Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3578 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung „Räderwerk“ gegen Clanstrukturen im Heidekreis Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 28.03.2019 - Drs. 18/3399 an die Staatskanzlei übersandt am 02.04.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 26.04.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Durch die Polizeiinspektion Heidekreis (zugehörig zur Polizeidirektion Lüneburg) wurde in der 11. Kalenderwoche ein neues Netzwerk mit dem Namen „Räderwerk“ präsentiert. Das „Räderwerk“ wird zukünftig in Kooperation mit weiteren „Behörden und Entscheidungsträgern“, so die Neue Presse am 16.03.2019, eine bessere Vernetzung und Bekämpfung von Clankriminalität und Rockergruppen bieten. Vorbemerkung der Landesregierung Das Phänomen Clankriminalität bildet seit Jahren einen Schwerpunkt bei der Kriminalitätsbekämpfung der Landesregierung. Kennzeichnend für dieses Phänomen sind der hohe Abschottungsgrad dieser durch ethnische oder familiäre Zugehörigkeit geprägten kriminellen Strukturen, ihr hohes Mobilisierungspotenzial sowie die unverhohlene Ablehnung deutscher Gesetze und Normen bis hin zu praktizierter Paralleljustiz. Erste Problemfelder wurden bereits in den Jahren 2003 bis 2005 im Zusammenhang mit Mhallamiye-Kurden in den Gremien der Innenministerkonferenz thematisiert und entsprechende Handlungsempfehlungen abgeleitet. Der Fokus lag seitdem auf einem ganzheitlichen und nachhaltigen Bekämpfungsansatz unter Einbeziehung aller mit diesem Phänomen befassten Behörden und Institutionen. Handlungsleitende Grundsätze waren niedrigschwelliges Einschreiten, sofortige Einleitung von Ermittlungsverfahren, täterorientierte und deliktsübergreifende Ermittlungen, Absicherung von Zeugenaussagen (Beweissicherung ) sowie die Sensibilisierung von Staatsanwaltschaften, Gerichten, Behörden und der Öffentlichkeit . Auf dieser Basis entwickelten besonders betroffene Polizeibehörden der niedersächsischen Landespolizei schon frühzeitig spezifische Konzeptionen, die sich in der Vergangenheit etabliert und bewährt haben. Zur Gewährleistung landeseinheitlicher Standards wurde im März 2018 eine Landesrahmenkonzeption zur Bekämpfung krimineller Clanstrukturen in Niedersachsen durch das Innenministerium erstellt und in Kraft gesetzt. Deren Umsetzung fällt in die Zuständigkeit der niedersächsischen Polizeidirektionen. Die Polizeidirektion Lüneburg gab ergänzend eine Verfügung zur Umsetzung der Landesrahmenkonzeption in ihrer Behörde heraus. Daran anknüpfend initiierte die Polizeiinspektion Heidekreis zum 01.02.2019 ein internes Projekt „Ermittlungen zu kriminellen Clanstrukturen im Landkreis Heidekreis“ mit Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern sowie Themenverantwortlichen für das Phänomen „Clan“. Die genannte Konzeption und das Projekt werden in die besondere Aufbauorganisation „Räderwerk“ integriert und zu einem ganzheitlichen Ansatz zusammengeführt. Das zielgerichtete Gewinnen von phänomenbezogenen Erkenntnissen und Strukturen zum Erkennen krimineller Brennpunkte sowie der daraus resultierenden Durchführung von lageangepassten und zielgerichteten Maßnahmen soll dabei nicht nur Aufgabe der zuständigen Polizeidienststellen sein, sondern auch durch andere Behörden, Insti- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3578 2 tutionen und Stellen erfolgen. Durch das Projekt „Räderwerk“ wird eine enge Zusammenarbeit mit diesen Stellen angestrebt. Die nachfolgenden Fragen werden insbesondere auf Grundlage der Berichterstattungen der Polizeidirektion Lüneburg unter Bezugnahme auf die Antworten der Landesregierung zur Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Jan-Christoph Oetjen (FDP) (Drs. 17/355) vom 21.06.2013, auf die Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung Nr. 7 der Abgeordneten Petra Joumaah und Otto Deppmeyer (CDU) (Drs. 17/2980) vom 20.02.2015, auf die Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung Nr. 6 der Abgeordneten Angelika Jahns, Thomas Adasch, Bernd- Carsten Hiebing, Ansgar Bernhard Focke, Rudolf Götz, Mechthild Ross-Luttmann und Johann- Heinrich Ahlers (CDU) (Drs. 17/210) vom 30.05.2013 sowie den Kleinen Anfragen zur mündlichen Beantwortung Nr. 3 der Abgeordneten Angelika Jahns, Thomas Adasch, Bernd-Carsten Hiebing, Ansgar Bernhard Focke, Rudolf Götz, Mechthild Ross-Luttmann und Johann-Heinrich Ahlers (CDU) (Drs. 17/2055) vom 26.09.2014 und Nr. 5 der Abgeordneten Helge Limburg und Belit Onay (GRÜ- NE) (Drs. 17/2055) vom 26.09.2014 und Nr. 38 der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Jan-Christoph Oetjen, Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode und Christian Dürr (FDP) (Drs. 17/5030) vom 13.01.2016 sowie der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Jan-Christoph Oetjen, Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode und Christian Grascha (FDP) (Drs. 18/973) vom 30.05.2018 beantwortet. 