Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3474 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Stephan Bothe, Jens Ahrends und Peer Lilienthal (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Fiktive Rechnungen, Veruntreuung und Durchsuchung? Was ist los beim ASB? Anfrage der Abgeordneten Stephan Bothe, Jens Ahrends und Peer Lilienthal (AfD), eingegangen am 08.03.2019 - Drs. 18/3178 an die Staatskanzlei übersandt am 13.03.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 10.04.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Nach der Darstellung verschiedener Medien wurden am 28. Februar 2019 die Geschäftsstelle des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) und eine weitere Einrichtung des ASB in Hannover durch die Staatsanwaltschaft durchsucht. Nach der Berichterstattung sei der Geschäftsführer des ASB in Hannover wegen des Verdachts auf Untreue in Untersuchungshaft genommen worden. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesverwaltung arbeitet mit dem ASB in verschiedenen Bereichen zusammen. Eine Zusammenarbeit gibt es z. B. im Katastrophenschutz, im Bereich der ambulanten Pflege, der Durchführung von Heimfahrten für das Landesbildungszentrum für Blinde, der Krankentransporte, der Rettungsdienste, der Kinderbetreuung und der Unterstützung beim Angebot von Ganztagsschulen sowie bei Erste-Hilfe-Schulungen. Der ASB erhielt und erhält hierfür unmittelbare und mittelbare Zahlungen und Zuschüsse von den Dienststellen des Landes. Da sich die Vorbemerkung der Abgeordneten ausschließlich auf die Presseberichterstattung über den ASB Ende Februar 2019 bezieht, die im Wesentlichen den Verdacht der Untreue gegen einen Geschäftsführer des ASB bei Zahlungen für Sicherheitsdienste für Flüchtlingsunterkünfte zum Gegenstand hatte, wird im Folgenden ausschließlich auf Zahlungen eingegangen, die im Flüchtlingskontext zu sehen sind und mit dem Betrieb von Flüchtlingsunterkünften in Zusammenhang stehen. Die Flüchtlingssituation ab Herbst 2015 mit der sehr hohen Anzahl von Menschen, die täglich in Niedersachsen ankamen, stellte eine extreme Herausforderung für das Land Niedersachsen im Bereich der Erstaufnahme von Flüchtlingen dar. Aufgrund der zu erwartenden hohen Zugangszahlen reichten die Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes nicht mehr aus. Um die Obdachlosigkeit von Flüchtlingen zu verhindern, hatte das Land Niedersachsen zum einen eigene Not- und Behelfsunterkünfte eingerichtet und zum anderen beginnend ab Oktober 2015 die Landkreise und kreisfreien Städte um Amtshilfe bei der Unterbringung von Flüchtlingen ersucht. Im Falle der Amtshilfe führt die ersuchte Behörde, hier also die Landkreise und kreisfreien Städte, die Amtshilfe nach ihrem Recht im eigenen Namen, aber im fremden Interesse durch. Für Art, Form und Inhalt der Durchführungshandlungen trägt die ersuchte Behörde die Verantwortung. Dies ergibt sich u. a. dadurch, dass zwar im fremden Interesse, aber mit eigenem Personal und im eigenen Namen die Amtshilfe geleistet wird. Die Kommunen, die das Land im Rahmen der Amtshilfe unterstützt haben, konnten im Nachhinein eine Verwaltungsvereinbarung mit dem Land schließen, um die Abrechnungsmodalitäten der er- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3474 2 brachten Leistungen mit dem Land zu vereinfachen. Dabei gingen alle einvernehmlich davon aus, dass die Unterstützung der Kommunen bei der originären Landesaufgabe der Erstaufnahme von Flüchtlingen für die Kommunen zu keinerlei kostenmäßigen Belastungen führen soll, weil originär das Land die Aufgabe mit eigenen Dienstkräften durchzuführen hätte. Die mit 22 Kommunen geschlossenen Verwaltungsvereinbarungen sahen im Wesentlichen vor, dass das Land der Kommune eine Pauschale in Höhe von 45 Euro pro Platz und Tag zahlt. In der Pauschale waren u. a. die Organisations- und Verwaltungskosten, Grundleistungen für Kleidung, Körperpflege und Ernährung, Personalkosten, Verbrauchsmaterialen und Sicherheitsdienste enthalten. Spitz abzurechnen waren in diesem Fall nur noch die Kosten für Miete und Pachten, Betriebskosten sowie Herrichtungs- und Rückbaukosten. 17 Kommunen haben mit dem Land keine Verwaltungsvereinbarung geschlossen, die ihnen im Rahmen der Unterbringung von Flüchtlingen entstandenen Kosten wurden spitz erstattet. Im Zusammenhang mit der Amtshilfe und den geschlossenen Verwaltungsvereinbarungen wurden an den ASB ausschließlich mittelbar Zahlungen ausgeführt. Die Kommunen waren in Eigenregie für den Betrieb der Flüchtlingsunterkünfte zuständig. Sämtliche Vergaben wurden von den Kommunen durchgeführt und auch direkt an die Dienstleister bezahlt. Die Rechnungen wurden hierbei von den Kommunen auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit überprüft. Das Land erstattete im Nachhinein den Kommunen die Kosten. Hierfür wurden entsprechende Abrechnungen und Belege im Ministerium für Inneres und Sport eingereicht und geprüft. Die Abrechnung sowohl der Amtshilfekommunen als auch der Kommunen, die eine Verwaltungsvereinbarung unterzeichnet haben, ist bereits vollständig abgeschlossen. Sämtliche Originalbelege sind an die Kommunen zurückgesandt worden. Da mögliche Zahlungen an den ASB im Kontext der Amtshilfe und der geschlossenen Verwaltungsvereinbarungen nur mittelbar durch das Land erfolgten bzw. durch die an die Kommunen gezahlten Pauschalen abgegolten wurden, können für diesen Bereich die Zahlungen nur von den betroffenen Kommunen dargestellt werden. Die im Weiteren dargestellten Zahlen und Daten beziehen sich daher ausschließlich auf die eigenständig vom Land betriebenen Not- und Behelfsunterkünfte für Flüchtlinge. 