Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/379 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Helge Limburg, Dragos Pancescu und Julia Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Verdacht auf Handydiebstahl: Polizeieinsatz mit Taschenkontrolle im Gymnasium Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Helge Limburg, Dragos Pancescu und Julia Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen), eingegangen am 10.01.2018 - Drs. 18/180 an die Staatskanzlei übersandt am 22.01.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 21.02.2018, gezeichnet In Vertretung Stephan Manke Vorbemerkung der Abgeordneten Die Neue Presse und die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichteten am 04./05.12.2017 von einem „aufsehenerregenden“ Polizeieinsatz im Gymnasium Großburgwedel. Einer Sechstklässlerin war ein iPhone 6 S abhandengekommen. Es wurde durch die Mutter der Schülerin im Schulgebäude geortet, die Polizei wurde daraufhin von der Schulleitung informiert. Zunächst sollen sechs Polizeibeamte in Begleitung von Lehrern des Gymnasiums in dem Bereich, in dem das Handy geortet wurde, von Klasse zu Klasse gegangen sein, um „über den Sachverhalt zu informieren und um dem potenziellen Täter Gelegenheit zur Rückgabe des Smartphones zu geben “. Darauf gab es offensichtlich keine Reaktion, sodass durch das Kommissariat Großburgwedel beim Bereitschaftsdienst der Staatsanwaltschaft eine Durchsuchungsanordnung beantragt wurde. Die Staatsanwaltschaft Hannover soll bestätigt haben, die bearbeitende Staatsanwältin habe in dem Fall Eilbedürftigkeit und Gefahr im Verzug gesehen, sodass die Durchsuchungsanordnung auch ohne richterliche Anordnung erteilt werden konnte. Vor den Taschenkontrollen durften die Kinder von insgesamt vier Schulklassen ihre Klassenzimmer vorübergehend nicht verlassen. Das Handy wurde schließlich verwaist auf einer Bank gefunden. Vorbemerkung der Landesregierung Am 04.12.2017, gegen 12:10 Uhr, wurde durch das Sekretariat des Gymnasiums Großburgwedel der Wache des Polizeikommissariats Großburgwedel mitgeteilt, dass einer 12-jährigen Schülerin während der Pause in der Zeit von 11:30 Uhr bis 11:45 Uhr ein Mobiltelefon Apple iPhone 6 S im Wert von ca. 600 Euro aus einem abgelegten Rucksack entwendet worden war. Die erziehungsberechtigte Mutter hatte zwischenzeitlich das Mobiltelefon ihrer Tochter über den Provider orten lassen; Ortungsbereich war der Schultrakt C des Gymnasiums mit neun Klassenräumen . Zur Sachverhaltsklärung wurde gegen 12:15 Uhr zunächst eine Funkstreifenbesatzung (zwei Polizeivollzugsbeamte ) zu der Schule entsandt. Die Polizeivollzugsbeamten wurden beim Eintreffen am Einsatzort u. a. von einem Mitglied der Schulleitung empfangen und in den Sachverhalt eingewiesen . Mit dem Mitglied der Schulleitung wurden die weiteren Maßnahmen abgestimmt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/379 2 Die eingesetzten Beamten suchten gemeinsam mit dem Mitglied der Schulleitung die betroffenen Schulklassen auf, um die Schülerinnen und Schüler über den Sachverhalt zu informieren und zur freiwilligen Herausgabe des Geräts aufzufordern. Unter Berücksichtigung des Alters der minderjährigen Schülerinnen und Schüler ist die Ansprache durch die Polizei mit der notwendigen Empathie und Sensibilität erfolgt, auch um die Gelegenheit einer freiwilligen Herausgabe des Mobiltelefons zu entwickeln oder sich gegebenenfalls an die jeweilige Lehrkraft zu wenden. Während dieser Ansprachen waren auch die jeweils zu diesem Zeitpunkt unterrichtenden Lehrkräfte anwesend. Mit dem Mitglied der Schulleitung wurde ebenfalls vereinbart, dass die Eltern der betroffenen Schülerinnen und Schüler durch die Schule über den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt werden. Das Mobiltelefon ist nach den Ansprachen weder herausgegeben noch anderweitig wieder aufgefunden worden. Aufgrund der vorangegangenen Ortung war davon auszugehen, dass sich das Gerät nach wie vor in dem betroffenen Gebäudekomplex des Gymnasiums befand. Insoweit konnte auch der betroffene Personenkreis eingegrenzt werden. Aufgrund dieser Tatsachen bestand für eine mögliche Durchsuchungsmaßnahme eine konkrete Erfolgsvermutung zum Auffinden des entwendeten Mobiltelefons, außerdem kam es im laufenden Jahr bereits zu einigen Handydiebstählen in dem Schulkomplex. Dem Mitglied der Schulleitung wurde durch die Polizeivollzugsbeamten mitgeteilt, dass man Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Hannover bezüglich möglicher Durchsuchungsmaßnahmen halten werde. Damit war das Mitglied der Schulleitung einverstanden. Bezüglich der Anordnung einer Durchsuchung ist kurz vor 13:00 Uhr Kontakt zur Staatsanwaltschaft Hannover aufgenommen worden. Aufgrund der Vielzahl der betroffenen Personen (neun Klassen mit insgesamt ca. 130 Schülerinnen und Schülern) sowie des bevorstehenden Unterrichtsendes wurde