Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3700 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Verfügbarkeit von Impfstoffen gegen Tollwut Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD), eingegangen am 03.04.2019 - Drs. 18/3502 an die Staatskanzlei übersandt am 15.04.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 09.05.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten In den Schaumburger Nachrichten vom 27.11.2018 war zu lesen, dass Impfstoffe gegen Tollwut im gesamten Landkreis Schaumburg ausverkauft waren. Ärzte und Apotheker beklagten sich darüber, dass ein entsprechendes Serum schon seit Monaten nicht lieferbar war, was der Leiter des Schaumburger Gesundheitsamtes bestätigte. Lieferengpässe sollen sogar deutschlandweit bestehen . Vorbemerkung der Landesregierung Die klassische Tollwut (Rabies, Lyssa) ist eine durch neurotrope Viren der Familie der Rhabdoviren (RABV) ausgelöste Infektionskrankheit, die bei Menschen und Tieren auftreten kann. Die Übertragung erfolgt durch Biss bzw. durch Kontakt von infektiösem Speichel mit bestehenden Wunden oder Schleimhäuten. Als natürliches Reservoir dienen Säugetiere (z. B. Hunde, Füchse, Fledermäuse ). Nach einem eher uncharakteristisch verlaufenden Prodromalstadium folgt eine akute neurologische Phase, die als enzephalitische Form mit zerebralen Funktionsausfällen (Hydrophobie) oder als paralytische Form mit Lähmungen gekennzeichnet ist. Tollwutinfektionen, die nicht mit einer adäquaten postexpositionellen Prophylaxe (Schutz vor einer Infektion nachdem es möglicherweise zu einer Ansteckung gekommen ist) behandelt werden, enden in der Regel tödlich. Seit September 2008 gilt Deutschland und damit auch Niedersachsen offiziell als „frei von klassischer Tollwut“. Ungeachtet des eher geringen Infektionsrisikos für Tollwut in Deutschland bestehen erhöhte Infektionsrisiken für Reisende in Länder mit endemischem Tollwutvorkommen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt eine präexpositionelle Prophylaxe (Schutz vor einer Infektion bevor eine Ansteckung möglich ist) bei beruflich potenziell exponierten Personen mit Umgang mit Tieren in Gebieten mit neu aufgetretener Wildtiertollwut, für Personen mit beruflichem oder sonstigem engen Kontakt zu Fledermäusen und bei Laborpersonal mit Expositionsrisiko gegenüber Tollwutviren, außerdem als reisemedizinische Indikation für Reisende in Regionen mit hoher Tollwutgefährdung (z. B. durch streunende Hunde) und unzureichender medizinischer Versorgung. Weder für beruflich indizierte Impfungen noch für Reiseimpfungen besteht ein Leistungsanspruch gegenüber der GKV. Nach § 6 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) besteht eine namentliche Meldepflicht bei Krankheitsverdacht , Erkrankung sowie Tod an Tollwut. Auch die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers soll an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden. Nach § 7 IfSG ist auch der direkte oder indirekte Erregernachweis meldepflichtig. Die Meldungen müssen dem Gesundheitsamt spätestens 24 Stunden nach Kenntnis vorliegen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3700 2 1. Was ist die Ursache für die derzeitige mangelnde Verfügbarkeit von Impfstoffen gegen Tollwut? Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) veröffentlicht seit Oktober 2015 auf der Website des PEI die von den Herstellern gemeldeten Lieferengpässe bei Impfstoffprodukten. Ein Lieferengpass ist definiert als eine über voraussichtlich zwei Wochen hinausgehende Unterbrechung einer Auslieferung durch den Hersteller im üblichen Umfang oder eine unerwartete deutlich vermehrte Nachfrage, der vom Hersteller nicht angemessen nachgekommen werden kann. Die Lieferengpassliste des PEI bietet Informationen darüber, welche Impfstoffe beim Hersteller nicht verfügbar sind und wie lange diese Impfstoffe nicht ausgeliefert werden können. Diese Informationen erhält das PEI von den Impfstoffherstellern , die sich auf Basis einer freiwilligen Verbindlichkeitserklärung dazu verpflichtet haben, alle Impfstofflieferengpässe an das PEI zu melden. Auf der Webseite des PEI ist einsehbar, ob es alternative Impfstoffprodukte gibt: https://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoff-impfstoffe-fuer-denmenschen /lieferengpaesse/listen-lieferengpaesse-humanimpfstoffe/listen-lieferengpaesse-impfstof fe-inhalt.html. Ergänzend werden alternative Impfoptionen und Handlungshinweise der STIKO am RKI angegeben . Danach ist für die in Deutschland zugelassenen Tollwut-Impfstoffe eine eingeschränkte Verfügbarkeit gemeldet. Nach Angabe der Hersteller liegt die Ursache für die eingeschränkte Verfügbarkeit an der gestiegenen globalen Nachfrage bei bereits ausgelasteten Produktionsstätten. Die Verfügbarkeit von Tollwut-Impfstoff für den Notfall ist gewährleistet. Bei Nicht-Verfügbarkeit im Großhandel können die Apotheken auf die Notfalldepots der Landesapothekerkammern zugreifen. Eine Liste der Depots ist u. a. in der Roten Liste zu finden. Ein Hinweis zum Vorgehen und ein Link zu den niedersächsischen Notfalldepots gibt es auf der Internetseite des NLGA: http://www.nlga.niedersachsen.de/infektionsschutz/krankheitserreger_krank heiten/tollwut/tollwut-116389.html. 2. Wie viele Impfungen gegen Tollwut wurden im Jahr 2018 in Niedersachsen durchgeführt ? Hierzu liegen der Landesregierung keine Zahlen vor. Da bei einer präexpositionelle Prophylaxe kein Leistungsanspruch gegenüber der GKV besteht, stehen auch keine Abrechnungsdaten z. B. der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen zur Verfügung. 3. Wie lange müssen Patienten in Niedersachsen derzeit auf eine Impfung gegen Tollwut warten? Darüber kann keine Aussage getroffen werden. Die Bevorratung der jeweiligen Apotheken ist unterschiedlich . 4. Wie viele Fälle von Tollwut gab es bei Menschen in Niedersachsen seit dem Jahr 2010 (bitte nach jedem Jahr einzeln aufschlüsseln)? Seit Einführung des IfSG im Jahr 2001 wurde in Niedersachsen kein Fall einer Tollwuterkrankung beim Menschen übermittelt. (Verteilt am 14.05.2019) Drucksache 18/3700 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Verfügbarkeit von Impfstoffen gegen Tollwut