Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3830 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Dr. Stefan Birkner und Hillgriet Eilers (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Wann wird der Generalplan Küstenschutz überarbeitet? Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Dr. Stefan Birkner und Hillgriet Eilers (FDP), eingegangen am 18.04.2019 - Drs. 18/3571 an die Staatskanzlei übersandt am 29.04.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 28.05.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Am 05.04.2019 berichtete der NDR darüber, dass die Gemeinden entlang der Niederelbe vom Land höhere Deiche forderten. Mehrere Landräte, Bürgermeister und Deichverbände hätten dies bei einer gemeinsamen Küstenschutz-Konferenz deutlich gemacht (https://www.ndr.de/nach richten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Niederelbe-Kommunen-fordern-hoehere-Deiche, deiche130.html). Demnach seien die Deiche derzeit deutlich zu niedrig. Es bestünde die Sorge, dass die niedersächsischen Marschgebiete bei einer schweren Sturmflut zum Überlaufpolder werden könnten. Die Deiche im gegenüberliegenden Hamburg und Schleswig-Holstein würden bereits auf die erforderliche Höhe gebracht. Das niedersächsische Umweltministerium habe inzwischen auf die Forderungen reagiert und wolle seine Pläne neu berechnen. Auf den Internetseiten des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz sind die Hinweise zu finden, dass der Niedersächsische Generalplan Küstenschutz im Jahr 2007 erschienen ist und Exemplare in gedruckter Form vergriffen seien (https://www.nlwkn.niedersachsen.de/hochwasser_kuestenschutz/kuestenschutz/generalplan_kues tenschutz/generalplan-kuestenschutz-45183.html). In ihrer Antwort auf eine Landtagsanfrage vom 27.06.2018 (Drucksache 18/1316) teilte die Landesregierung am 17.07.2018 mit, dass gegenwärtig Arbeiten zur Fortschreibung des Generalplans Küstenschutz liefen. Das Land Schleswig-Holsteins hat seinen erstmals im Jahr 1962 aufgestellten Generalplan Küstenschutz im Jahr 2012 überarbeitet und entsprechend verabschiedet, um die Sicherheit der Küstenbewohner , insbesondere im Hinblick auf den erwarteten Meeresspiegelanstieg, langfristig zu gewährleisten . Vorbemerkung der Landesregierung Nachdem sich die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie die Freie und Hansestadt Hamburg im Jahr 2017 auf ein einheitliches Vorgehen bei der Bemessung der Deichhöhen im Elbästuar geeinigt hatten, wurde die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) beauftragt, die Bemessungswasserstände im Verlauf der Unterelbe auch unter Berücksichtigung eines zukünftigen Anstiegs des Meeresspiegels um 50 cm neu zu bestimmen. Das entsprechende Gutachten datiert vom 12.04.2018. Darauf aufbauend wurden für die niedersächsischen Hauptdeiche an der Tideelbe die Seegangsparameter Wellenhöhe, -periode und -angriffsrichtung neu bestimmt. Diese Arbeiten wurden Ende 2018 abgeschlossen. Damit liegen die wesentlichen wissenschaftlichen Voraussetzungen für die Bestimmung der erforderlichen Deichhöhen an der Unterelbe als Grundlage für deren amtliche Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3830 2 Festsetzung vor. Es zeichnet sich ab, dass die Elbdeiche in weiten Bereichen nacherhöht werden müssen. Zudem lassen die Ergebnisse der Berechnungen erkennen, welche Deichabschnitte derzeit das größte Unterbestick besitzen. Im Ergebnis weisen 40 km der Deiche der Tideelbe eine ausreichende Höhe auf und sind damit aus heutiger Sicht für den Sturmflutschutz der nächsten 100 Jahre hinreichend gestaltet. Die neuen Erkenntnisse werden in die kommende Fortschreibung des Generalplans Küstenschutz für den Festlandsbereich Eingang finden. Neben vorgenannten Grundlagen ist die erforderliche Höhe eines Deiches u. a. auch von dessen Böschungsneigung abhängig. Das für eine konkrete Deichbaumaßnahme erforderliche Deichbestick kann daher durch die zuständige Behörde, den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft , Küsten- und Naturschutz, erst auf