Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4071 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Susanne Victoria Schütz, Björn Försterling und Sylvia Bruns (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung Ausgabenreste aus dem Hochschulpakt Anfrage der Abgeordneten Susanne Victoria Schütz, Björn Försterling und Sylvia Bruns (FDP), eingegangen am 20.05.2019 - Drs. 18/3821 an die Staatskanzlei übersandt am 27.05.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 24.06.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs vom 08.05.2019 (siehe https:// www.bundesrech nungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/beratungsberichte/langfassungen/langfassungen- 2019/2019-bericht-wirksamkeit-und-zweckentsprechenden-verwendung-von-hochschulpaktmittelndes -bundes%28pdf%29/at_download/file) geht hervor, dass das Land Niedersachsen aus Mitteln des Hochschulpaktes Ausgabereste im eigenen Haushalt gebildet habe. Im Jahr 2016 summierten sich diese auf 60 % der damaligen Bundeszuweisungen aus dem Hochschulpakt. Der Bundesrechnungshof kritisiert diesen Vorgang als Verstoß gegen die Haushaltsgrundsätze der Sparsamkeit und der Einzelveranschlagung. Es fehle an einer Beschränkung auf Mitteleinsatz im notwendigen Umfang. Er sieht die Gefahr gegeben, dass die Mittel nicht für ihre Bestimmung zur Verfügung stehen, sondern zweckentfremdet werden könnten. In seiner Rede am 15.05.2019 begründete Wissenschaftsminister Thümler die Ausgabereste des Landes Niedersachsen aus dem Hochschulpakt mit einer „verantwortungsbewussten und gezielten Verausgabung“ über mehrere Haushaltsjahre und Semester hinweg. Vorbemerkung der Landesregierung Seit der ersten Phase des Hochschulpaktes werden die Bundesmittel zur Schaffung zusätzlicher Studienanfängerkapazitäten leistungsabhängig an die Hochschulen weitergeleitet. Dabei werden auf der Grundlage von Vorschlägen der Hochschulen vor dem Hintergrund der absehbaren Nachfrage sowie der regionalen Bedarfe zusätzliche Studienanfängerplätze vereinbart. Die Hochschulen erhalten je zusätzlich vereinbartem Studienanfängerplatz vier Jahresraten in Höhe der fächergruppenspezifisch vereinbarten Preise („Clusterpreise“). Dabei werden die ersten beiden Jahresraten den Hochschulen zur Erhöhung der Planungssicherheit ohne Vorbehalte überlassen - auch um das erforderliche Personal in eigener Verantwortung einstellen zu können. Werden die zusätzlich vereinbarten Studienanfängerplätze voll ausgeschöpft, erhalten die Hochschulen die dritte und vierte Rate in voller Höhe. Werden die zusätzlichen Studienanfängerkapazitäten in einem Studiengang nicht nachgefragt, werden die dritte und die vierte Jahresrate nicht ausgezahlt. Werden die Aufwuchsziele anteilig erreicht, werden die dritte und die vierte Jahresrate entsprechend anteilig ausgezahlt . Nicht ausgezahlte Mittel werden von der Landesregierung entsprechend der Zweckbindung des Hochschulpaktes verwendet. Mit dieser Vorgehensweise hat sich das Land Niedersachen von den Verteilparametern, die für die Verteilung der Bundesmittel auf die Länder zur Anwendung kommen, aus guten Gründen entkoppelt . 1 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4071 – Bei der Verwendung der Mittel kann das Land hochschulpolitische Schwerpunkte setzen, beispielsweise im MINT-Bereich oder beim Ausbau der Fachhochschulen. – Bei der Verwendung der Mittel können die Hochschulen Schwerpunkte setzen, beispielsweise vor dem Hintergrund der regionalen Bedarfe oder der eigenen Profilbildung. – Die Verteilung der Mittel nach dem Parameter „zusätzliche Studienanfänger im 1. Hochschulsemester “ birgt negative nicht intendierte Effekte. Sofern Hochschulen finanziell von der Maximierung der bloßen Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger im 1. Hochschulsemester profitieren, könnte dies zulasten der Qualitätssicherung gehen. – In dem von Niedersachsen gewählten Verteilmodell gibt es einen angemessenen Ausgleich zwischen Planungssicherheit und Leistungsanreizen. – Die Hochschulen erhalten zusätzliche Mittel für zusätzliche Kapazitäten oberhalb der Grundkapazitäten . Die Umsetzung dieses der Intention des Hochschulpaktes entsprechenden Prinzips ist in den meisten anderen Ländern in Ermangelung einer flächendeckenden Kapazitätsberechnung nicht möglich. 