Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3575 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Stefan Wirtz und Peer Lilienthal (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung Urteil des OVG Lüneburg vom 5. März 2019 im Klageverfahren um das Regionale Raumordnungsprogramm . Welche Auswirkungen ergeben sich für Kommunen, Region Hannover und das Land Niedersachsen? Anfrage der Abgeordneten Stefan Wirtz und Peer Lilienthal (AfD), eingegangen am 08.03.2019 - Drs. 18/3296 an die Staatskanzlei übersandt am 26.03.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 26.04.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Am 6. März 2019 berichtet die HAZ, dass die Region Hannover im Klageverfahren um das Regionale Raumordnungsprogramm vor dem OVG Lüneburg verschiedenen Umlandkommunen (u. a. Barsinghausen) unterlegen sei. Demnach sei der Regionsverwaltung bei der Auswahl der Vorrangflächen für Windkraftanlagen ein Fehler unterlaufen. So habe die Behörde neben dem Abstand der Windkraftanlage zu Wohnbebauungen auch den Abstand zu Gewerbeimmobilien in die Beurteilung der Vorrangflächen einbezogen. Dies sei aber nicht vorgesehen, die Beurteilung führe zu fehlerhaften Ergebnissen. Vorbemerkung der Landesregierung Das Land Niedersachsen war kein Verfahrensbeteiligter im Klageverfahren. 1. Ist das Regionale Raumordnungsprogramm (RROP) der Region Hannover fehlerhaft? Hat das Land Niedersachsen eine Kontrollfunktion? Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens waren ausschließlich die Festlegungen des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) zur Nutzung von Windenergie. Mit Urteil vom 05.03.2019 (OVG Niedersachsen, 12 KN 202/17) wurde der Abschnitt 4.2.3 Ziffer 02 (Festlegung von Vorranggebieten Windenergiegewinnung mit Ausschlusswirkung) des RROP 2016 der Region Hannover für unwirksam erklärt. Alle übrigen Regelungen des RROP sind weiterhin wirksam. Regionale Raumordnungsprogramme unterliegen einem Genehmigungsvorbehalt der oberen Landesplanungsbehörde (Ämter für regionale Landesentwicklung, § 5 Abs. 5 des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes [NROG]). Die Genehmigungsprüfung ist beschränkt auf eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle (Rechtsaufsicht). Weitergehende fachaufsichtliche Kontrollen, wie etwa die Überprüfung der Inhalte des RROP auf Zweckmäßigkeit, bestehen aufgrund der kommunalen Planungshoheit nicht. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3575 2 2. Welche Regelungen gelten nach dem Urteil des OVG Lüneburg für die Errichtung neuer Windkraftanlagen in der Region Hannover? Das RROP ist eine kommunale Rechtsvorschrift im Rang einer Satzung. Als Satzung hat es die vorrangige Geltung höherrangiger bundes- und landesgesetzlicher Vorschriften unberührt gelassen , diese gelten auch weiterhin fort. Gesetzliche Vorgaben, die die Errichtung von Windenergieanlagen auf bestimmten Flächen oder in bestimmten (Schutz-)gebieten nicht zulassen, konnten durch das RROP ohnehin nicht abbedungen werden. Gleiches gilt auch für Vorgaben aus Rechtsverordnungen des Bundes oder des Landes, beispielsweise aus dem Landes-Raumordnungsprogramm (LROP). Geltung haben weiterhin Vorgaben zur Bauausführung, da solche Regelungen nicht Gegenstand eines RROP sind. Da nicht das gesamte RROP, sondern nur die Regelungen zur Windenergienutzung für unwirksam erklärt wurden, gelten die übrigen Regelungen des RROP unverändert fort. Auch soweit das RROP selbst für bestimmte Flächen vorrangig andere Nutzungen vorsieht (sogenannte Vorranggebiete), die mit einer Windenergienutzung unvereinbar sind, ist auf diesen Flächen keine Errichtung neuer Windkraftanlagen zulässig. Steuerungswirkung haben schließlich auch die gemeindlichen Bauleitpläne. 3. Einige Kommunen der Region Hannover haben eigene Flächennutzungspläne. In welcher Beziehung stehen diese Flächennutzungspläne zu dem RROP? Die Darstellungen der kommunalen Flächennutzungspläne sind, soweit diese wirksam sind, anwendbar . 