Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4231 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Aufgegebenes Bohrloch in Krummhörn-Pewsum als Atommüllendlager? Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz (GRÜNE), eingegangen am 21.06.2019 - Drs. 18/4052, an die Staatskanzlei übersandt am 25.06.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 23.07.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Die Emder Zeitung berichtet am 13.06.2019 „Das Bundesamt für kerntechnisch Entsorgungssicherheit (BfE) prüft zurzeit, ob der vorhandene Bohrschacht der Firma Exxon Mobil in Pewsum als Endlager für Atommüll infrage käme. Das teile Unternehmenssprecher Hans-Hermann Nack in der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses am Dienstag mit. Wie berichtet war die Gassuche des US-amerikanischen Mineralölkonzerns Exxon Mobil bei Pewsum nicht von Erfolg gekrönt. Unmittelbare Sorgen müssten sich die Krummhörner allerdings nicht machen, versicherte Nack. Diese Prüfung sei ein Standardprozedere.“ 1. Im Rahmen welches Verfahrens prüft das Bundesamt für kerntechnische Entsorgung derzeit die Eignung des Bohrschachts in Pewsum als Endlager? Eine Prüfung der Bohrung Greetsiel-Süd Z1 im Erlaubnisfeld Krummhörn, (Bohrlochansatzpunkt: Gemarkung Pewsum, Flur 2, Flurstück 21/4) hinsichtlich der Eignung als Endlager erfolgt nicht. Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) ist atomrechtliche Aufsichtsbehörde und Träger der Öffentlichkeitsbeteiligung im Standortauswahlverfahren für ein Endlager für hoch radioaktive Abfälle. Aufgaben, Ablauf und Zuständigkeiten des Standortauswahlverfahrens regelt das Standortauswahlgesetz (StandAG). Mit dem Inkrafttreten des StandAG erhielt das BfE durch die Sicherungsvorschriften nach § 21 StandAG die Aufgabe, Gebiete, die aufgrund grundsätzlicher geologischer Voraussetzungen als bestmöglich sicherer Standort für die Endlagerung später möglicherweise in Betracht kommen könnten, vor Veränderungen zu schützen, die ihre Eignung als Endlagerstandort beeinträchtigen können. Bis zur Bekanntmachung von Gebieten nach § 21 Abs. 4 StandAG erfolgt dies im Rahmen eines Einvernehmensverfahrens zwischen den Zulassungsbehörden der Länder und dem BfE. Im Rahmen der Standortsicherung ist es allerdings weder Aufgabe der Zulassungsbehörden noch des BfE die Eignung von Endlagerstandorten oder die Eignung von Vorhaben als Endlager zu untersuchen oder festzustellen. Die Anwendung des § 21 StandAG erfolgt bereits in einer Phase, in der vielfach noch keine detaillierten Informationen zu den Gebirgseigenschaften im Untergrund von geplanten Vorhaben vorliegen . Dennoch ist bereits frühzeitig eine begründete Bewertung vorzunehmen, ob auf den Untergrund einwirkende Vorhaben ein Gebiet, welches für eine spätere Endlagerung in Betracht kommen könnte, beeinträchtigen können. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4231 2 § 21 Abs. 2 StandAG bezieht sich explizit auf die Zulassung von beantragten Vorhaben (z. B. bergrechtliche Betriebsplanzulassung, wasserrechtliche Erlaubnis). Nach Eingang eines Zulassungsantrags bei der zuständigen Behörde (hier: Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie [LBEG]) wird durch diese eine Prüfung der im Bereich des Vorhabens zu erwartenden Gesteinsformationen in einer Teufe von 300 bis 1 500 m veranlasst, wenn das beantragte Vorhaben bis in eine Teufe von mehr als 100 m reicht. Wenn dort eine für die Endlagerung grundsätzlich geeignete Gesteinsformation vorhanden ist oder erwartet werden kann (zu den Gesteinsformationen siehe Auslegungshilfe für die Anwendung der Formationsbegriffe), sind die Belange des § 21 StandAG betroffen und die zuständige Behörde muss eine Prüfung der Voraussetzungen nach § 21 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 StandAG durchführen. Für die weitere Zulassungsentscheidung ist das Einvernehmen mit dem BfE herzustellen. Das BfE prüft hierbei auf Grundlage des Prüfergebnisses und der Entscheidungsgrundlagen der zuständigen Behörde ausschließlich die Voraussetzungen und Zulassungsfähigkeit nach § 21 Abs. 2 StandAG. Wasser- und/oder bergrechtliche Belange