Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3708 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Imke Byl, Christian Meyer, Belit Onay und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Landesregulierungsbehörde: Droht eine Ungleichbehandlung von kleineren Netzbetreibern? Anfrage der Abgeordneten Imke Byl, Christian Meyer, Belit Onay und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE), eingegangen am 04.04.2019 - Drs. 18/3473 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 10.05.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Der Betrieb der Stromnetze ist staatlich reguliert. Mit der Festsetzung von Erlösobergrenzen legen die Bundesnetzagentur bzw. die Landesregulierungsbehörde fest, welche Investitionen die Netzbetreiber geltend machen und auf die Netzentgelte umlegen können. Derzeit läuft die Genehmigung der Erlösobergrenzen für die 3. Regulierungsperiode für den Zeitraum 2019 bis 2023. Die zugrunde gelegten Vorgaben der Bundesnetzagentur wurden von einigen Netzbetreibern erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf beklagt. Die Bundesnetzagentur hat Rechtsbeschwerde eingelegt, die nun beim Bundesgerichtshof verhandelt wird. In der zweiten Regulierungsperiode von 2014 bis 2018 wurden für alle Netzbetreiber in Deutschland einheitliche Eigenkapitalzinssätze angewendet. Die bayrische Landesnetzagentur hat den Netzbetreibern in Bayern zugesagt, dass auch in der dritten Regulierungsperiode für alle Netzbetreiber die gleichen Zinssätze angewendet werden, unabhängig davon, ob der Netzbetreiber an der Musterklage gegen die Bundesnetzagentur beteiligt war oder nicht. Vorbemerkung der Landesregierung Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA) ist nach dem Energiewirtschaftsrecht für die Festlegung von Eigenkapitalzinssätzen für Alt- und Neuanlagen für Betreiber von Gas- und Elektrizitätsversorgungsnetzen für die dritte Regulierungsperiode in der Anreizregulierung zuständig. Durch Beschlüsse vom 05.10.2016 hat die BNetzA die vorgenannten Eigenkapitalzinssätze festgelegt (Az. 4-16-161 [Gas] und 4-16-160 [Strom]). Für Neuanlagen wurde ein Eigenkapitalzinssatz in Höhe von 6,91 % vor Steuer und für Altanlagen ein Eigenkapitalzinssatz in Höhe von 5,12 % vor Steuer festgelegt. Gegen die Entscheidungen der BNetzA sind mehr als 1 000 Beschwerden von Netzbetreibern vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt worden. Nach aktueller Kenntnis der Regulierungskammer Niedersachsen haben von den Gasnetzbetreibern in Zuständigkeit der Regulierungskammer Niedersachsen rund 73 % Beschwerde gegen den Beschluss der BNetzA eingelegt und von den Stromverteilernetzbetreibern rund 70 %. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 22.03.2018 in Musterbeschwerdeverfahren entschieden, die Beschlüsse der BNetzA zur Festlegung der Eigenkapitalzinssätze aufzuheben, und die BNetzA dazu verpflichtet, die Eigenkapitalzinssätze für die dritte Regulierungsperiode unter Beachtung der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts neu festzulegen. Die vorgenannten Entscheidungen des Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3708 2 Oberlandesgerichts Düsseldorf gelten nur für die an dem Rechtsstreit beteiligten Parteien. Gegen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat die BNetzA Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt. Hierzu hat am 09.04.2019 ein Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem BGH stattgefunden. Termin zur Verkündung einer Entscheidung ist seitens des BGH auf den 09.07.2019 bestimmt worden. Sollte der BGH die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf bestätigen, bleibt abzuwarten, wie die BNetzA die Entscheidungen des BGH konkret umsetzen wird. 1. Wird die niedersächsische Landesregulierungsbehörde einheitliche Eigenkapitalzinssätze für alle niedersächsischen Netzbetreiber für die dritte Regulierungsperiode Strom und Gas festsetzen? Die Festlegungen der BNetzA zu den Eigenkapitalzinssätzen sind Verwaltungsakte in Form einer Allgemeinverfügung. Diese Festlegungen der BNetzA finden im Rahmen der seitens der Regulierungskammer Niedersachsen zu treffenden eigenen Entscheidungen Anwendung. Insoweit hatte die Regulierungskammer Niedersachsen zu entscheiden, wie sie mit den insoweit vorgreiflichen Festlegungen der BNetzA umgeht. Hierbei hat sich die Regulierungskammer Niedersachsen im Rahmen ihrer unabhängigen und weisungsfreien Tätigkeit (siehe § 2 Abs. 5 des Gesetzes über die Regulierungskammer Niedersachsen - insoweit beruhend auf europarechtlichen Vorgaben) dazu entschlossen, sich an der Entscheidung des BGH vom 16.12.2014 (Az. EnVR 54/13) zu orientieren. In der vorgenannten BGH-Entscheidung führt dieser unter ausführlicher Begründung aus, dass sich die BNetzA (als damals betroffene Regulierungsbehörde) gegenüber dem damals betroffenen Netzbetreiber auf die Bestandskraft einer vorgreiflichen Festlegung berufen kann. Konkret führt der BGH u. a. aus, dass „eine Festlegung, wenn sie unanfechtbar geworden ist, für den von ihr geregelten Gegenstand in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht eine abschließende Entscheidung (trifft), die für das nachfolgende Genehmigungsverfahren bindend ist. Soweit der Genehmigungsbescheid den Inhalt der Festlegung wiedergibt, ist dies nur als ‚redaktionelle Übernahme ‘ - ohne eigene Regelung - der bereits getroffenen Entscheidung anzusehen, ohne dass eine - erneute - Befugnis zur Prüfung der in der getroffenen Festlegung getroffenen Regelung eröffnet wäre.