Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4186 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Strukturwandel in der deutschen Automobilwirtschaft: Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Zulieferbetriebe und Geschäftsmodelle in Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Imke Byl (GRÜNE), eingegangen am 28.05.2019 - Drs. 18/3861 an die Staatskanzlei übersandt am 03.06.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 17.07.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Politik weisen immer wieder darauf hin, dass sich der Umbruch in der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität massiv auf den Arbeitsmarkt auswirken würde. So soll beispielsweise der Motor eines E-Autos wesentlich einfacher und mit weniger Fachkräfteaufwand als ein Verbrennungsmotor zu produzieren sein. In der Folge der Mobilitätsund Antriebswende würden bei den Autoherstellern und den Zulieferbetrieben Hunderttausende Arbeitsplätze wegfallen. Das Münchner ifo-Institut prognostiziert beispielsweise für das Jahr 2030 einen Verlust von über 600 000 Arbeitsplätzen. Laut ifo hängen 16 % aller Industriearbeitsplätze von der Autoindustrie ab (u. a. NWZ 12.04.2019, Handelsblatt 18.07.2017). In Niedersachsen warnt Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, dass die EU-Vorgaben für CO2-Emissionen Tausende Arbeitsplätze in Niedersachsen bedrohten (Die Welt, 19.01.2019). Der Minister spricht von 250 000 Arbeitsplätzen, die in Niedersachsen abhängig von der Autoproduktion seien - 100 000 Jobs bei VW und dann noch einmal „150 000 Jobs in der Zuliefererindustrie“ (HNA 20.01.2019). Für einen möglichst sanften Übergang von der alten zur neuen, umweltschonenden Technik und zu neuen Mobilitätsangeboten ist es aber nötig, frühzeitig zu wissen, welche und wie viele Arbeitsplätze genau von dem Strukturwandel betroffen sein könnten. Vorbemerkung der Landesregierung Die nachfolgend zur Beantwortung der Kleinen Anfrage herangezogenen Beschäftigungsdaten der Bundesagentur für Arbeit beziehen sich nur auf den Wirtschaftszweig „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“. Aussagekräftige Informationen über die ökonomische Bedeutung der Automobilindustrie lassen sich damit nicht unmittelbar aus der amtlichen Statistik ableiten. Dafür wäre eine Darstellung der gesamten Vorleistungsverflechtungen der niedersächsischen Wirtschaft notwendig . Erfasst werden müsste das gesamte Auto-Cluster, das heißt auch die Zulieferer außerhalb der Automobilindustrie. Bei der Abgrenzung des Begriffs Zulieferer kommen dann vor allem noch Lieferanten von Materialien und Komponenten aus der Metallindustrie, aus dem Bereich der Elektrotechnik und der Informations- und Kommunikationstechnologie-Erzeugnisse, aus dem Maschinenbau sowie aus den Industriegruppen Gummi-und Kunststoffwaren, Chemie, Textilien und Glaswaren hinzu. Alle diese letztgenannten Herstellergruppen machen einen erheblichen Teil der Zulieferer bzw. der Zulieferungen aus, werden aber nicht im Wirtschaftszweig „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“ erfasst. Somit sind in den aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit entnommenen Beschäftigungsdaten zur Beantwortung der Kleinen Anfrage nur die Zuliefererbetriebe erfasst, die mit der Herstellung Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4186 2 von Karosserie, Aufbauten und Anhängern sowie von Teilen und Zubehör für Kraftwagen befasst sind. Beschäftigte in Unternehmen, die an anderen Stellen der