Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4447 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Wie ging es weiter mit den verlorenen Containern der „MSC Zoe“: Wurden mittlerweile alle verlorenen Container geborgen? Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Imke Byl (GRÜNE), eingegangen am 23.07.2019 - Drs. 18/4243 an die Staatskanzlei übersandt am 29.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 29.08.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Anfang Januar 2019 verlor die „MSC Zoe“ auf dem Weg nach Bremerhaven bei stürmischer See eine große Zahl von Containern. 342 Container gingen vor der niederländischen und der niedersächsischen Nordseeküste über Bord. Nach Angaben der Landesregierung landeten 20 % der verlorenen Container vor der niedersächsischen Küste im Meer östlich von Borkum1. Unter den Verlusten befanden sich auch zwei Gefahrgutcontainer: Einer enthielt die Chemikalie Dibenzolperoxid, der zweite Lithiumbatterien. Gefüllte Dibenzolperoxid-Säcke wurden auf Schiermonnikoog angetrieben, leere Chemikalien-Säcke wurden auf Borkum angetrieben. Ein Gefahrgutcontainer wurde in der Nähe der Insel Borkum geborgen. Informationen zum Verbleib des zweiten Gefahrgutcontainers sind nicht bekannt. Nach Angaben des Bergungsunternehmens wurden bis zum Mai 2019 rund 85 % der lokalisierten Wrackstücke aus dem Wasser geholt. Deutsche und niederländische Behörden kündigten an, diese Angaben zu überprüfen2. Vorbemerkung der Landesregierung Nach Beendigung der komplexen Schadenslage „MSC ZOE“ liegt die Verantwortung für den Bergungseinsatz auf See bei den zuständigen Bundesbehörden, BMVI sowie insbesondere Wasserund Schifffahrtsamt Emden. Die Fragen 1, 2, 3, 4, 8 und 9 beziehen sich auf Gegenstände in dieser originären Zuständigkeit. Dies hat das BMVI bestätigt, von einer Einlassung in der Sache jedoch abgesehen. 1. Wie viele der verlorenen Container wurden bislang insgesamt geborgen bzw. angespült ? a) Wie viele der verlorenen Container wurden bislang vor der niedersächsischen Küste geborgen bzw. angespült? b) Wie viele der Container waren aufgebrochen bzw. hatten ihre Ladung verloren? 1 Drs. 18/3085. 2 NDR vom 21.05.2019, https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/MSC-Zoe- Behoerden-ueberpruefen-Container-Bergung,msczoe210.html. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4447 2 b) Inwiefern ist es möglich, die Wrackteile einzelnen Containern eindeutig zuzuordnen und somit eine Aussage zu treffen, welcher Anteil der verlorenen Ladung tatsächlich geborgen wurde? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 2. Welche der beiden Gefahrgutcontainer wurden bislang geborgen (bitte Ort, Datum, ursprüngliche Ladungsmenge, Zustand des Containers sowie Umfang der noch enthaltenen Ladung angeben)? a) Falls bislang nicht beide Container geborgen wurden: Was ist über den Verbleib des fehlenden Containers und dessen Inhalt bekannt? b) Welche weiteren Maßnahmen sind zur Bergung der Gefahrgutcontainer bzw. der gefährlichen Ladung geplant? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 3. Wie viele Container bzw. Wrackstücke wurden bislang vor der niedersächsischen Küste geortet, aber noch nicht geborgen? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 4. Wann sollen die georteten Container bzw. Wrackstücke geborgen werden? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 5. Welche Mengen Ladungsreste wurden bislang an der niedersächsischen Küste und den Inseln angespült? Insgesamt wurde im Zuge der Containerhavarie ein verstärktes Müllaufkommen entlang der gesamten ostfriesischen Küste festgestellt. Dem Havariekommando liegt mit Stand 05.08.2019 die Summe von 168,7 t an entsorgten und abgerechneten Müllmengen vor mit nachfolgender Aufteilung: Borkum 107,7 t Krummhörn 2,6 t Norderney 10,1 t Juist 48,3 t Summe 168,7 t Ferner haben im Rahmen der Initiative Fishing for Litter auch die Fischer aus Niedersachsen dazu beigetragen, den Makromüll der MSC Zoe zu bergen. Nach einer Auswertung der Fishing for