Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4306 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Beabsichtigte Nutzung der Länderöffnungsklausel im Rahmen der Grundsteuerreform Anfrage des Abgeordneten Christian Grascha (FDP), eingegangen am 11.07.2019 - Drs. 18/4171 an die Staatskanzlei übersandt am 18.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung 05.08.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 10. April 2018 (BVerfGE 148, 147) das derzeitige Erhebungssystem der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärte, haben die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der SPD drei Gesetzesentwürfe (Drucksachen 19/11084, 19/11085 und 19/11086) zu einer Reform der Grundsteuer in den deutschen Bundestag eingebracht . Diese enthalten u. a. eine Öffnungsklausel, die es den Ländern ermöglicht, eigene Regelungen zur Grundsteuererhebung zu erlassen. Durch das „Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung“ (Drucksache 19/11086) soll für Gemeinden, in denen ein besonderer Wohnraumbedarf herrscht, darüber hinaus die Option geschaffen werden, eine Grundsteuer C für unbebaute, aber baureife Grundstücke einzuführen. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Gesetzesentwürfe zur Reform der Grundsteuerreform insgesamt? Die niedersächsische Landesregierung hat noch keine endgültige Festlegung hinsichtlich einer Zustimmung zu den vorliegenden Gesetzentwürfen getroffen. Der vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts beinhaltet ein am Wert orientiertes Grundsteuermodell . Die Orientierung am Wert erfordert ein gewisses Maß an Differenziertheit und zwangsläufig eine regelmäßige Aktualisierung der Werte (Neubewertung durch eine weitere Hauptfeststellung ). Das im vorgelegten Modell beinhaltete Maß an Differenziertheit führt zu einem entsprechenden unvermeidbaren Aufwand in der Umsetzung. Es werden Änderungen der Gesetzentwürfe im weiteren Gesetzgebungsverfahren erwartet. Beispielsweise sollte der Hauptfeststellungszeitpunkt auf den 01.01.2021 statt 01.01.2022 vorgezogen werden, um mehr Zeit für die Bearbeitung der Steuererklärungen zu erhalten. 2. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass durch die Grundsteuerreform das Gesamtsteueraufkommen in den Kommunen nicht steigen soll? Ja. 3. Wird die Landesregierung von der Länderöffnungsklausel Gebrauch machen? 4. Falls ja, welche Kriterien wird die Landesregierung bei der Erhebung der Grundsteuer in Zukunft anwenden? 5. Falls ja, welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um höhere Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger zu vermeiden? Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4306 2 6. Falls ja, welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den bürokratischen Aufwand bestmöglich zu begrenzen? 7. Falls ja, wann wird die Landesregierung dem Parlament einen ersten Entwurf für eine solche landesgesetzliche Regelung vorlegen, und wie sähe das weitere Verfahren in 2019 aus? Die Fragen 3 bis 7 werden im Zusammenhang beantwortet. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 72, 105 und 125 b) soll eine uneingeschränkte konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts ohne die besonderen Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 GG begründet werden. Gleichzeitig sollen die Länder zu abweichenden landesrechtlichen Regelungen für Veranlagungszeiträume ab dem 01.01.2025 ermächtigt werden (Öffnungsklausel). Ob und in welcher Fassung das Gesetz die erforderlichen verfassungsändernden Mehrheiten im Bundestag und im Bundesrat bekommt, ist noch nicht entschieden. Eine Entscheidung der niedersächsischen Landesregierung, ob und in welcher Form die Öffnungsklausel in Anspruch genommen werden soll, ist noch nicht getroffen worden. Die nachfolgende landesrechtliche Entscheidung über eine Nutzung einer Öffnungsklausel und über eine abweichende landesrechtliche Gestaltung wäre zudem vom Landtag zu treffen. 