Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4320 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Hermann Grupe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Unterstützt die Landesregierung eine Bund-Länder-Task-Force zur Brandbekämpfung? Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Hermann Grupe (FDP), eingegangen am 19.07.2019 - Drs. 18/4223 an die Staatskanzlei übersandt am 23.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 08.08.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Am Mittwoch, den 10. Juli 2019, besuchte Bundesinnenminister Horst Seehofer das Waldbrandgebiet auf dem ehemaligen Truppenübungsgelände bei Lübtheen und gab anschließend eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem mecklenburg-vorpommerschen Innenminister Lorenz Caffier. Dort präsentierte der Bundesinnenminister einen Plan zur besseren Bekämpfung zukünftiger Waldbrände in Deutschland. Dieser Plan umfasst die Einrichtung einer Bund-Länder-Task-Force zur Brandbekämpfung, „die das Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern konzeptionell unterlegt und Standards für Ausbildung und Ausstattung erarbeitet.“ 1 Die Task-Force solle Einsatzleitern im Katastrophenfall für die Waldbrandbekämpfung zur Verfügung stehen. „Seehofer kündigte an, dafür die Flotte der Bundespolizei-Hubschrauber aufzustocken, die tagelang im Waldbrandgebiet aus der Luft gelöscht hatten. Eventuelle Räumpanzer und gepanzerte Löschfahrzeuge könnten gegebenenfalls beim THW angesiedelt werden, die im Brandfall Ansprechpartner für Einsatzkräfte vor Ort wären . (…) Seehofer sagte zu, dass die Gründung der Task Force in ‚zumutbarer‘ Zeit umgesetzt werden soll.“ 2 „Minister Seehofer betonte weiterhin, dass die Beseitigung von Kampfmitteln forciert und vor allem einheitliche Standards zwischen den Bundesländern definiert werden müssten. Dabei werde der Bund unterstützen.“ 3 In einem Positionspapier des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 11. Juli 2019 ließen die Mitglieder der A-Innenministerkonferenz verlauten: „Wir fordern den Bund auf, Liegenschaften in seiner Verantwortung mit Munitionsbelastung entsprechend zu beräumen .“ Vorbemerkung der Landesregierung In Niedersachsen stützt sich das System des Waldbrandschutzes auf ein Zusammenspiel u. a. aus frühzeitiger, luft- wie kameragestützter Brandentdeckung, flächendeckender Präsenz von Feuerwehren und guter Zufahrtsmöglichkeiten in die Waldgebiete. Nach den verheerenden Waldbränden 1975 konnte so bislang eine derartige Waldbrandlage unterbunden werden. Die vom Klimawandel verursachte Zunahme von Trockenheit und die ungewöhnlich hohen Temperaturen machen allerdings eine Überprüfung und Weiterentwicklung der niedersächsischen wie auch der nationalen Kapazitäten, Einsatzmittel und Einsatztaktiken erforderlich. Dies haben im 1 https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2019/07/bm-besuch-luebtheen-mv.html 2 https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Seehofer-verspricht-Katastrophen-Task- Force,waldbrand570.html 3 https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2019/07/bm-besuch-luebtheen-mv.html Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4320 2 Frühjahr und Sommer 2019 markante Brandereignisse in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Thüringen erneut sehr deutlich vor Augen geführt; zuvor war schon das Jahr 2018 von besonders schweren Waldbrandlagen geprägt. Die Brandbekämpfung der jüngsten großen Waldbrände in Brandenburg (z. B. Jüterbog, Juni 2019) und Mecklenburg-Vorpommern (z. B. Lübtheen, Juni/ Juli 2019) wurde dabei erheblich erschwert durch die Gefahren aufgrund der jeweiligen Munitionsbelastungen der vom Brand betroffenen Gebiete, die wegen der einzuhaltenden Sicherheitsabstände