Wertschöpfungskette in den Produktionsprozess der Automobilindustrie einbezogen werden, werden von der Statistik nicht erfasst und lassen sich auch nicht arbeitsplatzgenau aus den übrigen Wirtschaftszweigen ableiten. Aufgrund der vielfältigen indirekten Lieferbeziehungen von Unternehmen anderer Wirtschaftszweige zu den Automobilherstellern sind jedoch viel mehr Beschäftigte von Unternehmen außerhalb des von der amtlichen Statistik erfassten Wirtschaftszweigs mit der Fertigung von Zuliefer- und Komplementärprodukten für den Kfz-Bereich befasst. Nach internen Erfahrungen im Branchenreferat des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (MW) kann von insgesamt rund 100 000 Beschäftigten in der Automobilindustrie in Niedersachsen und rund 150 000 Beschäftigten in der Zulieferindustrie ausgegangen werden. Diese Verflechtungen und Abhängigkeiten im Hinblick auf Beschäftigungseffekte sind Gegenstand zahlreicher Studien, die der Landesregierung vorliegen. An dieser Stelle sind insbesondere drei Studien zu nennen: So kommt beispielsweise der IAB-Forschungsbericht „Elektromobilität 2035“ (8/2018) für Deutschland zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Umstellung auf den Elektroantrieb bei Pkw im Jahr 2035 im Fahrzeugbau der Verlust von 83 000 Arbeitsplätzen zu erwarten ist und andere Branchen ebenfalls mit über 30 000 Stellen in Mitleidenschaft gezogen werden. Allerdings wird nach dieser Studie auch mit etwa 16 000 neuen Stellen, beispielsweise im Bauwesen, bei den Stromversorgern und in Teilen des Dienstleistungsbereichs des Verarbeitenden Gewerbes, aufgrund der Elektrifizierung des Antriebsstrangs bei Pkw gerechnet. Bei diesen Prognosen wird von einer Marktdurchdringung des reinen Elektroantriebs von 23 % im Jahr 2035 ausgegangen. Die Studie zeigt, dass sich zunächst positive Wachstums- und Beschäftigungseffekte ergeben werden , langfristig aber mit einem niedrigeren Wertschöpfungsbeitrag und Beschäftigungsniveau gerechnet werden muss. Da „nur“ von einem Elektro-Anteil von 23 % bis 2035 ausgegangen wird, ist anzunehmen, dass bei einer stärkeren Marktdurchdringung mit deutlich höheren Wachstums- und Beschäftigungseffekten gerechnet werden muss. Außerdem werden in dem zugrundeliegenden Szenario nur reine Elektroautos betrachtet. Da aber andere alternative Antriebsarten wie Hybridautos nicht Gegenstand der Studie sind und eine höhere Anzahl verarbeiteter Komponenten enthalten , würden bei einer Berücksichtigung die Arbeitsplatzeffekte in zeitlicher und absoluter Dimension anders ausfallen. Die Studie „ELAB 2.0“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO aus dem November 2018 befasst sich mit den Wirkungen der Fahrzeugelektrifizierung auf die Beschäftigung am Standort Deutschland. Dabei wird von einer Beschäftigung von fast 840 000 Menschen in der deutschen Automobilindustrie und von ebenso vielen von ihr indirekt abhängigen Arbeitsplätzen ausgegangen. Allein durch die Elektrifizierung des Antriebsstrangs wird es dieser Studie zufolge von den gut 200 000 Arbeitsplätzen zu einer Verminderung des Personalbedarfs - je nach Szenario - von bis zu 47 % führen. Das bedeutet eine absolute Zahl von Arbeitsplatzverlusten in der Fertigung des Antriebsstrangs (zum Antriebsstrang eines Verbrennungsfahrzeugs gehören neben dem Motor sein Getriebe und seine Peripherie, z. B. Ölversorgung, Luftversorgung, Einspritzanlage, zum Antriebsstrang eines reinen Elektroautos neben dem Motor dessen Traktionsbatterie und dessen Leistungselektronik - zit ELAB 2.0), die