Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4350 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Ist die Beitragsordnung der Pflegekammer rechtswidrig? Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 11.07.2019 - Drs. 18/4169 an die Staatskanzlei übersandt am 18.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 15.08.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten In seinem Beschluss vom 28.06.2019, 7 A 1471/19, zum „System der Festsetzung des Mitgliedsbeitrags zur Pflegekammer Niedersachsen“ (https://www.juris.de/jportal/?quelle=jlink&docid= MWRE190002239&psml=bsndprod.psml&max=true) führt das VG Hannover in den Gründen aus: „7 Fraglich ist jedoch andererseits, ob das System der von der Beklagten in ihrer Beitragsordnung geregelten Beitragsfestsetzung mit geltendem Recht vereinbar ist. Denn die Beklagte setzt gemäß § 2 Abs. 2 und 3 BeitrO durch Verwaltungsakt auflösend bedingt stets erst den Höchstbetrag fest, den das Kammermitglied dann in einem zweiten Schritt gemäß § 2 Abs. 4 BeitrO nach einer Selbsteinstufung auf der Grundlage seiner Einkünfte aus dem Pflegeberuf und einem in § 3 Abs. 4 BeitrO geregelten Hebesatz von 0,4 v. H. (für 2018 gilt die Übergangsregelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 BeitrO) auf einen ermäßigten Beitrag oder durch Befreiung nach § 3 Abs. 3 BeitrO auf 0,00 € reduzieren kann. Es erfolgt quasi eine Beitragsfestsetzung auf Verdacht, die das Kammermitglied erst mit eigenem Tätigwerden mindern oder abwenden kann. Zugleich verzichtet die Kammer auf eine eigene Amtsermittlung im Vorfeld der zunächst erfolgenden Höchstbeitragsfestsetzung. 8 Die Beifügung einer auflösenden Bedingung zu einem Mitgliedsbeitragsbescheid der Beklagten findet im Fachrecht keine Rechtsgrundlage, weil das Kammergesetz für die Heilberufe in der Pflege vom 1.12.2016 (Nds. GVBl. S. 261) - PflegeKG - über die allgemeine Ermächtigung zum Erlass einer Beitragsordnung in den §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 15 Satz 1 Nr. 1 lit. d) Pflege KG hinaus für das konkrete Vorgehen der Höchstbeitragsfestsetzung mit auflösender Bedingung eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage nicht enthält. Die auflösende Bedingung zu einem belastenden Verwaltungsakt - wie vorliegend der Festsetzung einer jährlichen Beitragsleistung - ist zudem von § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 36 VwVfG nicht gedeckt. § 36 Abs. 1 VwVfG gilt nur für begünstigende Verwaltungsakte und § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG nur für Ermessensverwaltungsakte, zu denen die Beitragsfestsetzung nicht gehört. Es spricht deshalb Einiges dafür, dass die Beklagte bei der Beitragsfestsetzung nicht so vorgehen durfte , wie sie durch ihre Beitragsordnung geregelt hat, sondern erst gemäß § 24 VwVfG im Rahmen der Amtsermittlung zu einer Selbsteinstufung aufrufen muss, bevor sie erstmals den Mitgliedsbeitrag festsetzt.“ Vorbemerkung der Landesregierung In seinem Beschluss vom 28.06.2019 (Az.: 7 A 1471/19) über die Einstellung des Verfahrens bei übereinstimmender Erledigungserklärung hat das VG Hannover u. a. entschieden, dass der Kläger und die Pflegekammer Niedersachsen die Gerichtskosten je zur Hälfte tragen. In den Gründen wird Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4350 2 angedeutet, dass die Festsetzung des Höchstbeitrags mit auflösender Bedingung (Voraussetzung Selbsteinstufung) in den Beitragsbescheiden der Beitragsordnung 2018 nicht rechtskonform sein könnte. 1. Wird die Landesregierung eine Änderung der Beitragsordnung empfehlen? Im vorbereitenden Verfahren entscheidet eine Einzelrichterin oder ein Einzelrichter bei Erledigung des Rechtsstreits über die Kosten. Die angedeutete rechtliche Einschätzung stellt folglich nur die Ansicht des entscheidenden Richters des VG Hannover, nicht aber die Auffassung der Kammer dar. Überdies wird in Rdnr. 9 des Beschlusses klargestellt, dass das Verfahren nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht der Klärung schwieriger Rechtsfragen dient. Es wird somit lediglich ein möglicher Klärungsbedarf aufgezeigt. Allerdings wird die Positionierung des entscheidenden Richters des VG Hannover in weiteren, von anderen Verwaltungsgerichten erlassenen Beschlüssen nicht geteilt. Das VG Lüneburg hat in einem Beschluss vom 02.07.2019, in dem ein Antrag eines Kammermitglieds auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist, klar darauf hingewiesen, dass durch Vorlage der Selbsteinstufung die in dem angegriffenen Bescheid vom 10.12.2018 in Ziffer 2 enthaltene auflösende Bedingung eingetreten ist. Ab diesem Zeitpunkt sei vom angegriffenen Bescheid keine regelnde Wirkung mehr ausgegangen (Az.: 5 A 64/19). Auch das VG Osnabrück verweist in einem Beschluss vom 04.07.2019 (Az.: 6 A 35/19) auf die in der Beitragsordnung vorgesehene Reduzierung der Beitragsforderung bei Abgabe einer Selbsteinstufung. Beiden Entscheidungen lassen sich keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angewandten Verfahrensweise entnehmen. Eine Notwendigkeit, im Wege der Rechtsaufsicht auf eine Anpassung der Beitragsordnung hinzuwirken , lässt sich somit aus dem Beschluss des VG Hannover nicht ableiten. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Durchsetzbarkeit der sich noch in Umlauf befindenden Beitragsbescheide nach der - zumindest - angezweifelten Beitragsordnung? Die Positionierung des Einzelrichters des VG Hannover hindert die Pflegekammer nicht an der Vollstreckung der in den Beitragsbescheiden festgesetzten Beträge. 3. Sofern diese Rechtsansicht auch in einer Kammerentscheidung in einem Hauptsacheverfahren geteilt wird, welche Auswirkungen hätte dies auf bereits gezahlte Beiträge? Falls es infolge einer rechtskräftigen Entscheidung zur Aufhebung eines Beitragsbescheids kommen sollte, entfiele die Rechtsgrundlage für die Beitragszahlung des betroffenen Kammermitglieds, und der bereits gezahlte Beitrag würde zurückgezahlt. Unmittelbare Auswirkungen auf Bescheide, die gegenüber anderen Kammermitgliedern erlassen worden sind, hätte eine solche Entscheidung nicht. Auch hier kommt eine Pflicht zur Rückzahlung bereits geleisteter Beiträge nur in Betracht, wenn der gegenüber dem Kammermitglied erlassene Beitragsbescheid aufgehoben wird. (Verteilt am 16.08.2019) Drucksache 18/4350 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Ist die Beitragsordnung der Pflegekammer rechtswidrig? Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP), ein-gegangen am 11.07.2019 - Drs. 18/4169 an die Staatskanzlei übersandt am 18.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 15.08.2019