Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4017 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Peer Lilienthal (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung Wie ist es um den Denkmalschutz in Niedersachsen bestellt? Anfrage des Abgeordneten Peer Lilienthal (AfD), eingegangen am 15.05.2019 - Drs. 18/3778 an die Staatskanzlei übersandt am 20.05.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 19.06.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten In der HAZ vom 14. Mai 2019 wird berichtet, dass ein in Groß-Buchholz (Region Hannover) gelegener Hof aus dem Jahr 1619 zusehends verfalle. Nach dem Bericht hat das Landesamt für Denkmalpflege einer Sitzung des Bezirksrats nicht beigewohnt. Vorbemerkung der Landesregierung Das seit dem 19. Jahrhundert artikulierte Interesse an einer Vielzahl von eindrucksvollen Bauwerken , herausragenden Monumenten, hochrangigen Grünanlagen und besonderen Ensembles hat die Denkmalpflege auch in Niedersachsen zu einer Institution in Deutschland gemacht. Deshalb gibt es das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz, das in vielen Verfahrensregeln zum Planen und Bauen verankert ist. Mit seinem Erhaltungsauftrag drückt die Denkmalpflege Respekt und Wertschätzung vor der Baukultur unserer Vergangenheit aus. Da unter fünf Prozent der in Niedersachsen existierenden Gebäude in den Denkmallisten verzeichnet sind, bleibt auch in Gegenwart und Zukunft ein großer Spielraum für neue Architektur sowie die städtebauliche und kulturlandschaftliche Weiterentwicklung. Die Denkmalpflege in Niedersachsen tritt u. a. dafür ein, historische Gebäude und Grünanlagen nicht nur in ihrer materiellen Überlieferung, sondern auch in ihren individuellen Werten in Erscheinung treten zu lassen. In Verbindung mit heutigen Wohn- und Nutzungsstandards werden ihre historischen Gestaltungsqualitäten für die darin lebenden Menschen immer eine Bereicherung sein. Darüber hinaus versprechen traditionell hergestellte Baumaterialien bei angemessener Pflege eine ungewöhnlich hohe Lebensdauer. Aus heutiger Sicht ist das ein wesentlicher Faktor der Kostenplanung und für Eigentümer langfristig eine Kostenersparnis. Besonders im ländlichen Raum, aber auch in den Städten, profitieren von der Denkmalpflege kleine und mittlere Handwerksbetriebe, die sich trotz moderner Maschinenausstattung auf traditionelle Handwerkstechniken verstehen. Auf dem Lande setzt die Denkmalpflege ein nennenswertes Zeichen für Heimatverbundenheit und gegen den Abwanderungstrend. Durch ihre Grundprinzipien „Erhaltung von Baudenkmalen“ und „Wiederverwertung von Baumaterialien“ ist sie auch ein Vorreiter in ökologischen Fragen: Sie erzeugt Hochachtung vor Materialressourcen, sie zeigt Alternativen gegen die Wegwerfmentalität auf und sie sorgt für eine beachtliche Reduzierung des Bauschutts, der bei Abrissen in sehr großen Mengen anfällt und beachtliche Folgekosten verursacht. Denkmalpflege ist ein gesellschaftspolitischer Auftrag an alle Bürger. Sie ist ein Impuls für einen pfleglichen Umgang mit unserer Kulturgeschichte und mit unserer Umwelt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4017 2 1. Wurde das Amt für Denkmalpflege zu der Bezirksratssitzung eingeladen? Wenn ja, weshalb hat kein Vertreter der Bezirksratssitzung beigewohnt? Das Landesamt für Denkmalpflege wurde zur Sitzung des Stadtbezirksrats eingeladen. Mit der Einladung wurde ein Fragenkatalog übersandt, der zwar an das Landesamt gerichtet wurde, inhaltlich aber nicht mit der Aufgabenstellung des Landesamtes nach § 21 des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes (NDSchG) korrespondiert. Die Fragen fielen sämtlich in den Zuständigkeitsbereich der Stadt Hannover als der unteren Denkmalschutzbehörde. Das Landesamt konnte daher keine Bewertung der verwaltungspraktischen Umsetzung der Maßnahmen vornehmen. Die Fachaufsicht über die untere Denkmalschutzbehörde obliegt dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) gemäß § 19 Abs. 3 NDSchG und nicht dem Landesamt für Denkmalpflege, das keine Denkmalschutzbehörde ist. Einer Teilnahme standen zudem dienstliche Gründe entgegen. 2. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Gebäude „unter Denkmalschutz “ steht? Ist das Verfahren antragsgebunden? Wer ist antragsberechtigt? Ein Kulturdenkmal wird in Niedersachsen von Gesetzes wegen Denkmal und genießt einen diesbezüglichen Schutz (§ 5 NDSchG), sobald ein Objekt die gesetzlichen Voraussetzungen eines Denkmals erfüllt. Es muss eine geschichtliche, künstlerische, wissenschaftliche oder städtebauliche Bedeutung aufweisen, und zusätzlich muss der Erhalt im öffentlichen Interesse liegen. Das Landesamt für Denkmalpflege hat diese baulichen Anlagen oder andere Objekte nachrichtlich in die Liste der Kulturdenkmale einzutragen. Es handelt sich um rechtlich gebundenes Handeln. Ein Ermessen kommt der Behörde nicht zu. Die Eintragung erfolgt von Amts wegen. Ein Antragsverfahren gibt es nicht. Allerdings nimmt das Landesamt für Denkmalpflege Anregungen von jedermann auf Überprüfung der Denkmaleigenschaft entgegen. 