Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3857 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Inwiefern können Hopper-Tickets zur Stärkung des Schienenpersonennahverkehrs und zum Ausbau „länderübergreifender Kooperationen“ („Gemeinsam für ein modernes Niedersachsen “, Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU, Seite 74) beitragen? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP), eingegangen am 24.04.2019 - Drs. 18/3592 an die Staatskanzlei übersandt am 30.04.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 31.05.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten In den benachbarten Bundesländern Thüringen und Sachsen-Anhalt ist der Erwerb sogenannter Hopper-Tickets möglich. Die Kurzformel für ein Hopper-Ticket lautet: „1 Person. 1 Ziel. 50 Kilometer . Nur 5,40 Euro!“ (https://www.bahn.de/micro/view/hopper-ticket-suedost/index.shtml). Das Ticket gilt für eine Person, und eigene Kinder oder Enkelkinder unter 15 Jahren können kostenlos mitfahren . Das Hopper-Ticket gilt auf einer Strecke eigener Wahl, ist auf einen Tag beschränkt und umfasst mehrere Verkehrsverbünde. Hin- und Rückfahrten gibt es zwischen 8,20 und 9,20 Euro. Die Regierungskoalition in Niedersachsen hat sich gemäß Koalitionsvereinbarung (Kapitel 7, Seite 74) vorgenommen, den Schienenpersonennahverkehr zu stärken und länderübergreifende Kooperationen auszubauen. Vorbemerkung der Landesregierung Beim sogenannten Hopper-Ticket (Einfache Fahrt 5,40 Euro/ Hin- und Rückfahrt 8,70 Euro, jeweils zuzüglich 2 Euro im personenbedienten Verkauf) handelt es sich um ein Angebot im DB-Tarif in den Bundesländern Thüringen und Sachsen-Anhalt. Er kommt nur montags bis freitags von 9 bis 3 Uhr des nächsten Tages sowie an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen ganztägig und nur für Fahrten mit einer maximalen Reiseweite von 50 km zur Anwendung. Innerhalb des Verkehrsverbundes Mittelthüringen (VMT) und des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) bestehen daran anknüpfend verbundeigene „Hooper-Tickets“ mit Sonderregelungen, die bei einem etwas höheren Preis auch die Nutzung von Stadtbahnen und Bussen in einer bestimmten Anzahl von Tarifzonen ermöglichen. In allen übrigen Bundesländern gibt es sogenannte „Hooper-Tickets“ nicht. 1. Ist der Landesregierung das Hopper-Ticket in den benachbarten Bundesländern Thüringen und Sachsen-Anhalt bekannt? Ja. 1 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3857 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Attraktivität von Hopper-Tickets, z. B. auf Basis der derzeit gültigen Bedingungen in Sachsen-Anhalt oder Thüringen, für Flächenländer ? In Flächenländern, in denen Verbundtarife landesweit nicht flächendeckend vorhanden sind bzw. Bus-/Schienen-Angebote auf kurzen Strecken bis 50 km in die Oberzentren oder Metropolen fehlen , können entsprechende Ticketangebote für Einzelfahrten zu einem Fixpreis mit einer begrenzten Streckenlänge im Rahmen vorgegebener Zeitfenster gegebenenfalls ein attraktives Angebot darstellen. 3. Gibt es vergleichbare Angebote in Niedersachsen, und falls ja, welche sind dies? Im Flächenland Niedersachsen bestehen im Raum um die Oberzentren meist Verbundtarife, sodass für Reiseweiten bis 50 km in der Regel ein verbundinternes Tarifangebot existiert, das zusätzlich auch bereits den Bus oder die Straßenbahn im Vor- und Nachlauf zur Schienenstrecke integriert . Konkret trifft dies beispielsweise auf die Regionen um die niedersächsischen Oberzentren Hannover, Braunschweig-Wolfsburg-Salzgitter, Lüneburg, Göttingen, Oldenburg sowie ebenso auf die Regionen um die benachbarten Oberzentren Bremen/Bremerhaven und Hamburg in den benachbarten Stadtstaaten zu. 4. Können nach Auffassung der Landesregierung Hopper-Tickets für Gelegenheitsfahrten auf einer Strecke von bis zu 50 km eine attraktive Alternative zu Pkw-Fahrten darstellen und so einen Beitrag zur Verkehrsverlagerung auf die Schiene leisten (bitte mit Begründung )? Grundsätzlich könnte ein pauschales Tarifangebot ein geeignetes Instrument sein, um für Gelegenheitsfahrten im verbundfreien Räumen bis zu 50 km eine attraktive Alternative zu Pkw-Fahrten darzustellen. Von entscheidenderer Bedeutung als das Ticketangebot dürften aber das tatsächliche Verkehrsangebot im Hinblick auf Taktangebot und Komfort für die gewünschte Fahrt sowie die Verknüpfung zwischen den benötigten Verkehrsmitteln, insbesondere zwischen Bus und Bahn, und eine einfache Zugänglichkeit zum öffentlichen Verkehrsangebot insgesamt sein. 5. Bezieht sich die Formulierung in der Koalitionsvereinbarung (Seite 74, Zeile 1881) über die beabsichtigte Stärkung des Schienenpersonennahverkehrs ausschließlich auf Bahnstrecken, Haltepunkte und Taktungen oder auch auf weitere Maßnahmen, und falls ja, auf welche weiteren Maßnahmen und Möglichkeiten? Ziel der Niedersächsischen Landesregierung ist die Stärkung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) insgesamt. Dazu gehört eine Vielzahl verschiedener Einzelmaßnahmen, diese umfassen im Rahmen der kontinuierlich vorangetriebenen Angebots- und Qualitätsoffensive der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG), die die Aufgabenträgerschaft im SPNV für das Land wahrnimmt, neben verbesserten Taktungen beispielsweise auch eine kontinuierliche Ausweitung von Verkehrsangebot (z. B. in Tagesrandzeiten) und Qualität im SPNV, u. a. durch den Einsatz komfortablerer und moderner Fahrzeuge, eine Ausstattung mit Videoüberwachung und W-LAN in den Zügen sowie Ausweitungen des Einsatzes von Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern in den Zügen. Hinzu kommen außerdem tarifliche Maßnahmen zur Integration von Bus- und Schienenverkehr , wie sie mit der kostenlosen Anschlussmobilität mit Bussen und Stadtbahnen im Rahmen des Niedersachsentarifs und beim Niedersachsenticket mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2018 umgesetzt wurden. Weitere wichtige Maßnahmen sind u. a. die Reaktivierung von Bahnstrecken und Haltepunkten, die Schaffung von attraktiven barrierefreien Bahnstationen im Rahmen der Bahnhofsmodernisierungsprogramme des Landes sowie Verbesserungen bei der Fahrgastinformation . 2 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3857 6. Bezieht sich die Formulierung in der Koalitionsvereinbarung (Seite 74, Zeile 1882) über einen beabsichtigten Ausbau länderübergreifender Kooperationen ausschließlich auf Bahnstrecken, Haltepunkte und Taktungen oder auch auf weitere Maßnahmen, und falls ja, auf welche weiteren Maßnahmen und Möglichkeiten? Der Ausbau der länderübergreifenden Kooperation bezieht sich auf alle Aspekte des Schienenpersonennahverkehrs , sodass neben den bei der Antwort zu Frage 5 genannten Maßnahmen beispielsweise auch sinnvolle tarifliche Kooperationen und Verbesserungen im länderübergreifenden Verkehr angestrebt und umgesetzt werden. 7. Können Hopper-Tickets dazu beitragen, so wie es in der Koalitionsvereinbarung formuliert ist, den Schienenpersonennahverkehr zu stärken (bitte mit Begründung)? Auf die Antworten zu den Fragen 2, 4 und 5 wird verwiesen. Tarifangebote wie die sogenannten Hopper-Tickets könnten gegebenenfalls mit dazu beitragen, den SPNV zu stärken. Allerdings ist dies in Niedersachsen in den angrenzenden Räumen rund um die meisten Oberzentren nur noch bedingt möglich, da die relevanten Relationen bereits mit Verbundtarifen und entsprechenden durchaus attraktiven Verbundangeboten ausgestattet sind. Auf den verbleibenden Relationen in Niedersachsen, vor allem in den meist stärker ländlich geprägten verbundfreien Räumen, könnten sogenannte „Hopper-Tickets“ deshalb voraussichtlich nur einen eher geringen Beitrag zur Stärkung des SPNV leisten. Für größere SPNV-Entfernungen kommt dagegen dem attraktiven und beliebten Niedersachsen- Ticket als „Mobilitätsflatrate“ für Bus und Bahn ab 9:00 Uhr in ganz Niedersachsen bzw. dem durch die Anschlussmobilität mit Bus- und Stadtbahn aufgewerteten