Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/426 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Jan-Christoph Oetjen, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Wer wird wie oft auf MRSA kontrolliert? Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Jan-Christoph Oetjen, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 30.01.2018 - Drs. 18/256 an die Staatskanzlei übersandt am 06.02.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 27.02.2018, gezeichnet Dr. Carola Reimann Vorbemerkung der Abgeordneten MRSA steht für Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus - eine durch den breiten Einsatz von Antibiotika seit den 1960er-Jahren zunehmend auftretende resistente Staphylokokkenart. Die allermeisten MRSA-Stämme sind aber nicht nur gegen Beta-Laktam-Antibiotika, sondern auch gegen andere Antibiotika-Gruppen resistent, also tatsächlich multiresistent. In Kliniken spielen MRSA als Verursacher von nosokomialen Infektionen eine wichtige Rolle. Vorbemerkung der Landesregierung Gemäß § 23 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) haben die Leitungen von Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen, zu denen auch Einrichtungen für ambulantes Operieren gehören, sicherzustellen, dass die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden. Die Einhaltung des Stands der medizinischen Wissenschaft auf diesem Gebiet wird vermutet, wenn jeweils die veröffentlichten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (KRINKO) und der Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie beim Robert Koch-Institut beachtet worden sind. Auch die im Jahr 2012 auf der Grundlage des IfSG erlassene Niedersächsische Verordnung über Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen (NMedHygVO) nimmt auf diese Empfehlungen Bezug. Somit liegt die Verantwortung für die Umsetzung geeigneter Hygiene- und Präventionsmaßnahmen in der Verantwortung der Leitung der Einrichtung. Ein von den KRINKO-Empfehlungen abweichendes Vorgehen kann unter Berücksichtigung der ebenfalls in der KRINKO empfohlenen ärztlichen Risikoanalyse angemessen sein. Da sich Krankenhäuser und auch einzelne Stationen innerhalb der Häuser in ihren Risikoprofilen sehr stark unterscheiden, sind die ärztliche Risikoanalyse und eine entsprechend abgestimmte Vorgehensweise sinnvoll. Deshalb sind generelle Aussagen für das praktische Vorgehen in allen niedersächsischen Kliniken weder sinnvoll noch möglich. Die NMedHygVO konzentriert sich u. a. auf die Struktur- und Prozessqualität, indem für eine stringente Anwendung und die strikte Einhaltung der Grundsätze der Hygiene und Infektionsprävention Sorge getragen wird. Dazu gehört insbesondere die Sicherstellung personeller Voraussetzungen Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/426 2 zur Einhaltung der Hygieneregeln durch Bestimmungen über die Ausstattung mit Hygienefachpersonal und deren Qualifikation. Um die unteren Gesundheitsbehörden bei der infektionshygienischen Hygieneüberwachung nach § 23 IfSG zu unterstützen, führt das Niedersächsische Landesgesundheitsamt seit 2013 einmal jährlich eine zentrale Fortbildung zu spezifischen Themen der infektionshygienischen Überwachung von medizinischen Einrichtungen für den kommunalen Öffentlichen Gesundheitsdienst durch. Dabei werden Checklisten ausgegeben, um so eine einheitliche und qualitätsgesicherte Überwachung zu gewährleisten. 1. Werden alle Patienten in niedersächsischen Kliniken bei der Aufnahme auf MRSA getestet ? Nach § 9 Abs. 1 NMedHygVO hat die Leitung einer medizinischen Einrichtung sicherzustellen, dass frühzeitig erkannt wird, ob von einer Patientin oder einem Patienten ein Risiko für die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, ausgeht. Sie hat außerdem sicherzustellen, dass bei Vorliegen eines solchen Risikos erstens unverzüglich Maßnahmen der Hygiene und Infektionsprävention ergriffen werden und zweitens das Risiko und die Maßnahmen so dokumentiert werden, dass das Personal leicht und sicher erkennen kann, welche besonderen Schutzmaßnahmen beim weiteren Umgang mit der Patientin oder dem Patienten zu treffen sind. Die KRINKO empfiehlt, dass in einem Hygieneplan Festlegungen zur Durchführung eines MRSA- Screenings bei Aufnahme entsprechend