sowie andere fachgesetzliche Zulassungsvoraussetzungen bleiben von der Prüfung des BfE unberührt. Das Bohrvorhaben in Pewsum stellt ein bergrechtliches Zulassungsvorhaben dar und wurde aufgrund der Bohrteufe auf die Erfordernisse des § 21 StandAG zunächst durch die zuständige Behörde geprüft (siehe Antwort zu Frage 4). Im Zuge der Prüfung bestätigte das BfE das Ergebnis der zustän-digen Behörde, wonach das Vorhaben zugelassen werden könne, da es im engen räumlichen Zusammenhang mit bereits durchgeführten Maßnahmen steht, durch die ein ähnlich starker Eingriff in den Untergrund erfolgt ist (siehe Antwort zu Frage 5). Die Veröffentlichung der Erklärung erfolgte auf der Internetseite des BfE (siehe Antwort zu Frage 3 und 5). 2. Sieht das Standortauswahlgesetz eine Lagerung von Atommüll in Bohrlöchern vor? Das StandAG sieht explizit keine Lagerung von Atommüll in Bohrlöchern vor. In § 1 Abs. 4 StandAG ist festgelegt, dass die Endlagerung in tiefen geologischen Formationen in einem für diese Zwecke errichteten Endlagerbergwerk erfolgt. 3. Wie, wo und wann werden die Gegenstände und Ergebnisse der Prüfungen bezüglich der o. g. Bohrung öffentlich gemacht? Erklärungen des BfE für Vorhaben, die aufgrund § 21 Abs. 2 StandAG des Einvernehmens bedürfen , werden auf der Internetseite des BfE unter https://www.bfe.bund.de/DE/soa/standort sicherung/einvernehmenserklaerung/einvernehmenser-klaerung_node.html nach Versand an die jeweils verfahrensführenden Länderbehörden veröffentlicht. Die Einvernehmenserklärungen enthalten Angaben zum Gegenstand und Ergebnis der Prüfungen nach § 21 StandAG. Erste Ergebnisse im Rahmen des Standortauswahlverfahrens, bei denen erste Gebiete aufgrund grundsätzlicher Nichteignung ausgeschlossen werden, werden mit dem Zwischenbericht Teilgebiete der BGE mbH gemäß §13 StandAG veröffentlicht. Die Veröffentlichung des Berichts ist für das dritte Quartal 2020 geplant. 4. Wurde das BfE1 im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für die Bohrung Greetsiel Süd Z1 beteiligt? Das BfE wurde vom LBEG als Bergbehörde für das Land Niedersachsen mit Schreiben vom 01.11.2018 um das Einvernehmen zum Hauptbetriebsplan für das Erlaubnisfeld Krummhörn, in dem die Bohrung Greetsiel-Süd Z1 liegt, gebeten. Wegen unterschiedlicher Einschätzungen hinsichtlich der Einordnung der am Vorhabenstandort vorhandenen Gesteinsformationen war eine Ergänzung der Unterlagen erforderlich 1 https://www.bfe.bund.de/DE/soa/standortsicherung/sicherungsvorschriften.html Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4231 3 5. Hat das BfE vor dem Hintergrund der Sicherung potenziell für die Endlagerung geeigneter Gesteinsformationen sein Einvernehmen zur Bohrgenehmigung erteilt? Nach erfolgter Prüfung wurde am 07.01.2019 das Einvernehmen zum Vorhaben unter dem Aktenzeichen BfE21102/09#0064 erteilt. Die Veröffentlichung dieser Entscheidung erfolgte am 23.02.2019 auf der Internetpräsenz des BfE: https://www.bfe.bund.de/SharedDocs/Downloads/BfE/ DE/IP/einvernehmenserklaerung/Niedersach-sen/BfE-21102-09-0064.html. 6. Warum prüft das BfE die Zulassung von Bergbauprojekten? Mit dem Inkrafttreten des StandAG sind nach § 21 alle Anträge Dritter auf Zulassung eines Vorhabens in Teufen von mehr als 100 m nach den Bestimmungen des Bundesberggesetzes oder sonstigen Rechtsvorschriften auf die Erfordernisse und Voraussetzungen der Sicherungsvorschriften zu prüfen. Diese Prüfung erfolgt zunächst durch die zuständige bzw. verfahrensführende Behörde. Betroffen sind hiervon i. d. R. sowohl Bergbauprojekte (Bohrungen, Bergwerke) als auch Maßnahmen, die einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedürfen. Liegen in dem Gebiet des Vorhabens in einer Teufe von 300 bis 1 500 m unter der Geländeoberkante stratiforme Steinsalz- oder Tonsteinformationen mit einer Mächtigkeit von mindestens 100 m, Salzformationen in steiler Lagerung oder Kristallingesteinsformationen mit einer vertikalen Ausdehnung von mindestens 100 m vor bzw. können diese erwartet werden, darf das Vorhaben nur im Einvernehmen mit dem BfE zugelassen werden. Ziel der Sicherungsvorschriften und des Einvernehmensverfahren ist es, festzustellen, ob