Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4401 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Dr. Stefan Birkner, Dr. Marco Genthe und Hermann Grupe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung Fischwilderei Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Dr. Stefan Birkner, Dr. Marco Genthe und Hermann Grupe (FDP), eingegangen am 17.07.2019 - Drs. 18/4195 an die Staatskanzlei übersandt am 19.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 22.08.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Am 24.06.2019 berichtete der NDR auf seiner Homepage, dass auf dem Dümmer See Fischwilderer von der Polizei aufgegriffen worden seien. Einige von ihnen waren offenbar alkoholisiert und auf dem Wasser mit einem Boot unterwegs (https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/osna brueck_emsland/Duemmer-Polizei-schnappt-Fischwilderer,aktuellosnabrueck2144.html). 1. Wie ist der aktuelle Stand der Ermittlungen? Die sachlich zuständige Wasserschutzpolizeistation Nienburg bearbeitet aktuell fünf Strafverfahren gegen sechs Beschuldigte, die die Ereignisse aus der Nacht zum 24.06.2019 auf dem Dümmer betreffen . Insgesamt wurden drei Verfahren wegen Fischwilderei nach § 293 StGB und zwei Verfahren wegen Trunkenheit im (Schiffs-)Verkehr gemäß § 316 StGB eingeleitet. Sämtliche Verfahren befinden sich derzeit noch in der polizeilichen Sachbearbeitung. 2. Wie ist das weitere Vorgehen bezüglich der verschiedenen Verdachtsmomente? Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen werden die Strafverfahren an die zuständigen Staatsanwaltschaften übersandt. 3. Welche Strafen drohen den Tätern? Fischwilderei ist in § 293 StGB unter Strafe gestellt. Der Strafrahmen sieht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vor. 4. Sofern die Informationen, die zu der Beantwortung der Frage notwendig sind, ohne Weiteres verfügbar sind: Wie viele Verstöße von Fischwilderei in Niedersachsen sind aus den vergangenen fünf Jahren bekannt, und wie häufig kam es tatsächlich zu einer Verurteilung? In den vergangenen fünf Jahren wurden wegen des Tatvorwurfs der Fischwilderei (§ 293 StGB) bei den niedersächsischen Staatsanwaltschaften insgesamt 641 Verfahren eingetragen. In 117 Fällen ist es zu einer Verurteilung gekommen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4401 2 5. Nach welchen Kriterien verteilen die niedersächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte die Einnahmen aus Bußgeldern? Die Geldbuße ist die im Ordnungswidrigkeitenrecht vorgesehene Sanktion. Bußgelder fallen ausschließlich der öffentlichen Hand zu, in der Regel derjenigen staatlichen Institution, der die Behörde angehört, die den Bußgeldbescheid erlassen hat. Die Einstellung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage ist gemäß § 47 Abs. 3 OWiG nicht statthaft. Bei Geldauflagen im Sinne von § 153 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO in Zusammenhang mit der Einstellung von Ermittlungs- bzw. Strafverfahren sind die Staatsanwaltschaften und Gerichte hingegen grundsätzlich frei in der Entscheidung, welcher Empfängereinrichtung diese zugewiesen werden, so lange diese gemeinnützige Zwecke verfolgt. Soweit möglich, wird bei der Auswahlentscheidung meist auf einen sachlichen Bezug zwischen der Straftat und dem von dem Auflagenempfänger verfolgten gemeinnützigen Zweck geachtet. Gemeinnützige Einrichtungen sind nicht notwendigerweise nur diejenigen, die steuerlich als solche anerkannt sind; jedoch müssen sie ihre Gemeinnützigkeit und eine Verpflichtung zur entsprechenden Verwendung der Gelder in geeigneter Weise gegenüber einer öffentlichen Stelle nachprüfbar erklärt haben. Das Oberlandesgericht Oldenburg führt für alle niedersächsischen Gerichte und Staatsanwaltschaften ein Verzeichnis der gemeinnützigen Einrichtungen, die an der Zuweisung von Geldauflagen interessiert sind. Diese sogenannte Oldenburger Liste dient jedoch nicht als Empfehlung, sondern lediglich zur Information über interessierte Einrichtungen. Auch stellt die Liste keine abschließende Aufzählung gemeinnütziger Einrichtungen dar. Es bleibt jeder Einrichtung, auch wenn sie in der Oldenburger Liste nicht aufgeführt ist, unbenommen, sich unmittelbar an die Justizbehörden oder Gerichte zu wenden, um von ihnen bei der Zuweisung von Geldauflagen bedacht zu werden. 