Litter- Container aus Ditzum, Greetsiel, Accumersiel, Norddeich, Fedderwardersiel und Cuxhaven durch den NABU-Bundesverband Ende Juni 2019 wurden eine Vielzahl von Müllteilen angetroffen, die auf die MSC Zoe-Havarie zurückgeführt werden. Dabei handelte es sich z. B. um Gardinen, Decken, Armeeschlafsäcke, Kissen, Kinderjacken und Trainingsanzüge. Die meisten dieser Fundstücke stammten aus den Containern in Greetsiel. Darüber hinaus wird im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer das System der Strandmüllboxen unterhalten, in die engagierte Strandbesucher gesammelten Meeresmüll deponieren können , der dann ordnungsgemäß entsorgt wird. In diesen Strandmüllboxen fand und findet sich immer wieder auch Müll, der offensichtlich aus den Containern der MSC Zoe stammt. Es erfolgt allerdings keine Analyse der Zusammensetzung des Mülls bezogen auf die Havarie der MSC Zoe. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4447 3 6. Welche Kosten hat die Reinigung der Strände von den Schiffsabfällen der „MSC Zoe“ verursacht und wer trägt diese? Die dem Havariekommando vorgelegten Rechnungen der Einsätze wurden auf sachliche Richtigkeit geprüft und anschließend dem Wasser- und Schifffahrtsamt Cuxhaven zur Auszahlung zugeleitet . Die Einsatzkosten der nachfolgenden Tabelle werden gemäß Bund-/Ländervereinbarung zur Bekämpfung von Meeresverschmutzungen von den Partnern verauslagt und anschließend der Reederei MSC in Rechnung gestellt. Mit Stand 05.08.2019 beträgt die Summe 301 795,78 Euro. Borkum Nr. 01 77.814,14 Euro THW Norden 2.793,99 Euro Höppner 2.614,60 Euro Eurofins 178,50 Euro Deichacht Krummhörn 10.954,17 Euro Spiekeroog 3.966,00 Euro Borkum Nr. 02 33.280,75 Euro Norderney Nr. 01 19.994,89 Euro Krummhörn 48.535,35 Euro Norderney Nr. 02 1.713,00 Euro NLWKN 40.362,64 Euro Borkum Nr. 03 7.244,23 Euro Kapitalkosten HK Gerät 15.082,08 Euro Norderney 03 436,30 Euro Juist Nr. 01 8.839,00 Euro Juist Nr. 02 5.370,00 Euro Juist Nr. 03 22.616,14 Euro Summe 301.795,78 Euro Nach Angaben des Landkreises Leer wurden darüber hinaus Personalkosten der Nordseeheilbad Borkum GmbH für die Strandreinigung in Höhe von 54 139,59 Euro direkt der Versicherung (Pandi Services J. K. Brons GmbH, An der Reeperbahn 6, 28217 Bremen) in Rechnung gestellt. 7. Welche Rechnungen wurden bislang dem NLWKN, den Kommunen, den Fischerinnen und Fischern, dem THW, der Feuerwehr u. a. in welcher Höhe erstattet? Auf die Tabelle in der Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Die dort aufgeführten Beträge wurden in Rechnung gestellt und werden von den Partnern der Bund-/Ländervereinbarung zur Bekämpfung von Meeresverschmutzungen erstattet. Die in der Antwort zu Frage 6 dargestellten Kosten des Landkreises Leer (Personalkosten für die Strandreinigung der Nordseeheilbad Borkum GmbH) wurden von der Versicherung noch nicht überwiesen. 8. Ist sichergestellt, dass der Eigentümer der „MSC Zoe“ nach der offiziellen Beendigung der Bergung weiter in der Verantwortlichkeit bleibt? Wenn ja, wie? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Die Landesregierung geht davon aus, dass der Bund dies sicherstellt. 9. Wann ist mit der offiziellen Beendigung der Bergung zu rechnen? Nach hier vorliegenden Hinweisen wird angestrebt, die mit der Havarie des MS „MSC Zoe“ im Zusammenhang stehenden Arbeiten noch im Herbst 2019 zu beenden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4447 4 10. Es wurde angekündigt, dass mögliche negative Auswirkungen insbesondere von Mikroplastik auf die Meeresfauna durch die niederländische Universität Wageningen in staatlichem Auftrag untersucht werden sollen. Fischerinnen und Fischer sollen den Forscherinnen und Forschern im nächsten Jahr rund 9 000 Fische aus dem Teil der Nordsee zur Verfügung stellen, der auf Plastikreste und insbesondere die etwa einen halben Millimeter großen Mikroplastikteile untersucht wird. Auch tote Vögel, Enten und Seehunde landen bei den Forscherinnen und Forschern. Ist die angekündigte Untersuchung in den Niederlanden veranlasst worden, und