Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/339 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei namens der Landesregierung Wie positioniert sich die Landesregierung zur anstehenden Novellierung des Rundfunkstaatsvertrags und zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen), eingegangen am 10.01.2018 - Drs. 18/175 an die Staatskanzlei übersandt am 22.01.2018 Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei namens der Landesregierung vom 20.02.2018, gezeichnet Dr. Jörg Mielke Chef der Staatskanzlei Vorbemerkung des Abgeordneten Die Ministerpräsidentenkonferenz hat am 19. und 20. Oktober den Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrags inhaltlich beraten. Der Einundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat u. a. die Anpassung mehrerer rundfunkrechtlicher Staatsverträge an die künftig geltende EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zum Gegenstand. Ergänzend dazu berichtete am 26. November 2017 der Rundblick vom sogenannten Medienprivileg: So sei in einem Entwurf der Novelle des Niedersächsischen Mediengesetzes davon die Rede, dass die Landesdatenschutzbehörde künftig Einfluss auf die Selbstkontrolle der Presse nehmen könne. Bei den Beratungen zum Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird auch die Ausweitung des Telemedienauftrags diskutiert und damit darüber, ob und in welcher Weise die öffentlich -rechtlichen Rundfunkanstalten ihr Angebot im Internet ausbauen dürfen. Parallel dazu berät die nicht öffentliche AG „Auftrag und Strukturoptimierung“ über mögliche Reformen der öffentlichrechtlichen Medien. Begleitend zur Debatte um die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Vertreterinnen und Vertreter aus der Zivilgesellschaft im September 2017 zehn Thesen zu Voraussetzungen für einen starken öffentlichrechtlichen Rundfunk im digitalen Zeitalter aufgestellt. 1. Welche Änderungen ergeben sich im Rahmen der Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages ? Mit dem Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag werden zum einen der Rundfunkstaatsvertrag , der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, der ZDF-Staatsvertrag sowie der Deutschlandradio -Staatsvertrag an die zum 25. Mai 2018 in Deutschland unmittelbar geltende europäische Datenschutzgrundverordnung angepasst. Die Länder kommen damit dem in Artikel 85 Abs. 1 der Verordnung enthaltenen Regelungsauftrag für die Mitgliedstaaten nach, das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen. Artikel 85 Abs. 2 der Verordnung lässt umfangreiche Abweichungen und Ausnahmen von ihren Regelungen in Fällen der Datenverarbeitung zu journalistischen und anderen privilegierten Zwecken zu. Insbesondere geht es hier um die Wahrung des Datengeheimnisses bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Medienschaffende, den Quellenschutz und die besonderen Aufsichtsstrukturen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, bei den privaten Rundfunkveranstaltern und Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/339 2 oder der Presse als Anbieter von Telemedien (Medienprivileg). Um das geltende Medienprivileg weitestgehend zu erhalten, bedarf es entsprechender Regelungen in den verschiedenen Rundfunkstaatsverträgen . Zum anderen wird im Rundfunkstaatsvertrag die sogenannte Betrauungsnorm geschaffen, die den Umfang der zulässigen Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Europarechts näher beschreibt. Die Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist langjährig geübte Praxis. Ein Beispiel dafür ist die gemeinsame Nutzung von Produktionskapazitäten wie aktuell bei der Übertragung der Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang. Die Norm dient daher lediglich der Klarstellung und damit der rechtlichen Absicherung dieser Praxis. 2. Wie positioniert sich die Landesregierung zu den Änderungen? Mit den Veränderungen des Rundfunkstaatsvertrags durch den Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag erfolgen eine europarechtskonforme Anpassung der Datenschutzbestimmungen für den Rundfunk und eine Stärkung der Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Sender. 3. Wie ist der Zeitplan zum Abschluss und zur Umsetzung des 21. Rundfunkstaatsvertrages ? Die Landesregierung hat am 6. Februar 2018 den Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zum Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag beschlossen und in den Landtag eingebracht. Der Staatsvertrag soll zum 25. Mai 2018 in Kraft treten. 4. Wie steht die Landesregierung zur Ausweitung des Telemedienauftrages der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten? Der Telemedienauftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner aktuellen Fassung geht zurück auf den Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 12. Juni 2009. Seitdem haben sich die Nutzergewohnheiten und -erwartungen weiterentwickelt. Deshalb gilt es, den Onlineauftrag so anzupassen , dass er weiterhin zur gesamtgesellschaftlich Akzeptanz des beitragsfinanzierten Rundfunks in Deutschland beitragen kann. So hält die Landesregierung z. B. die sogenannte 7-Tage- Regelung für nicht mehr zeitgemäß und setzt sich deshalb dafür ein, wesentliche Inhalte länger als bisher im Netz verfügbar zu machen. Selbstverständlich gilt es, den neuen Telemedienauftrag so auszugestalten, dass die Geschäftsmodelle anderer Marktteilnehmer so wenig wie möglich tangiert werden. 