser-Ems. Im Rahmen der Anordnungen wegen baurechtwidriger Zustände wurde von Nutzungsuntersagungen in 180 Fällen, von Nutzungseinschränkungen (z. B. Abbau von Überbelegung) in 194 Fällen, von Anordnungen erforderlicher baulicher Maßnahmen in 62 Fällen und von Anforderungen von Bauvorlagen in 263 Fällen berichtet. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3324 7 Die vorgefundenen bauordnungsrechtlichen Mängel gruppierten sich wie folgt: Brandschutzmängel in 180 Fällen, zu kleine Nutzfläche je Person in 147 Fällen, sonstige fehlende Eignungen als Aufenthaltsräume in 80 Fällen, Mängel an Sanitäranlagen in 34 Fällen und sonstige Mängel (z. B. Standsicherheit, Feuerungsanlagen, Installation) in ebenfalls 34 Fällen. Nach § 2 Abs. 1 des Bundesmeldegesetzes (BMG) ist es Aufgabe der Meldebehörde, die in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Personen zu registrieren, um deren Identität und deren Wohnungen feststellen und nachweisen zu können. Hierzu führen sie nach § 2 Abs. 2 BMG Melderegister mit den in § 3 BMG aufgeführten Daten. Meldepflichterheblich sind dabei allein das tatsächliche Beziehen einer Wohnung oder das Ausziehen aus einer Wohnung. Ob die Wohnung zum Wohnen geeignet ist, ob die dort wohnende Person dort wohnen darf oder ob es sich um eine bestimmte Kategorie von Wohnraum handelt, ist hierfür nicht erheblich und nicht zu speichern. Liegen einer Meldebehörde konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Melderegisters vor, hat sie den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 6 Abs. 3 BMG) und festgestellte Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten zu berichtigen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BMG). Der Umstand, dass eine Berichtigung stattgefunden hat, ist aus dem Melderegister nur in den Fällen der Anmeldung, der Abmeldung oder des Wechsels des Wohnungsstatus von Amts wegen ersichtlich . Ermittlungen und Ermittlungsergebnisse werden nicht gespeichert. Eine Verpflichtung der Meldebehörden, Statistiken oder besondere Akten über die Fälle zu führen, in denen Ermittlungen nach § 6 Abs. 3 BMG erfolgen oder in denen eine Berichtigung des Melderegisters von Amts wegen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BMG erfolgt, besteht nicht. Die Antwort stützt sich daher auf Angaben der Mitarbeitenden aus den Meldebehörden nach deren Erinnerungen, soweit deren Befragung im Hinblick auf die Kürze der für die Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit sowie die seit 2014 erfolgte Personalfluktuation möglich war. Demnach erfolgte zu 233 Personen, die in einer Wohnunterkunft für Beschäftigte, die in Schlachthöfen tätig sind, wohnten, eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der zu ihrer Person gespeicherten Meldedaten. In 23 Fällen erfolgte aufgrund einer auffällig hohen Zahl an Anmeldungen eine Information der zuständigen Bauaufsichtsbehörde. In 64 Fällen erfolgte eine Information der zuständigen Bauaufsichtsbehörde nach einer Überprüfung der melderechtlichen Verhältnisse vor Ort. In den übrigen Fällen war entweder nur eine Berichtigung des Melderegisters erforderlich oder nichts zu veranlassen. Die Zahlen wurden aus den Meldungen der Landkreise Celle, Cuxhaven, Emsland, Leer, Osnabrück , Osterholz und Vechta, der Region Hannover und der Stadt Oldenburg ermittelt. 12. Wie beurteilt die Landesregierung angesichts der aktuellen TBC-Fälle eine Wiedereinführung der Röntgenreihenuntersuchung für Werkvertragsarbeiter in Schlachthöfen? Tuberkulose wird nicht auf und dann durch Lebensmittel übertragen. Daher lässt sich aus einer Tätigkeit im Lebensmittelbereich keine Verpflichtung zu einer Untersuchung auf Tuberkulose ableiten. Tuberkulose wird aus diesem Grund auch nicht unter den Erkrankungen geführt, die im Lebensmittelbereich zu einem gesetzlichen Tätigkeitsverbot führen (§ 42 des Infektionsschutzgesetzes - IfSG). Das IfSG ist Bundesrecht. Für eine Röntgenreihenuntersuchung für Werkvertragsarbeiter in Schlachthöfen gibt es keine wissenschaftlich begründeten Regeln, die in einem günstigen Verhältnis von Nutzen und Aufwand für die Tuberkulosebekämpfung stehen. Eine Röntgenuntersuchung der Lunge lässt zwar erkennen, ob aktuell die geröntgte Person an Lungentuberkulose erkrankt ist. Fällt das Röntgenbild negativ aus, bedeutet dies aber nicht, dass die Person nicht schon mit Tuberkulose infiziert ist und in der Folgezeit erkranken könnte. Die Erkrankung kann Wochen, Monate, Jahre oder sogar Jahrzehnte nach einer Infektion ausbrechen und ist auch erst dann übertragbar. Sie ist auch nicht so leicht übertragbar, wie dies beispielsweise für einige Viruserkrankungen wie Influenza, Masern oder Windpocken der Fall ist. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3324 8 Vor diesem Hintergrund müssen die Fragen geklärt werden, welchen Personengruppen, unter welchen Umständen und in welchen Intervallen überhaupt eine Untersuchung empfohlen werden sollte . In diesem Zusammenhang muss auch beachtet werden, dass eine Röntgenaufnahme immer mit einer Strahlenbelastung einhergeht und insofern damit ein Eingriff in die körperliche Unverletzlichkeit verbunden ist. So sollte die Untersuchung nicht beliebig oft wiederholt werden. Schließlich sind auch die Verantwortlichkeiten zu klären. Da eine Infektion an Tuberkulose für Schlachthofmitarbeiterinnen und -mitarbeiter kein arbeitsplatzbezogenes Risiko darstellt, ist eine entsprechende Untersuchung keine Aufgabe im Rahmen des Arbeitsschutzes. Auch im Hinblick auf die geltenden Vorschriften des IfSG, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Röntgenuntersuchung vorsehen, sind diese hier nicht gegeben. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung hat aktuell eine Arbeitsgruppe von Expertinnen und Experten einberufen, die sich der unterschiedlichen Fragestellungen annehmen soll. Unstreitig ist für die Tuberkulosebekämpfung von entscheidender Bedeutung, dass Personen über die Erkrankung aufgeklärt sind und ein guter niederschwelliger Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleistet ist. Denn bei Auftreten von Symptomen muss eine Tuberkulose schnell diagnostiziert und behandelt werden. Hinsichtlich der Aufklärung gibt es bereits sehr gutes Informationsmaterial , das auch in vielen Sprachen und über unterschiedliche Medien (z. B. als App) zur Verfügung steht (z. B. https://www.explaintb.org/). (Verteilt am 27.03.2019) Drucksache 18/3324 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Eva Viehoff, Meta Janssen-Kucz, Christian Meyer, Miriam Staudte und Dragos Pancescu (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Wie sind die Zustände der Unterkünfte für Werkvertragsarbeiter in Niedersachsen?