in einer Größenordnung zwischen 23 000 und 97 000 Beschäftigten liegt. Etwaige Produktivitätsfortschritte sind hierbei unberücksichtigt. Die Studie konzentriert sich nur auf den die Automobilindustrie verändernden Megatrend Dekarbonisierung und speziell die daraus resultierenden Veränderungen der Produktion der Hersteller auf alternative Antriebe zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor (Internal Combustion Engine Vehicle = ICEV). Als alternative Antriebe werden batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge (Batterie Elektric Vehicle = BEV) und Hybridfahrzeuge (Plug-in-Hybrid Elektric Vehicle = PHEV), die sowohl über einen Verbrennungsmotor als auch über eine an einer Steckdose aufladbare Batterie verfügen, berücksichtigt. Über drei Szenarien des Antriebsmixes der Fahrzeugflotte in Europa (Anteil ICEV, BEV und PHEV) und dessen Entwicklung bis zum Jahr 2030 sowie einen unterschiedlichen Personalbedarf je nach Herstellung einer Antriebsart werden die Auswirkungen auf die Beschäftigten der Automobilindustrie ermittelt. So wird der Studie zufolge je nach Elektrifizierung des Antriebsstrangs bis zum Jahr 2030 eine Verminderung des Personalbedarfs eintreten. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4186 3 Die ifo-Studie „Auswirkungen eines Zulassungsverbots für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor“ aus dem Juni 2017 untersucht empirisch die Auswirkungen eines Neuzulassungsverbots für die genannten Fahrzeuge ab dem Jahr 2030. Sie geht auf Basis der Produktionsstruktur 2015 von mindestens 457 000 Beschäftigten aus, die von einem Verbot direkt betroffen wären, und von 163 000 indirekt Betroffenen in Deutschland. Bei diesen Zahlen sei jedoch noch zu berücksichtigen, dass gewisse Zuliefererteile für den Verbrennungsmotor auch weiterhin in schweren Nutzfahrzeugen einsetzbar wären und es im Bereich alternativer Antriebsarten in Deutschland auch zu einem Beschäftigungsaufbau kommen könne, der den Abbau im Verbrenner -Bereich im Aggregat zumindest teilweise kompensieren würde. Auch um diese Zusammenhänge angesichts des laufenden Transformationsprozesses in der Automobilindustrie zu alternativen Antrieben, insbesondere zur E-Mobilität, näher zu beleuchten, hat die Landesregierung zusammen mit NiedersachsenMetall und dem IG Metall Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie der Volkswagen Group und Continental den Strategiedialog Automobilwirtschaft in Niedersachsen initiiert. Ziel des Strategiedialogs ist es, entlang von konkreten Bedarfen und Herausforderungen Voraussetzungen für die Zukunftsfähigkeit der niedersächsischen Automobilindustrie und ihrer Beschäftigten zu schaffen. Im Strategiedialog sollen sich die Kräfte für ein vorausschauendes Transformations-Management der niedersächsischen Automobilindustrie bündeln, das den Aufbruch in das zukünftige mobile Zeitalter offensiv unterstützt. Es zeichnet sich bereits ab, dass für die Diskussionen und zu erarbeitenden Handlungsempfehlungen des Strategiedialogs eine genauere Analyse der in den oben genannten Studien untersuchten Beschäftigungseffekte für Niedersachsen ein Teil der Arbeit im Strategiedialog werden wird. Die Transformation der Automobilwirtschaft umfasst neben der Elektrifizierung auch die Digitalisierung („Konnektivität“). Hier ergeben sich ebenfalls erhebliche Qualifizierungsbedarfe und neue Beschäftigungsmöglichkeiten , die in eine Gesamtschau zur Arbeitsplatzentwicklung in der Automobilwirtschaft einbezogen werden müssten. Für eine isolierte Betrachtung der Arbeitsplatzeffekte durch die Elektrifizierung fehlt daher eine geeignete statistische Basis. Darüber hinaus liegen zwar bereits diverse Studien vor, allerdings nur für das Bundesgebiet. Letztlich sind auch weitergehende gesamtwirtschaftliche Effekte zu betrachten, beispielsweise im Zuge von Infrastrukturinvestitionen. Bei einer Gesamtschau der Studienergebnisse ist zu erwarten, dass die Elektrifizierung bei den Herstellern direkt eher zu Beschäftigungsrückgängen führt. 1. Wie viele Arbeitsplätze gibt es in Niedersachsen in der Automobilwirtschaft insgesamt - a) beim Autohersteller und b) bei den Zulieferern? Und wie haben sich diese Zahlen über die letzten 20 Jahre verändert (bitte in Fünf-Jahres -Schritten angeben)? Die Abgrenzung von Autoherstellern und Zulieferern erfolgt anhand der Klassifikation der Wirtschaftszweige in der amtlichen Statistik. Insbesondere die Beschäftigung bei den Zulieferern wird jedoch untererfasst, da viele Unternehmen aus anderen Branchen, z. B. der Gummi-, Kunststoff-, Elektronik- oder Chemieindustrie, den Autoherstellern zuliefern, aber aufgrund weiterer Produkte eigenen Wirtschaftszweigen zugeordnet sind. Über den von der Automobilindustrie abhängigen Beschäftigungsanteil in diesen Branchen in Niedersachsen liegen keine Informationen vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4186 4 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Niedersachsen in ausgewählten Wirtschaftszweigen: Klassifikation der Wirtschaftszweige Jahr1 Autohersteller2 Zulieferer3 WZ 1993 1998 90.705 13.617 2002 103.668 15.991 WZ 2003 2003 106.901 15.380 2008 94.247 19.317 WZ 2008 2008 94.962 25.190 2013 99.106 26.937 2018 111.843 31.048 1) Werte jeweils zum Stichtag 30.06. 2) „Autohersteller“ = Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren 3) „Zulieferer“ = Hersteller von Karosserie, Aufbauten und Anhängern sowie von Teilen und Zubehör für Kraftwagen Quelle: Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Die Bezeichnungen der ausgewählten Wirtschaftszweige sind in den drei Klassifikationen, die über die Jahre zum Einsatz kamen, identisch geblieben. Dies bedeutet aber nicht notwendigerweise eine gleiche Zusammensetzung der Betriebe. Gerade die Einführung neuer Systematiken hat häufig zur Folge, dass Betriebe dies zum Anlass nehmen, sich neu zuordnen, insbesondere wenn sich der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit verschoben hat. Insofern sind Vergleiche der Jahreswerte unterschiedlicher WZ-Systematiken nur eingeschränkt möglich. Stand 12/2018 ist die Gesamtbelegschaft der VW AG in Niedersachsen 102 353 und Stand 12/2018 die Gesamtbelegschaft des Volkswagen Konzerns in Niedersachsen 128 023. Darüber hinaus: Siehe auch Vorbemerkung zu weiteren Zulieferbetrieben, die nicht von der amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit in dem Wirtschaftszweig „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“ erfasst werden. 2. Auf welche Quellen beziehen sich die Angaben zu Frage 1, bzw. auf welche Angaben bezieht sich Minister Althusmann, wenn er von aktuell 150 000 Arbeitsplätzen in der Zulieferindustrie in Niedersachsen spricht? Auf die Antwort zu Frage 1 sowie die Vorbemerkung wird Bezug genommen. 3. Wie viele dieser Arbeitsplätze in Niedersachsen sind von der Produktion des Verbrennungsmotors abhängig, bzw. wie viele der Arbeitsplätze würden voraussichtlich entfallen , wenn künftig Fahrzeuge ausschließlich mit alternativen Antrieben hergestellt würden ? Siehe Vorbemerkung. Ferner bezieht sich die Landesregierung auf die folgenden Angaben der Volkswagen AG als größtem niedersächsischem Autohersteller: Die Volkswagen AG treibt die Transformation aktiv voran und schafft damit gleichzeitig langfristige Perspektiven für Mitarbeiter in Deutschland. Volkswagen bekennt sich klar zum Automobilstandort Deutschland und zu Niedersachsen. Zwickau, Emden und Hannover werden zum größten E-Produktionsverbund Europas. Die Komponentenwerke Braunschweig, Kassel, Salzgitter bauen Schlüsselkomponenten. Die Produktion auf dem Modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB) lastet die Standorte nachhaltig mit zukunftsfähigen Produkten aus und bietet langfristige Standort- und Beschäftigungssicherung in Deutschland und in Niedersachsen. Der Bau von Elektrofahrzeugen ist allerdings deutlich weniger komplex, und die Wertschöpfungstiefe liegt beim E-Auto um bis zu 30 % niedriger als bei herkömmlichen Fahrzeugen. Ein Beispiel ist das Verhältnis von 1:7 bei der Bauteilanzahl für einen E-Motor im Vergleich zu einem Verbrennungsmotor . Somit gibt es Vereinbarungen mit dem Betriebsrat, sodass die Reduzierung des Be- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4186 5 schäftigungsvolumens sozialverträglich entlang der demografischen Kurve erfolgt. Für Emden und Hannover gab es zunächst Betriebsvereinbarungen mit Laufzeit bis 2028 (siehe dazu auch die Pressemitteilung vom 14. November 2018 „Volkswagen setzt Elektro-Strategie konsequent um“). Laut der im Juni 2019 unterzeichneten „Roadmap Digitale Transformation“ gilt jetzt eine Beschäftigungssicherung für alle Mitarbeiter der Volkswagen AG (und damit auch für die Mitarbeiter in Niedersachsen ) und von VW Sachsen bis 2029 (siehe Pressemitteilung „Volkswagen beschließt Roadmap Digitale Transformation für Verwaltung und Produktion“ vom 5. Juni 2019). Verschärfte politische Rahmenbedingungen und die Transformation hin zur E-Mobilität bedeuten einen fundamentalen strukturellen Wandel. Damit einher gehen die Anpassung gelernter Berufsbilder sowie der Abbau von Arbeitsplätzen insbesondere in der Produktion. Denn erstens werden neue Kompetenzfelder wichtig, etwa in den Bereichen Software und Digitalisierung. Und zweitens ist die Fertigung von E-Autos weniger beschäftigungsintensiv, da die Komplexität des Verbrennungsmotors entfällt. Laut „Zukunftspakt“ von 2016 gilt: Die Marke Volkswagen baut in den folgenden Jahren sozialverträglich rund 23 000 Arbeitsplätze in Deutschland über Fluktuation und Altersteilzeit ab. Stand Dezember 2018 wurden rund 5 600 Arbeitsplätze abgebaut und 9 300 Arbeitsteilzeitverträge abgeschlossen . Zugleich baut die Marke Volkswagen 9 000 Arbeitsplätze in den Zukunftsfeldern der Mobilität auf: Elektroantrieb, Batteriezelle, Softwareentwicklung. Volkswagen besetzt diese Stellen überwiegend mit eigenen Mitarbeitern. Zudem wurden Spezialisten von außen eingestellt (siehe dazu auch die Pressemitteilung „Positive Bilanz nach einem Jahr Zukunftspakt“ vom 17. November 2017.) Volkswagen hat im Juni 2019 zudem die „Roadmap Digitale Transformation“ beschlossen (s. o.), die die Schaffung 2 000 neuer Digitalisierungs-Arbeitsplätze beim gleichzeitigen Entfall von 4 000 Stellen im indirekten Bereich vorsieht (siehe erneut Pressemitteilung „Volkswagen beschließt Roadmap Digitale Transformation für Verwaltung und Produktion“ vom 5. Juni 2019). 4. Auf welche Studien, Quellen, Statistiken etc. beziehen sich die Angaben zu Frage 3? Siehe Vorbemerkung sowie die Antwort zu Frage 3. 