4. Verzögert sich der Ausbau der Windkraft in der Region Hannover durch das Urteil des OVG? Wenn ja, welche Auswirkung hat die Verzögerung auf die Klimaschutzziele des Landes? Die Festlegung von Vorranggebieten Windenergienutzung in einem RROP dient in erster Linie der planerischen Sicherung und der räumlichen Steuerung von Flächen für die Windenergienutzung. Durch diese Positivfestlegungen in RROP wird die Planungssicherheit für Vorhabenträger erhöht. Sie erlaubt auch einen Überblick über vorhandene Ausbaupotenziale. Sie ist jedoch keine rechtlich notwendige Voraussetzung für die Errichtung von Windenergieanlagen . Genehmigungen können auch ohne solche Vorranggebiete sowie für Flächen außerhalb von Vorranggebieten beantragt werden. Lediglich dann, wenn und soweit eine Ausschlusswirkung planerisch im RROP festgelegt wurde, ist dort die Errichtung von Windenergieanlagen nicht möglich. Da neben den planerischen Regelungen auch viele weitere Aspekte (z. B. ökonomische Gründe) bei dem Bau von Windenergieanlagen eine Rolle spielen, kann keine seriöse Aussage zu möglichen Verzögerungen beim Erreichen der Klimaschutzziele des Landes getroffen werden. 5. Muss die Region Hannover ein neues RROP auf den Weg bringen? Wenn ja, bis wann und in welchem Verfahren? Ja, jeder Träger der Regionalplanung hat eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufstellung und kontinuierlichen Aktualisierung seines Regionalplans. Diese hat „unverzüglich“, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, zu erfolgen. Gesetzlich konkret benannte Monats- oder Jahresfristen oder dergleichen bestehen nicht. Die Anforderungen an das einzuhaltende Verfahren sind im Raumordnungsgesetz (ROG) und im Niedersächsischen Raumordnungsgesetz (NROG) geregelt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3575 3 6. Wurden in der Region Hannover Windkraftanlagen aufgrund fehlerhafter Abwägungen errichtet? Wenn ja, wie viele und an welchen Standorten? Es wird davon ausgegangen, dass um Informationen zu Anlagen gebeten wird, die nach dem 10.08.2017 (und vor dem 05.03.2019) in der Region Hannover genehmigt wurden. Von den gemäß Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur in diesem Zeitraum genehmigten sieben Anlagen ist erst eine in Betrieb. Sie steht im Windpark Schwüblingsen II. Die anderen sechs Anlagen sollen im Windpark Uetze Süd errichtet werden. Es wird darauf hingewiesen, dass die Genehmigung von Anlagen nicht allein auf Grundlage des RROP erfolgt. Das RROP dient der Identifizierung und Sicherung geeigneter Flächen und der räumlichen Steuerung des Ausbaus. Die Genehmigung nach BImSchG basiert auf einer Reihe von Detailprüfungen, die den Nachweis der Raum- und Umweltverträglichkeit der Anlage erbringen müssen, und wird im Zuständigkeitsbereich der Immissionsschutzbehörde behandelt. Der Genehmigung kommt Konzentrationswirkung zu. 7. Welchen Abstand müssen Windkraftanlagen zu Siedlungen, Einzelhäusern und Splittersiedlungen und zu Gewerbegebieten in Niedersachsen aufweisen? Eine landesweit verbindliche Vorgabe für einen bestimmten Siedlungsabstand gibt es nicht. Bestimmte Abstandsvorgaben ergeben sich aus Bundesrecht, so beispielsweise aus dem Bundes- Immissionsschutzgesetz oder aus dem Baugesetzbuch im Rahmen des städtebaulichen Gebots der Rücksichtnahme. Der genaue Abstand ist vorhabenbezogen zu bestimmen und ist insbesondere abhängig von der konkreten Anlagenhöhe. 8. Wie sind die Abstände der Windkraftanlagen zu Siedlungen in den RROP anderer Landkreise geregelt? Die Träger der Regionalplanung können im Rahmen ihrer Planungshoheit Abstände im RROP festlegen . Die Landesregierung verfügt jedoch über kein Informationskataster bzw. keine Datensammlung zu solchen Abstandsregelungen. (Verteilt am 30.04.2019) Drucksache 18/3575 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Stefan Wirtz und Peer Lilienthal (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Urteil des OVG Lüneburg vom 5. März 2019 im Klageverfahren um das Regionale Raumord-nungsprogramm. Welche Auswirkungen ergeben sich für Kommunen, Region Hannover und das Land Niedersachsen?