Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4256 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Selbsthilfe in der Pflege - Schrecken hohe Anforderungen Pflegebedürftige und Angehörige ab? Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE), eingegangen am 08.07.2019 - Drs. 18/4134 an die Staatskanzlei übersandt am 10.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 29.07.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Seit 2010 setzt Niedersachsen § 45 d SGB XI mit der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von ehrenamtlichen Strukturen sowie der Selbsthilfe nach § 45 d SGB VI um. Die aktuelle Richtlinie läuft am 31.12.2019 aus. Vorbemerkung der Landesregierung Gesundheitsbezogene Selbsthilfegruppen sind freiwillige, neutrale, unabhängige und nicht gewinnorientierte Zusammenschlüsse von Menschen, die entweder selbst oder als Angehörige von einem bestimmten Krankheitsbild betroffen sind. Aktivitäten der Gruppen richten sich auf persönliche und wechselseitige Unterstützung zur Bewältigung der Rahmenbedingungen und Auswirkungen respektive daraus resultierender psychischer Probleme im Zusammenhang mit der Erkrankung. Nachdem Selbsthilfemaßnahmen im Bereich der Krankenversicherung (SGB V) bereits seit längerem ihren Platz haben, hat die Selbsthilfe im Jahr 2008 durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz Einzug auch in die Pflegeversicherung gehalten. Charakteristisch für die Selbsthilfegruppen in der Pflege ist im Unterschied zu den Gruppen des SGB V, dass die Aktivitäten dieser Gruppen nicht auf ein bestimmtes Krankheitsbild, sondern allgemein auf eine Verbesserung der Pflegesituation gerichtet sind. Mit der Umsetzung der bundesgesetzlichen Regelungen können in Niedersachsen seit dem Jahr 2010 Selbsthilfegruppen Fördermittel des Landes und der Pflegekassen erhalten. Die regionalen Selbsthilfekontaktstellen werden für ihren Aufwand bei der Betreuung der Selbsthilfegruppen ebenfalls an der Förderung beteiligt. Zweck der Förderung ist die Initiierung, Organisation und Aufrechterhaltung der Selbsthilfe in der Pflege. Die bereits in 2014 erstmals verlängerte „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von ehrenamtlichen Strukturen sowie der Selbsthilfe nach § 45 d SGB XI“ (RdErl. d. MS v. 01.10.2014 - VORIS 83000 - Nds. MBl. Nr. 43, S. 777) läuft nach fünf Jahren Laufzeit zum 31.12.2019 aus. Nachdem es seit 2010 gelungen ist, die Selbsthilfe in Niedersachsen auch in der Pflege zu etablieren, soll die Förderung nach dem Willen der Landesregierung für weitere fünf Jahre fortgesetzt werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4256 2 1. In welcher Höhe standen in den Jahren seit 2010 jeweils Mittel für die Förderung der Selbsthilfe in der Pflege zur Verfügung? Die Landesmittel zur Förderung der Selbsthilfe nach § 45 d SGB XI werden im Haushaltsplan des Landes im Einzelplan 05, Kapitel 05 36, Titelgruppe 91/92 veranschlagt. Bis einschließlich 2018 erfolgte die Veranschlagung der HH-Mittel gemeinsam mit den Haushaltsmitteln zur Förderung der Angebote zur Unterstützung im Alltag. Nach der Konzeption der Förderung im Rahmen der Richtlinie und auf der Basis des aus der Pflegelandschaft übermittelten Förderbedarfes waren seit Beginn der Förderung im Jahr 2010 jährlich jeweils bis zu 200 000 Euro des Haushaltsansatzes zur Förderung der Selbsthilfe eingeplant. Mit diesen Mitteln konnten alle vorgelegten förderfähigen Anträge aus dem Bereich Selbsthilfe in der Pflege positiv beschieden werden. Ab dem Haushaltsjahr 2019 sind die Förderbereiche im Haushaltsplan getrennt veranschlagt worden ; für die Förderung der Selbsthilfe in der Pflege stehen aktuell Mittel in Höhe von 250 000 Euro zur Verfügung. 2. Wie wurden die zur Verfügung stehenden Mittel in den einzelnen Jahren jeweils in Anspruch genommen? Die Inanspruchnahme der Fördermittel in den Jahren 2010 bis 2018 ist der nachstehenden Tabelle zu entnehmen: Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Beteiligte SH-Kontaktstellen 16 28 29 31 29 34 35 33 34 SH-Gruppen 59 152 150 142 147 162 188 169 194 IST-Ausgabe Land In Euro 63 422 164 479 131 250 125 030 130 620 145 830 164 380 148 970 170 770 3. Wie viele Selbsthilfegruppen aus dem Bereich Pflege gibt es derzeit in Niedersachsen? In Niedersachsen treffen sich aktuell schätzungsweise 275 000 Menschen in etwa 7 000 Selbsthilfegruppen 1. Nicht alle diese Gruppen erhalten Fördermittel nach dem SGB V oder dem SGB XI. Informationen dazu, wie viele dieser Selbsthilfegruppen schwerpunktmäßig im Bereich Pflege aktiv sind, liegen deshalb nicht vor. 4. Wie viele Selbsthilfegruppen aus dem Bereich Pflege werden derzeit über die Richtlinie gefördert? Siehe Antwort zu Frage 2. 