Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3856 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner und Jan-Christoph Oetjen (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Wurden auch in Niedersachsen Gelder für die Terrorgruppe Hamas gesammelt? Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner und Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 18.04.2019 - Drs. 18/3572 an die Staatskanzlei übersandt am 08.05.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 31.05.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Am 11.04.2019 berichtete die Neue Presse (NP) über bundesweit durchgeführte Razzien. Die Polizei habe bundesweit 90 Objekte, drei in Niedersachsen, darunter zwei in Hannover, durchsucht. Sie alle hätten Verbindungen zu zwei islamischen Vereinen, „Ansaar International“ und „World Wide Resistance (WWR) - Help“ gehabt. Beide Vereine stünden im Verdacht, unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe die Terrorgruppe Hamas finanziell und propagandistisch zu unterstützen. „Im Visier der Beamten in Hannover war einer der prominentesten Protagonisten der deutschen Salafisten -Szene: Marcel Krass (43). Gefilzt wurden nach NP-Informationen die beiden Wohnungen, in denen er und seine Frau Eva sich aufhalten. Am Ende nahmen die Ermittler in Hannover und Melle all das mit, woraus sich Hinweise auf eine mögliche Unterstützung der Terrorgruppe ergeben, die für die Vernichtung des Staates Israel kämpft: Handys, Computer, weitere Datenträger und Unterlagen in Papierform“ (NP, 11.04.2019). Die NP berichtete weiter, dass Marcel Krass in Hannover kein Unbekannter sei, da er im vergangenen Herbst auch die umstrittenen Kuchenstände der Islamisten in Hannover beworben habe. „Die bei Insidern unbekannte ‚Schwesterngruppe Ansaarul Yateem Hannover‘ hatte im Rahmen der Aktion ‚Food für Charity‘ damals zur Cake-Aktion geladen. Nach NP-Informationen war der umstrittene Kuchenstand von einer Person bei der Stadt angemeldet worden, die in Verbindung mit ‚Ansaar International ‘ gestanden haben soll“ (NP, 11.04.2019). Auf die Anfrage aus der FDP-Landtagsfraktion „Was unternimmt die Landesregierung gegen salafistische Strukturen in Niedersachsen?“ (Drucksache 18/1969) antwortete die Landesregierung, dass bei den Cake-Day-Aktionen Kuchen gegen Spenden verteilt würden. Mit dem Erlös würden verschiedene Hilfsorganisationen unterstützt, die zum Teil Bezüge zum Islamismus/Salafismus aufwiesen. An einigen Cake-Day-Ständen sei in der Vergangenheit auch für entsprechende Organisationen geworben worden. Bereits am 11.10.2018 hatte die NP berichtet, dass Marcel Krass in Hannover mit dem Salafisten Dennis Rathkamp eine neue Organisation namens Föderale Islamistische Union gegründet habe. Die maßgeblichen Akteure des Vereines würden durch den niedersächsischen Verfassungsschutz dem politischen Salafismus zugerechnet (Drucksache 18/1969). Trotz der Novellierung des Niedersächsischen Straßengesetzes (NStrG) im Juni 2018, die mit dem neuen § 18 Abs. 1 a NStrG zum Ziel hatte, die Verbreitung salafistischer Propaganda sowie die Kontaktaufnahme entsprechender Gruppierungen mit jungen Menschen im Rahmen von Islam-Informationsständen oder Koranverteilaktionen zu unterbinden ((Drucksache 18/1969), fanden mehrere Kuchenverkaufsstände in Niedersachsen statt. Die Landesregierung stellte im Oktober in der betreffenden Antwort fest, dass auch das Betreiben von Kuchenverkaufsständen grundsätzlich dazu geeignet sei, mit Passantinnen und Passanten in das Gespräch zu kommen und mündlich für Ziele verfassungsfeindlicher Organi- 1 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3856 sationen zu werben oder aber die damit eingenommenen Spenden zur Unterstützung solcher Organisationen zu verwenden (Drucksache 18/1969). 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Hintergründe der Durchsuchungen in Niedersachsen? Der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat mit Verfügung vom 27. Februar 2019 gegen die in Nordrhein-Westfalen ansässigen Vereine WWR Help und Ansaar International ein Ermittlungsverfahren gemäß § 4 VereinsG eingeleitet. Es besteht nach dem Stand der Erkenntnisse der dringende Verdacht, dass sich die Vereine gegen den Gedanken der Völkerverständigung gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes richten. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen wird davon ausgegangen, dass die Organisationen dem extremistischen Milieu zuzurechnen sind. Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Hamas finanziell und propagandistisch unterstützt wird. Die Terrororganisation Hamas bekämpft seit ihrer Gründung die Existenz des Staates Israel. Eine Unterstützung derartiger Aktivitäten verstößt gegen elementare Grundsätze der deutschen Verfassung . Die Durchsuchungen, die am 10.04.2019 in neun Bundesländern - u. a. in Niedersachsen - stattfanden , dienten der Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen, die für das oben genannte Ermittlungsverfahren relevant sind. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Cake-Aktionen im vergangenen Jahr vor dem Hintergrund der nun stattgefundenen Razzien? Die in der Vorbemerkung der Abgeordneten genannten Veranstaltungen fanden am 5. und 6. Oktober 2018 statt. Zu diesen Veranstaltungen wurde in der Antwort der Landesregierung auf die Dringliche Anfrage „Machtlos gegen Islamisten?“ vom 12. November 2018 (Drs. 18/2069) schon eingegangen . Aus der Durchführung der vereinsrechtlichen Ermittlungsmaßnahme durch das BMI ergibt sich derzeit keine neue Bewertung der Cake-Aktionen. Die Ermittlungsergebnisse sind der Landesregierung noch nicht bekannt. 3. Hat die Landesregierung Erkenntnisse, ob auch die Kuchenstände dafür genutzt wurden , um Gelder für die Hamas oder andere Terrorgruppen zu sammeln? Wenn ja, welche ? Hierzu liegen der Landesregierung derzeit keine Erkenntnisse vor. 4. Fanden seit Oktober 2018 weitere Verkaufsaktionen von Islamisten in Niedersachsen statt Wenn ja, wo, wann und von wem wurden diese angemeldet? Im Nachgang zu den in der Antwort der Landesregierung auf die Dringliche Anfrage „Machtlos gegen Islamisten?“ (Drs. 18/2069) dargelegten Aktionen im Oktober 2018 sind im Ergebnis einer Abfrage im Bereich der niedersächsischen Sicherheitsbehörden keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung bekannt geworden. 5. Vor dem Hintergrund, dass die Verkaufsaktionen trotz Hinweisen des Verfassungsschutzes , dass die Verantwortlichen Verbindungen zum Islamismus/Salafismus hätten, stattgefunden haben: Sieht die Landesregierung weiteren Änderungsbedarf beim NStrG? Mit dem novellierten NStrG wurde eine ausreichende Rechtsgrundlage geschaffen, um Sondernutzungen zu unterbinden, die einen verfassungsfeindlichen und islamistischen Bezug aufweisen. Vo- 2 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3856 raussetzung für eine derartige Untersagung ist, dass in dem jeweiligen Einzelfall entsprechende Erkenntnisse vorliegen. 6. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Aktivitäten der beiden Salafisten Krass und Rathkamp in Niedersachsen? Marcel Krass ist dem niedersächsischen Verfassungsschutz als salafistischer Prediger bekannt, der auch Kontakte in die niedersächsische salafistische Szene hat. Eine seiner wesentlichen Aktivitäten ist die Begleitung von Pilgerreisen. Diese Reisen begleitet Herr Krass bereits seit mehreren Jahren, wobei er stets als Reiseleiter fungiert. Weiterhin sind Herr Krass und Herr Rathkamp Gründungsmitglieder des Vereins „Föderale Islamische Union e. V.“, wobei Herr Krass für die Organisation Videobeiträge zu verschiedenen Themen (u. a. Lehrvideos zu religiösen Themen) über Social-Media-Kanäle bzw. Internet verbreitet. Eine weitergehende Beantwortung der Frage ist nur im Rahmen einer vertraulichen Unterrichtung der Landesregierung im Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes möglich. Auf die bereits erfolgte vertrauliche Unterrichtung der Landesregierung am 14. März 2019 im Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes wird hingewiesen. 7. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Rolle von Marcel Krass in der islamistischen/salafistischen Szene in Niedersachsen? Siehe Antwort zu Frage 6. 8. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Rolle der Föderalen Islamistischen Union in der islamistischen/salafistischen Szene in Niedersachsen? Der Verein „Föderale Islamische Union e. V.“ (FIU) fungiert nach eigener Darstellung als Interessenvertretung in Deutschland lebender Muslime. Die maßgeblichen Akteure des Vereines werden durch den niedersächsischen Verfassungsschutz dem politischen Salafismus zugerechnet. Eine weitergehende Beantwortung der Frage ist nur im Rahmen einer vertraulichen Unterrichtung der Landesregierung im Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes möglich. Auf die bereits erfolgte vertrauliche Unterrichtung der Landesregierung am 14. März 2019 im Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes wird hingewiesen. 9. Bestehen Kontakte zwischen den in Frage 6 genannten Akteuren und der Föderalen Islamistischen Union zu „Ansaar International“, „WWR - Help“, „Ansaarul Yateem Hannover “, „DIK Hannover“, „Islamic Relief“ oder der „Muslimbruderschaft“? Wenn ja, in welcher Form? Eine Beantwortung der Frage ist nur im Rahmen einer vertraulichen Unterrichtung der Landesregierung im Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes möglich. (Verteilt am 04.06.2019) 3 Drucksache 18/3856 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner und Jan-Christoph Oetjen (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung