Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3576 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg, Anja Piel, Christian Meyer, Meta Janssen-Kucz, Imke Byl, Eva Viehoff, Detlev Schulz-Hendel und Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung Waldkindergärten Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg, Anja Piel, Christian Meyer, Meta Janssen-Kucz, Imke Byl, Eva Viehoff, Detlev Schulz-Hendel und Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 26.03.2019 - Drs. 18/3341 an die Staatskanzlei übersandt am 27.03.2019 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung vom 25.04.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Seit 1996 gibt es in Niedersachsen Waldkindergärten als besondere Angebotsform von Kindertagesstätten . Einem Faltblatt der Landesregierung zufolge gibt es besondere Rahmenbedingungen für eine Betriebserlaubnis für einen Waldkindergarten. So ist von einer Gruppe die Rede. Die Gruppengröße ist auf 15 Kinder und das Betreuungsalter auf von drei Jahren bis zur Einschulung festgelegt. Die Betreuungszeit soll 20 Stunden wöchentlich betragen, die um maximal eine Stunde pro Tag Sonderöffnungszeit ergänzt werden kann. Es müssen ein beheizbarer Raum und eine Toilette fußläufig im Wald erreichbar sein und Räumlichkeiten mit Nutzungsberechtigung für den Fall vorhanden sein, dass witterungsbedingt der Aufenthalt im Wald zur Gefährdung führt. Vorbemerkung der Landesregierung Die Rahmenbedingungen für Waldkindergärten in Niedersachsen wurden auf der Grundlage des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) unter Berücksichtigung der Ergebnisse des von 1996 bis 1999 durchgeführten Modellvorhabens nach § 11 KiTaG vom Landesjugendamt einvernehmlich mit den an dem Modellvorhaben beteiligten Waldkindergärten festgelegt. In Waldkindergärten werden Kinder im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung betreut. Insofern waren bei der Festlegung der Rahmenbedingungen für dieses besondere Betreuungskonzept auch das gesamte Altersspektrum, und hier besonders die Jüngsten, in den Blick zu nehmen. Die Anzahl der Waldkindergärten hat sich kontinuierlich gesteigert. Das pädagogische Konzept für Waldkindergärten sieht vor, dass sich die Kinder regelmäßig während der gesamten täglichen Betreuungszeit und bei jeder Witterung im Wald aufhalten und nur kurzfristig eine Schutzhütte oder einen Ausweichraum aufsuchen. 1. Wie viele Waldkindergärten gibt es derzeit in Niedersachsen? Für das Kindergartenjahr 2017/2018 sind aktuell 132 Einrichtungen als Waldkindergärten gemeldet. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3576 2 2. Wie sieht die Trägerschaft der Waldkindergärten aus (bitte in Fallzahlen aufschlüsseln )? Die Trägerschaft der Walkindergärten schlüsselt sich wie folgt auf: Eingetragene Vereine: 83 Einrichtungen, Kommunale Trägerschaft: 31 Einrichtungen, Evangelische Kirche: 9 Einrichtungen, Katholische Kirche: 5 Einrichtungen, Lebenshilfe e. V.: 3 Einrichtungen, Arbeiterwohlfahrt: 1 Einrichtung. 3. a) Welche Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebserlaubnis für einen Waldkindergarten gibt es? Zu den Rahmenbedingungen für eine Betriebserlaubnis gehören: – Waldareal mit schriftlicher Nutzungserlaubnis durch Waldbesitzer und Forstverwaltung, – eine Gruppe mit maximal 15 Kindern im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung, – eine sozialpädagogische Fachkraft als Gruppenleitung und eine zweite Fachkraft gemäß § 4 Abs. 3 KiTaG, – 20 Stunden Betreuungszeit für die Kinder wöchentlich, – Sonderöffnungszeiten (Früh- und Spätdienst) im Umfang von maximal einer Stunde täglich, die mit zwei Kräften zu besetzen sind, – 7,5 Stunden Verfügungszeit für die Gruppe und 5 Stunden Leitungsfreistellung, – beheizbarer Raum (z. B. Schutzhütte, Bauwagen), – Toilette, fußläufig im Wald erreichbar, – Räumlichkeiten (mit Nutzungsberechtigung), wenn witterungsbedingt der Aufenthalt im Wald zur Gefährdung führt, – Finanzierungskonzept, – mobiles Telefon, Erste-Hilfe-Ausstattung. Diese Betriebserlaubnis ist zu beantragen beim Kultusministerium. b) In welcher Form sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebserlaubnis für einen Waldkindergarten festgelegt? Siehe Vorbemerkung. 