Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3606 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christopher Emden (AfD) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung Pakt für den Rechtsstaat - Wie beteiligt sich die Landesregierung? Anfrage des Abgeordneten Christopher Emden (AfD), eingegangen am 21.03.2019 - Drs. 18/3297 an die Staatskanzlei übersandt am 26.03.2019 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 29.04.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages wurden Forderungen zur Anhebung der Rechtsanwaltsvergütungen (BRAK/DAV- Forderungskatalog) und der von der Großen Koalition initiierte Pakt für den Rechtsstaat erörtert. Dabei zeichnete sich ab, dass eine Novellierung der Anwaltsvergütung im RVG Belastungen für die Länder mit sich bringen werde, da sowohl die Kosten für Pflichtverteidigungen als auch die Belastung durch Prozesskostenhilfe steigen werden. Mit dem Pakt für den Rechtsstaat sollen bis zum Ende des Jahres 2021 bundesweit 2 000 neue Richter- und Staatsanwaltsstellen geschaffen - und besetzt - werden. Die dafür eingestellten 220 Millionen Euro sollen - wie auch die neuen Stellen - ähnlich dem Königsteiner Schlüssel auf die Länder verteilt werden. Die Auszahlung an die Länder soll in zwei Tranchen nach vollständiger Besetzung der Stellen erfolgen. Vorbemerkung der Landesregierung Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags vom 12.03.2018 ist Folgendes (Zeilen 5743 ff) festgelegt worden: „1. Pakt für den Rechtsstaat Wir werden den Rechtsstaat handlungsfähig erhalten. Dies stärkt auch das Vertrauen in die rechtsstaatliche Demokratie. Wir werden einen Pakt für den Rechtsstaat auf Ebene der Regierungschefinnen und -chefs von Bund und Ländern schließen. Justiz Bestandteil dieses Paktes sind 2 000 neue Richterstellen bei den Gerichten der Länder und des Bundes sowie entsprechendes Folgepersonal. Die Länder haben mit der Ausweitung des Justizpersonals bereits begonnen. Die Personalausstattung des Generalbundesanwalts wird verbessert . Wir werden die Digitalisierung der Justiz in allen Bereichen konsequent und einheitlich vorantreiben . Wir stärken die digitale und interkulturelle Kompetenz. Sicherheitsbehörden Bund und Länder haben die personelle Ausstattung der Sicherheitsbehörden bereits vorangebracht . Am Ende dieser Ausbauphase werden insgesamt 15 000 Stellen geschaffen worden sein. Der Bund wird 7 500 zusätzliche Stellen schaffen. Wir wollen das Bundeskriminalamt als zentrales Datenhaus im polizeilichen Informationsverbund etablieren und einen gemeinsamen Investitionsfonds für die IT der deutschen Polizei schaffen. Im Bereich der Strafverfolgung werden wir den Datenaustausch zwischen Polizei und Justiz verbessern.“ Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3606 2 1. Hat sich die Landesregierung an den Gesprächen zum Pakt für den Rechtsstaat mit der Bundesregierung beteiligt, und wie ist die Position der Landesregierung zu dem Pakt? Der Bund bzw. das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat das Thema „Pakt für den Rechtsstaat “ Anfang November 2018 an die Länder herangetragen, und zwar konkret an die Bund-Länder- „Arbeitsgruppe Flüchtlingsfinanzierung“. Die „Arbeitsgruppe Flüchtlingsfinanzierung“ hat sich daraufhin in ihrer Sitzung am 08.11.2018 erstmals mit dem Thema befasst. An der Sitzung hat der Chef der Niedersächsischen Staatkanzlei teilgenommen. Das Thema wurde in der Folge unter der üblichen Koordinierung des Ministerpräsidentenkonferenz-(MPK-)Vorsitzlandes Hamburg im Rahmen der Vorbereitungen zur Konferenz der Chefin und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder am 15.11.2018 in Berlin sowie der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 05.12.2018 und am 31.01.2019 in Berlin weiter abgestimmt. Landesintern wurden die betroffenen Ressorts MI und MJ eingebunden. In der MPK am 31.01.2019 wurde der landesintern und länderübergreifend abgestimmte „Pakt für den Rechtsstaat“ beschlossen Die Landesregierung unterstützt den „Pakt für den Rechtsstaat“ nachhaltig. 