ist das Land Niedersachsen/das NLWKN involviert? Über die Intersessional correspondance group marine litter von OSPAR besteht ein gutes Netzwerk zwischen Deutschland und den Niederlanden. Der NLWKN steht im Austausch mit den entsprechenden niederländischen Kollegen. Derzeit wird von den niederländischen Behörden eine Reihe von Umweltprojekten zum Müll aus der Havarie der MSC Zoe angedacht, die auch über die in der Anfrage angesprochenen Projekte hinausgehen. Es ist geplant, die Finanzierung und damit auch Art und Umfang der Projekte bis zum Herbst 2019 zu klären. So wird z. B. angedacht, die durch den Müll der MSC Zoe für die Initiative Fishing for litter verursachten Mehrkosten übernehmen zu lassen. Der NLWKN ist bislang nicht in das niederländische Projekt involviert. In Deutschland wird das Thema „Abfälle in Fischen“ inklusive Mikroplastik vom Thünen-Institut bearbeitet , allerdings mit Schwerpunkt in der ausschließlichen Wirtschaftszone. Um Erkenntnisse zur Situation von Mikroplastik im niedersächsischen Küstenmeer zu erlangen, hat der NLWKN unabhängig vom niederländischen Projekt die Universität Hamburg beauftragt, Untersuchungen zu Mikroplastik in Fischen (Flundern) im Küstengewässer durchzuführen. Die Tiere werden im Rahmen eines routinemäßig vom NLWKN durchgeführten Monitorings zu Schadstoffen in Biota gesammelt. Die Proben stammen aus dem Jahr 2018 und 2019, d. h. vor und nach der Havarie der MSC Zoe. Die untersuchten Fanggebiete erstrecken sich entlang der niedersächsischen Küste vor Borkum, Baltrum, in der Jade und der Außenweser. Aufgrund der Lage der Fanggebiete können räumliche Gradienten der Mikroplastikmengen überprüft werden. Ein direkter Zusammenhang zwischen Mikroplastikkonzentrationen im Verdauungstrakt der Flundern und der Havarie der MSC Zoe wird vermutlich aber nicht oder nur schwer zu belegen sein. Darüber hinaus werden in diesem Projekt auch Bodenlebewesen (Makrozoobenthos) entlang der Küste von Niedersachsen auf Mikroplastik untersucht. Dazu werden in den Jahren 2019 und 2020 Miesmuscheln (Mytilus edulis), Schlickkrebse (Corophium volutator), Strandschnecken (Littorina littorea ) und Wattwürmer (Arenicola marina) auf sechs Stationen entlang der niedersächsischen Küste untersucht. Zwei der geplanten Stationen liegen im Einzugsbereich der Ems. Allerdings wird auch hier davon ausgegangen, dass sich Zusammenhänge mit der Havarie der MSC Zoe nicht oder nur schwer nachweisen lassen werden. Erkenntnisse zu Abfällen in Mägen von Eissturmvögeln entlang der deutschen Nordseeküste und im Kot von Kadavern mariner Säuger an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste werden seit einigen Jahren im Rahmen eines F&E-Vorhabens des UBA gesammelt (Folgebewertung und Etablierung einer Langzeitüberwachung der Belastung verschiedener Meeresbereiche und Biota durch marine Abfälle [Meeresmüll]). Allerdings ist ein Bezug zur Havarie derzeit kaum herzustellen, da die freigesetzten Plastikteile noch zu groß sind, um von den Vögeln verschluckt zu werden. Es werden aktuell in ca. 60 % der Eissturmvogelmägen entlang der Wattenmeerküste > 0,1 g Plastik gefunden . Ein Nachweis, dass die in den Mägen gefundenen Plastikteile aus der Havarie stammen, wird nicht oder nur schwer zu erbringen sein. Darüber hinaus steht die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer (NLPV) über die trilaterale Wattenmeerkooperation in engem Kontakt zu den entsprechenden staatlichen niederländischen Naturschutzstellen. Ergebnisse aus für den Wattenmeerschutz relevanten Projekten werden innerhalb der trilateralen Wattenmeerkooperation schnell und effektiv kommuniziert. Bei Probennahmen für Projekte, die die Auswirkungen der Havarie der MSC Zoe untersuchen, kann die Nationalparkverwaltung insbesondere durch die Nationalparkranger unterstützend tätig werden. (Verteilt am 30.08.2019) Drucksache 18/4447 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Wie ging es weiter mit den verlorenen Containern der „MSC Zoe“: Wurden mittlerweile alle verlorenen Container geborgen?