durch die Staatsanwaltschaft die Durchsuchung angeordnet. Gleichzeitig wurden zur Vorbereitung einer zügigen Durchsuchung weitere vier Polizeivollzugsbeamte zum Gymnasium entsandt, um die Beeinträchtigungen der Schülerinnen und Schüler so gering wie möglich zu halten. Die Durchsuchungsmaßnahmen wurden im Obergeschoss des Schultrakts begonnen. Gegen 13.24 Uhr wurde das Mobiltelefon in einem Klassenraum im Erdgeschoss des relevanten Gebäudeteils aufgefunden. Eine Lehrkraft hatte den Raum kurzzeitig verlassen und nach Wiederkehr das vermisste Mobiltelefon auf dem Lehrerpult vorgefunden. Ca. 20 Schülerinnen und Schüler wurden zwischenzeitlich gleichgeschlechtlich abgetastet, ihre Schultaschen und Rucksäcke wurden durchsucht. Widersprüche gegen die polizeilichen Maßnahmen wurden nicht erhoben. Die Einsatzmaßnahmen erstreckten sich letztendlich bis ca. 14.00 Uhr. 1. Aus welchen Gründen wurden sechs Polizeibeamte in welchem Zeitraum zur Ermittlung in der Schule eingesetzt? Siehe Vorbemerkungen. 2. Wie lange hat der Informationsrundgang der Polizeibeamten in den vier Klassen angedauert , und welche Erkenntnisse haben die Beamten daraus gewonnen? Siehe Vorbemerkungen. 3. Welche Maßnahmen, wie z. B. einen Durchgang der allgemein zugänglichen Schulgebäudeteile , haben die Beamten nach dem Informationsdurchgang durch die Klassen eingeleitet? Nach dem Eintreffen der Unterstützungskräfte wurden auch die allgemein zugänglichen Toilettenbereiche des Gebäudetrakts C durchsucht. Im Übrigen siehe Vorbemerkungen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/379 3 4. Wie lange haben die Polizeibeamten nach dem Informationsdurchgang durch die Klassen abgewartet, ob sich das Handy anfindet, bis sie die Durchsuchungsanordnung beantragt haben? Siehe Vorbemerkungen. 5. Woraus ergeben sich die Eilbedürftigkeit und Gefahr im Verzug bei dem Verlust eines Handys? Die Eilbedürftigkeit in diesem Fall ergab sich durch das bevorstehende Unterrichtsende um 13:20 Uhr und das damit verbundene Verlassen des Schulgebäudes durch die betroffenen Schülerinnen und Schüler. Es bestand die Gefahr bestanden, dass das Mobiltelefon - und damit das entscheidende Beweismittel - beiseite geschafft wurde, zumal das Mobiltelefon, und somit auch die Ortungsfunktion des Geräts, nach vorliegenden Informationen der Polizei zwischenzeitlich deaktiviert worden war. 6. Hält die Landesregierung die in 4 Schulklassen im Gymnasium Großburgwedel durchgeführte Durchsuchung bei mindestens 80 Schülerinnen und Schülern für verhältnismäßig , auch in Bezug auf die Eilbedürftigkeit, auf angenommene Gefahr im Verzug und obwohl die Erziehungsberechtigten nicht über die Maßnahme unterrichtet wurden? Die Staatsanwaltschaft Hannover hat die Anordnung einer Durchsuchung zum Zweck der Aufklärung des Sachverhalts, der Ermittlung der Täterin oder des Täters und der Gewinnabschöpfung für verhältnismäßig gehalten. Der Wert eines Apple iPhone 6 S sei nicht unerheblich. Hinzu komme der immaterielle Wert der darin enthaltenen Daten. Es habe auch gegolten zu verhindern, dass die oder der sich durch die Tat als nicht gesetzeskonform erwiesene Täterin oder Täter sich möglicherweise der im Handy gespeicherten persönlichen Daten der Geschädigten bemächtige und diese missbrauche. Mit ihrer Entscheidung hat sich die Staatsanwaltschaft im Rahmen des ihr nach der Strafprozessordnung zum Zwecke der Strafverfolgung zukommenden Beurteilungsspielraums bewegt. Im Übrigen siehe Vorbemerkungen. 7. Wird bei ähnlichen Fällen in anderen Schulen des Landes der gleiche Aufklärungsaufwand durch die Polizei betrieben, wenn einer Schülerin oder einem Schüler das Handy abhandengekommen ist, und, wenn nein, aus welchen Gründen nicht? Im vorliegenden Fall war nicht von einem „Abhandenkommen“, sondern von einem Diebstahl auszugehen . 8. Mit wie vielen Polizeibeamtinnen und -beamten war das PK Großburgwedel während der Abwesenheit der sechs Polizeibeamten besetzten, und welche Aufgaben konnte die Polizei während der Abwesenheit nicht wahrnehmen? Es befanden sich weitere Kräfte des Einsatz- und Streifendienstes und des Kriminalermittlungsdienstes im Dienst, die bedarfsweise für Einsatzanlässe jeglicher Art hätten eingesetzt werden können. Konkret waren dies 14 Polizeivollzugsbeamte im Polizeikommissariat Großburgwedel und vier Polizeivollzugsbeamte in der Polizeistation Altwarmbüchen. Während der Durchsuchungsmaßnahmen im Gymnasium gab es keine weiteren Soforteinsätze für den Einsatz- und Streifendienst. Im Kriminalermittlungsdienst konnten sämtliche Vernehmungen und sonstigen Ermittlungsmaßnahmen ohne Beeinträchtigungen durchgeführt werden. (Verteilt am 23.02.2018) Drucksache 18/379 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Helge Limburg, Dragos Pancescu und Julia Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Verdacht auf Handydiebstahl: Polizeieinsatz mit Taschenkontrolle im Gymnasium