5. Wie viele und welche neuen, zusätzlichen Arbeitsplätze werden entstehen, angenommen , die Entwicklung und Produktion alternativer Antriebe sowie Batterien würde a) überwiegend in Niedersachsen erfolgen, b) in ähnlichem Umfang in Niedersachsen erfolgen, wie derzeit die Komponenten der Verbrenner-Pkw anteilig in Niedersachsen produziert werden? Es sich hierbei um einen laufenden und sehr dynamischen Transformationsprozess mit sich schnell ändernden Parametern, dessen Ergebnisse heute noch nicht absehbar sind. Siehe außerdem Antwort zu Frage 3 und Vorbemerkung. 6. Wie viele der bisherigen Beschäftigten in der Automobilindustrie in Niedersachsen in welchen Bereichen könnten für die Entwicklung und Produktion alternativer Antriebe a) mit einfachen, b) mit höher qualifizierten Maßnahmen und c) gar nicht umgeschult und weiterbeschäftigt werden? Hierzu liegen der Landesregierung keine exakten Erkenntnisse vor. Zudem sind im Zeitverlauf auch verschiedene Phasen der qualifikationsspezifischen Arbeitsnachfrage zu erwarten - und damit auch der Qualifizierungsbedarfe. Laut IAB (2018) werden bis einschließlich 2021 alle Anforderungsniveaus mehr nachgefragt werden. Absolut gesehen profitieren Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4186 6 besonders die Fachkräfte. Eine relative Betrachtung zeigt aber, dass insbesondere Spezialistenund Expertentätigkeiten mittelfristig von der Aufbau- und Ausbauphase der Elektrifizierung des Antriebs -strangs profitieren werden. Der Wendepunkt des Erwerbstätigeneffektes trifft zuerst die Erwerbstätigen mit einem niedrigeren Anforderungsniveau - also Hilfskräfte und Fachkräfte. Erst ein Jahr zeitverzögert sinkt der Arbeitsbedarf nach Spezialisten- und Expertentätigkeiten. Dann allerdings zeigt sich eine Beschleunigung des Rückgangs bei der Erwerbstätigkeit von Experten und Spezialisten, die auch ab 2025 dynamischer verläuft als bei den Hilfs- oder Fachkräften. Dies ist u. a. auf die weniger komplexe Struktur des elektrifizierten Antriebsstrangs bei Kraftwagen zurück zu führen. Auch die per Pressemitteilung kommunizierte „Roadmap Digitale Transformation“ der VW AG enthält Angaben des Konzerns zur verstärkten Qualifizierung und zur Stärkung der Berufsausbildung. 7. Wie viele Zulieferbetriebe, die an Automobilhersteller liefern, mit wie vielen Beschäftigten gibt es Niedersachsen genau? Zum 30. Juni 2018 gab es laut amtlicher Statistik der Bundesagentur für Arbeit in Niedersachsen im Wirtschaftszweig „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren“ 41 Betriebe (Autohersteller ) und im Wirtschaftszweig „Hersteller von Karosserie, Aufbauten und Anhängern sowie von Teilen und Zubehör für Kraftwagen“ 241 Betriebe (Zulieferer), zu den Beschäftigtenzahlen siehe auch die Antwort zu Frage 1. Zur Systematik der Statistik der Bundesagentur und den im o. g. Wirtschaftszweig nicht erfassten Zuliefererbetrieben bzw. dort Beschäftigten: Siehe Vorbemerkung. 8. Was fertigen diese Zulieferer genau für die Automobilhersteller an und was speziell für VW? Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor; aus Gründen des Datenschutzes gibt die Volkswagen AG keine Firmeninformationen weiter. 