Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3486 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer, Anja Piel, Miriam Staudte und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Verstoßen Flächen im Eigentum des Landes gegen die NBauO? Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer, Anja Piel, Miriam Staudte und Imke Byl (GRÜNE), eingegangen am 15.03.2019 - Drs. 18/3231 an die Staatskanzlei übersandt am 20.03.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 11.04.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten In der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) heißt es unter § 9 Abs. 2: „Die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke müssen Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind.“ In Privatgärten, aber auch auf Grundstücken der öffentlichen Hand, nimmt der Trend zu, nicht bebaute Flächen mit Flies, Kies, Steinen und Schotter abzudecken. Stein-, Schotter- und Kiesflächen stellen einen weiteren Lebensraumverlust für Insekten dar, die wiederum eine Nahrungsbasis für Amphibien, Reptilien, Vögel und Kleinsäuger sind. Ebenfalls seien Schotterflächen nur auf dem ersten Blick pflegeleicht. Schon nach kurzer Zeit bilden sich ungewünschte Moose. Durch Laub und Samen wachsen auch höhere Pflanzen, die laut dem FAZ-Artikel „Steine statt Schneeglöckchen“ vom 20. Januar 2019 allzu oft unerlaubt mit Pflanzenschutzmitteln wieder abgetötet werden. Am 25. Februar 2019 berichtete die Deister-Weser-Zeitung, dass das Hamelner Finanzamt nach Hinweisen durch das Staatliche Baumanagement Niedersachsen zu der Auffassung gekommen sei, dass der eigene Schottergarten nicht der NBauO entspräche: „Gemäß § 9 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung müssen die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind (…) Damit entspricht die Fläche in ihrer derzeitigen Gestaltung vermutlich nicht den Vorgaben der NBauO“. Das SBN wolle darauf hinwirken, dass die Grünfläche wiederhergestellt werden. Vorbemerkung der Landesregierung Gemäß Abschnitt A Ziffer 2 der „Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau), zugleich für Bauaufgaben des Landes (RLBau)“ ist in Niedersachsen das Staatliche Baumanagement Niedersachsen (SBN) für die ordnungsgemäße Erfüllung der im öffentlichen Interesse durchzuführenden staatlichen Bauaufgaben zuständig. Das SBN hat bei der Durchführung der Bauaufgaben die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften auf der Grundlage der jeweiligen Bundes- und Landesgesetze sicherzustellen. Die Bauämter des Staatlichen Baumanagements haben in der Nutzungsphase darüber zu wachen und darauf hinzuwirken, dass die baulichen Anlagen des Bundes und des Landes mit dem öffentlichen Baurecht vereinbar sind. Dies umfasst insbesondere die Standsicherheit, den Brandschutz und die Verkehrssicherheit. Regelmäßige Überprüfungen der Einhaltung des öffentlichen Baurechts bei allen baulichen Anlagen finden im Rahmen der Baubegehungen nach Abschnitt C RBBau/RLBau gemeinsam mit der nutzenden bzw. der hausverwaltenden Dienststelle durch das Bauamt statt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3486 2 Sollte der unteren Bauaufsichtsbehörde bei baulichen Anlagen ein Widerspruch zum öffentlichen Baurecht auffallen, so gibt sie zunächst Hinweise an den Nutzer. Sollten diese nicht zum gewünschten Erfolg führen, sollte ein Hinweis an die oberste Bauaufsichtsbehörde (MU) oder an die oberste Technische Instanz des Landes, das Staatliche Baumanagement, (MF) gegeben werden. 1. Wann wird die Fläche beim Finanzamt in Hameln als Grünfläche wiederhergestellt? Im Zusammenhang mit bereits geplanten Reparaturarbeiten an den Parkplatzflächen beabsichtigt das Finanzamt Hameln - als nutzende Dienststelle -, einen Rückbau bzw. eine Begrünung des „Steingartens“ vorzunehmen. Erforderliche Haushaltsmittel vorausgesetzt, könnte dies möglicherweise noch in 2019 geschehen. 