Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3531 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Fragen zur Sperrung der Autobahn A 38 im Bereich Heidkopftunnel Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE), eingegangen am 13.03.2019 - Drs. 18/3227 an die Staatskanzlei übersandt am 20.03.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 17.04.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Göttinger Tageblatt, 01.03.2019: „Der Heidkopftunnel im Verlauf der Autobahn 38 zwischen den Anschlussstellen Friedland und Arenshausen muss früher oder später voraussichtlich für mehrere Monate voll gesperrt werden. Einen entsprechenden Bericht des Mitteldeutschen Rundfunks bestätigte (…), Leiter des Geschäftsbereichs Gandersheim der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, gegenüber dem Göttinger Tageblatt. Das Problem seien weiterhin die Tragschichten unterhalb der 4 mal 5 m großen und 30 cm tiefen Betonplatten. ‚Diese gebundenen Tragschichten lösen sich auf. Das führt zu Setzungen, und dadurch geraten die Platten ins Kippen‘, erklärt der Leiter des Geschäftsbereichs. Dies habe zuletzt eine kurzzeitige Sperrung des Tunnels nötig Sperrungen von Straßen sind von der Straßenbauverwaltung im letzten Jahr so kurzfristig angekündigt worden, dass die elektronische Fahrplanauskunft für den Bus- und Bahnverkehr zu Umleitungen bzw. Verzögerungen auf Umleitungsstrecken darüber keine Auskunft gab. In diesem Fall könnten auch Fahrpläne von Fernbussen betroffen sein.“ Vorbemerkung der Landesregierung Die Sperrung des Heidkopftunnels bedeutet gleichzeitig die Sperrung des A-38-Abschnitts von der Anschlussstelle (AS) Arenshausen bis zur AS Friedland. Die derzeitige Bedarfsumleitungsstrecke verläuft über die B 80 und die B 27. Gerade das letzte Teilstück der B 80 von Hohengandern bis zur Kreuzung der B 80 und der B 27 bei Eichenberg ist zur Aufnahme von Autobahnverkehr aufgrund der serpentinenartigen Linienführung nur bedingt geeignet . Zusätzlich muss auf hessischer Seite im Zuge der B 80 in den nächsten Jahren ein Bauwerk über die Bahn zwingend erneuert werden, sodass diese Umleitungsstrecke für die Erhaltungsmaßnahme im Heidkopftunnel nicht zur Verfügung steht. Der Bau der Brücke im Zuge der B 80 ist für 2020/2021 vorgesehen. Eine Vollsperrung der B 80 in diesem Bereich ist unumgänglich, da ein Behelfsbauwerk aus naturschutzfachlichen Gründen nicht errichtet werden kann. Aus diesem Grund befinden sich die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) und insbesondere der regionale Geschäftsbereich (RGB) Gandersheim bereits in vertieften Abstimmungen mit den Kollegen aus Hessen und Thüringen sowie den betroffenen Landkreisen. Übereinstimmendes Ergebnis ist, dass generell alle Umleitungen so wenig wie möglich in Anspruch zu nehmen sind und der Verkehr möglichst auf der A 38 belassen werden sollte, auch mit einer nur einspurigen Verkehrsführung pro Fahrtrichtung. Für den Tunnel wird hierfür eine Gegenverkehrsregelung pro Tunnelröhre entweder als reiner Gegenverkehr - also pro Richtung eine Fahrspur - oder als Richtungswechselbetrieb (sogenannte Blockabfertigung) mit Ampelschaltung benötigt. Hierfür ist durch den zuständigen RGB Gandersheim bereits eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben worden. Erste Ergebnisse sind im Herbst 2019 zu erwarten. Schon jetzt steht Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3531 2 jedoch fest, dass für einen etwaigen baulichen Vollzug der Umrüstungsmaßnahmen für einen Gegenverkehr - oder Richtungswechselbetrieb im Tunnel voraussichtlich mehrere Wochen Vollsperrung benötigt werden. Insoweit muss der Fokus zunächst auch auf alternative Umleitungen gelegt werden. Da im Untersuchungsraum des Dreiländerecks keine Alternativen bestehen, verbleibt als zielführender Lösungsansatz die Errichtung einer provisorischen Bedarfsaus- und -zufahrt im Zuge der L 566, zumindest für eine Übergangszeit (bis zur Umsetzung von Tunnelumrüstungsmaßnahmen). Der Verkehr soll nur in bestimmten, definierten Ausnahmesituationen über die Auf- und Abfahrrampen geleitet werden, wenn beispielsweise durch Bauarbeiten im Tunnel längerfristige Sperrungen der A 38 anstehen oder wenn die B 80 und die A 38 gleichzeitig gesperrt werden müssen. Ansonsten würde mittels Schranken eine Zu- oder Abfahrt unterbunden, sodass keine dauerhafte neue Anschlussstelle entsteht. Für eine Umsetzung einer provisorischen Bedarfsaus- und -zufahrt bedarf es zumindest einer Plangenehmigung . Die Abstimmungen mit den Trägern öffentlicher Belange laufen bereits. Die Planfeststellungsbehörde ist ebenso bereits vorinformiert. 1. Von wann bis wann wird die Autobahn 38 in Höhe Heidkopftunnel halbseitig bzw. ganzseitig gesperrt? Ein genauer Termin kann derzeit nicht benannt werden, da dies abhängig von einer möglichen Umleitung oder Umrüstung des Tunnels ist. 2. Wie oft und wie lange wurde der Heidkopftunnel seit Inbetriebnahme insgesamt gesperrt ? Die Erfassung der Ereignisse im Tunnel erfolgt nach den Vorgaben des ARS 03/2008. Die danach erfasste Anzahl an Sperrungen liegt bei 229 (Erfassung von 2009 bis 2018). Eine Statistik über die Anzahl und Dauer sämtlicher Sperrungen wird nicht geführt. 