3. Wie viele Gebäude stehen in Niedersachsen unter Denkmalschutz? Der Begriff des „Gebäudes“ wird im NDSchG nicht verwendet. Als Baudenkmale werden nach § 3 Abs. 2 und 3 NDSchG verstanden: „bauliche Anlagen (§ 2 Abs. 1 der Niedersächsischen Bauordnung ), Teile baulicher Anlagen, Grünanlagen und Friedhofsanlagen“ sowie Gruppen baulicher Anlagen . Bei Pflanzen, Frei- und Wasserflächen in der Umgebung eines Baudenkmals und Zubehör eines Baudenkmals gilt, dass diese als Teile des Baudenkmals zu betrachten sind. Das Landesamt für Denkmalpflege führt derzeit (auf volle Hunderter gerundet) 36 700 Objekte nach § 3 Abs. 2 und 50 300 Objekte als Teile einer Gruppe baulicher Anlagen. 4. Welche Rechtsfolgen ergeben sich aus der Einstufung als unter Denkmalschutz stehend ? Nach § 6 Abs. 1 und 2 NDSchG ergeben sich die Pflichten: „Kulturdenkmale sind instandzuhalten, zu pflegen, vor Gefährdung zu schützen und, wenn nötig, instandzusetzen. Verpflichtet sind der Eigentümer oder Erbbauberechtigte und der Nießbraucher; neben ihnen ist verpflichtet, wer die tatsächliche Gewalt über das Kulturdenkmal ausübt. Die Verpflichteten oder die von ihnen Beauftragten haben die erforderlichen Arbeiten fachgerecht durchzuführen. Kulturdenkmale dürfen nicht zerstört , gefährdet oder so verändert oder von ihrem Platz entfernt werden, dass ihr Denkmalwert beeinträchtigt wird.“ 5. Welche Förderungen können Eigentümer unter Denkmalschutz stehender Gebäude in Anspruch nehmen? Das Land hat eine Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Erhaltung und Pflege von Kulturdenkmalen (MBl. 2019, S. 312) erlassen. Mit dieser Richtlinie sollen Maßnahmen, die der Erhaltung und Pflege von Kulturdenkmalen dienen, gefördert werden. Anspruchsberechtigt ist der jeweils Erhaltungspflichtige. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4017 3 Für das kulturelle Erbe besteht für den ländlichen Raum auch die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur integrierten ländlichen Entwicklung. Neben diesen Landesförderungen legt der Bund regelmäßig Denkmalschutz-Förderprogramme auf und bringt mit dem Städtebaulichen Denkmalschutz auch die Möglichkeit, mit Bundesmitteln den Erhalt der historischen Bausubstanz zu fördern. Daneben existieren zahlreiche weitere Fördermöglichkeiten durch Stiftungen und Vereine . Größere Stiftungen, die Denkmale fördern, sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Bingo-Stiftung, die Sparkassenstiftungen, Deutsche Bundesstiftung Umwelt usw. 6. Weshalb wird der in dem Artikel beschriebene Hof nicht seitens des Landes instandgehalten ? Wurde der Eigentümer zur Instandhaltung aufgefordert? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nicht, weshalb nicht? Das Land ist nicht der Erhaltungsverpflichtete, sodass die Instandsetzungspflicht den jeweiligen Eigentümer im Rahmen des Zumutbaren trifft. Über die Umstände der Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen kann das Land keine Auskunft erteilen. 7. Was geschieht mit einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude, das der oder die Eigentümer verfallen lässt? Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen unter Denkmalschutz stehende Gebäude verfallen? Stellt der Erhaltungsverpflichtete fest, dass er nicht willens oder nicht in der Lage ist, das Kulturdenkmal zu erhalten, muss er dies gemäß § 11 Abs. 2 NDSchG anzeigen. Die versäumte Anzeige ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 NDSchG. Kommt es zu keiner Instandsetzung, trifft die untere Denkmalschutzbehörde die nach § 23 NDSchG erforderlichen Anordnungen, um die Gefahr vom Denkmal abzuwenden. Sie hat sich dabei an der Gesetzesbindung der Verwaltung und insbesondere am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu orientieren. Wird die Anordnung nicht befolgt, kann die Behörde mit vorher angedrohten Zwangsmitteln wie Zwangsgeld oder Ersatzvornahme die Maßnahme durchsetzen. Dabei ist stets zu berücksichtigen , dass der Erhalt nur im Rahmen des Zumutbaren gefordert werden kann. Ist das Denkmal derart verfallen, dass eine Sanierung technisch unmöglich wäre oder aber die Sanierung zu einem Faksimile des früheren Denkmals führen würde, ist die Denkmaleigenschaft nicht mehr gegeben. Dem Landesamt für Denkmalpflege sind Einzelfälle bekannt, in denen ein Verfall droht. (Verteilt am 20.06.2019) Drucksache 18/4017 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Peer Lilienthal (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur Wie ist es um den Denkmalschutz in Niedersachsen bestellt?