einen Einsatz der Feuerwehren an den unmittelbaren Brandorten unmöglich machten. Einsatztaktisch wird bei Waldbränden in Niedersachsen die Brandbekämpfung maßgeblich durch bodengebundene Einsatzeinheiten und -mittel vorgenommen. Ergänzt wird dieses Vorgehen durch Brandbekämpfung aus der Luft. Hierfür kommen Hubschrauber zum Einsatz, die von der Polizei, von der Bundeswehr und Bundespolizei in Amtshilfe wie auch von nichtöffentlichen Anbietern angefordert werden. Ab Waldbrandstufe 5 prüft und sichert das MI die am Markt verfügbaren privaten Kapazitäten. Diese Vorgehensweise hat sich bislang bewährt. Dafür sprechen die insgesamt erfolgreiche Bewältigung der hiesigen Brandereignisse in diesem und im vorgegangenen Jahr sowie die durch niedersächsische Feuerwehren geleistete länderübergreifende Hilfe im In- und Ausland. Um diese Basis zu erhalten und bedarfsgerecht wie auch vorausschauend weiterzuentwickeln, unterliegt das Gesamtsystem der Wald- und Flächenbrandbekämpfung der Evaluierung der zu diesem Zweck eingesetzten Niedersächsischen Waldbrandexpertenkommission; darüber hinaus ist Niedersachsen in der länderoffenen Arbeitsgruppe „Nationaler Waldbrandschutz“ vertreten. Brandschutz und Hilfeleistung liegen in der Zuständigkeit der Bundesländer, dementsprechend auch die Waldbrandbekämpfung . Die Bundesbehörden (Bundeswehr, Bundespolizei) werden subsidiär tätig (Amtshilfe). Insbesondere die Bundesländer mit erhöhtem Waldbrandrisiko haben ein Interesse an verlässlichen Kapazitäten zur Waldbrandbekämpfung aus der Luft. Neben der Fortentwicklung der Waldbrandbekämpfung aus der Luft forciert die AG Nationaler Waldbrandschutz die Erstellung fachbezogener Grundsatzdokumente für die Vegetationsbrandbekämpfung , z. B. die Erarbeitung einer bundesweit einheitlichen Ausbildung zur Vegetationsbrandbekämpfung , die Überprüfung und gegebenenfalls Überarbeitung der bestehenden Normen für Tanklöschfahrzeuge mit Basisanforderungen für die Vegetationsbrandbekämpfung, die Optimierung der Technik zur Löschwasserförderung (insbesondere mit Blick auf eine lange Förderstrecke für Löschwasser) sowie die Brandbekämpfung in Gebieten mit besonderen Belastungen (z. B. Kampfmittelverdachtsflächen). 1. Unterstützt die Landesregierung die Einrichtung der Bund-Länder-Task-Force zur Brandbekämpfung? Die höchste Priorität bei Maßnahmen im Zusammenhang mit der Waldbrandbekämpfung liegt bei der fortwirtschaftlichen Waldbrandprävention unter besonderer Berücksichtigung von Ausbildung, Kampfmittelbeseitigung, Normung und Luftunterstützung. Ungeachtet dessen sind die Feuerwehren in Deutschland im Bereich des abwehrenden Brandschutzes grundsätzlich gut aufgestellt. Auch das Hilfeleistungssystem zwischen Bund und Ländern hat sich bewährt und soll beibehalten werden . Ein Bedarf für eine zusätzliche und gesonderte personelle Einsatzreserve des Bundes für Zwecke der herkömmlichen Waldbrandbekämpfung wird seitens der Landesregierung daher so nicht gesehen . Das bestehende System der orts- und länderübergreifenden Hilfe (z. B. auf Basis von Feuerwehrbereitschaften ) funktioniert. Unterstützung durch Bundeswehr und Bundespolizei erfolgt dabei in den bewährten Verfahren und Strukturen der Amtshilfe. Allerdings erscheint eine Aufstockung insbesondere der luftgebundenen Kapazitäten sinnvoll und notwendig. Die Landesregierung befürwortet und fordert deshalb ein stärkeres Engagement des Bundes bei der Beschaffung von Spezialgerät und für den Löscheinsatz geeigneten größeren Helikoptern (auch insbesondere mit Blick auf die Verantwortung des Bundes für bestehende und ehemalige kampfmittelbelastete Truppenübungsplätze in seinem Eigentum). Dies darf indes nicht zu- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4320 3 lasten der Ausstattung im