Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/378 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Peer Lilienthal (AfD) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Sind die niedersächsischen Finanzbeamten an ihrem Arbeitsplatz sicher? Anfrage des Abgeordneten Peer Lilienthal (AfD), eingegangen am 08.01.2018 - Drs. 18/223 an die Staatskanzlei übersandt am 24.01.2018 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 20.02.2018, gezeichnet Reinhold Hilbers Vorbemerkung des Abgeordneten Am 5. Januar 2018 wurde in den Räumen des Finanzamts Hannover-Land I ein Brandsatz entdeckt . Der Brandsatz befand sich nach Darstellung der HAZ1 „im Aktenraum“ des Gebäudes. Im Dezember 2017 sei in den Räumen desselben Finanzamts schon einmal ein ähnlicher Gegenstand entdeckt worden. In der Vergangenheit ist es zudem zu Übergriffen auf Finanzbeamte2 gekommen. Vorbemerkung der Landesregierung Die Bundesrepublik Deutschland ist ein freiheitlicher demokratischer Rechtsstaat, der einen gesetzeskonformen Umgang von Bürgern mit der öffentlichen Verwaltung und umgekehrt organisieren und garantieren muss. Dabei ist das angemessene Verhältnis von Bürgerfreundlichkeit einerseits und Verfahrenssicherheit andererseits von großer Bedeutung. Es muss immer wieder neu geprüft und durch geeignete Maßnahmen hergestellt werden. Der Austausch der öffentlichen Verwaltung mit Ratsuchenden und Leistungsberechtigten wird in öffentlichen Einrichtungen mitunter durch Konflikte belastet. In Ausnahmefällen sehen sich Bedienstete teilweise extremen Formen von Bedrohungen und Übergriffen ausgesetzt. Das Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) enthält Sicherheitsinformationen , die für sämtliche Behörden mit Publikumsverkehr gelten. In der Handreichung „Gewalt am Arbeitsplatz. Beschäftigte vor Übergriffen schützen.“ werden verschiedene Maßnahmen vorgestellt, die helfen können, die wachsende Zahl von Angriffen auf Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter am Arbeitsplatz zu reduzieren, die Intensität der Gewalt zu mindern und diese im besten Fall zu verhindern. Sie gibt überdies Ratschläge, wie die Gefahrensituation einzelner Arbeitsplätze eingeschätzt werden kann und welche Maßnahmen sich an den jeweiligen Arbeitsplätzen zur Vorbeugung von Übergriffen am besten eignen. Die Handreichung geht zurück auf die Broschüre der niedersächsischen Polizei „Sicherheit an Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr“, die im Jahr 2013 erstellt wurde. Ein Faltblatt beschreibt überdies, wie sich Bedienstete an ihren Arbeitsplätzen vor Übergriffen schützen können und was in einer Krisensituation und im Anschluss daran zu tun ist. Seit Ende 2017 kann das Informationsmaterial u. a. von der Polizei bezogen werden; die Broschüren stehen auf den Internetseiten des ProPK zum Herunterladen zur Verfügung (http://www.polizeiberatung .de/nc/startseite-und-aktionen/aktuelles/detailansicht/mehr-sicherheit-am-arbeitsplatz-1). 1 HAZ vom 06.01.2018. 2 Beispielsweise HAZ vom 20.03.2017. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/378 2 Zusätzlich stehen die Ansprechpersonen für Kriminalprävention der Polizei Niedersachsen für themenbezogene Anfragen zur Verfügung. Hinsichtlich des Einbaus und der Nutzung von Zutrittssicherungen und der sonstigen Sicherheitsvorkehrungen bei den Dienstgebäuden der Landesverwaltung sind unterschiedliche Ausgangslagen zu berücksichtigen. Durch die Einführung eines umfassenden Informationssicherheitsmanagementsystems (ISMS) hat die Landesregierung die Voraussetzungen für einen sicheren und datenschutzkonformen Umgang mit Informationen geschaffen. Darin werden Verfahren und Regeln beschrieben, die dazu dienen, die Informationssicherheit dauerhaft zu definieren, zu steuern, zu kontrollieren, aufrechtzuerhalten und fortlaufend zu verbessern. 