5. Hält die Landesregierung die bisherigen Fördervoraussetzungen für geeignet, um Pflegebedürftige und Angehörige in allen Regionen Niedersachsens die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe zu ermöglichen? Ja. Die Zahl der geförderten Selbsthilfegruppen konnte im Zeitraum von 2010 bis 2018 von 59 auf 194 Gruppen deutlich gesteigert werden; siehe dazu Antwort zu Frage 2. 1 Veröffentlichung des Selbsthilfebüros Niedersachsen „Selbsthilfegruppen in Niedersachsen 2019, S. 4 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4256 3 6. Wie erklärt sich die Landesregierung, dass ein Großteil der bestehenden Selbsthilfegruppen aus dem Pflegebereich zwar die formalen Voraussetzungen für die Förderung erfüllt, eine Förderung aber dennoch nicht in Anspruch nimmt? Belastbare Erkenntnisse darüber, dass - wie nach der Fragestellung behauptet - ein Großteil der bestehenden Selbsthilfegruppen aus dem Pflegebereich die landesseits angebotene Förderung nicht in Anspruch nimmt, liegen der Landesregierung nicht vor. Sofern die formellen und materiellen Fördervoraussetzungen nach der Richtlinie erfüllt sind, haben Förderanträge in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Mitteln grundsätzlich gute Förderaussichten . Möglich ist, dass nicht in allen Fällen Bedarf bzw. Interesse an einer Förderung besteht . 7. Wird das Ziel der Richtlinie, Hilfsangebote auszubauen, nach Ansicht der Landesregierung erreicht? Ja, siehe Antwort zu Frage 5. 8. Wird die Landesregierung eine neue Richtlinie zur Förderung der Selbsthilfe im Pflegebereich zum 01.01.2020 erlassen? Ja. 9. Welche Änderungen plant die Landesregierung an der derzeitigen Richtlinie? Im Rahmen der Neufassung der Richtlinie sind zunächst die bundesgesetzlichen Änderungen umzusetzen . Dies betrifft insbesondere die Streichung des Ehrenamtes aus den Regelungen zu § 45 d SGB XI. Zudem hat die Bundesregierung die für die Selbsthilfe in der Pflege zur Verfügung stehenden Mittel der Pflegekassen ab dem Jahr 2019 von 0,10 Euro auf 0,15 Euro je Versichertem erhöht; zeitgleich wurde die Finanzierung Bund/Land von vorher 50:50 auf das Verhältnis 75:25 umgestellt. Deshalb plant die Landesregierung, die zusätzlichen Mittel ab dem Jahr 2020 für eine Verbesserung der personellen Ausstattung der Selbsthilfekontaktstellen einzusetzen. Den Selbsthilfekontaktstellen soll damit ermöglicht werden, zum einen die Selbsthilfe in der Pflege in ihrem Zuständigkeitsbereich weiter bekannt zu machen und zum anderen aktiv zusätzliche Selbsthilfegruppen zu initiieren und zu begleiten. In die Neufassung der Richtlinie sollen darüber hinaus auch die Anregungen des Niedersächsischen Landesrechnungshofs im Rahmen seiner Prüfung aus dem Februar 2018 aufgenommen worden. 10. Wird die Arbeitsgruppe Selbsthilfe und Pflege oder eine andere Organisation aus der Selbsthilfe in Niedersachsen in die Überarbeitung der Richtlinie eingebunden? Nach § 31 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung und der Ministerien in Niedersachsen (GGO vom 30.03.2004; Nds. GVBl. S. 107), zuletzt geändert durch Beschluss vom 09.10.2018 (Nds. GVBl. S. 211) kann über die gesetzlichen Beteiligungspflichten hinaus bei der Vorbereitung von allgemeinen Regelungen, insbesondere von Rechts- und Verwaltungsvorschriften , anderen Stellen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, soweit dies im öffentlichen Interesse geboten ist. Im Rahmen dieser Regelung wird u. a. auch das Selbsthilfebüro Niedersachsen der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. beteiligt und zur Neufassung der Richtlinie um seine Einschätzung gebeten. (Verteilt am 31.07.2019) Drucksache 18/4256 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Selbsthilfe in der Pflege - Schrecken hohe Anforderungen Pflegebedürftige und Angehörige ab?