2. Vertritt die Landesregierung ebenso wie das Staatliche Baumanagement in dem geschilderten Einzelfall die Auffassung, dass Stein-, Kies- und Schotterflächen auf nicht überbauten Grundstücksbereichen gegen die NBauO verstoßen? Ja. Gemäß § 9 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) müssen nicht überbaute Flächen der Baugrundstücke Grünflächen sein. Die Freiflächen können mit Rasen oder Gras, Gehölzen , anderen Zier- oder Nutzpflanzen bedeckt sein. Plattenbelege, Pflasterungen und dergleichen sind allenfalls zu den Grünflächen zu zählen, wenn sie eine verhältnismäßig schmale Einfassung von Beeten usw. darstellen. Auf diesen Flächen muss Vegetation überwiegen, sodass Steinflächen aus Gründen der Gestaltung oder der leichteren Pflege nur in geringerem Maße zulässig wären. Großflächige Steinflächen, wie im Fall des Finanzamtes Hameln, entsprechen dieser Forderung nicht. 3. In wie vielen Fällen wurden nicht überbaute Flächen in Besitz des Landes nicht begrünt , sondern entgegen der NBauO mit Kies, Steinen und Schotter gestaltet? Eine Aufstellung zu möglicherweise erfolgten Umgestaltungen auf nicht überbauten Flächen von Baugrundstücken im Besitz des Landes liegt der Landesregierung nicht vor. Sie ist mit der im SBN vorhandenen Liegenschaftsdatenbank auch nicht zu generieren. Es handelt sich hierbei vermutlich um einen Einzelfall. 4. Wie wirkt die Landesregierung daraufhin, dass bei Flächen im Eigentum des Landes Grünflächen erhalten bzw. wiederhergestellt werden? Nach den Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Landes Niedersachsen (RLBau) haben die Bauämter des SBN in der Nutzungsphase darüber zu wachen und darauf hinzuwirken, dass die baulichen Anlagen des Bundes und des Landes mit dem öffentlichen Baurecht vereinbar sind. Dies umfasst insbesondere die Standsicherheit, den Brandschutz und die Verkehrssicherheit. Regelmäßige Überprüfungen der Einhaltung des öffentlichen Baurechts bei allen baulichen Anlagen finden im Rahmen der Baubegehungen nach Abschnitt C RBBau/RLBau gemeinsam mit der nutzenden bzw. der hausverwaltenden Dienststelle durch das Bauamt statt. Werden baurechtswidrige Zustände durch das Bauamt erkannt, gibt dieses der nutzenden Verwaltung bzw. der hausverwaltenden Dienststelle mit baufachlicher Feststellung auf, ob und welche bauliche Maßnahmen zur Erfüllung der Anforderungen des öffentlichen Baurechts notwendig sind. Dies kann im Rahmen der Baubedarfsnachweisung zusammen mit der Einstufung der Dringlichkeit erfolgen. Die Inhalte der baufachlichen Feststellung sind für die nutzende Verwaltung bzw. hausverwaltende Dienststelle im Rahmen der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns bindend. Falls erforderlich, kann das Bauamt sich an die zuständige Fachaufsicht dieser Dienststelle wenden, damit die baurechtswidrigen Zustände behoben werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3486 3 5. Inwiefern hat die öffentliche Hand eine Vorbildfunktion, was den Umgang mit Frei- und Grünflächen angeht? Gemäß § 2 Abs. 4 des Bundesnaturschutzgesetzes sollen bei der Bewirtschaftung von Grundflächen im Eigentum oder Besitz der öffentlichen Hand die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege in besonderer Weise berücksichtigt werden. 6. Welche Auswirkungen haben nach Ansicht der Landesregierung Stein-, Kies- und Schotterflächen auf Bodengesundheit, Wasserhaushalt und Biodiversität? Der Begriff „Bodengesundheit“ wird in der öffentlichen Diskussion häufig verwendet, um den Boden als Ökosystem zu verstehen. Dem liegt die Kenntnis zugrunde, dass insbesondere humose Oberböden als Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen wichtige Bestandteile des Naturhaushalts sind, mit ihren natürlichen Funktionen eigene Ökosysteme bilden und gleichzeitig grundlegende Leistungen für weitere Ökosysteme erbringen. Zu nennen sind beispielsweise Filter-, Puffer - und Stoffumwandlungseigenschaften von humosen Oberböden, ihre Rolle in den Wasser- und Nährstoffkreisläufen und nicht zuletzt ihre Fähigkeit, Wasser zu speichern. Insbesondere durch die mit der Wasserspeicherfähigkeit einhergehende Kühlfunktion sind Böden mitbestimmend für das lokale Klein- und Stadtklima. Bei einem Ersatz von humosen Oberböden durch Stein-, Kies- und Schotterflächen können diese Funktionen nicht mehr in einem vergleichbaren Umfang erbracht werden. Bezüglich des Klimaaspektes kommt