1. Welche Behörden und/oder Entscheidungsträger werden mit jeweils welchen Aufgaben in dem Netzwerk zusammenarbeiten? Bei den derzeitigen Netzwerkpartnern handelt es sich um: – die Polizeiinspektion Heidekreis, – den Landkreis Heidekreis, – die Städte und Gemeinden des Landkreises Heidekreis sowie den gemeindefreien Bezirk Osterheide, – das Hauptzollamt Hannover, – das Zollfahndungsamt Hannover, – die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (Bad Fallingbostel), – das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bad Fallingbostel), – die Bundespolizei (Hannover und Bremen), – das Finanzamt Soltau, – das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Lüneburg, – das Landeskriminalamt Niedersachsen, – die Zentrale Kriminalinspektion Lüneburg, – die Zentrale Polizeidirektion Niedersachsen, – die Polizeidirektion Lüneburg, – die Polizeiakademie Niedersachsen. Die Aufgabenerfüllung der jeweiligen Netzwerkpartner erfolgt grundsätzlich in eigener Zuständigkeit . Mithilfe von internen Publikationen und behördenübergreifenden Besprechungen zur Bekanntmachung des Projekts „Räderwerk“ soll jedoch eine Sensibilisierung für die Aufgaben und thematischen Schwerpunkte der jeweils anderen Behörden erreicht werden. Seitens der Polizeiinspektion Heidekreis wurden hierzu bestehende Sicherheitspartnerschaften (wie beispielsweise im Phänomenbereich Rockerkriminalität) weiterentwickelt mit dem Bestreben, künftig einen Informationsaustausch mit den Netzwerkpartnern in Form eines Runden Tisches zu führen. Dieser Informationsaustausch soll auch dazu dienen, geplante Maßnahmen mit den Netzwerkpartnern abzustimmen und eine behördenübergreifende Beteiligung zu erreichen, wodurch Doppel-/oder Mehrarbeit vermieden wird. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3578 3 2. Wie viele Personen werden aus jeweils welchen Behörden mit welchem Arbeitszeitanteil in dem Netzwerk mitarbeiten? Zum jetzigen Zeitpunkt wird seitens der vorgenannten Netzwerkpartner jeweils eine zentrale Ansprechpartnerin oder ein zentraler Ansprechpartner für das Konzept „Räderwerk“ gestellt, die dieser Tätigkeit im Nebenamt nachkommen. Mit Ausnahme der PI Heidekreis lassen sich somit 14 Vertreterinnen und Vertreter der Netzwerkpartner benennen. Für die PI Heidekreis sind sieben feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im Nebenamt benannt worden, die durch die Einsatz- und Streifendienste aus der Alltagsorganisation heraus unterstützt werden. Eine Beteiligung der Netzwerkpartner erfolgt im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben. Schwerpunkte liegen hier insbesondere im Bereich der Erhellung von familiären Clanstrukturen und vorhandenen Vermögenswerten in Form von legalen/illegalen Einkünften. Auch die künftige Reduzierung von Gefahrenlagen, die durch kriminelle Clans verursacht und medial aufbereitet wurden, steht deutlich im Vordergrund des Projekts „Räderwerk“. 3. Welche weiteren Maßnahmen, wie z. B. die Festlegung von „gefährlichen Orten“ (zusätzlich zu einer Diskothek in Walsrode), sind in der Zusammenarbeit in dem Netzwerk von der Polizei oder anderen Behörden/Entscheidungsträgern geplant? Aus repressiver Sicht wird ein niedrigschwelliges Einschreiten unter Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten zur Bekämpfung der kriminellen Clanstrukturen angestrebt. Im Rahmen der Beweissicherung gilt es, gezeigtes aggressives oder einschüchterndes Verhalten zu dokumentieren, um Zeugenbeeinflussungen oder andere Verdunkelungshandlungen zu unterbinden. Aus präventiver Sicht sind, über die Deklarierung einer Diskothek in Walsrode als gefährlichen Ort hinaus, weiterhin behördenübergreifende Kontrolltätigkeiten geplant. Erkannte Brennpunkte sollen künftig einem höheren Kontrolldruck ausgesetzt werden, um das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu steigern. Eine bedeutende Rolle wird hierbei der einsatzbegleitenden Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beigemessen , die zur Transparenz des „Räderwerks“ beitragen soll. (Verteilt am 30.04.2019) Drucksache 18/3578 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport „Räderwerk“ gegen Clanstrukturen im Heidekreis