6. Kann eine gemeinnützige Organisation bei der Zuweisung von Geldern aus Bußgeldverfahren bedacht werden, wenn sich die Organisation bislang noch nicht bemüht hat, bei solch einer Zuweisung berücksichtigt zu werden? Ja, sofern sie ihre Gemeinnützigkeit in geeigneter Weise nachgewiesen hat. Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 7. Wie bewertet die Landesregierung die Strafandrohung für Schwarzangeln/Fischwilderei ? Der Strafrahmen des § 293 StGB sieht für Fischwilderei Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor. Von § 293 StGB geschütztes Rechtsgut ist nicht nur die Befugnis, sich die in Gewässern wildlebenden Wassertiere und die sonstigen dem Fischereirecht unterliegenden Sachen anzueignen, sondern auch die (ökologische) Hege der potenziellen Tatobjekte ist vom Schutzcharakter umfasst. Der überwiegende Anwendungsbereich des § 293 StGB betrifft denjenigen, der ohne Fischereischein (sogenannter Angelschein) oder sonstige Erlaubnis angelt. Tatbestandlich handelt auch ein an sich Berechtigter, der in einem Gebiet fischt, für das er keine Berechtigung besitzt. Der Strafrahmen des § 293 StGB ist ausreichend. Durch das 6. StrRG wurden 1998 zwar die besonders schweren Fälle der Fischwilderei sowie die Qualifikationen der gewerbs- und gewohnheitsmäßigen Begehungsweise wegen praktischer Bedeutungslosigkeit gestrichen. Entsprechendes Tatverhalten kann jedoch im Rahmen der Strafzumessung gewürdigt werden. Von der Fischwilderei zu unterscheiden ist das sogenannte Schwarzangeln. Hierbei handelt es sich um den unerlaubten Fang von Fischen aus privaten Gewässern und Teichen. „Schwarzangeln“ ist strafrechtlich als Diebstahl gemäß § 242 StGB einzuordnen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4401 3 Der Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB sieht für den Grundtatbestand des Diebstahls Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Dass der Strafrahmen gegenüber dem des § 293 StGB deutlich höher ist, ist darauf zurückzuführen, dass das Rechtsgut Eigentum von der deutschen Rechtsordnung unter vielfältigen Aspekten geschützt wird und der Täter in der Regel größere kriminelle Energie aufwenden muss, um einem anderen dessen Eigentum wegzunehmen. Aber auch generalpräventive Gründe des Massendelikts Diebstahl sind hier von Bedeutung. 8. Wie bewertet die Landesregierung die Auswirkungen der Fischwilderei in Niedersachsen ? In der forensischen Praxis hat Fischwilderei nur geringe Bedeutung. Auf die Antwort zu Frage 4 wird ergänzend verwiesen. Im Bereich der niedersächsischen Binnengewässern können die Auswirkungen der Fischwilderei lediglich auf Grundlage von zufälligen Informationen durch Angelvereine oder Binnenfischer und hier nur allgemein bewertet werden, da das Dezernat Binnenfischerei des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nicht systematisch über entsprechende Verstöße in Kenntnis gesetzt wird. Fischwilderei kann lokal erhebliche negative Auswirkungen insbesondere auf die Bestände von Salmoniden, aber auch Weißfischbestände haben. Über eine professionell organisierte Fischwilderei mit erheblichem Gefahrenpotenzial für die Fischereiaufsicht wird z. B. aus den Stromauen von Elbe, Weser und Aller berichtet. Die Fischwilderei umfasst gemäß § 293 StGB zwei Tatbestände, das Fischen sowie Aneignung, Beschädigung oder Zerstörung einer Sache, die dem Fischereirecht unterliegt. Gemäß § 16 Abs. 1 NdsFischG ist die Fischerei, mit Ausnahme der Weser, in den Küstengewässern frei. Die Auswirkungen der Fischwilderei beziehen sich somit lediglich auf den zweiten Tatbestand. Bezüglich der Bewertung wird auf die bisherigen Antworten verwiesen. 9. Wie bewertet die Landesregierung das Ausmaß der Fischwilderei in Niedersachsen? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. (Verteilt am 23.08.2019) Drucksache 18/4401 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Dr. Stefan Birkner, Dr. Marco Genthe und Hermann Grupe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Fischwilderei