Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4462 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Dr. Marco Genthe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Granulat auf Kunstrasenplätzen - Wie unterstützt die Landesregierung die Amateurvereine? Anfrage des Abgeordneten Dr. Marco Genthe (FDP), eingegangen am 29.07.2019 - Drs. 18/4275 an die Staatskanzlei übersandt am 01.08.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 30.08.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Die EU-Kommission erwägt ein Verbot von Mikroplastik. Dies könnte laut Neuer Presse vom 24.07.2019 für unzählige Kunstrasenplätze das Aus bedeuten, da viele Plätze als Füllmaterial Gummi-Granulat verwenden, das regelmäßig erneuert werden müsse. „Die Vereine müssten dann umrüsten oder den Platz neu bauen. Beides könnte viele Vereine in den Ruin stürzen“ (NP, 24.07.2019). Laut Deutschem Fußball-Bund (DFB) gibt es rund 5 000 Kunstrasenplätze in Deutschland , für die der Verband nun einen Bestandsschutz fordert (Zeit online, 23.07.2019). Vorbemerkung der Landesregierung Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat einen Beschränkungsvorschlag veröffentlicht, in dem das Inverkehrbringen von „bewusst zugesetztem“ Mikroplastik verboten werden könnte. Nach diesem Vorschlag erfüllen verwendete Gummigranulate für Kunstrasen die Definition von absichtlich zugesetztem Mikroplastik und würden damit unter das Verbot des Inverkehrbringens nach Inkrafttreten der Beschränkung fallen. Der Beschränkungsvorschlag der ECHA vom 20.03.2019 befindet sich zurzeit in einem frühen Stadium und steht bis spätestens 20.09.2019 zur öffentlichen Konsultation. In diesem Zeitraum können Stellungnahmen, Kommentare, Daten und Fakten eingebracht werden. Die ECHA weist in der öffentlichen Konsultation auf den Informationsbedarf, insbesondere über die Auswirkungen der Beschränkung der Verwendung von Mikroplastik als Kunstrasenfüllmaterial auf die Gesellschaft, hin. Ob es zu einem Verbot des Inverkehrbringens oder anderweitigen Regulierungen kommt und in welchem Zeitraum diese inkrafttreten, ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Der formelle Ablauf des Beschränkungsverfahrens ist auf der Homepage der ECHA ausführlich dargestellt und unter folgendem Link abrufbar: https://echa.europa.eu/de/regulations/reach/restric tions/restriction-procedure. Die kommunalen Spitzenverbände, der organisierte Sport und die Sportministerkonferenz der Länder (SMK) haben sich bereits mit Stellungnahmen an die ECHA gewandt. Ziel ist u. a., das Bewusstsein zu schaffen, dass ein mögliches Verbot Auswirkungen auf den Sport- und Spielbetrieb in Deutschland haben würde und daher insbesondere Fragen des Bestandsschutzes und angemessener Übergangsfristen ausführlich geprüft werden müssten. Die ECHA hat mit Schreiben vom 25.07.2019 (veröffentlicht auf der Webseite der ECHA) sowie mit Schreiben vom 29.07.2019 an die Vorsitzende der SMK klargestellt, dass weder die ECHA noch die Europäische Kommission ein Verbot von Kunstrasenplätzen plant. Existierende Plätze wären nicht sofort vom Verbotsvorschlag betroffen. Der Spielbetrieb auf den betroffenen Plätzen könnte fortbestehen. Allerdings wäre deren Unterhalt vom Verbotsvorschlag betroffen, wenn die Bestände von bisherigem Füllmaterial aufgebraucht wären. Basierend auf den von verschiedenen Institutionen /Organisationen angeführten Argumenten wird von den wissenschaftlichen Ausschüssen der Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4462 2 ECHA eine geeignete Übergangsfrist für den Unterhalt geprüft werden. Es wird auch geprüft, ob allenfalls technische Maßnahmen zur Vermeidung des Granulataustrags anstelle eines Verbots implementiert werden können. Davon unabhängig hat das Ministerium für Inneres und Sport entschieden, aus Mitteln der Finanzhilfe des Landes an den Landessportbund Niedersachsen e. V. (LSB) und aus dem 