Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4461 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode und Dr. Marco Genthe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Erhebliche regelmäßige Kostenbelastungen für Kommunen nach Einführung des Digitalfunks für BOS? Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode und Dr. Marco Genthe (FDP), eingegangen am 01.08.2019 - Drs. 18/4294 an die Staatskanzlei übersandt am 06.08.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 30.08.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Die niedersächsischen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) beziehen das für den Digitalfunk erforderliche Material bei der Autorisierten Stelle Digitalfunk Niedersachsen (ASDN), welche bei der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen angesiedelt ist. Der Oberbürgermeister der Stadt Celle machte darauf aufmerksam, dass laut ASDN eine Umstellung im Digitalfunk der BOS auf neue Endgeräte und Software erfolgen werde. Die Stadt müsse in diesem Fall aufgrund der neuen Software des ASDN bereits sechs Jahre nach der Einführung des Digitalfunks vor Ort für die Freiwillige Feuerwehr Celle ungefähr 200 000 Euro dafür aufwenden. Vorbemerkung der Landesregierung Das Land Niedersachsen und die Landkreise, kreisfreien Städte und die Region Hannover haben sich im Rahmen von Verwaltungsvereinbarungen in den Jahren 2013 bis 2017 auf die Teilnahme der niedersächsischen Kommunen am bundesweit einheitlichen Digitalfunk BOS verständigt. Das Land trägt gegenüber den kommunalen BOS Sorge für den Betrieb und die Funktionsfähigkeit des digitalen Sprech- und Datenfunksystems in Niedersachsen. Neben der Gewähr einer Netzverfügbarkeit von mindestens 98,5 % werden auch eine entsprechend hohe Flächendeckung mit dem Behördenfunk und Netzfunktionalitäten (Tetra-Dienste), wie etwa die Gruppenkommunikation oder Kurzdatendienste, bereitgestellt. Hierfür beteiligen sich die Kommunen anteilig an den Landesbetriebskosten . Die Beschaffung von Endgeräten hingegen obliegt, wie bereits zu Zeiten des Analogfunks, den jeweiligen BOS in eigener Verantwortung. Dabei sind sie grundsätzlich frei in der Wahl ihrer Geräte, soweit diese am Markt verfügbar und von der für den bundesweiten Betrieb verantwortlichen Bundesanstalt in Berlin (BDBOS) zertifiziert sind. Mit Blick auf die Erfahrungen der ASDN beim Betrieb des Digitalfunks und die Erkenntnisse aus den landesseitigen Beschaffungsverfahren wurde den Kommunen in den zurückliegenden Ausschreibungen eine Beteiligung freigestellt. Wiederholt hat eine deutliche Mehrheit der Kommunen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und von den Vorteilen des gebündelten Verfahrens profitiert . Dazu zählen zuvorderst der kostengünstigere Einkauf der Geräte durch große Abnahmemengen , die Sicherheit bei der Konformität der Endgeräte im Netzbetrieb (insbesondere in Verbindung mit dem Einsatz in Leitstellen, der Kopplung von Zubehör usw.) und nicht zuletzt die Einsparung eigener personeller Ressourcen für ein entsprechendes Vergabeverfahren. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4461 2 Der Abruf der Geräte aus den Rahmenverträgen erfolgt durch die jeweiligen (teilnehmenden) Kommunen unmittelbar und auf eigene Kosten über das Webportal des Logistikzentrums Niedersachsen (LZN). Zu konstatieren ist, dass die beiden bedeutendsten Lieferanten von Digitalfunkendgeräten in Deutschland, die Firmen Sepura und Motorola, außerhalb der Rahmenverträge grundsätzlich frei in der Entwicklung und Vermarktung ihrer Produkte sind. Der Bund, die Länder und die Kommunen haben, abgesehen von der allgemeinen Wettbewerbspolitik des Staates, auf den freien Markt bzw. die Modellpolitik der Hersteller nur äußerst begrenzten Einfluss. Vor diesem Hintergrund war zur Kenntnis zu nehmen, dass die Firma Sepura nach eigenen Angaben die Produktion ihrer Handsprechfunkgeräte der Baureihe STP9000 bis Ende 2019 einstellen will. In Gesprächen mit dem Lieferanten hat sich die ASDN deshalb auch erfolgreich dafür eingesetzt , dass alle aktuell gemeldeten Bedarfe dieses Gerätetyps noch bis Ende 2020 abgerufen werden können. Nach Aussagen der Firma Sepura wird auch der Support