“ (Beschluss des BGH vom 16.12.2014, Az. EnVR 54/13, Rn. 20). Insofern differenziert die Regulierungskammer Niedersachsen zwischen denjenigen Netzbetreibern , die gegen die Festlegungen der BNetzA vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf vorgegangen sind, und denjenigen, die nicht gegen die Festlegungen der BNetzA vorgegangen sind und insoweit die Entscheidungen der BNetzA gegenüber sich bestandskräftig haben werden lassen. Zur Vermeidung von Beschwerdeverfahren, die unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie nicht sinnvoll wären, hat sich die Regulierungskammer Niedersachsen dazu entschieden, denjenigen Netzbetreibern, die gegen den Beschluss der BNetzA zur Festlegung der Eigenkapitalzinssätze Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt haben, die Zusage zu erteilen, dass diese Netzbetreiber im Falle einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung und einer eventuellen Neufestlegung von Eigenkapitalzinssätzen seitens der BNetzA auch von höheren Zinssätzen in den Festlegungen der Regulierungskammer Niedersachsen profitieren sollen. Ein Netzbetreiber sollte sich insoweit nicht dazu veranlasst sehen, gegen die Beschlüsse der Regulierungskammer Niedersachsen rechtswahrend Beschwerde einzulegen, nur um sich so die Möglichkeit zu erhalten, von dem Ausgang der Beschwerdeverfahren gegen die Festlegungen der BNetzA zu den Eigenkapitalzinssätzen auch in den Verfahren der Regulierungskammer Niedersachsen zu profitieren. Im Interesse der Netznutzer ist die Zusage der Regulierungskammer Niedersachsen allerdings auch so ausgestaltet, dass im Falle eines für den Netzbetreiber ungünstigen Ausgangs der Beschwerdeverfahren gegen die Festlegungen der BNetzA etwaige reduzierende Effekte ebenso berücksichtigt werden. Hinsichtlich Netzbetreibern, die gegen die Festlegungen der BNetzA zu den Eigenkapitalzinssätzen keine Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt und diese damit sich gegenüber bestandskräftig haben werden lassen, hat sich die Regulierungskammer Niedersachsen orientiert an der o. g. Entscheidung des BGH dazu entschlossen, diesen Netzbetreibern keine Zu- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3708 3 sage zur Anpassung der Eigenkapitalzinssätze im oben dargestellten Sinne im Rahmen der diesen gegenüber zu treffenden Festlegungen zu erteilen. Da der BGH durch Beschluss vom 11.12.2018 (Az. EnVR 48/17) die Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für die zweite Regulierungsperiode durch die BNetzA bestätigt hat, stellte sich die Frage einer Differenzierung im vorstehenden Sinne für die Dauer der zweiten Regulierungsperiode im Ergebnis nicht. Eine Differenzierung im dargestellten Sinne ist in der Regulierungspraxis bereits in der Vergangenheit in dem von dem BGH durch Beschluss vom 16.12.2014 entschiedenen Themenbereich (Festlegung Tagesneuwerte) zur Anwendung gekommen und damit keine neue und unvorhersehbare Vorgehensweise. 2. Inwiefern ist es für die Festsetzung von Erlösobergrenzen für die dritte Regulierungsperiode Strom und Gas ausschlaggebend, ob sich ein Netzbetreiber an der Musterklage gegen die Bundesnetzagentur beteiligt hat? Siehe dazu die Antwort auf Frage 1. 3. Wann wird die Landesregulierungsbehörde die Erlösobergrenzen für die dritte Regulierungsperiode Strom und Gas festlegen? Die Regulierungskammer Niedersachsen hat Anfang Februar 2019 damit begonnen, die ersten Festlegungen der kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die dritte Regulierungsperiode Gas zu erlassen. Die noch nicht erlassenen Festlegungen der Erlösobergrenzen für die dritte Regulierungsperiode Gas sowie für den Bereich Strom werden folgen. 4. Müssen die nicht an der Klage beteiligten Netzbetreiber Beschwerde gegen die Festlegung der Erlösobergrenzen durch die Landesregulierungsbehörde einreichen, um ihre Rechte zu wahren? Netzbetreiber, die sich durch die Festlegung der Erlösobergrenzen Gas sowie Strom und die hierin enthaltenen Entscheidungen der Regulierungskammer Niedersachsen in ihren Rechten verletzen sehen, haben die Möglichkeit, binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung Beschwerde einzulegen. (Verteilt am 14.05.2019) Drucksache 18/3708 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Imke Byl, Christian Meyer, Belit Onay und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Landesregulierungsbehörde: Droht eine Ungleichbehandlung von kleineren Netzbetreibern?