1. Treffen die Darstellungen wie oben beschrieben zu? Nein. Die Darstellungen sind insoweit zu korrigieren, als dass die Durchsuchungsmaßnahmen sowie die Festnahme des Geschäftsführers des ASB bereits am 27.02.2019 erfolgt sind. Zudem ist lediglich eine in der Petersstraße 1 - 2 gelegene Liegenschaft mit Bezug zum ASB durchsucht worden . Dort sind sowohl die ASB Gemeinnützige Gesellschaft für Sozialdienste und Krankentransporte mbH, die ASB Rettungsdienste gGmbH als auch der Ortsverband Hannover-Süd ansässig. Mit dem gegen den Geschäftsführer der genannten Gesellschaften erlassenen Untersuchungshaftbefehl wird diesem vorgeworfen, tateinheitlich zu dem Straftatbestand der Untreue im besonders schweren Fall auch denjenigen der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr im besonders schweren Fall verwirklicht zu haben. 2. Wurden in den Jahren 2016 und 2017 Mittel des Landes, direkt oder indirekt, an den ASB gezahlt? Wenn ja, auf welcher Grundlage und in welcher Höhe? Die Abrechnung der Not- und Behelfsunterkünfte, die der ASB für das Land betrieben hat, erstreckte sich über einen Zeitraum von 2015 bis 2018 (teils bis 2019). Um die Handlungsfähigkeit der Hilfsorganisationen herzustellen, wurden im Voraus Abschläge vom Land überwiesen. Im Rahmen der Endabrechnung mussten die Hilfsorganisationen ihre Kosten, die spitz abzurechnen waren, mit Belegen nachweisen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3474 3 Da auch Zahlungen und Verrechnungen in den Jahren 2015 und 2018 angefallen sind, wäre es falsch, nur die Zahlungen der Jahre 2016 und 2017 zu betrachten. In den Jahren 2015 bis 2018 wurden an den ASB sowohl pauschal als auch spitz insgesamt 69 204 064,21 Euro gezahlt. 2015 16.981.168,36 Euro 2016 41.337.765,23 Euro 2017 5.868.287,19 Euro 2018 5.016.843,43 Euro Gesamt 69.204.064,21 Euro Es ist darauf hinzuweisen, dass der Gesamtbetrag als nicht abschließend zu betrachten ist. So sind z. B. einzelne Unterkünfte des ASB noch nicht in Gänze abgerechnet und folglich eventuelle Rückzahlungen und/oder Korrekturen noch nicht eingerechnet bzw. verrechnet. 3. Falls Mittel des Landes in den Jahren 2016 und 2017 an den ASB gezahlt wurden: Wo finden sich diese Abflüsse im Haushalt (bitte mit Einzelplan, Kapitel und Titel angeben )? Die Ausgaben erfolgten aus dem Einzelplan 03, Kapitel 03 28, Titel 511 10, 514 10, 517 10, 518 10, 519 10, 547 10, 812 10. 4. Wie wurden die Leistungen des ASB abgerechnet? Die vom ASB betriebenen Notunterkünfte wurden auf Grundlage geschlossener Vereinbarungen abgerechnet. Die Behelfsunterkünfte wurden spitz abgerechnet. 5. Erfolgt eine Kontrolle des ASB durch das Land? Die Rechnungen des ASB wurden auf die sachliche und rechnerische Richtigkeit überprüft. In den geschlossenen Verwaltungsvereinbarungen zwischen dem Land Niedersachsen und den verantwortlichen Hilfsorganisationen wurde dem Landesrechnungshof die Möglichkeit einer weitergehenden Prüfung (z. B. hinsichtlich des „bestimmungsgemäßen, wirtschaftlichen und sparsamen Mitteleinsatzes“) der jeweiligen Hilfsorganisation eingeräumt. 6. Wie hoch waren die Kosten der Bewachung und Absicherung von durch den ASB betriebenen Flüchtlingsunterkünften in den Jahren 2016 bis 2018? Auf die grundsätzlichen Erstattungsmodalitäten wird verwiesen (siehe Antwort zu Frage 4). Die Kosten für die Bewachung und Absicherung von Notunterkünften waren Bestandteil einer vereinbarten Pauschale, die dem ASB auf Grundlage der jeweiligen Vereinbarungen gezahlt wurde. Für Behelfsunterkünfte erfolgten diese Abrechnungen spitz. Entstandene Kosten außerhalb des konkreten Anwendungsbereichs der jeweiligen Vereinbarung, z. B. nach tatsächlicher Schließung der jeweiligen Unterkunft oder in Bezug auf spezifische Einzelfalllösungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit, wurden grundsätzlich spitz abgerechnet. Dem ASB wurden für die Jahre 2016 bis 2018 insgesamt 1 019 235,75 Euro an Bewachungskosten spitz erstattet. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3474 4 7. In welchem Verfahren wurden die Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten in den Jahren 2015 bis 2017 vergeben? Welche Rolle spielte das Land in den Vergabeverfahren ? Für die vom Land durchgeführten Vergaben wurde das zum jeweiligen Zeitpunkt geltende Vergaberecht eingehalten. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. (Verteilt am 11.04.2019) Drucksache 18/3474 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Stephan Bothe, Jens Ahrends und Peer Lilienthal (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Fiktive Rechnungen, Veruntreuung und Durchsuchung? Was ist los beim ASB?