3. Wie viele Unfälle hat es bislang im Tunnel gegeben? Im Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2018 wurden 33 Unfälle und vier Brände registriert. 4. Mit welchen zusätzlichen Verkehrsmengen wird auf den Umleitungsstrecken gerechnet (differenziert nach Lkw, Pkw, Tages- und Wochenzeiten)? Die A 38 hat einen durchschnittlichen täglichen Verkehr (DTV) von etwa 30 000 Kfz/24 h mit einem Lkw-Anteil von 25 %. Wochentags liegt in den Morgenstunden ein größeres Verkehrsaufkommen in Fahrtrichtung Göttingen vor, das in den Abendstunden (nach Arbeitsende) zu einer entsprechenden Mehrbelastung in Fahrtrichtung Halle führt. 5. Welche Straßen sollen als Umleitungsstrecken genutzt werden? Eine endgültige Festlegung wurde noch nicht getroffen. Da die B 80 westlich von Hohengandern laut Aussage von Hessen Mobil über einen längeren Zeitraum nicht mehr als Umleitungstrecke genutzt werden kann, wird derzeit eine provisorische Bedarfsab- und -zufahrt im Zuge der L 566 geplant . Auch eine Umrüstung des Tunnels wird untersucht. Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen. 6. Wie soll der Gefahrgutverkehr umgeleitet werden? Eine endgültige Festlegung wurde noch nicht getroffen. Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3531 3 7. Wird die Straßenbauverwaltung während der Vollsperrung verbilligte oder kostenfreie Zugtickets für Pendler anbieten? Wenn nein, warum nicht? Nein, das Bundesfernstraßengesetz (FStrG) sieht eine Entschädigung nicht vor. 8. Was ist die Ursache für die Baumaßnahme? Die Fahrbahn im Heidkopftunnel wurde in Beton-Bauweise gemäß Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaues von Verkehrsflächen (RStO), Tafel 2, Zeile 1.1 mit hydraulisch gebundener Tragschicht (HGT) hergestellt. In den letzten Jahren wurden Schäden am Fahrbahnaufbau beobachtet , die sich z. B. durch Bewegung einzelner Betonplatten bemerkbar machten. Im letzten Jahr hat die Anzahl der Beschädigungen so stark zugenommen, dass von der NLStBV ein Gutachten zur Ermittlung des Schadensumfanges in Auftrag gegeben wurde. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die hydraulisch gebundene Tragschicht in weiten Bereichen keinen Verbund mehr zeigt. Die erforderliche Lagerungssicherheit für die aufgelagerten Betonplatten kann deshalb nicht mehr dauerhaft sichergestellt werden. 9. Was sind „gebundene Tragschichten“ im Detail? Gebundene Tragschichten sind ein Gemisch aus Gesteinskörnung (auch anstehender Boden) mit hydraulischem Bindemittel (z. B. Zement, Kalk oder Bitumen), welches als „steifes Rückgrat“ unter einer Fahrbahn oder unter sonstigen lastverteilenden Bauteilen zur Verbesserung der Ebenheit, Tragfähigkeit, Wasser-, Frost- und Erosionsbeständigkeit eingebaut und verdichtet wird. Die Einsatzbereiche sind im Straßenbau z. B. die Verbesserung der Tragfähigkeit bei hochbelasteten Straßen, die Verbesserung des Untergrundes und die Ersparnis bei der Konstruktionshöhe. Hydraulisch gebundene Tragschichten (HGT), wie im Heidkopftunnel, bestehen aus natürlichen oder künstlichen Mineralstoffen wie Splitt, Kies oder Sand in einem abgestuften Korngerüst 0/32 oder 0/45 sowie Zement und Wasser. 10. Warum lösen sich die gebundenen Tragschichten auf? Eine zweifelsfreie Schadenursache steht nicht fest. 11. Welche Rolle spielen die Geologie und die Wasserführung im Tunnel bzw. im Berg? Beprobungen im Rahmen der Schadenanalyse erfolgten bis in eine Tiefe von max. 1,50 m unter Oberkante Fahrbahn. Vorgefunden wurden Steine/Fels mit Anteilen an Sand und Kies. Das Material besteht demnach aus Sandstein, der schwer lösbar sowie nur gering bis mittel frostempfindlich ist (Klasse: F2). Zum Zeitpunkt der Erkundung wurde bis in die untersuchte Tiefe kein Grundwasser angetroffen. Ein Zusammenhang mit dem Schadensbild ist somit nicht erkennbar. 12. Warum dauert die Reparatur so lange? Für die Instandsetzung des Fahrbahnaufbaues muss die gesamte Betonfahrbahn mit ihrer unterliegenden HGT in zwei bis drei Fräsgängen ausgebaut werden. Anschließend werden die Schichten komplett wieder aufgebaut. Die auszuführenden Arbeiten wurden nach dem Bauzeitenkatalog des Bundes ermittelt. Insgesamt sind für diese Arbeiten vier Monate kalkuliert. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3531 4 13. Welche Fehler sieht die Straßenbauverwaltung bei bauausführenden Firmen oder bauplanenden Firmen oder Behörden bzw. der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH? Ein Ausführungsfehler lässt sich 13 Jahre nach Fertigstellung nicht mehr zweifellos belegen. Das Gutachten schließt Baumängel nicht aus. Bei der Beurteilung ist auch der starke Lkw-Anteil von etwa 25 % bei einem DTV von 30 000 Kfz/24 h zu berücksichtigen. (Verteilt am 18.04.2019) Drucksache 18/3531 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Fragen zur Sperrung der Autobahn A 38 im Bereich Heidkopftunnel