2. Hält die Landesregierung die Besetzung der zugesagten/verhandelten insgesamt bundesweit 2 000 neuen Stellen bis 2021 für realisierbar, und werden die Kosten für die neuen Stellen durch die zur Verfügung gestellten Mittel gedeckt? Wie viele Stellen entfallen auf das Land Niedersachsen? Welche Kosten gehen damit insgesamt für das Land einher? Das MPK-Vorsitzland Hamburg hat dem Chef des Bundeskanzleramtes unter dem 29.03.2019 berichtet , dass die Länder in den Jahren 2017 und 2018 1 217 zusätzliche Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte geschaffen haben. Vor diesem Hintergrund hält die Landesregierung die Schaffung und Besetzung von bundesweit 2 000 zusätzlichen Stellen bis 2021 für realisierbar. Die Kosten für die neuen Stellen werden durch die zur Verfügung gestellten Mittel nicht gedeckt. Es gibt noch keine Vereinbarung über die Verteilung der Stellen auf die Länder. Daher ist auch eine Aussage zu den Kosten für das Land zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. 3. Wie ist die Haltung der Landesregierung zum BRAK/DAV-Forderungskatalog und insbesondere zur Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren und den damit verbundenen Mehrbelastungen des Landeshaushalts? Der BRAK/DAV-Forderungskatalog umfasst lineare Erhöhungen der Rechtsanwaltsgebühren und strukturelle Änderungen des Anwaltsgebührenrechts. Das Verlangen nach einer Anpassung der Rechtsanwaltsgebühren an gestiegene Kosten ist grundsätzlich nachvollziehbar, da die letzte Gebührenerhöhung zum 01.08.2013 erfolgte. Bei der Bemessung der Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren wird zu berücksichtigen sein, dass im Bereich der Wertgebühren durch steigende Geschäftswerte Mehreinnahmen erzielt werden können, die auf das als angemessen zu erachtende Erhöhungsvolumen anzurechnen sein werden. Soweit eine Anhebung der Anwaltsgebühren zu Mehrausgaben für das Land führen würde, ist eine Kompensation durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen nach Auffassung der Landesregierung unerlässlich. Diese Haltung ist dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bekannt . Das nach eingehender Beteiligung der Praxis differenziert ausgefallene Prüfungsergebnis zu den strukturellen Änderungsvorschlägen aus dem BRAK/DAV-Forderungskatalog wurde ebenfalls dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mitgeteilt. Die Bundesregierung hat bislang kein Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes eingeleitet. Es bleibt deshalb zunächst abzuwarten, wann und gegebenenfalls in welchem Umfang Forderungen der Anwaltschaft nach gebührenrechtlichen Änderungen in einen Gesetzentwurf einfließen werden und welche Vorschläge zur Kompensation in den Landeshaushalten dieser Gesetzentwurf enthalten wird. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3606 3 Ein Zusammenhang zwischen den Forderungen der Anwaltschaft zur Anhebung der Rechtsanwaltsgebühren und dem von der Bundesregierung initiierten Pakt für den Rechtsstaat besteht nach Auffassung der Landesregierung nicht. 4. Wie hatte sich die letzte Gebührenerhöhung im Jahr 2013 auf den Landeshaushalt ausgewirkt ? Die Ausgaben des Landes für Prozesskostenhilfe und Pflichtverteidigung sind verglichen mit dem Jahr 2013 in den beiden Folgejahren zunächst um jeweils ca. 2 Millionen Euro angestiegen. Zugleich ist die Anzahl von Prozess- und Verfahrenskostenhilfebewilligungen im Jahr 2014 um 6,1 % und im Jahr 2015 um 10,5 % gesunken. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Mehrausgaben auf die Gebührenerhöhung im Jahr 2013 zurückzuführen sind. Ab dem Haushaltsjahr 2016 sind die Ausgaben des Landes für Prozess- und Verfahrenskostenhilfe aufgrund weiter rückläufiger Verfahrenszahlen und damit einhergehender verringerter Anzahl der Bewilligungen von Prozess- und Verfahrenskostenhilfe zurückgegangen. Die Ausgaben für die Pflichtverteidigung in Strafsachen sind verglichen mit dem Jahr 2013 im Jahr 2014 um 1,66 Millionen Euro und im Jahr 2015 um 3,80 Millionen Euro gestiegen. Seit dem Jahr 2015 liegen die Ausgaben für die Pflichtverteidigung vergleichsweise stabil bei jährlich zwischen 19,95 und 19,62 Millionen Euro. Die Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle. 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Ausgaben* für PKH/VKH und Pflichtverteidigung insgesamt (in Euro) 63,99 Mio. 65,91 Mio. 68,18 Mio. 67,12 Mio. 64,86 Mio. 62,18 Mio. Ausgaben* für PKH/VKH (in Euro) 47,83 Mio. 48,10 Mio. 48,23 Mio. 47,16 Mio. 45,00 Mio. 42,55 Mio. Anzahl Bewilligungen PKH/VKH 70.916 66.567 63.452 61.255 58.100 53.217 Ausgaben* für Pflichtverteidigung (in Euro) 16,15 Mio. 17,81 Mio. 19,95 Mio. 19,96 Mio. 19,86 Mio. 19,62 Mio. * es können sich Rundungsdifferenzen ergeben (Verteilt am 30.04.2019) Drucksache 18/3606 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christopher Emden (AfD) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums Pakt für den Rechtsstaat - Wie beteiligt sich die Landesregierung?