der Grundlage der endgültigen Planung festgelegt werden. Nach Deichrecht zählt es zu den Aufgaben der Träger der Deicherhaltung, entsprechende Planungen (und die sich anschließenden Baumaßnahmen) voranzubringen. Das Land Niedersachsen wird bei der künftigen Zuweisung von Haushaltsmitteln an die Deichverbände berücksichtigen, dass die Planungen für die Deicherhöhungen an der Elbe (wie auch im übrigen Küstenraum) entsprechend ihrer Priorität vorankommen und nach Abschluss der erforderlichen öffentlich-rechtlichen Zulassungsverfahren zügig baulich umgesetzt werden können. Vorlaufende Rahmenentwürfe der Verbände werden bereits vom Land gefördert. Das Land Niedersachsen hatte zuletzt 1973 einen vollständigen Generalplan Küstenschutz veröffentlicht . Aufgrund der Größe des geschützten Gebietes von über 6 000 km2 und der Komplexität des Küstenschutzsystems wurde entschieden, diesen Fachplan in drei Teilpläne aufzuteilen und gemeinsam mit dem Land Bremen aufzustellen. 2007 wurden der Generalplan Küstenschutz Niedersachsen /Bremen Teil I, Hauptdeiche, und 2010 der Generalplan Küstenschutz Niedersachsen Teil II, Inselschutz, veröffentlicht. Der Generalplan Küstenschutz Niedersachsen/Bremen Teil III, Schutzdeiche, befindet sich aufgrund der hohen Komplexität des Deichsystems oberstrom von Sperrwerken mit dem Ziel der Fertigstellung im laufenden Jahr 2019 in der Aufstellung. Ergänzend zur Generalplanung erfolgt etwa alle zehn Jahre mit der Bilanzierung eine Überprüfung der Deichhöhen , die unmittelbar in die Prioritätensetzung und jährliche Fortschreibung des Bau- und Finanzierungsprogramms Küstenschutz eingeht. 1. Wie ist der Zeitplan der Landesregierung für die Überarbeitung bzw. Aktualisierung des Generalplans Küstenschutz aus dem Jahr 2007? Die Aktualisierung des Generalplans Küstenschutz Niedersachen/Bremen Teil I, Hauptdeiche, erfolgt nach Veröffentlichung des Generalplans Küstenschutz Teil III, Schutzdeiche. 2. Wann plant die Landesregierung die sturmflutsichere Höhe der Deiche an der Tideelbe amtlich festzulegen? Die vorhandenen Deiche entsprechen der bisherigen Sicherheitsphilosophie und sind hinreichend sicher. Mit der aktuellen Bilanzierung liegt eine umfassende Überprüfung der erforderlichen Hauptdeichhöhen an der Niedersächsischen Tideelbe vor. Damit sind die Defizite entlang der 135 km langen Deichlinie bekannt und eine Priorisierung der erforderlichen Planungs- und Baumaßnahmen möglich. Rahmenpläne münden in konkrete Planungen vordringlicher Deichabschnitte ein, die dann vor der baulichen Umsetzung sukzessive in ein amtliches Bestick überführt werden. 3. Welche konkreten Anpassungs- und Änderungsbedarfe sieht die Landesregierung diesbezüglich? Es werden diesbezüglich keine Anpassungs- oder Änderungsbedarfe gesehen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3830 3 4. Welchen jeweils konkreten Nacherhöhungsbedarf sieht die Landesregierung in Niedersachsen an den Deichen entlang der Elbe, an den übrigen Küstenschutzdeichen und an den Deichen, Schutzdünen und zugehörigen Sicherungs- und Schutzwerken auf den Ostfriesischen Inseln? Auf einer Länge von rund 94 km entspricht der Hauptdeich an der Tideelbe nicht der erforderlichen Höhe. Hiervon besteht für rund 73 km der Deiche ein Höhendefizit von mehr als 20 cm und damit gemäß § 5 Abs. 2 NDG Handlungsbedarf. Auf den übrigen rund 474 km Hauptdeich besteht ein Nacherhöhungsbedarf auf einer Strecke von rund 75 km. An den sandigen Küsten der Ostfriesischen Inseln sind dauerhaft Maßnahmen notwendig, um die Sturmflutsicherheit und den Bestandsschutz der Inseln sicherzustellen. Erforderliche Maßnahmen wie Strandaufspülungen und Dünenverstärkungen sowie Sandfangmaßnahmen am Dünenfuß hängen in ihrer zeitlichen Erfordernis und Lokation stark von Sturmfluthäufigkeit und -intensität sowie den morphologischen Rahmenbedingungen ab. Diese Aufgaben stellen Daueraufgaben dar, die entsprechend den Erfordernissen zur Sicherstellung des Küstenschutzes jährlich festgesetzt werden . Die konkreten Nacherhöhungsbedarfe an den Schutzdeichen werden