Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3582 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Was geschieht mit dem Schlamm aus dem Dümmer See? Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD), eingegangen am 03.04.2019 - Drs. 18/3432 an die Staatskanzlei übersandt am 05.04.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 26.04.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Der Dümmer See weist eine Verschlammung auf. Dies ist zum einen auf die Eindeichung des Sees und den damit verbundenen Wegfall von Überschwemmungen zurückzuführen. Dadurch findet keine natürliche Säuberung des Seewassers durch Verrieselung mehr statt. Zum anderen fördert die Einleitung von Nährstoffen in den See die Verschlammung. Diese stammen von landwirtschaftlichen Flächen aus der Umgebung und gelangen über die Hunte in den See. Die Nährstoffe fördern das Algenwachstum im See. Zudem trägt das jährliche Absterben von Pflanzen innerhalb des Dümmer Deiches zur Verschlammung bei. Um der Verschlammung des Dümmer Sees entgegenzuwirken, wird mithilfe eines Rohrsystems Schlamm in ein abgeschirmtes Auffangbecken am Westufer des Sees geleitet. Darüber hinaus ist im Rahmen der Dümmersanierung die Errichtung eines Schilfpolders im Süden des Sees geplant (https://www.umwelt.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/duemmerland -erhoeht-mittel-fuer-gewaesserschonende-landwirtschaft-175465.html, abgerufen am 29.03.2019). Durch Sedimentation von Phosphaten und anderen Stoffen im Schilfpolder soll eine Reinigung der Hunte erfolgen, bevor sie in den Dümmer fließt. Vorbemerkung der Landesregierung Der Dümmer ist nach dem Steinhuder Meer der zweitgrößte Binnensee in Niedersachsen. Der See hat eine Wasserfläche von rund 12 km2 bei einer Tiefe von im Mittel 1,1 m. Er wird von der Hunte durchflossen. Er befindet sich im Eigentum des Landes. Seit seiner Eindeichung 1953 wird der See als Hochwasserrückhaltebecken genutzt. Die Eindeichung erfolgte, um sonst notwendige Gewässerausbaumaßnahmen der Hunte zwischen dem Dümmer und Wildeshausen zu minimieren. Die eingedeichte Fläche beträgt rund 16 km2. Mit der Eindeichung sind sonst übliche Überflutungen des Dümmerumlands, die durchaus ein Mehrfaches der Seefläche betragen haben, entfallen. Der Dümmer ist als Flachsee extrem empfindlich im Hinblick auf Eutrophierungserscheinungen. Bereits in den 20er-Jahren des vorherigen Jahrhunderts sind derartige Erscheinungen dokumentiert worden. Diese Effekte wurden durch die Meliorationsmaßnahmen der umgebenden Niedermoore, die Eindeichung, den Hunteausbau, den steigenden Düngemitteleinsatz in der Landwirtschaft und den Bau von Anlagen der Siedlungswasserwirtschaft mit Beginn der 60er-Jahre weiter verschärft. Im Ergebnis führt der erhebliche Nährstoffeintrag in den See zu einer entsprechenden Schlammbildung . Wesentlich ist dabei der Phosphor. Hier geht man davon aus, dass 1 kg Phosphor bis zu 1 000 kg Algenbiomasse im See erzeugen kann, sodass ausschließlich eine Reduzierung des Phosphoreintrags zielführend für eine nachhaltige Sanierung ist. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3582 2 Bereits mit Kabinettsbeschluss vom 14.10.1986 wurde als vordringliche Maßnahmen zur Dümmersanierung „das Fernhalten hochbelasteter Wasserströme, das Fernhalten diffuser Einleitungen und die Reinigung bestimmter Wasserströme“ dargestellt, und 1987 wurde ein „Konzept zur langfristigen Sanierung des Dümmerraumes“ beschlossen. Die Umleitung des hochbelasteten Bornbachs um den Dümmer herum und der Ausbau der zentralen Abwasserbehandlung einschließlich der Ausrüstung der Kläranlagen mit einer 3. Reinigungsstufe haben die Situation seitdem zwar grundlegend verbessert. Mit der Umleitung des Bornbachs werden dem Dümmer ca. 50 % der Phosphorfrachten nicht mehr zugeführt. In den Jahren 2010/2011 zeigte sich jedoch, dass weitere Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind, um die Nährstoffeinträge in den Dümmer nachhaltig zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund ist das 2012 mit dem „Rahmenentwurf zur Fortsetzung der Dümmersanierung “ fortgeschriebene Umsetzungskonzept entwickelt worden, das neben dem See selbst auch das zugehörige Einzugsgebiet betrachtet, um einen gesamtheitlichen Ansatz zu gewährleisten. Das mittelfristige Umsetzungskonzept sieht eine Vielzahl von flankierenden Maßnahmen im Bereich der Wasserwirtschaft vor, z. B. Hochwasserabschläge in den Mittellandkanal, Gewässerentwicklungskonzepte im Einzugsgebiet der Oberen Hunte, Umleitung des Venner Moorkanals. Auch im Bereich der Landwirtschaft sieht das Umsetzungskonzept flankierende Maßnahmen, insbesondere die Installation einer Gewässerschutzberatung und das Angebot von freiwilligen Vereinbarungen im Einzugsgebiet der Oberen Hunte vor. Die Errichtung eines Schilfpolders bildet dabei weiterhin das Kernstück der Fortsetzung der Dümmersanierung . Er dient dazu, die