dem Ergebnis der einrichtungsspezifischen ärztlichen Risikoanalyse zu treffen sind. In den Festlegungen zur Durchführung des MRSA-Screenings sind mindestens die Risikopopulationen mit bekannt höherer MRSA-Prävalenz einzubeziehen. Risikopopulationen sind: – Patientinnen und Patienten mit bekannter MRSA-Anamnese, – Patentinnen und Patienten aus Regionen/Einrichtungen mit bekannt hoher MRSA-Prävalenz (z. B. Einrichtungen in Ländern mit hoher MRSA-Prävalenz oder Einrichtungen mit bekannt hoher MRSA-Prävalenz in Deutschland), – Dialysepatientinnen und -patienten, – Patientinnen und Patienten mit einem stationären Krankenhausaufenthalt (> 3 Tage) in den zurückliegenden zwölf Monaten (in einem Krankenhaus in Deutschland oder in anderen Ländern), – Patientinnen und Patienten, die regelmäßig (beruflich) direkten Kontakt zu MRSA haben, wie z. B. Personen mit Kontakt zu landwirtschaftlichen Nutztieren (Schweine, Rinder, Geflügel), – Patientinnen und Patienten, die während eines stationären Aufenthalts Kontakt zu MRSA-Trägern hatten (z. B. bei Unterbringung im gleichen Zimmer), – Patientinnen und Patienten mit chronischen Hautläsionen (z. B. Ulkus, chronische Wunden, tiefe Weichgewebeinfektionen), – Patientinnen und Patienten mit chronischer Pflegebedürftigkeit (z. B. Immobilität, Störungen bei der Nahrungsaufnahme/Schluckstörungen, Inkontinenz, Pflegestufe) und einem der nachfolgenden Risikofaktoren: – Antibiotikatherapie in den zurückliegenden sechs Monaten, – liegende Katheter (z. B. Harnblasenkatheter, PEG-Sonde, Trachealkanüle). – Bei Patientinnen und Patienten, bei denen Risikofaktoren für eine MRSA-Kolonisation bestehen , ist die Screeninguntersuchung gegebenenfalls vor Hospitalisierung (z. B. im Rahmen prästationärer Diagnostik) durchzuführen. Es gibt Kliniken, die ein risikoadaptiertes Screening durchführen, und Kliniken, die alle neu aufgenommenen Patientinnen und Patienten testen. Die jeweilige Festlegung des Vorgehens erfolgt durch die Kliniken nach einer ärztlichen Risikoanalyse unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten in den Einrichtungen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/426 3 2. Wenn dies nicht der Fall ist, gibt es Berufsgruppen, bei denen ein solcher Test grundsätzlich durchgeführt wird, da von einer erhöhten Gefährdung ausgegangen wird? Die Empfehlungen beziehen sich nicht direkt auf bestimmte Berufsgruppen, nennen aber speziell Personen mit Kontakt zu landwirtschaftlichen Nutztieren (Schweine, Rinder, Geflügel). Es ist davon auszugehen, dass mit Nutztieren arbeitende Landwirtinnen und Landwirte generell getestet werden . Andere berufliche Risikofaktoren werden nicht genannt. 3. Wann und wie oft werden nach erfolgreicher Sanierung Kontrollen durchgeführt a) im ambulanten Bereich, b) im stationären Bereich? Zu a: Die MRE-Netzwerke in Niedersachsen empfehlen im Merkblatt zur MRSA-Sanierung im niedergelassenen Bereich (https://www.mre-netzwerke.niedersachsen.de/download/15337/MRSA-Sanie rung_im_niedergelassenen_Bereich_08_2014_.pdf) zur Kontrolle des Langzeiterfolgs drei Kontrollabstriche an den zuvor positiv getesteten Stellen: 1. Abstrich: drei Tage bis vier Wochen nach Sanierungsabschluss, 2. Abstrich: drei bis sechs Monate nach Sanierungsabschluss, 3. Abstrich: elf bis 13 Monate nach Sanierungsabschluss. Zu b: Die KRINKO empfiehlt im stationären Bereich tägliche Kontrollabstriche von Nase/Rachen und Wunden. Wenn an drei unterschiedlichen Tagen alle Kontrollabstriche negativ waren, kann die Dekolonisierung als erfolgreich angesehen werden. 4. Zu welchen Gelegenheiten wird das Personal in niedersächsischen Kliniken auf MRSA getestet, findet beispielsweise ein Test bei der Einstellung statt, und gibt es regelmäßige Kontrollen? Die KRINKO empfiehlt keine routinemäßige Untersuchung (Screening) von Personal hinsichtlich einer MRSA-Besiedlung. Die KRINKO empfiehlt ein MRSA-Screening bei medizinischem Personal, das unmittelbaren Kontakt zu MRSA-Patientinnen bzw. -Patienten hatte, nur bei einem gehäuften Auftreten von MRSA- Nachweisen. Auch in den Merkblättern der MRE-Netzwerke in Niedersachsen wird ein MRSA- Screening beim Personal nur im Zusammenhang mit MRSA-Häufungen in den medizinischen Einrichtungen empfohlen. (Verteilt am 01.03.2018)