Niedersachsen-Tarif eine deutlich größere Bedeutung zu. 8. Welche benachbarten Bundesländer würden aus Sicht der Landesregierung für eine länderübergreifende Kooperation in Sachen Hopper-Ticket infrage kommen und welche nicht (bitte mit Begründung)? Die benachbarten Bundesländer Hamburg und Bremen kommen aufgrund der bestehenden Tarifverbünde , die bis weit nach Niedersachsen hinein reichen, dafür nicht infrage. Hier stehen Verbundangebote für Einzel- bzw. Hin-und-Rückfahrten, aber auch Tagestickets je nach Reiseweite bzw. entsprechenden Tarifzonen zur Verfügung. Auch hinsichtlich der Länder Nordrhein-Westfalen und Hessen bestehen aktuell bereits entsprechende tarifliche Übergangslösungen, sodass bereits Tarifangebote für Reiseweiten bis 50 km mit abbildbaren Fahrgastpotenzialen vorhanden sind und in den Zuständigkeiten der dortigen Tarifgemeinschaften liegen. Allenfalls in benachbarten Bundesländern, in denen vorwiegend noch der DB-Tarif zur Anwendung kommt, wie z. B. den Ländern Sachsen-Anhalt oder Thüringen, wäre die Einführung sogenannter Hopper-Tickets für grenzüberschreitende Verkehre grundsätzlich denkbar. Allerdings erscheint auch hier eher fraglich, ob durch ein solches Angebot relevante zusätzliche Fahrgäste gewonnen werden könnten. 9. Kann sich die Landesregierung die Einführung von Hopper-Tickets in Niedersachsen vorstellen? Auf die Antworten zu den Fragen 2, 4, 5 und 7 wird verwiesen. Die Einführung sogenannter Hopper -Tickets bzw. vergleichbarer Angebote in Niedersachsen ist theoretisch natürlich vorstellbar. Hierzu wären vorab in jedem Fall umfangreiche Untersuchungen und Analysen nötig, ob und, wenn ja, in welchem Umfang dadurch noch entsprechende Fahrgastpotenziale zu heben sind und welche Verluste durch Kannibalisierung, d. h. Abwanderung, von heutigen Nutzern mit Niedersachsentickets oder Einzel- bzw. Hin- und Rückfahrkarten dem gegenüberstehen. Nach jetzigem Stand er- 3 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3857 scheint der Nutzen sogenannter Hopper-Tickets für die Fahrgäste in Niedersachsen jedoch eher überschaubar. 10. Ab wann wäre eine Einführung von Hopper-Tickets in Niedersachsen theoretisch möglich ? Eine valide Einschätzung dazu kann erst nach Abschluss der zuvor erforderlichen umfangreichen Untersuchungen hinsichtlich möglicher Potenziale und Kannibalisierungseffekte vorgenommen werden. Angesichts der erforderlichen Vorarbeiten erscheint frühestens eine Einführung in einem Zeitfenster ab 2022/2023 vorstellbar. 11. Würde die Landesregierung ähnliche Rahmenbedingungen für ein Hopper-Ticket wie in Thüringen oder/und Sachsen-Anhalt oder modifizierte Tarifbedingungen anstreben? Über etwaige Rahmenbedingungen könnte erst nach Abschluss der zuvor erforderlichen umfangreichen Untersuchungen sowie unter Berücksichtigung der Auslastung davon gegebenenfalls berührter Zugverbindungen entschieden werden. 12. Kann sich die Landesregierung länderübergreifende Kooperationen in Sachen Hopper- Tickets mit den angrenzenden Bundesländern vorstellen, und falls ja, wird sie diese vorantreiben ? Theoretisch vorstellbar sind entsprechende länderübergreifende Kooperationen selbstverständlich. Mögliche Weiterentwicklungen von länderübergreifenden Kooperationen müssten von den jeweiligen betroffenen Tarifgemeinschaften untersucht und gegebenenfalls angestoßen werden. Inwieweit spezielle länderübergreifende Angebote in Sachen „Hopper-Ticket“ überhaupt notwendig sind oder Potenziale heben können, müsste genauer untersucht werden. Der Nutzen sogenannter Hopper- Tickets für die Fahrgäste in Niedersachsen erscheint aktuell eher überschaubar. (Verteilt am 04.06.2019) 4 Drucksache 18/3857 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Inwiefern können Hopper-Tickets zur Stärkung des Schienenpersonennahverkehrs und zum Ausbau „länderübergreifender Kooperationen“ („Gemeinsam für ein modernes Niedersach-sen“, Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU, Seite 74) beitragen?