Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4442 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode, Christian Grascha und Susanne Victoria Schütz (FDP) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Berücksichtigung von Eigentümern privater Baudenkmäler im Rahmen der Grundsteuerreform Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode, Christian Grascha und Susanne Victoria Schütz (FDP), eingegangen am 25.07.2019 - Drs. 18/4253 an die Staatskanzlei übersandt am 30.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 28.08.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 10. April 2018 (BVerfGE 148, 147) das derzeitige Erhebungssystem der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärte, haben die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der SPD drei Gesetzesentwürfe (Drucksachen 19/11084, 19/11085 und 19/11086) zu einer Reform der Grundsteuer in den deutschen Bundestag eingebracht . Diese enthalten u. a. eine Öffnungsklausel, die es den Ländern ermöglicht, eigene Regelungen zur Grundsteuererhebung zu veranlassen. Eigentümer privater Baudenkmäler sind in besonderer Weise von den Regelungen der Grundsteuererhebung betroffen. Bislang findet sich keine Berücksichtigung dieser Sondersituation in den entsprechenden Gesetzesentwürfen, was zu einer Verschlechterung der Situation von Eigentümern privater Denkmäler führen würde. Sämtliche der im bisherigen Bewertungsverfahren für Baudenkmäler möglichen Ermäßigungen sind nicht in den Gesetzentwurf zur Grundsteuerreform übernommen worden. Die bisherigen Regelungen zum allgemeinen Denkmalabschlag und anderen Grundsteuerermäßigungen dienten der Berücksichtigung folgender Besonderheiten denkmalgeschützter Gebäude: – hohes Gebäudealter, zumeist mehrere Jahrhunderte alt, wirtschaftliche Überalterung mit zum Teil erheblichen Ausstattungsmängeln; der allgemeine Bauzustand des Baudenkmals erfordert in der Regel einen erhöhten Unterhaltungs-, Erhaltungs- und Sanierungsaufwand, – vorhandene Bauschäden und Baumängel, u. a. aus Gründen des Denkmalschutzes nicht einbaubare Wärmedämmung, fehlender Brandschutz, – bautypische, historisch bedingte Übergröße des Baudenkmals, – unorganischer Aufbau der inneren Struktur vieler Baudenkmäler (nur zum Teil bewohnbar, nicht nutzbare Räume, oft nicht vermietbar), – Besonderheiten des Grundstücks, das wegen seines Zuschnitts und der Lage (z. B. Höhenlage, Wehrmauern oder Wassergräben) häufig die Nutzbarkeit des historischen Gebäudes einschränkt , die Zugänglichkeit für Erhaltungsmaßnahmen am Baudenkmal erschwert und den Wert des Grundstücks mindert, – insbesondere Belastungen aus der - im Interesse der Allgemeinheit - vorgenommenen Unterstellung unter den Denkmalschutz in Gestalt von Nutzungsbeschränkungen und Veränderungssperren sowie anderweitige Auflagen (zu verwendende Baumaterialien und Techniken). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4442 2 Diese Besonderheiten bei Baudenkmälern wurden bisher im Bewertungsgesetz (BewG), u. a. § 82 und §§ 86 bis 88 BewG, und an anderen Stellen wie im gleichlautenden Ländererlass und den Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens berücksichtigt. Vorbemerkung der Landesregierung Die Neubewertung der ca. 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes in der Bundesrepublik Deutschland setzt ein einfaches und automationsgestütztes Bewertungsverfahren voraus . Der Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts hat neben der Umsetzung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts daher insbesondere das Ziel, das Grundsteuer- und Bewertungsrecht einfach administrierbar auszugestalten. Das Grundsteuer- und Bewertungsrecht soll unter Nutzbarmachung automationstechnischer Möglichkeiten fortentwickelt werden. Die Berücksichtigung besonderer Ermäßigungs- und Erhöhungstatbestände auf Bewertungsebene würde diese Ziele konterkarieren. Der Gesetzentwurf sieht aus diesem Grund solche besonderen Ermäßigungs- und Erhöhungstatbestände auf Bewertungsebene nicht vor. Die individuelle Berücksichtigung der Denkmaleigenschaft von Baudenkmälern im Rahmen der Bewertung wäre äußerst komplex und würde erheblichen administrativen Aufwand verursachen. Einen Automatismus, wonach ein Objekt mit Denkmalschutz weniger wert ist als ein Objekt ohne Denkmalschutz, gibt es nicht. Der Steuerbefreiungskatalog in den §§ 3 und 4 des Grundsteuergesetzes (GrStG) i. V. m. den §§ 5 bis 8 GrStG wurde unberührt gelassen, und die geltenden Erlassvorschriften nach §§ 32 bis 34 GrStG wurden dem Grunde nach in das künftige Recht überführt. Der Steuerbefreiungskatalog und die Erlassvorschriften wurden vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet. Im Zusammenhang mit Baudenkmälern ist insoweit anzumerken, dass insbesondere die Steuerbefreiungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a und 3 b GrStG (Grundbesitz, der von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer inländischen gemeinnützigen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse für gemeinnützige Zwecke benutzt wird) sowie die Erlassvorschriften , insbesondere für Kulturgüter und Grünanlagen nach § 32 GrStG, nach dem derzeitigen Gesetzentwurf auch im künftigen Grundsteuerrecht erhalten bleiben. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Gesetzesentwürfe zur Reform der Grundsteuer im Hinblick auf Denkmäler und die Berücksichtigung von Eigentümern privater Baudenkmäler insgesamt? 2. Sind nach Kenntnis der Landesregierung Regelungen geplant, die sich mit der Sondersituation von Eigentümern privater Baudenkmäler befassen? 3. Soll der bisherige allgemeine Denkmalabschlag im Rahmen der neuen Bundesgesetzgebung beibehalten werden? 4. Werden die Besonderheiten historischer Baudenkmäler beim Ertrags- und beim Sachwertverfahren im Rahmen der neuen Bundesgesetzgebung weiterhin berücksichtigt? Die Fragen 1 bis 4 werden im Zusammenhang beantwortet. Im Rahmen einer einfachen und automationsunterstützten Neuregelung der Grundsteuer kann keine individuelle Berücksichtigung der Denkmaleigenschaft von Baudenkmälern im Rahmen der Bewertung durchgeführt werden. Durch den in der Vorbemerkung angesprochenen Steuerbefreiungskatalog und die Erlassvorschriften wird eine sachgerechte Besteuerung von Baudenkmälern in privatem wie öffentlichem Eigentum gewährleistet. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4442 3 5. Falls keine dahin gehenden Regelungen getroffen werden: Wird sich die Landesregierung im Rahmen der Öffnungsklausel für die Bundesländer für eine Berücksichtigung von historischen Baudenkmälern einsetzen? 6. Falls ja, welche konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung? 7. Wird die Landesregierung den bisherigen allgemeinen Denkmalabschlag im Rahmen der Länderöffnungsklausel beibehalten, sofern er im Bundesgesetz keine Berücksichtigung findet? 8. Wird die Landesregierung die bisherigen Ermäßigungsmöglichkeiten zur Berücksichtigung der Besonderheiten historischer Baudenkmäler beim Ertrags- und beim Sachwertverfahren im Rahmen der Länderöffnungsklausel beibehalten (oder einen gleichwertigen Ersatz schaffen), sofern diese im Bundesgesetz keine Berücksichtigung finden ? 9. Falls entsprechende Regelungen im Rahmen der Länderöffnungsklausel getroffen werden sollen: Welche Akteure plant die Landesregierung in die Ausarbeitungen einzubinden ? 10. Falls keine Sonderregelungen im Rahmen der Länderöffnungsklausel getroffen werden, warum nicht? Die Fragen 5 bis 10 werden im Zusammenhang beantwortet. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 72, 105 und 125 b) soll eine uneingeschränkte konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts ohne die besonderen Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 GG begründet werden. Gleichzeitig sollen die Länder zu abweichenden landesrechtlichen Regelungen für Veranlagungszeiträume ab dem 01.01.2025 ermächtigt werden (Öffnungsklausel). Die Landesregierung hat sich noch keine abschließende Meinung zu der Frage gebildet, ob und in welcher Form sie eine Nutzung der Öffnungsklausel anstrebt. Dies ist auch abhängig davon, ob und in welcher Fassung das Gesetz die erforderlichen verfassungsändernden Mehrheiten im Bundestag und im Bundesrat bekommt. Zudem wäre eine derartige gesetzliche Entscheidung vom Landtag zu treffen. 11. Wie würde die Landesregierung im Falle einer Nichtberücksichtigung auf die Sondersituation von Eigentümern privater Denkmäler eingehen? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. (Verteilt am 30.08.2019) Drucksache 18/4442 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode, Christian Grascha und Susanne Victoria Schütz (FDP) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums Berücksichtigung von Eigentümern privater Baudenkmäler im Rahmen der Grundsteuerre-form