9. In welchen Landkreisen sitzen diese Zulieferer jeweils? Nach Angaben der VW AG sind hier folgende Schwerpunktregionen zu nennen: Die Region Wolfsburg , die Region Hannover und die Region Emden. Nach der amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit verteilen sich die im Wirtschaftszweig „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“ erfassten Zulieferer wie folgt: Region Betriebe Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen davon Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren Hrst. v. Kaross., Aufbauten u. Anhängern sowie v. Teilen u. Zubehör f. Kraftwagen 03 Niedersachsen 282 41 241 031 Statistische Region Braunschweig 65 7 58 03101 Braunschweig, Stadt 5 * * 03102 Salzgitter, Stadt 8 * * 03103 Wolfsburg, Stadt 16 * * 03151 Gifhorn 13 * * 03153 Goslar * - * 03154 Helmstedt 3 - 3 03155 Northeim 7 * * 03157 Peine * - * 03158 Wolfenbüttel * - * 03159 Göttingen 9 - 9 032 Statistische Region Hannover 67 8 59 03241 Region Hannover 31 * * Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4186 7 Region Betriebe Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen davon Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren Hrst. v. Kaross., Aufbauten u. Anhängern sowie v. Teilen u. Zubehör f. Kraftwagen 03251 Diepholz 11 - 11 03252 Hameln-Pyrmont * - * 03254 Hildesheim 13 * * 03255 Holzminden * - * 03256 Nienburg (Weser) 4 * * 03257 Schaumburg 4 * * 033 Statistische Region Lüneburg 45 6 39 03351 Celle * - * 03352 Cuxhaven * - * 03353 Harburg 10 * * 03354 Lüchow-Dannenberg * - * 03355 Lüneburg 4 - 4 03356 Osterholz * * - 03357 Rotenburg (Wümme) 9 * * 03358 Heidekreis 5 - 5 03359 Stade 3 - 3 03360 Uelzen 3 - 3 03361 Verden 4 * * 034 Statistische Region Weser-Ems 105 20 85 03401 Delmenhorst, Stadt * - * 03402 Emden, Stadt 10 4 6 03403 Oldenburg (Oldenburg), Stadt 3 - 3 03404 Osnabrück, Stadt 5 - 5 03405 Wilhelmshaven, Stadt - - - 03451 Ammerland 5 - 5 03452 Aurich 8 * * 03453 Cloppenburg 4 * * 03454 Emsland 18 4 14 03455 Friesland * - * 03456 Grafschaft Bentheim 12 * * 03457 Leer * * * 03458 Oldenburg 7 * * 03459 Osnabrück 16 * * 03460 Vechta 10 4 6 03461 Wesermarsch * - * 03462 Wittmund - - - *) Aus Datenschutzgründen und Gründen der statistischen Geheimhaltung werden Zahlenwerte von 1 oder 2 und Daten, aus denen rechnerisch auf einen solchen Zahlenwert geschlossen werden kann, anonymisiert. Gleiches gilt, wenn eine Region oder ein Wirtschaftszweig 1 oder 2 Betriebe aufweist oder einer der Betriebe einen so hohen Beschäftigtenanteil auf sich vereint, dass die Beschäftigtenzahl praktisch eine Einzelangabe über diesen Betrieb darstellt (Dominanzfall). In Fällen, in denen Werte von Null eine Information über den Merkmalsträger offen legen, werden auch diese Nullwerte anonymisiert. 10. Wie groß ist bei den Zulieferern gemessen am Gesamtumsatz der Anteil der an Automobilhersteller gelieferten Produkte/Dienstleistungen? Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor. 11. Wie groß ist bei den Zulieferern gemessen am Gesamtumsatz der Anteil der an VW gelieferten Produkte/Dienstleistungen? Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4186 8 12. An welche Automobilhersteller außer VW liefern die niedersächsischen Automobilzulieferer ? Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor. 13. Stellen die VW-Zulieferer auch Produkte/Dienstleistungen her, die nicht an die Automobilbranche geliefert werden? Wenn ja, welche sind das (bitte die Antworten zu den Fragen 7 bis 13 in einer Tabelle aufschlüsseln)? Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor. Nach Angaben der VW AG hat die VW AG auch Lieferanten, die nicht nur in der Automobil- Branche tätig sind (z. B. BASF, ThyssenKrupp, Bosch, Salzgitter AG oder Unternehmen in der Chemie-Branche). 14. Wie viele Jobs in der Zulieferindustrie sind abhängig von der Produktion des herkömmlichen Verbrennungsmotors? Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor; im Übrigen siehe Vorbemerkung. 15. In welchen Landkreisen machen die Arbeitsplätze in der Automobil- und Zulieferindustrie welchen Anteil der Gesamtarbeitsplätze aus? Siehe Auszug aus der nachstehenden amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4186 9 *) Aus Datenschutzgründen und Gründen der statistischen Geheimhaltung werden Zahlenwerte von 1 oder 2 und Daten, aus denen rechnerisch auf einen solchen Zahlenwert geschlossen werden kann, anonymisiert. Gleiches gilt, wenn eine Region oder ein Wirtschaftszweig 1 oder 2 Betriebe aufweist oder einer der Betriebe einen so hohen Beschäftigtenanteil auf sich vereint, dass die Beschäftigtenzahl praktisch eine Einzelangabe über diesen Betrieb darstellt (Dominanzfall). In Fällen, in denen Werte von Null eine Information über den Merkmalsträger offen legen, werden auch diese Nullwerte anonymisiert. (Verteilt am 18.07.2019) 291 Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren 292, 293 Hrst. v. Kaross., Aufbauten u. Anhängern sowie v. Teilen u. Zubehör f. Kraftwagen 291 Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren 292, 293 Hrst. v. Kaross., Aufbauten u. Anhängern sowie v. Teilen u. Zubehör f. Kraftwagen 03 Niedersachsen 2.956.773 142.891 111.843 31.048 4,8 3,8 1,1 031 Statistische Region Braunschweig 640.237 93.507 * * 14,6 03101 Braunschweig, Stadt 130.103 * * * 03102 Salzgitter, Stadt 47.975 * * * 03103 Wolfsburg, Stadt 120.757 * * 2.327 1,9 03151 Gifhorn 41.976 2.030 * * 4,8 03153 Goslar 45.334 * - * 03154 Helmstedt 22.488 * - * 03155 Northeim 45.481 * * * 03157 Peine 32.164 * - * 03158 Wolfenbüttel 24.876 * - * 03159 Göttingen 129.083 * - * 032 Statistische Region Hannover 831.428 24.828 * * 3,0 03241 Region Hannover 509.668 19.180 * * 3,8 03251 Diepholz 70.423 1.975 - 1.975 2,8 2,8 03252 Hameln-Pyrmont 52.027 87 - 87 0,2 0,2 03254 Hildesheim 91.936 2.563 * * 2,8 03255 Holzminden 22.487 * - * 03256 Nienburg (Weser) 39.714 * * * 03257 Schaumburg 45.173 * * * 033 Statistische Region Lüneburg 510.811 4.596 * * 0,9 03351 Celle 57.180 * - * 03352 Cuxhaven 47.659 * - * 03353 Harburg 64.693 549 * * 0,8 03354 Lüchow-Dannenberg 14.265 * - * 03355 Lüneburg 58.362 * - * 03356 Osterholz 26.394 * * - 03357 Rotenburg (Wümme) 55.730 556 * * 1,0 03358 Heidekreis 47.482 * - * 03359 Stade 62.085 * - * 03360 Uelzen 29.609 * - * 03361 Verden 47.352 * * * 034 Statistische Region Weser-Ems 974.297 19.960 * * 2,0 03401 Delmenhorst, Stadt 20.525 * - * 03402 Emden, Stadt 34.655 * * * 03403 Oldenburg (Oldenburg), Stadt 82.696 * - * 03404 Osnabrück, Stadt 93.733 * - * 03405 Wilhelmshaven, Stadt 30.112 - - - 03451 Ammerland 43.248 84 - 84 0,2 0,2 03452 Aurich 60.954 266 * * 0,4 03453 Cloppenburg 65.915 * * * 03454 Emsland 136.564 2.430 452 1.978 1,8 0,3 1,4 03455 Friesland 29.347 * - * 03456 Grafschaft Bentheim 49.421 526 * * 1,1 03457 Leer 47.026 * * * 03458 Oldenburg 35.419 93 * * 0,3 03459 Osnabrück 127.816 1.058 * * 0,8 03460 Vechta 71.087 738 * * 1,0 03461 Wesermarsch 29.859 * - * 03462 Wittmund 15.920 - - - darunter 29 Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen davon Anteil an Insgesamt in Prozent Region absolut Insgesamt darunter 29 Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen davon Drucksache 18/4186 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Strukturwandel in der deutschen Automobilwirtschaft: Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Zulieferbetriebe und Geschäftsmodelle in Niedersachsen