Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3918 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Wofür bekommt Salzgitter 50 Millionen Euro vom Land? Anfrage der Abgeordneten Belit Onay und Imke Byl (GRÜNE), eingegangen am 06.05.2019 - Drs. 18/3691 an die Staatskanzlei übersandt am 10.05.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 11.06.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten In einer Pressemitteilung der Staatskanzlei vom 8. April 2019 zur Mittelverwendung aus dem Jahresabschluss 2018 heißt es, bis zu 50 Millionen Euro sollten für Infrastrukturmaßnahmen in Kommunen mit multiplen Strukturproblemen verwandt werden. Dabei handele es sich um Maßnahmen für die Stadt Salzgitter, die in besonderer Weise neben dem wirtschaftlichen Strukturwandel von einem Wohnungsüberhang und damit verbundener verstärkter Zuwanderung betroffen sei. Einzelheiten seien Gegenstand eines mit der Stadt Salzgitter noch zu erarbeitenden Konzepts. Vorbemerkung der Landesregierung Die Stadt Salzgitter sieht sich mit einer Reihe schwerwiegender Strukturprobleme konfrontiert. Ihre Ballung und Intensität gehen in sozioökonomischer, städtebaulicher und finanzieller Hinsicht deutlich über das Maß hinaus, dem sich auch andere niedersächsische Kommunen gegenübersehen. Es ist deshalb nicht davon auszugehen, dass die Stadt diese Herausforderungen aus eigener Kraft bewältigen kann. So führt die Dominanz weniger Großunternehmen dazu, dass die gewerbliche Wirtschaft in Salzgitter stark konjunkturabhängig ist und sich Marktveränderungen unmittelbar auf die Haushaltslage der Stadt auswirken. Zuletzt sind die Gewerbesteuereinnahmen massiv eingebrochen. Mindereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe können im städtischen Haushalt nicht kompensiert werden. Bei einer Einwohnerzahl von rund 105 000 Personen (Landesamt für Statistik, Statistische Monatshefte Niedersachsen 4/2019) weist die Stadt mit sieben Ortschaften und 31 Stadtteilen auf einer Fläche von gut 220 km2 eine disperse Siedlungsstruktur auf, die einen relativ hohen Aufwand für Unterhaltung und öffentliche Dienstleistungen erzeugt. Großsiedlungen und die Nähe zu Industrieund Gewerbeflächen spiegeln die Wirtschaftsentwicklung und ihre sozialen Auswirkungen wider. Zwischenzeitlich weisen einige Quartiere einen massiven Leerstand auf, der sich auf etwa 3 000 Wohnungen beläuft. Vor allem das Überangebot an günstigem Wohnraum hat in den zurückliegenden Jahren den Zuzug sozial schwächerer Bevölkerungsgruppen und arbeitssuchender Flüchtlinge begünstigt. Seit 2015 hat sich diese Entwicklung im Gefolge der Sekundärmigration massiv verstärkt. Inzwischen weist die Stadt mit knapp 18 Personen je 1 000 Einwohner einen der höchsten Anteile von Arbeitsuchenden mit Fluchthintergrund auf. Dieser Wert ist dreimal so hoch wie der Landesdurchschnitt. Obgleich sich Salzgitter durch eine sehr integrationserprobte und aufnahmebereite Stadtgesellschaft auszeichnet, müssen auch die Infrastruktur und öffentlichen Dienstleistungen mit diesem Zuzug Schritt halten. Die Folge sind deutlich höhere Aufwände, insbesondere in den Bereichen Wohnen , Kindebetreuung, Schule, Arbeitsmarktintegration und Gemeinwesenarbeit. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3918 2 Dem steht eine seit Jahren hochproblematische Haushaltslage der Stadt gegenüber. Salzgitter ist deutlich über den Wert seines Vermögens hinaus verschuldet. Der Stand der Liquiditätskredite belief sich zum 31.12.2018 auf rund 220 Millionen Euro, der Gesamtfehlbetrag betrug Ende 2018 etwa 240 Millionen Euro. Die weitere Haushaltsplanung sieht strukturelle Defizite für 2019 i. H. v. 28,2 Millionen Euro und 2020 i. H. v. 32,8 Millionen Euro vor. Derzeit ist angesichts dieser Vorbelastung und der gegenwärtigen sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen nicht absehbar, wann sich maßgebliche externe Faktoren dergestalt ändern, dass die Stadt einen Strukturwandel aus eigener Kraft gestalten kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Salzgitter aufgrund seiner zwar volatilen, aber lange Jahre vergleichsweise hohen Steuerkraft nicht wie rund 70 andere Kommunen vom Land entschuldet werden konnte. Angesichts dieser schwierigen Lage hat das Land der Stadt schon seit einigen Jahren Unterstützungsleistungen gewährt. Hierzu zählen insbesondere die seit 2017 geleisteten Bedarfszuweisungen , EU-Kofinanzierungshilfen und Zuwendungen aus dem Integrationsfonds in Höhe von insgesamt rund 19,5 Millionen Euro. Um jedoch mittelfristig eine Stabilisierung zu erreichen, ist es darüber hinaus erforderlich, die Stadt dabei zu unterstützen, einen strategisch angelegten Strukturwandel einzuleiten. Die von der Landesregierung aus dem Jahresüberschuss 2018 vorgesehenen 50 Millionen Euro sollen einen wichtigen Beitrag zu diesem Strukturwandel leisten. Um eine zielgerichtete Verwendung und nachhaltige Wirkung zu gewährleisten, ist die Stadt zunächst gefordert, ein Konzept für den Mitteleinsatz zu erarbeiten. Es soll auf der Basis einer problemadäquaten Situationsanalyse strategische Leitvorstellungen für die künftige Entwicklung formulieren , um hieraus Handlungsschwerpunkte und Maßnahmen abzuleiten. Das Land wird die Stadt dabei inhaltlich und konzeptionell unterstützen. Auf dieser Grundlage sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, um ab 2020 und in den folgenden Jahren entsprechende Maßnahmen und Investitionen zu finanzieren. 1. Wie, wann und nach welchen Kriterien soll nach Ansicht der Landesregierung die Verteilung des Geldes ablaufen? Die Zuwendungen an die Stadt Salzgitter sollen maßnahmenbezogen erfolgen und sich aus dem in der Vorbemerkung benannten strategischen Konzept ergeben. Es entspricht der Zielstellung der Landesregierung, dass ein solches Konzept bis zum Herbst 2019 vorliegt und die bereit gestellten Mittel ab 2020 eingesetzt werden können. Mit Blick auf den Planungs- und Realisierungsaufwand, den gerade auch investive Maßnahmen erfordern, wird sich die Mittelverwendung dabei auf einen mittelfristigen Zeitraum erstrecken müssen. Die haushälterischen Voraussetzungen werden derzeit vom Innen- und vom Finanzministerium entwickelt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen . 2. Welchem genauen Zweck soll das Geld dienen? Wofür soll es nach Ansicht der Landesregierung verwendet werden dürfen? Soll es auch zur Schaffung von Krippen-, Kitaoder Schulplätzen verwendet werden können? Zweck der Förderung für Salzgitter ist es, die Stadt bei der Einleitung eines nachhaltigen Strukturwandels zu unterstützen, der sie mittel- und langfristig in die Lage versetzt, ihren Handlungs- und Entwicklungsbedarf aus eigener Kraft zu gestalten. Die dafür vorzusehenden Projekte und Maßnahmen sollen sich aus dem von der Stadt zu erstellenden strategischen Konzept ergeben. Nach Auffassung der Landesregierung sind dabei insbesondere der wirtschaftliche Strukturwandel, Bildung und soziale Integration sowie der notwendige Stadtumbau als bestimmende Handlungsfelder zu adressieren. Dies kann auch die Schaffung von Krippen-, Kita- oder Schulplätzen beinhalten, sofern solche Investitionen den strategischen Zielen des anzustrebenden Strukturwandels entsprechen . 3. Wann soll das noch zu erarbeitende Konzept stehen? Auf die Vorbemerkung und auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. (Verteilt am 12.06.2019) Drucksache 18/3918 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Wofür bekommt Salzgitter 50 Millionen Euro vom Land?