4. a) Wie hat sich nach Kenntnis der Landesregierung die Nachfrage nach Plätzen in Waldkindergärten entwickelt? Seit dem 01.08.2018 sind landesweit insgesamt 18 Beratungen zur Einrichtung eines Waldkindergartens erfolgt, bei denen eine konkrete Umsetzung in Planung steht. Bei einer Gruppenstärke von 15 Kindern pro Gruppe entspricht dies 270 Plätzen. Darüber hinaus sind zahlreiche Voranfragen zur Einrichtung eines Waldkindergartens eingegangen , hier erfolgte eine Beratung hinsichtlich der allgemeinen Rahmenbedingungen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3576 3 b) Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung Wartelisten für Plätze in Waldkindergärten ? An den 18 Planungsstandorten liegen teilweise Wartelisten vor. Bei bestehenden Einrichtungen werden auch freie Plätze gemeldet. 5. a) Wie viele Anträge auf die Genehmigung von Waldkindergartengruppen gab es in der Vergangenheit, die nicht bewilligt werden konnten? Lediglich an einem Standort konnte ein Antrag nicht bewilligt werden. b) Was waren hierfür die Gründe (bitte aufschlüsseln nach Grund, Ort und Fallzahl)? An einem Standort (Stadt Rinteln) konnte ein Antrag nicht bewilligt werden. Hier war die Betreuung zweier Gruppen auf dem gleichen Areal geplant. Der Antrag wurde mit Hinweis auf die Ergebnisse der Vereinbarung des Modellversuchs und mit Hinweis auf die Wahrung der Aufsichtspflicht abgelehnt . 6. Welche Anträge gab es bislang, und welche Wünsche sind der Landesregierung bekannt , die Arbeit der Waldkindergärten über den Rahmen der derzeit geltenden Genehmigungsbedingungen hinaus zu erweitern, etwa hinsichtlich der Betreuungszeit oder der Gruppenzahl? Häufig sind aktuelle Anfragen zur Einrichtung eines Waldkindergartens darin begründet, in den Kommunen fehlende Kindergartenplätze schnell und mit geringen finanziellen Aufwendungen zu schaffen. Im Einzelnen wurden folgende Wünsche geäußert: Verlängerung der Betreuungszeit: Vor dem Hintergrund der Vereinbarung von Familie und Beruf kommt es zu Anfragen zur Erweiterung der Betreuungszeit. Die Öffnungszeit von Waldkindergärten ist, was den Aufenthalt im Wald angeht, auf maximal fünf Stunden täglich begrenzt. Eine längere Betreuungszeit ist grundsätzlich möglich, wenn im Anschluss an die fünfstündige Betreuungszeit im Wald geeignete feste Räumlichkeiten für die weitere Betreuung der Kinder bereitgestellt werden. In der Praxis bestehen hier verschiedene Modelle wie – Nutzung von Räumlichkeiten einer Kindertagesstätte und Einnahme eines Mittagessens, – Kooperation mit Sportverein zur Nutzung einer Sporthalle für die weitere Betreuung von einer zusätzlichen Stunde, – Kooperation mit einer Tagespflegestelle. Anzahl der Kinder in einer Gruppe: – Anträge auf Aufnahme eines 16. Kindes in gesonderten Einzelfällen wurden genehmigt. Hierbei handelte es sich jeweils um eine kurzfristige Überbrückung im Übergang zum nächsten Kindergartenjahr . – Eine Anfrage zur generellen Aufstockung der Gruppengröße auf 20 Kinder wurde vor dem Hintergrund der besonderen Aufsichtspflicht im Wald und mit Bezug auf die Vereinbarungen als Ergebnis des Modellversuches abgelehnt. Aufnahme von Kindern unter drei Jahren: Die Rahmenbedingungen wurden speziell für die Konzeption der Waldkindergärten für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren entwickelt. Dabei muss die Belastbarkeit der Gruppe besonders an den Jüngsten gemessen werden. Generell hat sich gezeigt, dass sich Kinder im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung aufgrund ihrer körperlichen Konstitution nach einem vierstündigen - maxi- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3576 4 mal fünfstündigen - Aufenthalt im Freien in geeigneten Räumlichkeiten ausruhen können sollten. Unter dreijährige Kinder sind aufgrund ihres Entwicklungsstands noch nicht in der Lage, ganzjährig vier bis fünf Stunden am Tag an fünf Tagen in der Woche im Wald zu verbringen. Sie haben andere Bedürfnisse als Kinder im Kindergartenalter. Den in