für diese Geräte für die nächsten Jahre aufrechterhalten. Ein konkretes Zeitfenster bzw. Einstellungsdatum konnte von der Firma Sepura in diesem Zusammenhang nicht genannt werden. Unabhängig davon sind Befürchtungen , dieses Funkgerätemodell sei nach einem nicht konkretisierten Zeitraum nicht mehr oder nur noch eingeschränkt nutzbar, unbegründet. Das Handsprechfunkgerät der Serie STP9000 hat mit seinen derzeitigen Leistungsmerkmalen eine nicht limitierte BDBOS-Zertifizierung und bleibt mit allen seinen derzeitigen Features, wie z. B. Totmannschaltung oder Gruppenruf, auch weiterhin nutzbar. Funktionalitäten, die mit der neuen Gerätegeneration und der dazugehörigen Software möglich sind, wie z. B. Bluetooth, werden hingegen von diesem Gerätetyp nicht unterstützt. Auch zukünftig werden für diese Geräte durch die ASDN regelmäßig Endgerätekonfigurationen bereitgestellt und betrieben, damit alle zwingend erforderlichen Funktionalitäten des Digitalfunks BOS genutzt werden können. 1. Ist eine Umstellung im Digitalfunk der BOS auf neue Endgeräte und Software nach Kenntnis der Landesregierung geplant? Wenn ja, warum ist diese erforderlich? Aus Sicht des Landes ist eine Umstellung auf neue Digitalfunkendgeräte und Software grundsätzlich nicht erforderlich und daher für die landeseigenen BOS nicht vorgesehen. Der ASDN liegen jedoch Informationen vor, wonach einzelne Kommunen die Beschaffung eines Nachfolgemodells in Erwägung ziehen. Beim Erwerb neuer Funkgerätemodelle ist zu berücksichtigen, dass diese regelmäßig mit einer neuen Gerätesoftware (sogenannte Firmware) durch die Hersteller ausgeliefert werden, die, mit Blick auf die Netzfunktionalitäten des Digitalfunks BOS und die Administration der Geräte, eine Anpassung der Endgerätekonfiguration erfordert. Um das Nachfolgemodell im Digitalfunknetz verwenden zu können, wird die ASDN den BOS in Kürze eine entsprechende Endgerätekonfiguration bereitstellen. 2. Welche Kommunen sind von der Umstellung in welchem Umfang betroffen? Bei den kommunalen BOS Niedersachsens sind 27 305 Handfunkgeräte der Baureihe STP9000 im Einsatz. Indes liegen der Landesregierung keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, ob und in welchem Umfang einzelne Kommunen einen Umstieg auf andere Modelle konkret planen. 3. Werden betroffene Kommunen von der Landesregierung unterstützt? Wenn ja, wie? Der Landesregierung ist die reibungslose Zusammenarbeit von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei im Digitalfunk BOS ein außerordentlich wichtiges Anliegen. Die ASDN informiert die niedersächsischen BOS daher auf verschiedenen Wegen (Newsletter, Jour Fixe, Nutzerbeirat u. ä.) regelmäßig und frühzeitig über aktuelle Entwicklungen im bundesweit einheitlichen Digitalfunksystem, über Wechselwirkungen im Bereich der Leitstellenfunktionalitäten oder etwa Änderungen im Bereich der Endgeräte und des Zubehörs. Auch bei dem in Rede stehenden Sachverhalt hat die Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4461 3 ASDN frühzeitig informiert und soweit vertretbar und abgesichert Hinweise und Empfehlungen ausgesprochen . Daneben unterhält die ASDN ein Störungs- und Anforderungsmanagement und betreibt ein Test- und Entwicklungscenter für Digitalfunkendgeräte. Die ASDN leistet überdies umfangreiche Unterstützung bei der Anbindung von Leitstellen an den Digitalfunk sowie bei der Ausschreibung der Endgeräte (vgl. Vorbemerkung der Landesregierung). Die Kommunen erhalten damit auf vielfältige Weise Unterstützung durch das Land, um die in ihrer Verantwortung beschafften Endgeräte möglichst lange und sicher betreiben zu können. Hinsichtlich der Modellpolitik der Hersteller und der Verantwortung bei der Beschaffung der Endgeräte wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. 4. Müssen die Kommunen mit einer regelmäßigen Umstellung nach einem vergleichbaren Zeitfenster rechnen? Siehe Vorbemerkung der Landesregierung. 