nicht durch flankierende Maßnahmen im Einzugsgebiet zurückgehaltenen Nährstoffe (Phosphor) vom Dümmer fernzuhalten. Selbst wenn alle Maßnahmen im Einzugsgebiet Wirkung zeigen, erfordert die Restnährstofffracht weiterhin den Bau des Schilfpolders als „Gütewächter“ vor dem See. Die Entschlammung des Sees ist dabei lediglich eine Symptombekämpfung. Diese Symptombekämpfung ist fortzusetzen, bis die Nährstoffreduzierung im Gesamteinzugsgebiet greift. Aber auch danach wird aus touristischen Gründen eine Fortsetzung der Entschlammung in größeren Zeitabständen erforderlich sein, da sich der Schlamm bevorzugt in Ruhezonen (z. B. Häfen) absetzt und dort zu Problemen führt. Gegenwärtig wird angestrebt, jährlich rund 50 000 bis 60 000 m3 Flüssigschlamm in Anlehnung an die Schlammneubildung dem See zu entnehmen, um den Status quo zu erhalten. 1. Seit wann wird der Schlamm am Dümmer See mithilfe des angesprochenen Rohrsystems aus dem See geleitet, und wie lange wird dies voraussichtlich noch geschehen? Die Entschlammungsarbeiten im Dümmer erfolgen bereits seit 1974. Dabei wird mittels eines Saugspülbaggers das Sediment entnommen und das gewonnene Material über mobile Rohrleitungen in die entsprechenden Spülfelder geleitet. Bisher wurden dabei folgende Spülfelder genutzt: Hüder Moor mit 32 ha, Eickhöpen mit 12 ha, Rüschendorfer Moor mit 22 ha. Das Spülfeld Hüder Moor ist inzwischen stillgelegt und weitgehend einer landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt worden, mit Ausnahme einiger Biotopflächen. Die Spülfelder Rüschendorfer Moor und Eickhöpen befinden sich weiterhin in Betrieb. Die Entschlammung ist eine Unterhaltungsmaßnahme, die kontinuierlich erforderlich ist. Sie wird regelmäßig vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) im Auftrag des Amtes für regionale Landesentwicklung Leine-Weser durchgeführt. Lediglich der Umfang ist vom Sanierungserfolg abhängig. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3582 3 2. Wie groß ist das Fassungsvermögen des Auffangbeckens, und wie weit ist dieses bereits ausgeschöpft? Das Gesamtfassungsvermögen der Schlammdeponien Rüschendorfer Moor und Eickhöpen beträgt rund 300 000 m3. Die weitere Nutzung dieser Standorte ist mittelfristig sichergestellt. Für den Standort Rüschendorfer Moor sind die Vorplanungen für eine Erweiterungsfläche von 12 ha erstellt worden; die Erstellung der notwendigen Genehmigungsplanung wird gegenwärtig vorbereitet, damit auch weiterhin die o. g. Unterhaltungsmaßnahmen möglich sind. 3. Was wird nach Kenntnis der Landesregierung mit dem Inhalt des Auffangbeckens geschehen ? Die Schlammdeponie Hüder Moor ist vertragsgemäß weitgehend an die ehemaligen Eigentümer zurückgegeben worden. Dort findet eine landwirtschaftliche Nutzung statt. Die Restflächen haben inzwischen Biotopstatus. Die Schlammdeponien Eickhöpen und Rüschendorfer Moor sind nach Abfallrecht planfestgestellt worden. Der dort eingebrachte Dümmerschlamm wird dort verbleiben, sofern nicht Verwertungsmöglichkeiten wirtschaftlich gegeben sind. 4. Welche Menge an Schlamm/Sedimenten wird sich nach Schätzung der Landesregierung jährlich im geplanten Schilfpolder ablagern? Der in der Fortsetzung der Dümmersanierung vorgesehene Schilfpolder soll im Wesentlichen den partikelgebundenen Phosphor zurückhalten. Im Zufluss zum Schilfpolder ist darüber hinaus eine Sand-/Geröllsperre vorgesehen, um weitgehend mineralische Grobfraktionen zurückzuhalten. Der Schilfpolder befindet sich in der Entwurfsplanung; Bestandteil der Entwurfsplanung ist eine Abschätzung der Größenordnung des oben genannten Sedimentanfalls. Die Untersuchungen werden von der Leibniz Universität Hannover durchgeführt. Nach gegenwärtigem Stand ist davon auszugehen , dass entsprechend der Sedimentrückhaltung (Grob- und Feinfraktionen) im Schilfpolder und den dazugehörigen Anlagen ein entsprechender Rückgang des Schlammanfalls im See zu erwarten ist. Der Sedimentanfall im Schilfpolder wird gegenwärtig auf 2 150 t pro Jahr geschätzt. 5. Wie soll der im Schilfpolder angesammelte Schlamm entsorgt werden? Das im Bereich des Schilfpolders anfallende Material ist grundsätzlich in eine mineralische Fraktion , die im Sandfang anfällt, und in eine feinkörnige Fraktion einschließlich Aufwuchs (Schilf), zu unterscheiden . Die mineralische Fraktion kann erfahrungsgemäß stofflich verwertet werden. Die feinkörnige Fraktion mit organischen Beimengungen einschließlich eingelagerten Phosphors ist im Hinblick auf eine Verwertung noch zu betrachten; hier sollte angestrebt werden, sie im landwirtschaftlichen Bereich zu verwerten, um insbesondere Stoffkreisläufe zu schließen. Näheres wird in einem Betriebskonzept, das parallel zur Entwurfsplanung zum Schilfpolder erarbeitet wird, weiter vertieft. (Verteilt am 30.04.2019) Drucksache 18/3582 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Was geschieht mit dem Schlamm aus dem Dümmer See?