1. Trifft es zu, dass im Dezember 2017 und im Januar 2018 in den Räumen des Finanzamts Hannover-Land I gefährliche Gegenstände gefunden wurden? Worum handelte es sich bei diesen Gegenständen jeweils? Es trifft zu, dass in den benannten Monaten verdächtige Gegenstände aufgefunden wurden. Hierbei handelt es sich nach Aussage der Polizei um drei „selbstgebastelte, potenziell funktionsfähige Brandsätze“ (Zitat: HAZ, 08.01.2018). 2. Vorausgesetzt der Sachverhalt trifft zu, welche Maßnahmen haben das Finanzministerium oder das Landesamt für Steuern Niedersachsen nach dem Fund des Brandsatzes im Dezember 2017 für das Finanzamt Hannover-Land I getroffen? Nach dem Fund des ersten Gegenstandes war nach Aussage der Polizei nicht von einer anhaltenden Bedrohungslage auszugehen, sodass keine besonderen Maßnahmen zu ergreifen waren. Dennoch wurden die Beschäftigten des Finanzamts über den Sachverhalt informiert und entsprechend sensibilisiert. Darüber hinaus wurde ein Wachdienst beauftragt, Rundgänge im Gebäude durchzuführen. Unmittelbar nach dem Fund der weiteren beiden Gegenstände im Januar 2018 wurden folgende Maßnahmen ergriffen/umgesetzt: – Schließung des Finanzamts für (unangemeldeten) Publikumsverkehr für eine Woche, – Ausweitung der Rundgänge durch den bereits beauftragten Wachdienst, – Installation von (nicht vernetzten) Rauchmeldern in Aktenräumen (als provisorische Sofortmaßnahme ), – Besuchererfassung (listenmäßig mit Namen) durch die Pförtnerin/den Pförtner, – Begleitung von Besuchern zu den jeweiligen Ansprechpartnerinnen/Ansprechpartnern im Finanzamt durch den beauftragten Wachdienst. 3. Wurden nach dem Fund des Brandsatzes im Dezember 2017 landesweite Maßnahmen zum Schutz der Finanzämter angeordnet? Um welche Maßnahmen hat es sich gehandelt ? Im direkten Zusammenhang mit dem Fund im Dezember 2017 wurden keine landesweiten Maßnahmen veranlasst, weil nach Aussage der Polizei nicht von einer anhaltenden Bedrohungslage auszugehen war. Infolge des Auffindens der weiteren Gegenstände im Januar 2018 wurden die Beschäftigten aller niedersächsischen Finanzämter durch Rundverfügung über den aktuellen Sachstand informiert und entsprechend sensibilisiert. Gegenstand der Verfügung waren u. a. folgende Punkte: – Auf amtsfremde Personen außerhalb der Publikumsbereiche ist zu achten. – Beim Auffinden verdächtiger Gegenstände ist umgehend die Polizei zu verständigen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/378 3 4. Welche Maßnahmen planen MF oder das Landesamt für Steuern Niedersachsen als Reaktion auf den neuerlichen Fund eines Brandsatzes für das Finanzamt Hannover- Land I? Welche Maßnahmen sind landesweit geplant? Für das Finanzamt Hannover-Land I sind folgende weitere Maßnahmen in Planung bzw. Umsetzung : Kanalisierung der Besucherströme insbesondere durch – Sicherung des Haupttreppenhauses und der Flurtüren im 3. OG (Auskunftsbereich), – geänderte Programmierung der Aufzugsteuerung, sodass Besucher zukünftig aus dem Erdgeschoss nur noch den Auskunftsbereich im 3. OG ansteuern können, – Verschluss der Hauptzugänge zum Gebäude außerhalb der Öffnungszeiten, – Einbau funkvernetzter Brandmelder zur Brandfrüherkennung (bis zur Integration in eine - noch im Rahmen eines Gesamtkonzepts - zu installierende Brandmeldeanlage), – Verbindung der funkvernetzten Brandmelder mit einer vorhandenen Brandmeldeanlage für Keller - und Erdgeschoss (mit Aufschaltung zur Feuerwehr). In Bezug auf landesweite Maßnahmen verweise ich auf die Antwort zu Frage 5 und die allgemeinen Vorbemerkungen. 