1. Ist es notwendig, jährlich aus dem Hochschulpakt zur Verfügung stehende Mittel auf mehrere Jahre verteilt an die Hochschulen weiterzuleiten, gegebenenfalls warum? Siehe Vorbemerkungen. 2. Wird die neue Verteilungsquote, welche Absolventen und aktuell Studierende zusätzlich zu den Studienanfängern berücksichtigt, etwas an dieser Praxis ändern? Auch zukünftig ist eine Verteilung der Mittel aus dem „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ auf die Hochschulen nach dem für die Verteilung der Mittel auf die Länder vereinbarten Parametermix nicht vorgesehen. Nur so ist es möglich, auf hochschulpolitische Herausforderungen zu reagieren . 3. Wie hoch sind die Ausgabereste, welche das Land Niedersachsen aus dem Hochschulpakt in den vergangen fünf Jahren gebildet hat (bitte nach Haushaltsjahren aufschlüsseln )? Die Bundesmittel werden den Ländern zunächst auf der Grundlage von Vorauszahlungen zur Verfügung gestellt. Nach dem Vorliegen der Schnellmeldungen erfolgt eine erste Verrechnung. Nach Vorliegen der endgültigen Zahlen der amtlichen Statistik wird spitz abgerechnet. Dabei unterliegt die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger im 1. Hochschulsemester nicht unerheblichen Schwankungen. Dies ist auch der Grund dafür, dass zur Verbesserung der Planungssicherheit für die Länder und die Hochschulen bei der Nachfolgevereinbarung zum Hochschulpakt („Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“) ein Mix von Parametern verwendet wird, der geringeren Schwankungen unterworfen ist. Durch Sondereffekte wie das Aussetzen der Wehrpflicht und doppelte Abiturjahrgänge wurde die genaue Prognose der benötigten Plätze zusätzlich erschwert. Da in Niedersachsen die Clusterpreise für die einzelnen Studienplätze variieren, konnte es zusätzlich zu Verschiebungen bei den jährlichen Finanzbedarfen kommen. Aufgrund der Spitzabrechnungen für die Verteilung der Bundesmittel hat das Land Niedersachsen Nachzahlungen erhalten, die in einem Jahr eingehen, aber nicht im gleichen Jahr in voller Höhe an die Hochschulen weitergeleitet werden konnten. Der Grund hierfür ist, dass die zusätzlichen Studienanfängerplätze über eine Dauer von vier Jahren zu finanzieren sind. Die entstandenen Rücklagen waren somit Voraussetzung für die sinnvolle Verausgabung der Bundes- wie der Landesmittel. Die Hochschulpaktmittel wurden und werden ausschließlich für die vorgesehenen Zwecke eingesetzt, was Niedersachsen auch in jedem Jahr im Bericht für die GWK überzeugend und transparent darlegen kann. 2 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4071 Aufgrund der beschriebenen Mechanismen waren auch im Jahr 2013 Haushaltsreste in Höhe von 107 Millionen Euro entstanden. Das Land Niedersachsen hat mit dem aus Hochschulpaktmitteln finanzierten Programm HP-INVEST den Hochschulen rund 115 Millionen Euro für Sanierungen an den Hochschulen zur Verfügung gestellt. Damit wurde ein Beitrag zur Beseitigung des Sanierungsstaus an den Hochschulen geleistet. HP-INVEST ist auf die Sanierung bestehender Studien- und Lehrgebäude ausgerichtet. Es findet ergänzend zu den regulären Bauvorhaben an den Hochschulen statt, ist als einmalige Maßnahme geplant und speist sich aus Mitteln des Hochschulpaktes. Finanziert werden daraus vorwiegend kleine Neu-, Um- und Erweiterungsbauten, die zu einer unmittelbaren Verbesserung der Qualität von Studium und Lehre beitragen. Ausgabereste in Millionen Euro HSP originär HP Invest zusammen 2013 (nach 2014) 107 - 107 2014 25 115 140 2015 74 83 157 2016 88 77 165 2017 107 81 188 2018 137 32 169 Die Ausgabereste, die derzeit zu verzeichnen sind, sind entsprechend den oben dargestellten mehrjährigen Planungen gebunden und werden bis zum Jahr 2023 vollständig zurückgeführt sein. 4. Werden die Mittel aus dem Hochschulpakt unter Berücksichtigung der Verteilungsquoten in vollem Umfang der jeweiligen Hochschule zugeteilt? Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 2. 5. Aus welchen Gründen werden die Mittel nicht als Gesamtbudget direkt an die Hochschulen weitergeleitet und somit in ihre Verwaltung gegeben, sondern bis zum Einsatz im Haushalt des Landes geführt? Siehe Vorbemerkung. 6. Welche Handlungsnotwendigkeiten sieht die Landesregierung, um in Zukunft zu verhindern , dass Ausgabereste aus dem Hochschulpakt beim Land Niedersachsen verbleiben ? Erstens ist die Wahl der Verteilparameter in der Bund-Länder-Vereinbarung, dass weniger Schwankungen zwischen den Jahren entstehen. Auf diese Weise verbessert sich die Planungssicherheit für die Länder erheblich. Zweitens ist in der Bund-Länder-Vereinbarung über den „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken “ geregelt, dass das Land aus Bundesmitteln keine Rücklagen bilden darf. Da das Land Niedersachsen einen großen Teil der Gegenfinanzierung über sogenannte Anrechnungstatbestände (mit Landesmitteln verstetigte Hochschulpaktmaßnahmen wie z. B. das Fachhochschulentwicklungsprogramm ) erbringt, werden Ausgabereste zukünftig keinen quantitativ bedeutsamen Sachverhalt darstellen. 3 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4071 7. Wie stellt das Land sicher, dass Ausgabereste im Haushalt des Landes Niedersachsen, welche dem Hochschulpakt entstammen, über die Haushaltsjahre hinweg für ihren geplanten Verwendungszweck zur Verfügung stehen? Die Ausgabereste, die derzeit zu verzeichnen sind, werden bis zum Jahr 2023 vollständig und entsprechend der Zweckbindung zurückgeführt sein. 8. Wie bewertet die Landesregierung die Wahrscheinlichkeit einer Rückforderung der Ausgabereste durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung? Eine solche Rückforderung aufgrund der Bildung von Ausgaberesten ist sachlich nicht angemessen und formal nicht möglich. Lediglich eine unvollständige Gegenfinanzierung der Bundesmittel durch das Land oder Ausgabereste, die im Jahr 2023 gebildet werden, könnten eine Rückforderung des Bundes nach sich ziehen. 9. Ist es der Landesregierung möglich, zwischen den abgerufenen Bundes- und Landesmitteln im Haushalt zu unterscheiden? Wie bewertet die Landesregierung diesen Umstand ? Die Landes- und die Bundesmittel werden in einem gemeinsamen Haushaltskapitel geführt und sind insofern nicht mehr zu unterscheiden. Gleichwohl lässt sich in gewissen Grenzen definitorisch festlegen, dass bestimmte Verwendungen aus Landes- oder aus Bundesmitteln getätigt werden. 10. Aus welchen Haushaltstiteln (und in welcher Höhe), die nicht mit dem Hochschulpakt in Zusammenhang stehen, tätigt das Land Ausgaben für die Zwecke, denen auch der Hochschulpakt dient? Neben den in die Hochschulkapitel überführten Hochschulpaktmitteln werden Mittelaufwüchse, die auch aus Mitteln des Hochschulpaktes finanziert werden könnten, als Anrechnungstatbestände geführt . Nachweislich des letzten Umsetzungsberichts der GWK für das Jahr 2016 handelt es sich in Niedersachsen dabei um die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Anrechnungstatbestände (in Millionen Euro), welche Bestandteil der Gegenfinanzierung sind. Fachhochschulentwicklungsprogramm (alle FH) 64,000 European Medical School (Universität Oldenburg) 13,025 GHR 300 9,136 Landesstipendienprogramm 1,000 Inklusion (Kap. 0608, TGr. 77) 4,050 Islamische Theologie (Universität Osnabrück) 1,202 Studiengang Öffentliche Verwaltung (HS Osnabrück) 0,212 Summe Anrechnungen 92,625 11. Gibt es derzeit Prüfungen des Landesrechnungshofes Niedersachsen zur Verwendung der Hochschulpaktmittel des Bundes? Falls ja, wann ist mit Ergebnissen zu rechnen? Falls nein, sind derartige nun geplant? MWK sind entsprechende Planungen des Landesrechnungshofes Niedersachsen nicht bekannt. (Verteilt am 28.06.2019) 4 Drucksache 18/4071 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Ausgabenreste aus dem Hochschulpakt Anfrage der Abgeordneten Susanne Victoria Schütz, Björn Försterling und Sylvia Bruns (FDP), ein-gegangen am 20.05.2019 - Drs. 18/3821 an die Staatskanzlei übersandt am 27.05.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregie-rung vom 24.06.2019