Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/338 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Ausschreibungen SPNV Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD), eingegangen am 22.01.2018 - Drs. 18/235 an die Staatskanzlei übersandt am 30.01.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 20.02.2018, gezeichnet Dr. Bernd Althusmann Vorbemerkung des Abgeordneten Das Land Niedersachsen hat die Aufgabenträgerschaft für den SPNV an die landeseigene Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH delegiert. Neben der DB Regio Nord dominieren Anbieter den Markt, die sich im Besitz nicht-deutscher Staatsbahnen, deutscher Bundesländer oder in kommunaler Trägerschaft befinden. Vorbemerkung der Landesregierung Der Markt des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) in Deutschland und auch in Niedersachsen wird durch in- und ausländische Staatsbahnen und deren Tochtergesellschaften dominiert. Neben der Deutschen Bahn AG (DB AG) und ihrer Tochtergesellschaft DB Regio sind hierbei insbesondere die in Deutschland engagierten Gesellschaften Keolis (französische Staatsbahn SNCF; in Niedersachsen mit dem Eisenbahnverkehrsunternehmen [EVU] eurobahn aktiv), Netinera (italienische Staatsbahn FS; in Niedersachsen mit den EVU Metronom [Mehrheitsbeteiligung] und Erixx aktiv) sowie Abellio (niederländische Staatsbahn NS; in Niedersachsen mit dem EVU WestfalenBahn aktiv ) zu nennen. Ebenfalls staatlich geprägt ist der Transdev-Konzern, der in Niedersachsen mit dem EVU Nordwestbahn aktiv ist und im Eigentum eines staatlichen französischen Finanzinstituts steht. Privatwirtschaftlich strukturiert sind dagegen die Gesellschaften National Express und Go-Ahead aus Großbritannien, die beide bereits aktiv bei Ausschreibungen in Niedersachsen teilgenommen haben, hier jedoch anders als in Nordrhein-Westfalen (National Express) und Baden-Württemberg (Go-Ahead) bisher keine Ausschreibungen gewinnen konnten. Die frühere private britische Verkehrsgesellschaft Arriva, in deren Eigentum zwischenzeitlich auch die Osthannoverschen Eisenbahnen (OHE) standen, wurde dagegen von der Deutschen Bahn AG übernommen, die durch diese Übernahme die Grundlage ihrer Auslandsaktivitäten im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im europäischen Ausland geschaffen hat. Mit Arriva ist die DB AG heute u. a. in Großbritannien, Dänemark und den Niederlanden im SPNV aktiv. Die DB-eigene niederländische Arriva Noordned hat kürzlich auch die niederländische SPNV-Ausschreibung inklusive der Strecke von Groningen nach Leer (Ostfriesland) erneut für sich entscheiden können. Die zu 82,97 % im Landeseigentum stehende Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH (EVB) betätigt sich aktiv am Ausschreibungsgeschehen im regionalen SPNV in Niedersachsen . Ähnliches gilt auch für die Hessische Landesbahn in Hessen oder die Südwestdeutsche Eisenbahngesellschaft (SWEG) und die Hohenzollerische Landesbahn (HzL) in Baden-Württemberg. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/338 2 Insgesamt ist der SPNV-Markt in Deutschland für rein private Gesellschaften zu kapitalintensiv und mit zu niedriger und zu langfristig zu erzielender Rendite tendenziell nicht attraktiv. Allein für durch einen Ausschreibungsgewinner zu beschaffende Neufahrzeuge sind in einem SPNV-Teilnetz je nach Größe oftmals schon dreistellige Millionenbeträge vor Betriebsaufnahme zu investieren. Für Fonds, Pensionskassen oder Versicherungen kann der SPNV-Markt dagegen durchaus attraktiv sein, da relativ sichere und langlaufende, wenn auch niedrige Renditen angenommen werden können. Diese betätigen sich jedoch eher als Finanzierer von Fahrzeugen oder als Anteilseigner (so z. B. bei Transdev und Benex) im Hintergrund. Die großen kommunalen Verkehrsunternehmen, die sich zwischenzeitlich auch im SPNV betätigt haben (als Beispiele sei auf die Hamburger Hochbahn oder die Verkehrsgesellschaft Frankfurt verwiesen ), haben sich dagegen wieder aus dem SPNV zurückgezogen, um neue Direktvergaben ihrer kommunalen Stadtverkehre nicht zu gefährden. Somit stehen die großen kommunalen Verkehrsunternehmen nicht (mehr) gleichzeitig als SPNV-Betreiber zur Verfügung. Wie will das Land Niedersachsen sicherstellen, dass der SPNV künftig nicht zu einem reinen Wettbewerb verschiedener staatlicher und kommunaler Unternehmen wird? Eine Einflussnahme des Landes auf die Beteiligung bei Ausschreibungen im SPNV im Hinblick auf Art, Gesellschaftsform oder Eigentümerschaft von Eisenbahnverkehrsunternehmen ist aus vergaberechtlichen Gründen nicht zulässig. Mithilfe des Fahrzeugpools konnte durch die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) allerdings frühzeitig ein intensiver Bieterwettbewerb initiiert werden, der Voraussetzung für eine breite Beteiligung unterschiedlicher Unternehmen am Ausschreibungsgeschehen war. Ohne den landeseigenen Fahrzeugpool hätten viele heutige aktive und leistungsfähige Wettbewerber der Deutschen Bahn AG die Hürde des Einstiegs in den SPNV-Markt in Niedersachsen allein bei der Finanzierung von neuen Fahrzeugen schon nicht nehmen können. Niedersachsen hat damit heute einen der aktivsten SPNV-Märkte in Deutschland, und die LNVG zählt bei ihren Ausschreibungen mit beigestellten Poolfahrzeugen bundesweit mit die höchsten Bieterzahlen. Darüber hinaus hat das Land auch die Anschaffung des Fahrzeugpools des Regionalverbands Großraum Braunschweig finanziell gefördert, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen. Alternativ zum Fahrzeugpool bietet die LNVG außerdem gemeinsam mit den beteiligten Nachbaraufgabenträgern in Ausschreibungen von Teilnetzen, wo keine Poolfahrzeuge zum Einsatz kommen, Finanzierungshilfen für die Fahrzeugbeschaffung in Form von Weiterverwendungsgarantien oder Übernahme von Zinsänderungsrisiken an. Die landeseigene LNVG schafft damit in Niedersachsen unter Berücksichtigung der vergaberechtlichen Vorgaben aktiv gute Voraussetzungen dafür, dass einerseits ein finanziell und qualitativ erfolgreicher Wettbewerb gewährleistet wird. Andererseits trägt sie durch entsprechende Mindestanforderungen an die finanziell-wirtschaftliche und die beruflich-fachliche Leistungsfähigkeit von Bietern in den SPNV-Ausschreibungen dazu bei, dass das heute erreichte Qualitäts- und Zuverlässigkeitsniveau auch künftig gehalten werden kann. (Verteilt am 20.02.2018) Drucksache 18/338 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Ausschreibungen SPNV