hinzu, dass Stein-, Kies- und Schotterflächen im Sommer eher zu einer zusätzlichen Erwärmung beitragen, statt temperaturausgleichend zu wirken. Was den Wasserhaushalt betrifft, kann, in Abhängigkeit von der Art und dem Aufbau des Untergrundes und mit der verminderten Speicherkapazität einhergehend, die Versickerungsrate erhöht werden. Das kann zur erhöhten Schadstoffanreicherung im Grundwasser, etwa mit Nährstoffen oder Pflanzenschutzmitteln, beitragen. Im Übrigen wird mit der Anlage von Stein-, Kies- und Schotterflächen i. d. R. das Ziel verfolgt, unerwünschten Bewuchs zu verhindern. Entsprechend sind solche Flächen nicht oder nur spärlich mit Vegetation bestanden. Derartige Flächen sind in Bezug auf ihre Biodiversität in aller Regel artenund individuenarm. 7. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, mit der Gestaltung von Grünflächen öffentlicher Gebäude die Artenvielfalt zu fördern? Die naturnahe Gestaltung öffentlicher Flächen mit standorttypischen Pflanzengesellschaften und deren extensive Pflege können erheblich zur Steigerung der lokalen Biodiversität beitragen. 8. Welche Maßnahmen ergreift das Staatliche Baumanagement Niedersachsen, um dafür zu sorgen, dass Grünflächen der eigenen Liegenschaften nicht in Schotterflächen umgewandelt werden? Das SBN bearbeitet Baumaßnahmen nach den Vorgaben der RLBau. In den dort vorgegebenen mehrstufigen Verfahren wird durch einzelne Planungsschritte und durch die Prüfung dieser Planungsschritte gewährleistet, dass die Anforderungen des öffentlichen Baurechts, u. a. die Anforderungen an die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke als Grünflächen nach § 9 NBauO, bei Baumaßnahmen des Landes eingehalten werden. Des Weiteren wird auf die Ausführungen in der Antwort zu Frage 4 verwiesen. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen im SBN lassen eine dauerhafte lückenlose Überwachung des gesamten vorhandenen Liegenschaftsbestandes des Landes nicht zu, insbesondere wenn eine nutzende Verwaltung bzw. die hausverwaltende Dienststelle Veränderungen an Grundstücken oder Gebäuden in Eigenregie durchführt, ohne dass die baurechtliche Zulässigkeit im Vorfeld geprüft wurde. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3486 4 9. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um durch Flies, Kies, Schotter & Steine versiegelte Flächen als Grünfläche wiederherzustellen? Die Bauämter werden angewiesen, im Rahmen der regelmäßigen Baubegehungen der Liegenschaften des Landes auf versiegelte Flächen zu achten, die gemäß § 9 NBauO nicht zulässig sind. Die nutzenden Verwaltungen und die hausverwaltenden Dienststellen werden bei Vorfinden solcher Flächen darauf hingewiesen, dass der (bau)rechtmäßige Zustand wieder herzustellen ist. 10. Welche Sanktionsmöglichkeiten gibt es für das Land und für Kommunen, um den Erhalt von Grünflächen durchzusetzen? Die unteren Bauaufsichtsbehörden haben gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 NBauO, soweit erforderlich, grundsätzlich darüber zu wachen und darauf hinzuwirken, dass Anlagen, Grundstücke und Baumaßnahmen dem öffentlichen Baurecht entsprechen. Allerdings ist gegenüber Hoheitsträgern die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde zur Hinwirkung auf Einhaltung des Rechts eingeschränkt. Eine zwangsweise Durchsetzung gegenüber Hoheitsträgern ist allgemein ausgeschlossen. 11. Wie viele Anordnungen und Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 NBauO wurden in den letzten fünf Jahren eingeleitet? Die Frage wird unter Bezug auf die Überschrift auf Verstöße bezogen, die Flächen im Eigentum des Landes betreffen. In diesen Fällen gibt es keine Rechtsgrundlage für das Staatliche Baumanagement , Bußgeldverfahren einzuleiten. Über die Anzahl der in Antwort zu Frage 4 beschriebenen , nicht förmlichen Feststellungen wird keine Statistik geführt. Insoweit liegen der Landesregierung dazu keine Erkenntnisse vor. (Verteilt am 15.04.2019) Drucksache 18/3486 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer, Anja Piel, Miriam Staudte und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Verstoßen Flächen im Eigentum des Landes gegen die NBauO?