ergänzenden Katastrophenschutz gehen und so auch nicht die Grundlage für die Aufgaben des Zivilschutzes im Rahmen der Zivilen Verteidigung schmälern. Bund und Länder stehen zu den dargestellten Handlungsansätzen schon seit letztem Jahr in intensivem Austausch. Zuletzt haben die Ereignisse im mecklenburg-vorpommerschen Lübtheen die Diskussion verstärkt. Niedersachsen ist hieran beteiligt und bringt sich fortlaufend in der länderoffenen Arbeitsgruppe „Nationaler Waldbrandschutz“ ein. Vorgeschlagene Maßnahmen und Arbeitsergebnisse werden dort gemeinsam mit dem Bund erörtert, um in ein zu erarbeitendes Konzept aufgenommen und weiter konkretisiert zu werden. Für diesen Herbst sind entsprechende Ergebnisse vorgesehen.Sofern die bisher von Bund und Ländern in den genannten Arbeitszusammenhängen entwickelten Handlungsansätze von einer Bund-Länder-Task-Force sinnvoll flankiert und ergänzt werden können, wird dies von der Landesregierung begrüßt. Eine solche Task Force könnte demnach als koordiniertes Hilfeleistungsversprechen der Länder untereinander verstanden werden, ergänzt durch Spezialfähigkeiten des Bundes. Ihre Funktionen und Einheiten würden im Rahmen der bewährten Routinen länderübergreifender Hilfe koordiniert zum Einsatz gebracht. 2. Falls ja, stellt die Landesregierung zusätzliche Mittel für Ausrüstung und Ausbildung im Bereich Waldbrandbekämpfung bereit? Die vom MI eingesetzte Niedersächsische Waldbrandexpertenkommission soll als Expertengremium aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, ob die Gesamtheit der gegenwärtigen Maßnahmen zur Waldbrandvorsorge und -bekämpfung in sich weiterhin leistungsfähig ist. Im Ergebnis ist erforderlichenfalls Veränderungspotenzial aufzuzeigen. Schwerpunkte bilden hierbei Infrastruktur, Kommunikation, Ausbildung, Waldbrandvorsorgemaßnahmen und Versicherung. Die Waldbrandexpertenkommission hat eine Reihe von Handlungsfeldern identifiziert, benannt und begonnen, dort benannte Aufgaben zu erarbeiten. Aus diesen Handlungsfeldern sind Empfehlungen abgeleitet worden, die u. a. die Unterhaltung und den Bau der Wege im Wald, die Unterhaltung, Prüfung und den Betrieb der Löschwasserentnahmestellen im Wald, die Kommunikationsmöglichkeiten im Wald und den Ausbau der Ausbildung für alle an der Waldbrandbekämpfung Beteiligten betreffen. Ferner wird festgestellt, dass eine Ausweitung der Waldbrandgefährdung auf bisher nicht gefährdete Gebiete eintreten kann. Die Ergebnisse werden ausführlich im noch zu erarbeitenden Abschlussbericht zusammengestellt. Die daraus ableitbaren Maßnahmen für die Ausrüstung und Ausbildung im Bereich der Waldbrandbekämpfung sind zu prüfen und in die erforderlichen Entscheidungsprozesse einzubringen. Hierbei ist zu beachten, dass auch die vom Landtag eingesetzte Strukturkommission zur Zukunft des Brandschutzes zwischenzeitlich ihren Endbericht dem Landtag zugeleitet hat und ebenfalls für eine Stärkung überörtlicher Handlungskapazitäten plädiert; sie nimmt dabei explizit auf die gestiegenen Ausmaße und Gefahren von Wald- und Flächenbränden Bezug. 3. Hat die Landesregierung zusätzliche Forderungen an eine solche Task-Force? Nein. 4. Setzt sich die Landesregierung für einen konkreten Zeitplan zur schnellstmöglichen Einsetzung der Task-Force ein? Die fachliche Priorität aus Sicht der Landesregierung liegt für das Land intern bei der Niedersächsischen Waldbrandexpertenkommission und mit Blick auf die übergreifenden Dimensionen bei der länderoffenen Arbeitsgruppe „Nationaler Waldbrandschutz“. Letztere hat auch den Auftrag, den Anspruch und die Funktion einer sogenannte Task Force in ihrer Arbeit zu berücksichtigen. Weitergehende Überlegungen soll die AG bis zum Herbst und der nächsten IMK-Sitzung vorlegen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4320 4 5. Falls ja, plant die Landesregierung eine Bundesratsinitiative dazu? Siehe Antwort zu Frage 4. 6. Beräumt die Landesregierung Liegenschaften mit Munitionsbelastung, die in ihrer Verantwortung liegen? Dem Land sind aufgrund unvollständiger historischer Dokumentationen der Kriegsgeschehnisse nur vereinzelte Flächen bekannt, bei denen eine Munitionsbelastung wahrscheinlich ist. Das Niedersächsische Umweltministerium hat im Juni 1997 den vorläufigen Abschlussbericht zur „Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen“ veröffentlicht, in welchem 181 Rüstungsaltlastenstandorte und 289 Munitionsverdachtsflächen aufgelistet werden. Hierin enthalten sind auch Flächen, die in der Verantwortung der Landesregierung liegen. Die Flächen sind teilweise bereits untersucht und gegebenenfalls geräumt worden, teilweise steht eine Untersuchung noch aus. 7. Plant die Landesregierung eine Bundesratsinitiative zur Forderung an den Bund, Liegenschaften mit Munitionsbelastung, die in seiner Verantwortung liegen, zu beräumen? Die Landesregierung hat die Aussage von Herrn Minister Seehofer, die Beseitigung von Kampfmitteln forcieren zu wollen, mit Interesse zur Kenntnis genommen. Sie geht deshalb davon aus, dass der Bund bemüht sein wird, die in seiner Verantwortung liegenden Liegenschaften mit Munitionsbelastung zügiger als bislang zu beräumen. Bereits 2011 hatte die Landesregierung federführend und mitantragstellend von Brandenburg dem Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes über die Finanzierung der Beseitigung von Rüstungsaltlasten in der Bundesrepublik Deutschland (Rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetz - RüstAltFG) initiativ zugeleitet, dessen Einbringung in den Deutschen Bundestag schließlich beschlossen wurde. Die Gesetzesvorlage galt jedoch nach dem Diskontinuitätsprinzip mit Ablauf der Wahlperiode des 17. Deutschen Bundestages als erledigt und wurde in der Wahlperiode des 18. Deutschen Bundestages erneut eingebracht; nunmehr von Brandenburg und mitantragstellend von Niedersachsen. Auch sie gilt nach dem Diskontinuitätsprinzip mit Ablauf der Wahlperiode des 18. Deutschen Bundestages als erledigt. Die Gesetzesvorlage ist wiederum in der laufenden Wahlperiode des 19. Deutschen Bundestages eingebracht worden; erneut von Brandenburg und mitantragstellend von Niedersachsen und erstmals Sachsen-Anhalt (BT-Drs 19/1718 vom 18.04.2018). Über sie ist noch nicht beraten worden. Mit dem RüstAltFG soll der bisher unbefriedigende Zustand einer sogenannten Staatspraxis des Bundes beendet werden, wonach der Bund den Ländern nur die Aufwendungen für die etwaige Kampfmittelräumung auf bundeseigenen Liegenschaften sowie für die Bergung und Vernichtung sogenannter reichseigener Munition und Kampfmittel auf sonstigen, nicht bundeseigenen Flächen erstattet. Ziel des Gesetzesantrages ist es, eine angemessene Lastenteilung zwischen Bund und Ländern bei der Finanzierung von Maßnahmen zur Beseitigung von Rüstungsaltlasten zu regeln. Der Gesetzesentwurf enthält einen Lösungsvorschlag für die Bundesfinanzierung der Bergung und Vernichtung auch alliierter Munition und Kampfmittel auf sonstigen, nicht bundeseigenen Flächen. Eine darüber hinausgehende weitere Bundesratsinitiative seitens der Landesregierung ist derzeit nicht beabsichtigt 8. Falls nein, warum nicht? Siehe Antwort zu Frage 7. (Verteilt am 12.08.2019) Drucksache 18/4320 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Unterstützt die Landesregierung eine Bund-Länder-Task-Force zur Brandbekämpfung? Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Hermann Grupe (FDP), eingegangen am 19.07.2019 - Drs. 18/4223 an die Staatskanzlei übersandt am 23.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 08.08.2019