5. Welche Position hat die Landesregierung zum sogenannten Medienprivileg? Die Landesregierung bekennt sich sowohl zum Medienprivileg als auch zum Verfahren der Selbstkontrolle durch den Deutschen Presserat. Die Presse ist bei Erfüllung ihrer verfassungsrechtlich verbürgten Aufgabe bei der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung zwingend auf die Verwendung personenbezogener Daten angewiesen. Das Medienprivileg soll verhindern, dass der Datenschutz der freien journalistischen Tätigkeit entgegensteht. Dies gilt auch für andere Bereiche unseres Mediensystems wie z. B. den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. 6. Welche Veränderungen ergeben sich für den NDR-Staatsvertrag aufgrund der zukünftig geltenden DSGVO? Die zum 25. Mai 2018 in Deutschland unmittelbar geltende EU-DSGVO enthält für die Mitgliedstaaten den Regelungsauftrag, das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen. Die DSGVO erfordert Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/339 3 zudem eine Anpassung der bestehenden Regelungen für die Datenschutzaufsicht bei den öffentlich -rechtlichen Rundfunkanstalten. Zur Umsetzung dieser EU-Vorgaben haben die Regierungschefin und die Regierungschefs der vier NDR-Staatsvertragsländer vom 7. bis 15. Dezember 2017 einen neuen Staatsvertrag über den Datenschutz beim Norddeutschen Rundfunk (NDR-Datenschutz-Staatsvertrag) unterzeichnet. Eine Änderung des NDR-Staatsvertrages erfolgt nur dahin gehend, dass die datenschutzrechtlichen Normen im NDR-Staatsvertrag (§ 41 und § 42) nach Artikel 2 des NDR-Datenschutz-Staatsvertrags gestrichen und durch die entsprechenden Regelungen des neuen NDR-Datenschutz-Staatsvertrags ersetzt werden. Der NDR-Staatsvertrag behält weiterhin seine Selbstständigkeit. 7. Welche Aufgabe sieht die Landesregierung für die Landesdatenschutzbehörde in künftigen Novellen von Landesmediengesetzen vor? Anders als beim NDR, der eine Rundfunkdatenschutzbeauftragte oder einen Rundfunkdatenschutzbeauftragten als zuständige Aufsichtsbehörde im Sinne des Artikels 51 der DSGVO ernennt, bleibt die Landesbeauftragte für Datenschutz wie bisher die zuständige Aufsichtsbehörde für die Datenverarbeitung der privaten Rundfunkveranstalter bei Verstößen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags. Weitere Veränderungen sind in diesem Regelungskontext nicht geplant. 8. Welche Themen und Positionierungen werden derzeit in der Arbeitsgruppe „Auftrag und Strukturoptimierung“ besprochen? Die AG „Auftrag und Strukturoptimierung“ der Länder befindet sich in einem regen Austausch mit ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) über die zeitgemäße Ausgestaltung des Gesamtauftrags für den öffentlich -rechtlichen Rundfunk. Wie schon bei der Neufassung des Onlineauftrags geht es ebenso darum , der sich veränderten Erwartungshaltung der Beitragszahlerinnen und -zahler gegenüber dem Angebot der Anstalten zu entsprechen. Darüber hinaus trägt eine relative Beitragsstabilität wesentlich zu ihrer gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz bei. Deshalb gilt es, vorhandene Synergiepotenziale zu identifizieren und zeitnah zu nutzen. 9. Wie bewertet die Landesregierung die Themen und bisherigen Positionierungen der Arbeitsgruppe „Auftrag und Strukturoptimierung“? Im Herbst 2017 haben die Rundfunkanstalten Zwischenberichte über ihre Reformüberlegungen mitgeteilt. Dies ist aus Sicht der Landesregierung ein Schritt in die richtige Richtung. Die Benennung weiterer Einsparpotenziale ist jedoch unerlässlich. Die Landesregierung ist in den fortlaufenden Prozess der Arbeitsgruppe eingebunden. Für eine Positionierung zu einzelnen Aspekten ist es jedoch noch zu früh. 10. Wie positioniert sich die Landesregierung zu den „Zehn Thesen zur Zukunft der öffentlich -rechtlichen Medien“? Die Verfasserinnen und Verfasser des Thesenpapiers setzten sich für einen starken öffentlichrechtlichen Rundfunk ein, für den sie aber Reformbedarf sehen. Auch die Landesregierung hält den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für unverzichtbar. Sie sieht aber widerstreitende Interessen in einer sich stark verändernden Medienwelt, die mit der grundgesetzlich vorgegebenen auskömmlichen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Einklang zu bringen sind. Viele Bürgerinnen und Bürger hinterfragen das beitragsfinanzierte System zunehmend kritisch und formulieren Vorschläge für zum Teil tiefgreifende Änderungen. Die Landesregierung ist sich sehr bewusst, dass der Erhalt und Ausbau der Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch die Bereitschaft zu einer offenen Diskussion über seine Kosten erfordert. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/339 4 11. Inwieweit berücksichtigt die Landesregierung diese Thesen bei ihren Überlegungen zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Die Landesregierung bezieht alle konstruktiven Vorschläge zum Thema in ihre Meinungsbildung ein. (Verteilt am 20.02.2018) Drucksache 18/339 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei Wie positioniert sich die Landesregierung zur anstehenden Novellierung des Rundfunk-staatsvertrags und zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?