in dem für 2019 vorgesehenen Generalplan Teil III, Schutzdeiche, dargestellt. Schutzdeiche sind Deiche oberhalb eines Sperrwerkes, die dem Schutz eines Gebietes vor Wasser zu dienen bestimmt sind, das wegen Sperrung des Tidegewässers nicht abfließen kann. 5. Welches notwendige finanzielle Volumen veranschlagt die Landesregierung für diese Maßnahmen jeweils? Zur höhenmäßigen Ertüchtigung der Hauptdeiche sind aus heutiger Sicht rund 500 Millionen Euro erforderlich. Darüber hinaus gibt es jedoch weitere Bedarfe an den Hauptdeichen (Deichlängswege , Deichfußentwässerungen usw.) sowie Bauwerke in der Hauptdeichlinie, wie z. B. Sperrwerke, die erhebliche Mittel erfordern werden. Die Maßnahmenbedarfe für Erhöhung und Verstärkung der Küstenschutzanlagen auf den Inseln sind, wie oben dargestellt, im Generalplan Küstenschutz Teil 2 - Ostfriesische Inseln (2010) dokumentiert . Das erforderliche Investitionsvolumen beträgt hiernach rund 300 Millionen Euro. Die konkreten monetären Bedarfe an den Schutzdeichen werden in dem für 2019 vorgesehenen Generalplan Teil III, Schutzdeiche, dargestellt. 6. Wird die Landesregierung entsprechende Haushaltsmittel im bereits laufenden Haushaltsaufstellungsverfahren einplanen? Die Verbesserung des Küstenschutzes ist seit jeher eine generationenübergreifende Aufgabe, die fortlaufende Investitionen erfordert. Die Finanzierung des Küstenschutzes zählt zu den Gemeinschaftsaufgaben , die gemäß Artikel 91 a Abs. 1 des Grundgesetzes gemeinsam von Bund und Land wahrzunehmen sind. Einschließlich der Bundesmittel sieht die derzeit gültige Mittelfristige Planung jährliche Aufwendungen in Höhe von 61,6 Millionen Euro für den Küstenschutz in Niedersachsen vor. Diese Ansätze wurden von der Landesregierung bislang als knapp, aber auskömmlich angesehen. Den neuen Erkenntnissen zum Anpassungsbedarf an der Elbe und zu den Folgen des Klimawandels wird künftig mit einer Aufstockung Rechnung getragen werden müssen. Anlässlich der Jahrestagung der Konferenz Norddeutschland (KND) wurde daher seitens der norddeutschen Küstenländer am 2. Mai 2019 beschlossen, die Bedarfssituation in den Küstenländern neu zu bestimmen. Auf dieser Grundlage ist beabsichtigt, in 2020 beim Bund eine verbesserte Küstenschutzfinanzierung zu erwirken. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3830 4 7. Berücksichtigt die derzeit gültige Mittelfristige Planung bereits den zukünftigen Anpassungsbedarf für den Küstenschutz? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. 8. Welche minimale Deichhöhe an der Elbe wird derzeit an jeweils welcher Stelle in Niedersachsen , Schleswig-Holstein und Hamburg erreicht? In Niedersachsen beträgt die niedrigste Deichhöhe an der Elbe 7,50 m und liegt in der Nähe des Sperrwerkes Wischhafen. Das rechnerische Unterbestick beträgt dort 1,16 m. Das größte rechnerische Unterbestick beträgt 1,52 m und liegt auf Krautsand. Die minimalen Deichhöhen von Schleswig -Holstein und Hamburg sind hier nicht bekannt. 9. Wie wurden die Deichhöhen zwischen den Ländern Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein bislang abgestimmt, und sieht die Landesregierung diesbezüglich Änderungsbedarf? Die länderübergreifende Abstimmung zwischen Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen erfolgte auf fachlicher und ministerieller Ebene und wurde 2017 abgeschlossen. Im Ergebnis wurde festgelegt, dass die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) die Bemessungswasserstände entlang der Tideelbe für die drei Anrainer ermittelt. Diese bilden die Basis für die Berechnungen der Wellenauflauf - bzw. der rechnerischen Bestickhöhen, die ebenfalls auf einer abgestimmten einheitlichen Methodik erfolgen. Das Land Niedersachsen wird wie in der Vergangenheit auch in Zukunft auf eine länderübergreifende Abstimmung hinwirken. (Verteilt am 29.05.2019) Drucksache 18/3830 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Dr. Stefan Birkner und Hillgriet Eilers (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Wann wird der Generalplan Küstenschutz überarbeitet?