100-Millionen- Euro-Sportstättensanierungsprogramm bis auf Weiteres keine Förderungen von Kunststoffrasenplätzen mit besagtem Füllstoff vorzunehmen. Alternative Verfüllungen aus Sand oder Kork sind zu prüfen, insbesondere, um die Sportvereine und die Kommunen vor Fehlinvestitionen zu schützen. Im Rahmen des 100-Millionen-Euro-Sportstättensanierungsprogramms liegt der Förderschwerpunkt bei kommunalen Sportstätten auf Maßnahmen an Sporthallen (Turnhallen) und Hallenschwimmbädern . Der LSB ist am 27.05.2019 und am 24.06.2019 entsprechend informiert worden. Die Mitgliedsvereine und -organisationen des LSB wurden über den LSB-Newsletter, das LSB-Magazin (u. a. Ausgaben 08 und 09/2019), Rundschreiben und die Homepage (www.lsb-niedersachsen.de/sportstaet tenbau/mikroplastik/) des LSB informiert. Auch das Bundesinstitut für Sportwissenschaften und der Deutsche Olympische Sportbund haben in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden ein Faktenpapier „Füllstoffe in Kunststoffrasensysteme im Sport - Informationen und aktuelle Entwicklungen“ (Stand: 30.07.2019) entwickelt. Dieses Papier richtet sich an Eigentümer und Betreiber von Sportanlagen, insbesondere Kommunen und Sportvereine. 1. Wie viele Kunstrasenplätze mit Granulat als Füllmaterial gibt es in Niedersachsen (bitte nach Stadt und Verein aufschlüsseln)? Das Vorhalten und der Betrieb von Sportstätten ist eine Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge. Auf Grundlage der Niedersächsischen Kommunalverfassung stellen die Kommunen im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die für die Einwohnerinnen und Einwohner erforderlichen sozialen, kulturellen , sportlichen und wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen bereit. Aus diesem Grund liegt keine Statistik über die Anzahl von Kunstrasenplätzen vor. Eine aktuelle, kurzfristige Abfrage bei den niedersächsischen Kommunen, dem LSB und dem Niedersächsischen Fußballverband e. V. (NFV) hat Folgendes ergeben: Nach Rückmeldungen der Kommunen gibt es 143,5 Kunstrasenplätze in kommunalem Eigentum (inklusive Klein- bzw. Minispielfelder), von denen 96 mit Kunststoffeinstreu verfüllt sind. Im Verbandsgebiet des NFV befinden sich 193 Kunstrasenplätze im Spiel- und Trainingsbetrieb. Daneben nutzen die Mitgliedsvereine des NFV für den ergänzenden Trainings- und Freizeitspielbetrieb mehr als 100 Kunstrasen-Minispielfelder. Aufgrund nicht vollständig erfolgter Rückmeldungen der Kommunen sowie fehlender Kenntnisse über die jeweilige Art der Verfüllung sowie zu den Eigentumsverhältnissen sind die Angaben des NFV nicht vergleichbar mit den kommunalen Angaben. 2. Wie viel kostet die Umrüstung eines Kunstrasenplatzes von Granulat auf Quarzsand? Bei einem Großspielfeld von ca. 7 000 bis 8 000 m2 ist aktuell grob mit Brutto-Kosten von rund 37 000 bis 43 000 Euro zu rechnen. Dabei entfallen ca. 17 000 bis 19 000 Euro auf das Ausbürsten und Aufnehmen des alten Kunststoffgranulats, ca. 9 000 bis 11 000 Euro auf das Nachverfüllen mit Quarzsand sowie ca. 11 000 bis 13 000 Euro auf die Entsorgung (bei 35 bis 40 t Granulat zuzüglich beigemischtem Quarzsand i. d. R. „thermische Verwertung“). Es wird explizit darauf hingewiesen, dass es sich um grobe Orientierungswerte handelt. Im Rahmen einer Ausschreibung und unter Berücksichtigung des Platzes vor Ort können die Kosten natürlich variieren. Auch spielen weitere Faktoren bei der Umrüstung eine Rolle. Die Lage und Zugänglichkeit des Platzes sind dabei ebenso gemeint wie die Menge des jeweils verfüllten Materials. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4462 3 3. Wird die Landesregierung, sofern das geplante Verbot von Mikroplastik ohne den vom DFB geforderten Bestandsschutz für die bestehen Plätze kommt, insbesondere die Amateurvereine unterstützen? Wenn ja, wie? Der Vorschlag der ECHA zur Beschränkung von absichtlich zugesetztem Mikroplastik in Produkten befindet sich zurzeit noch in der öffentlichen Konsultationsphase. Zu gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen kann aufgrund des frühen Stadiums des Beschränkungsvorschlags keine Aussage getroffen werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wäre eine ökologisch vertretbare Nachrüstung bestehender Plätze in Niedersachsen förderfähig? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu Frage 3. 5. Plant die Landesregierung, die Vereine bzw. Kommunen, die aus Umweltgründen die Kunstrasenplätze freiwillig auch dann umrüsten möchten, wenn eine Übergangsregelung erreicht werden kann, finanziell zu unterstützen? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu Frage 3. 6. Das Innenministerium fördert nach Berichterstattung der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 23.07.2019 keine Kunststoffrasenplätze mit Plastikgranulat. Wann ist dieser Förderstopp in Kraft getreten, und wurde die „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Sportstättenbaus“ entsprechend ergänzt? Siehe Vorbemerkung. 7. Bezieht sich der Förderstopp nur auf Neuanlagen oder auch auf Instandhaltungen bestehender Plätze? Siehe Vorbemerkung. 8. Sind Pläne wie in Bremen, wo geprüft wird, Mikroplastikgranulat abzusaugen und die Plätze mit Quarzsand zu verfüllen, aus Sicht der Landesregierung sinnvoll und (auch finanziell) umsetzbar? Die Pläne Bremens sind nicht bekannt und daher nicht zu bewerten. 9. Wie viele Anträge auf Förderung des Baus (oder der Instandhaltung) von Kunstrasenplätzen wurden 2019 von welchen Vereinen gestellt und abgelehnt? 2019 sind keine Anträge auf Förderung des Baus von Kunststoffrasenplätzen abgelehnt worden. 10. Hamburg und Bremen unterstützen den Neubau von Kunstrasenplätzen mit Plastikgranulat seit Jahren nicht mehr. Bis wann hat Niedersachsen noch Kunstrasenplätze mit Plastikgranulat gefördert? Förderzusagen für Neubauprojekte von Kunststoffrasenplätzen mit Kunststoffgranulat werden seit Juni 2019 nicht mehr erteilt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4462 4 11. Wie soll aus Sicht der Landesregierung mit den bestehenden Kunstrasenplätzen in Niedersachsen mit Mikroplastikgranulat umgegangen werden? Siehe Vorbemerkung. 12. Wie steht die Landesregierung zur Gewährung von Bestandsschutz bzw. großzügigen Übergangsfristen für bestehende Kunstrasenplätze? Siehe Vorbemerkung. 13. Wird die Landesregierung sich für einen Bestandsschutz und eine praktikable Übergangsregelung einsetzen? Wenn ja, wie und wo? Und wie soll nach Meinung der Landesregierung eine Übergangsregelung aussehen? Der Vorschlag der ECHA zur Beschränkung von absichtlich zugesetztem Mikroplastik in Produkten befindet sich zurzeit noch in der öffentlichen Konsultationsphase. Zu gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen kann aufgrund des frühen Stadiums des Beschränkungsvorschlags keine Aussage getroffen werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 14. Wie werden Vereine, denen durch die Pläne der EU neue Belastungen drohen, durch das Land Niedersachsen bzw. durch den Landessportbund unterstützt, und welche Gespräche wurden hierzu bereits mit dem Landessportbund geführt? Siehe Vorbemerkung. 15. Welche Auswirkungen hätten die Pläne der EU etwa auf das Kunstrasenprogramm in Hannover, und ist die Landesregierung hierzu bereits in Gesprächen mit der Landeshauptstadt ? Gemäß dem von der Landeshauptstadt Hannover beschlossenen Kunststoffrasenprogramm darf ausschließlich nur Quarzsand zur Verfüllung des Belages verwendet werden. Synthetische Füllmaterialien sind nicht erlaubt. Die Pläne der EU haben dementsprechend keine Auswirkungen auf das Kunststoffrasenplatzprogramm der Landeshauptstadt Hannover. (Verteilt am 02.09.2019) Drucksache 18/4462 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Dr. Marco Genthe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Granulat auf Kunstrasenplätzen - Wie unterstützt die Landesregierung die Amateurvereine?