für die Endlagerung potenziell in Betracht kommende Gesteinsformationen durch Bohrungen und/oder Bergwerke in der Form geschädigt werden, sodass dadurch die Anforderungen an einen Endlagerstandort nicht mehr erfüllt wären. Das Ergebnis des Vorhandenseins einer nach § 21 StandAG relevanten Gesteinsformation sagt selbst nichts über deren tatsächliche Eignung für einen Endlagerstandort aus. Die Anwendungen der Auswahlkriterien, Feststellung der Eigenschaften und Prüfung der Anforderungen erfolgt im Rahmen des Standortauswahlverfahrens durch die Vorhabenträgerin BGE mbH. 7. Inwiefern werden vorhandene Tiefbohrungen bei den Kriterien des Standortauswahlgesetztes berücksichtigt? Das Vorhandensein von Tiefbohrungen wird im Standortauswahlverfahren insbesondere im Zusammenhang mit dem Ausschlusskriterium § 22 Abs. 2 Nr. 2 StandAG berücksichtigt. Hiernach sind Einflüsse aus früherer oder gegenwärtiger bergbaulicher Tätigkeit im Bereich eines vorgesehenen einschlusswirksamen Gebirgsbereichs oder vorgesehenen Endlagerbereichs zu untersuchen . Sofern negative Einflüsse auf diese Bereiche zu besorgen sind, werden die Gebiete ausgeschlossen und im Verfahren nicht weiter berücksichtigt. Weiterhin dürfen vorhandene alte Bohrungen die Barrieren eines potenziellen Endlagerstandortes in ihrer Einschlussfunktion nachweislich nicht beeinträchtigen. Sofern weitere geologische Informationen aus den Bohrungen für die Prüfung der Kriterien und Anforderungen nach §§ 22 bis 24 StandAG vorhanden sind und der Vorhabenträgerin im Zuge ihrer Datenabfrage bei den Behörden der Länder und des Bundes zugänglich gemacht werden dürfen, fließen auch diese Daten in das Standortauswahlverfahren ein. 8. Sollen der Bohrplatz Greetsiel Süd Z1 und die Zufahrt vollständig zurückgebaut werden (wenn nein, bitte erläutern)? 9. Wie sind das weitere Verfahren und der Zeitplan für den Rückbau des Bohrplatzes? Die Fragen 8 und 9 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4231 4 Das Unternehmen ExxonMobil Production Deutschland GmbH hat mit Schreiben vom 16.05.2019 erklärt, dass die Bohrung fehl ging und kein Erdgas gefunden wurde. Weiterhin wurde dem LBEG mitgeteilt, dass die Bohrung verfüllt werden soll. Ein Antrag hierzu liegt dem LBEG noch nicht vor. Nach Verfüllung der Bohrung wird die vom Bergbau in Anspruch genommene Fläche grundsätzlich wiedernutzbar gemacht. Dies kann in Abstimmung mit dem Grundeigentümer und den örtlich zuständigen Behörden ein vollständiger Rückbau sein oder gegebenenfalls auch eine Folgenutzung des Platzes, z. B. als Lagerplatz für Silage. Einzelheiten zur Wiedernutzbarmachung sind im Rahmen eines bergrechtlichen Abschlussbetriebsplans vom Unternehmen darzulegen und werden vom LBEG unter Beteiligung der örtlich zuständigen Behörden genehmigt. Für den Fall einer gewünschten Folgenutzung gehen die Flächen in die Aufsicht der örtlich zuständigen Behörden nach Beendigung der Bergaufsicht über. Angesichts der noch ausstehenden Genehmigungsanträge können bisher keine belastbaren Aussagen zur zeitlichen Abfolge der Maßnahmen zur Wiedernutzbarmachung getroffen werden. 10. Sind der Landesregierung vor dem Hintergrund, dass die Aufsuchungserlaubnis des Unternehmen BEB Erdgas und Erdöl für das Feld Krummhörn bis zum 30.04.2020 befristet ist, Absichten bekannt, eine Verlängerung der Bewilligung zu beantragen, bzw. liegt ein entsprechender Antrag vor? Wenn ja, um welches Unternehmen handelt es sich? Dem LBEG sind bisher keine Informationen bekannt, ob der Erlaubnisinhaber, das Unternehmen BEB Erdgas und Erdöl GmbH & Co. KG, einen Antrag auf Verlängerung des erteilten Rechts zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen im Erlaubnisfeld „Krummhörn“ über den befristet erteilten Berechtigungszeitraum hinaus stellen wird. Dem LBEG liegt hierzu derzeit kein Antrag vor. 11. Welche weiteren Aktivitäten zur Aufsuchung von Öl- und Gasvorkommen sind im Feld Krummhörn geplant? Dem LBEG sind derzeit keine weiteren Planungen bekannt. (Verteilt am 25.07.2019) Drucksache 18/4231 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Aufgegebenes Bohrloch in Krummhörn-Pewsum als Atommüllendlager?