8. Wie positioniert sich die Landesregierung konkret zum Kostenwertmodell? Das Kostenwertmodell war Gegenstand eines Gesetzentwurfs des Bundesrats, das von 14 Ländern konzipiert und von Hessen und Niedersachsen in der letzten Legislaturperiode in den Bundesrat eingebracht wurde. Dieser Gesetzentwurf ist im Bundestag der Diskontinuität unterfallen. Für die Bewertung der bebauten Grundstücke, die Wohnzwecken dienen, wurde im Rahmen der Konsultationsgespräche der Länderfinanzministerien mit dem Bundesfinanzminister einem vereinfachten Ertragswertverfahren der Vorzug gegenüber dem Kostenwertmodell gegeben. Dies wird von der Landesregierung nicht infrage gestellt. 9. Wie positioniert sich die Landesregierung konkret zum Bodenwertmodell? Das Bodenwertmodell ist von einigen Wissenschaftlern, dem Naturschutzbund Deutschland e. V. und dem Deutschen Mieterbund in die politische Diskussion eingebracht worden, hat dort aber keinen Niederschlag gefunden. Bei diesem Modell wird nur der Grund und Boden mit dem Bodenrichtwert in die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer einbezogen. Die Bebauung des Grundstücks bleibt dabei unberücksichtigt. Systematisch betrachtet handelt es sich bei dem Bodenwertmodell um ein am Wert orientiertes Grundsteuermodell. Diese Grundsatzentscheidung erfordert nach Auffassung der Landesregierung auch die Erfassung der Gebäudewerte, denn diese tragen erheblich zum Wert eines Grundstücks bei. Das Außerachtlassen des Gebäudewertes würde insbesondere unter Gleichheitsgesichtspunkten verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen. Aus diesen Gründen wird das Bodenwertmodell von der Landesregierung nicht in Betracht gezogen . 10. Wie positioniert sich die Landesregierung konkret zum Flächenmodell? Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018 lässt Artikel 3 des Grundgesetzes dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Bewertungsvorschriften für die steuerliche Bemessungsgrundlage der Grundsteuer einen weiten Spielraum, verlangt aber ein in der Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerechtes Bewertungssystem. Die Orientierung am Wert erfordert eine regelmäßige Aktualisierung der Werte (Neubewertung durch eine weitere Hauptfeststellung ) und führt zu dem entsprechenden unvermeidbaren Aufwand in der Umsetzung. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4306 3 Das Flächenmodell hat auf Bundesebene keine Mehrheit bekommen, weil die Grundstücke bei gleichen Flächenverhältnissen innerhalb einer Gemeinde die gleiche Grundsteuer auslösen und ihre Lage, ihre Ausstattung und ihre Ertragsfähigkeit keinen Einfluss auf die Grundsteuer haben. 11. Wie positioniert sich die Landesregierung zu der vorgesehenen Möglichkeit, eine Grundsteuer C zu erheben? Im vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung wird für die Gemeinden die Möglichkeit geschaffen, einen besonderen Hebesatz für baureife Grundstücke festzulegen. Die Erhebung der Grundsteuer C soll in das Ermessen der Gemeinden gestellt werden. Hiergegen wird sich die Landesregierung voraussichtlich nicht aussprechen. 12. Welche Gemeinden in Niedersachsen könnten bei Inkrafttreten des Gesetzes in seiner derzeitigen Form Satzungen zur Erhebung der Grundsteuer C erlassen? Die Neuregelung soll am 01.01.2025 in Kraft treten. Die Möglichkeit, einen besonderen Hebesatz für baureife Grundstücke festzulegen, stünde allen Gemeinden offen. (Verteilt am 07.08.2019) Drucksache 18/4306 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Beabsichtigte Nutzung der Länderöffnungsklausel im Rahmen der Grundsteuerreform Anfrage des Abgeordneten Christian Grascha (FDP), eingegangen am 11.07.2019 - Drs. 18/4171 an die Staatskanzlei übersandt am 18.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung 05.08.2019