5. Wie lange konnten die früheren analogen Endgeräte (gemeint ist der jeweils vorhandene Gesamtbestand) durchschnittlich eingesetzt werden? Gab es hier auch Softwareänderungen o. ä., die einen Komplettaustausch notwendig machten? Ein Vergleich der Einsatzdauer eines früheren analogen Endgerätes mit den heutigen, modernen Digitalfunkendgeräten erscheint mit Blick auf die jeweiligen technischen Grundlagen bzw. die heutigen Lebens- und Entwicklungszyklen der Informations- und Kommunikationstechnik im Bereich der öffentlichen Sicherheit nicht sachgerecht. Dessen ungeachtet waren und sind die Endgeräte der Feuerwehr, des Rettungsdienstes und der Polizei des Landes höchst unterschiedlichen Anforderungen ausgesetzt. Angaben über die durchschnittliche Einsatzdauer der Endgeräte kommunaler BOS sind dem Land daher nicht möglich. Nach derzeitigen Maßstäben waren die früheren Analogfunkgeräte nur mit rudimentären Funktionen versehen. Über eine Software im heutigen Sinne haben diese nicht verfügt. Insoweit gab es auch keine Softwareänderungen, die einen Komplettaustausch begründet hätten. 6. Welche Kosten kommen auf die Kommunen für eine Umstellung zu (bitte nach Kommunen aufschlüsseln)? Unter Hinweis auf die Antwort zu Frage 2 sind dem Land etwaige Kosten für eine Umstellung, die nach hiesiger Bewertung nicht zwangsläufig wären, nicht bekannt. 7. Trifft auf diese die Konnexitätsregelung, da es sich um eine Entscheidung des ASDN handelt, die Landesverfassung zu? Nein. Im Übrigen liegt eine Entscheidung für oder gegen eine Umstellung der Kommunen auf andere Endgeräte nicht im Ermessen der ASDN. Sie hat eine entsprechende Entscheidung daher auch nicht getroffen. 8. Hat das Land die Kommunen vor der Einführung des Digitalfunks der BOS über voraussichtliche Kosten informiert? Wenn ja, wann, in welchem Umfang, und welche Summen hat die Landesregierung den Kommunen prognostiziert? Verlässliche Aussagen zur mittel- und langfristigen Entwicklung der Endgerätepreise sind und waren dem Land, insbesondere bei Einführung des Digitalfunks BOS, nicht möglich. Erst mit Beschreibung der Anforderungen an die Endgeräte im Rahmen der Ausschreibungsverfahren zeichnet sich regelmäßig ein klares Bild ab, das jedoch lediglich für die Laufzeit der entsprechenden Rahmenverträge Bestand hat. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4461 4 Die Inhalte der Rahmenverträge des Landes mit den Herstellern wurden und werden in enger Abstimmung mit den kommunalen Partnern verhandelt. Insoweit sind Kommunen regelmäßig schon vor Unterzeichnung der Rahmenverträge über beabsichtigte Laufzeiten, Kosten der Endgeräte, ihre Leistungsmerkmale, den Support u. ä. m. informiert. Nur in diesem Umfang sind dem Land auch Aussagen zu den Endgerätekosten möglich. Aktuelle Marktbeobachtungen und die zuletzt vorgenommenen Beschaffungsverfahren lassen den Schluss zu, dass der Markt für Digitalfunkendgeräte weitestgehend gedeckt ist. So sind allein in Niedersachsen bereits ca. 70 000 Endgeräte von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei im Netz registriert. Bundesweit sind es rund 860 000 Endgeräte. Mit einer weiteren deutlichen Steigerung ist derzeit nicht zu rechnen. Dieser Umstand dürfte sich auch auf die Modell- und Preispolitik der Hersteller auswirken, ähnlich den Entwicklungen im kommerziellen Mobilfunkbereich. 9. Welche Kosten kommen auf die Landesbehörden für eine Umstellung zu? Das Land (Polizeibehörden) sieht derzeit keine Veranlassung, auf Grundlage der erwähnten neuen Gerätegeneration einen Austausch in größerem Umfang durchzuführen, zumal die bisherigen Funktionalitäten der im Bestand befindlichen Funkgeräte auch weiterhin dargestellt werden können. Diese Funktionalitäten sind für die grundlegende Aufgabenbewältigung ausreichend. Darüber hinausgehende Features, die mit der Einführung einer neuen Gerätegeneration zur Verfügung stehen werden, könnten im Einzelfall für Spezialanwendungen Relevanz erlangen und würden in diesem Fall mit einer bedarfsgerechten Beschaffung befriedigt. Im Übrigen verfügt das Land über etwa 3 000 Handsprechfunkgeräte der Baureihe STP9000. 10. Welche Kosten kommen auf die privaten Hilfsorganisationen für eine Umstellung zu? Siehe Antwort zu Frage 6. (Verteilt am 02.09.2019) Drucksache 18/4461 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode und Dr. Marco Genthe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Erhebliche regelmäßige Kostenbelastungen für Kommunen nach Einführung des Digital-funks für BOS?