5. Welches Konzept verfolgen MF und das Landesamt für Steuern Niedersachsen, um die dem Publikum nicht zugänglichen Bereiche der Finanzämter vor unberechtigtem Betreten zu schützen? Zur Realisierung einer homogenen Informationssicherheit im Bereich der Steuerverwaltung betreibt das Landesamt für Steuern Niedersachsen ein „Informationssicherheitsmanagementsystem“ (ISMS). Im Rahmen dieses ISMS wurde speziell für die Finanzämter ein Schutzzonenmodell entwickelt und in 2017 eingeführt. Auf dieser Grundlage werden die Schutzbedarfe jedes einzelnen Finanzamts ermittelt und geeignete Maßnahmen zur Erreichung, Einhaltung und Optimierung des jeweiligen Schutzbedarfs umgesetzt. Die Auswahl der umzusetzenden Maßnahmen (z. B. Kanalisierung der Besucherströme, Ausgestaltung der Zutrittskontrollsysteme) richtet sich nach den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort. 6. Hat es in den Jahren 2015 bis einschließlich 2017 weitere3 sicherheitsrelevante Vorfälle in den niedersächsischen Finanzämtern gegeben? Erkenntnisse über weitere, derart gravierende Vorfälle liegen nicht vor. Vereinzelt gab es in den vergangenen Jahren Fälle von Sachbeschädigung an Finanzamtsgebäuden und Einbruchdiebstähle . Dabei entstand weder größerer Sachschaden noch waren Beschäftigte gefährdet. 7. Sind die Mitarbeiter im Außendienst (Amtsbetriebsprüfer, Lohnsteueraußenprüfer, Steuerfahnder) für Konfliktsituationen entsprechend geschult? Welche Inhalte haben die Schulungen? Welchen Zeitumfang haben die Schulungen? Für den Bereich der Betriebs- und Lohnsteueraußenprüfung werden insbesondere folgende - teilweise obligatorische - Seminare angeboten: – Kommunikations- und Verhandlungstraining sowie Konfliktmanagement für neue Betriebs- und Lohnsteueraußenprüferinnen und -prüfer (3 Tage), 3 Außer den Brandsatzfunden 12/2017 und 01/2018. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/378 4 – Einführungsseminar für neue Großbetriebsprüferinnen und -prüfer, Modul III „Kommunikation“ (2 Tage), – Verhandlungs- und Gesprächsführung für die Außenprüfung (3 Tage). Kerninhalte dieser Seminare sind insbesondere Kommunikation, Verhandlungstraining und Strategien für das angemessene Verhalten in möglicherweise konflikt- und stressbehafteten Situationen während einer Prüfung. Obligatorischer Bestandteil der Aus- und Fortbildung im Bereich der Steuerfahndung ist das „Systemische Einsatztraining (SET)“. Im Rahmen dieses (vier- bis fünftägigen) Trainings werden neben den Themengebieten „Recht“ und „Einsatztaktik“ auch die Inhalte „Kommunikation“, „Stress“ und „Not- und Abwehrtechniken“ vermittelt. Das SET wird auch den Beschäftigten der Bußgeld- und Strafsachenstellen angeboten. Die tatsächliche Teilnahme ist diesen Beschäftigten freigestellt. 8. Sind die Mitarbeiter mit erhöhtem Publikumskontakt (Pförtner, Annahmen, Anmeldesteuerstellen ) besonders geschult? Welche Inhalte haben die Schulungen? Welchen Zeitumfang haben die Schulungen? Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Führungskräfte der Steuerverwaltung besteht bereits seit Jahren ein umfangreiches Seminarangebot. Hervorzuheben sind hier insbesondere folgende Seminare: – Konfliktgespräche für den Innendienst (3 Tage), – Rhetorik - Allgemeine Grundlagen (3 Tage), – Rhetorik für Bedienstete in publikumsintensiven Bereichen (3 Tage), – professionelles Verhaltenstraining für Bedienstete mit Vollstreckungsaufgaben (3 Tage), – Konfliktmanagement für Führungskräfte (3 Tage). Kerninhalte dieser Seminare sind: – Konflikterkennung/Konfliktanalyse, – Gesprächsverhalten/Gesprächsführung, – Deeskalationstraining/Deeskalationsrhetorik, – Verhaltensstrategien für emotionsgeladene/konfliktbehaftete Situationen. (Verteilt am 23.02.2018) Drucksache 18/378 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Peer Lilienthal (AfD) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Sind die niedersächsischen Finanzbeamten an ihrem Arbeitsplatz sicher?