Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3526 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Christian Meyer (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Neubau vor Ausbau der A 30: Verstößt das Vorziehen der A 33 Nord gegen den BVWP 2030? Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Christian Meyer (GRÜNE), eingegangen am 18.03.2019 - Drs. 18/3236 an die Staatskanzlei übersandt am 21.03.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 17.04.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten In der 11. Sitzung des sogenannten Bürgerdialogs zur A 33 Nord, am 15. November 2018, ist über die Abfolge der Realisierung der Autobahnprojekte A 33 Nord und A 30 gesprochen worden. In der Dokumentation heißt es dazu: „Der Lückenschluss der A 33 Nord soll vor dem Ausbau der A 30 stattfinden, um beim sechsspurigen Ausbau der A 30 eine funktionierende Autobahnumgehung für Osnabrück verfügbar zu haben.“ Gleichzeitig sieht der Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) in seiner Beschlussfassung vom 5. August 2016 (BT-Drucksache 18/9350) vor, dass „die Investitionsentscheidungen des Bundes (…) auf die Bereiche Erhaltung bzw. Ersatz sowie Engpassbeseitigung in hoch belasteten Korridoren fokussiert“ werden (Seite 2). Weiter heißt es, dass nach dem Nationalen Prioritätenkonzept „wichtigstes Kriterium für die Einstufung der Vorhaben in die Dringlichkeitskategorie VB/VB-E (…) das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen (ist). Innerhalb dieser Vordringlichen Projekte sind Vorhaben mit VB-E gekennzeichnet, die aus fachlicher Sicht eine besonders hohe verkehrliche Bedeutung haben und deshalb frühzeitig umgesetzt werden sollen .“ Es handelt sich dabei ausschließlich um Projekte, die „keine hohe Umweltbetroffenheit aufweisen .“ (S. 12). An anderer Stelle wird anzeigt, dass „beim Aus- und Neubau (…) Vorhaben zur Engpassbeseitigung eine besondere Priorität beigemessen“ wird (Seite 16). Laut BVWP 2030 gilt für das Autobahnprojekt A 30-G10-NI-NW, also für den sechsspurigen Ausbau der A 30, mit der Dringlichkeitsstufe VB-E und einem NKV von 4,8 und ohne hohe Umweltbetroffenheit die höchste Priorität, zumal der Ausbau der A 30 außerdem das Kriterium der Engpassbeseitigung erfüllt. Der Neubau der A 33 Nord erfüllt diese Kriterien hingegen nicht bzw. ist im Vergleich zur A 30 nachrangig prioritär eingestuft: Beim Autobahnprojekt A33-G10-NI handelt es sich nicht um eine Engpassbeseitigung , der NKV von ehemals 3,8 wird sich analog zu der Kostensteigerung von ursprünglich 87 Millionen Euro auf 145 Millionen Euro (u. a. Drucksache 17/878) verringern, außerdem besteht eine hohe Umweltbetroffenheit. Vorbemerkung der Landesregierung Die Eckverbindung A 30/A 1 sowie das untergeordnete Straßennetz in den umliegenden Ortsdurchfahrten und in der Stadt sind verkehrlich hoch belastet - bis hin zu Störungen und Staus. Der u. a. aufgrund der Ergebnisse der Straßenverkehrszählung 2015 (bundesweite Zählung alle fünf Jahre) aktuell fortgeschriebenen Verkehrsprognose (Verkehrsprognose 2030) zufolge hat sich diese Situation noch einmal deutlich verschärft. Deshalb sind für ein insgesamt leistungsfähiges und sicheres Straßennetz im Raum Osnabrück verschiedene Maßnahmen zur verkehrlichen Entlastung erforderlich , die daneben auch eine bessere Anbindung des Osnabrücker Landes an den Fernverkehr bewirken . Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3526 2 Mit der für Ende 2019 geplanten Freigabe der Ortsumgehung Belm im Zuge der B 51n sowie des sich anschließenden Teilabschnitts der A 33 wird dazu in einem ersten Schritt zeitnah ein wichtiger Beitrag erfolgen. Ganz entscheidend wird dann im nächsten Schritt der Bau der A 33 Nord in der Verlängerung der A 33 aus Nordrhein-Westfalen in Richtung A 1 dazu beitragen, durch seine Netzwirkung neben der Entlastung innerörtlicher Straßen die überregionalen Verbindungen zu verbessern. Dieser Bedeutung hat der Bund, indem er das Projekt im Bedarfsplan 2016 sowie dem davor gültigen Bedarfsplan in den „Vordringlichen Bedarf“ eingestuft hat, entsprechend Ausdruck verliehen. Mit dem Gesehen -Vermerk hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zur niedersächsischen Planung der A 33 Nord (einschließlich der Kosten) am 07.03.2018 seine Zustimmung erteilt. Für die zweite Jahreshälfte 2019 ist die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens vorgesehen . In der Betrachtung eines größeren zeitlichen Horizonts dient der Ausbau der A 30 im Zuge der Ost- West-Achse schließlich im großräumigen Straßennetz einer weiteren Erhöhung der Leistungsfähigkeit und somit Engpassbeseitigung. Gemäß der Bundesverkehrswegeplanung 2030 stellt dieser Ausbau kein Alternativprojekt zur A 33 Nord dar, sondern ist vielmehr im Zusammenhang mit der östlichen Umfahrung von Osnabrück zu betrachten. Dieses Projekt steht planerisch noch ganz am Anfang. 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, die bei der 11. Sitzung des Bürgerdialogs zur A 33 Nord am 15. November 2018 kundgetan wurde, wonach der Neubau der A 33 Nord vor dem Ausbau der A 30 stattfinden soll, und wenn ja, warum? Mit Blick auf die im Raum Osnabrück dringend notwendigen verkehrlichen Entlastungsmaßnahmen stellt der Bau des Lückenschlusses für Niedersachen ein wichtiges Infrastrukturprojekt dar, dessen Planung schon weit fortgeschritten ist. Die Landesregierung setzt sich daher für eine zügige bauliche Umsetzung des Vorhabens ein. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 2. Welchem der beiden Autobahnprojekte A 30 und A 33 Nord ist gemessen an den Kriterien des BVWP 2030 nach Einschätzung der Landesregierung die höhere Priorität einzuräumen , und warum? Im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung sind sowohl die A 33 Nord als auch der Ausbau der A 30 als Maßnahmen des vordringlichen Bedarfes gesetzt. Beide Projekte sind vor einem anderen zeitlichen Horizont zu betrachten. Die Planungen der A 33 stehen kurz vor dem Planfeststellungsverfahren . Die Planung des Ausbaus der A 30 steht noch ganz am Anfang. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 3. Wie kann sich die Landesregierung das Vorziehen des geringer prioritär eingestuften Autobahnprojektes A 33 Nord erklären, und wie lässt sich das Vorziehen mit den Kriterien des BVWP 2030 in Einklang bringen, wonach zuerst Projekte zu realisieren sind, die z. B. Engpässe beseitigen und die keine hohe Umweltbetroffenheit aufweisen? Der Bau der A 33 Nord ist hinsichtlich seines insgesamt günstigen Nutzen-Kosten-Verhältnisses als wirtschaftlich einzustufen und wird nach heutiger Einschätzung aufgrund des erreichten Planungsstandes bei einem günstigen Verfahrensablauf bereits ab 2026 zu einer deutlichen verkehrlichen Entlastung im Osnabrücker Raum und damit u. a. auch auf der A 30 beitragen können. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 2 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3526 3 4. Wie lässt sich das Vorziehen des Autobahnprojektes A 33 Nord mit der Umweltpolitik der Landesregierung Niedersachsen vereinbaren? Die Koalitionspartner haben sich in ihrer Koalitionsvereinbarung eindeutig dafür ausgesprochen, die im vordringlichen Bedarf verankerten Projekte wie u. a. auch die A 33 Nord zügig voranzubringen, da bei der Stärkung der Verkehrsinfrastruktur auch dem Autobahnbau eine zentrale Bedeutung zukommt . Dabei sorgen u. a. die strengen europarechtlichen Vorgaben dafür, dass die umweltfachlichen Belange im notwendigen Maße Berücksichtigung finden. 5. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass der Neubau der A 33 Nord durch FFH-Gebiet führen würde? Aufgrund strenger europarechtlicher Vorgaben und der strengen Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht kommt der Prüfung artenschutzrechtlicher Regelungen im Rahmen der Fachplanungen eine besondere Bedeutung zu. Eine wesentliche Aufgabe der Planung besteht daher darin, die vielfältigen Auswirkungen sowie deren Wechselwirkung auf die Menschen und ihre Gesundheit, auf Natur und Landschaft zu untersuchen . Mit Blick auf die Zulässigkeit des Vorhabens wird die Verträglichkeit des Vorhabens in Bezug auf die Anforderungen von Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie bzw. Vogelschutz-Richtlinie insoweit explizit untersucht und dargestellt. 6. In welcher Weise ist aus Sicht der Landesregierung sichergestellt, dass die Prinzipien des BVWP 2030, der von der Bundesregierung, dem Bundesrat und dem Bundestag im Jahr 2016 beschlossen wurde, bei den Autobahnprojekten A 33 Nord und A 30 eingehalten werden? Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) ist das zentrale Planungsinstrument für die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur des Bundes. Mit ihm setzt der Bund insbesondere auf die Stärkung der verkehrlichen Hauptachsen und Knoten und damit die Leistungsfähigkeit des Gesamtnetzes. Eine wesentliche Bedeutung für die Notwendigkeit von Aus- und Neubaumaßnahmen hat danach die zukünftig zu erwartende Verkehrsqualität, die sich direkt aus den Verkehrsbelastungen im Bereich des Projektes und des Ausbaustandards der Straße ergibt. Der BVWP wird nach Vorgaben des Bundes im Rahmen der Auftragsverwaltung umgesetzt. Der Bund kontrolliert dies durch Prüfungen, regelmäßige Planungsbesprechungen und Genehmigungsvermerke . 7. In welcher Weise haben nach Einschätzung der Landesregierung die um 60 % auf zuletzt 145 Millionen Euro gestiegenen Kosten für die A 33 Nord Einfluss auf das aktuelle Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) des Autobahnprojektes? Die Wirtschaftlichkeit des Projekts ist weiterhin gegeben. In einem Schreiben an Frau MdB Filiz Polat vom 27.12.2017 hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär Ferlemann dazu ausgeführt: „Die detaillierten Vorentwurfsunterlagen wurden dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Erteilung des Gesehen-Vermerks vom Land Niedersachsen im April 2017 vorgelegt. Aufgrund des günstigen Nutzen-Kosten-Verhältnisses ist das Projekt trotz der Kostenerhöhung weiterhin wirtschaftlich. Es bedarf daher keiner Neubewertung.“ Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3526 4 8. Wann wird es eine Neubewertung des Neubaus bzw. des NKV für die A 33 Nord geben, bei der die realen Kosten berücksichtig werden? Das NKV wird zur Aufnahme eines Projekts in den BVWP ermittelt. Eine routinemäßige Nachbewertung einmal aufgenommener Projekte erfolgt nicht. Unter welchen Voraussetzungen seitens des Bundes das NKV im Hinblick auf veränderte Kostenansätze überprüft wird, kann von der ausführenden Auftragsverwaltung nicht gesagt werden. Im Übrigen wird auf die Beantwortung zu Frage 7 verwiesen. (Verteilt am 18.04.2019) Drucksache 18/3526 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Christian Meyer (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Neubau vor Ausbau der A 30: Verstößt das Vorziehen der A 33 Nord gegen den BVWP 2030?