dieser Altersstufe deutlich erhöhten Anforderungen hinsichtlich der Wahrnehmung der Aufsichtspflicht, dem stärkeren Bedürfnis nach Ruhe und Nähe zur Bezugsperson sowie der Erziehung zur Sauberkeit kann in einer Kindergartengruppe im Wald nicht ausreichend entsprochen werden. Einrichtung einer Kindergartengruppe auf dem Außengelände einer bestehenden Kindertageseinrichtung : Eine einzelne Anfrage beschrieb den Wunsch der Aufstellung eines Bauwagens (auf dem Außengelände einer Kindertageseinrichtung), der als eigenes Raumkonzept für eine Kindergartengruppe zur Verfügung steht. Im Rahmen eines offenen Konzeptes sollte das umliegende Gelände für diese Kinder genutzt werden. Integration von Kindern mit Behinderung: Einzelne Anfragen zur Integration von Kindern mit Behinderung werden unter den folgenden Voraussetzungen genehmigt: – Aufgrund des besonderen Aufwands wird eine Reduzierung der Gruppengröße im Einzelfall nach § 7 Abs. 2 Satz 2 KiTaG für geboten gehalten. – Im Rahmen der Feststellung des eingliederungshilferechtlichen Förderbedarfes sollte die Unbedenklichkeit einer Betreuung des Kindes mit Behinderung im Wald durch den örtlichen Sozialhilfeträger bestätigt werden. Hierbei sind die besonderen Rahmenbedingungen bei einer Betreuung im Wald zu beachten, die für das Kind in seiner Entwicklung zuträglich sein müssen. So geht es z. B. auch um die Frage, ob für das Kind mit Behinderung unter diesen Rahmenbedingungen ausreichende Bewegungsmöglichkeiten gegeben sind, sodass es vor dem Hintergrund der Temperaturen in der kalten Jahreszeit nicht zu stark auskühlt und gesundheitliche Beeinträchtigungen davonträgt. – Fortschreibung der Regionalen Vereinbarung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 2. DVO KiTaG im Hinblick auf die Möglichkeit der Einzelintegration in einem Kindergarten im Wald. 7. Plant oder erwägt die Landesregierung Änderungen der Genehmigungsbedingungen für Waldkindergärten? Wenn ja, welche? Das Gesetz über Tageseinrichtung für Kinder wird derzeit einer Revision unterzogen, in deren Rahmen derzeit noch geprüft wird, ob es Regelungsbedarf für Waldkindergärten gibt. 8. a) Wie viele Bundesländer gibt es, in denen die Regelungen für Betreuungszeiten und Gruppenzahl mehr Spielraum bzw. eine längere Betreuungszeit und eine größere Gruppenzahl zulassen? Das MK hat anlässlich dieser Anfrage eine Befragung über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (BAGLJÄ) durchgeführt. Es gab eine Rückmeldung aus neun Bundesländern: Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen , Sachsen Anhalt und Schleswig-Holstein, Thüringen. Regelung der Betreuungszeit: Die durchschnittliche Betreuungszeit liegt bei vier bis sechs Stunden täglich, lediglich in Nordrhein- Westfalen, Baden-Württemberg, Thüringen und in Rheinland-Pfalz ist auch eine Ganztagsbetreuung möglich, hier werden dann gesonderte Rahmenbedingungen gefordert wie z. B. Sanitäreinrichtung , Schaffung von Schlafmöglichkeiten und/oder die Einnahme eines warmen Mittagessens. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3576 5 Größe der Gruppen Die Anzahl der Kinder pro Gruppe liegt zwischen 15 und 25 Kindern, im Einzelnen: Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern 15 Kinder, Sachsen 15 bis 20 Kinder, Brandenburg, Sachsen-Anhalt 18 Kinder, Rheinland-Pfalz 15 bis 25 Kinder, NRW 25 Kinder, Berlin, Thüringen keine Angabe. Alter der Kinder Grundsätzlich erfolgt die Betreuung für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren, lediglich in NRW, Brandenburg, Thüringen und Baden-Württemberg ist mit entsprechenden Rahmenbedingungen (Schlafmöglichkeit, Reduzierung der Gruppengröße, Wickelmöglichkeit) die Aufnahme ab dem zweiten Lebensjahr bereits möglich. b) Plant die Landesregierung, hier Anpassungen vorzunehmen? Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu Frage 7. (Verteilt am 02.05.2019) Drucksache 18/3576 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg, Anja Piel, Christian Meyer, Meta Janssen-Kucz, Imke Byl, Eva Viehoff, Detlev Schulz-Hendel und Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums Waldkindergärten