Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4464 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Marissa-Ferienpark in Lembruch am Dümmer-See Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD), eingegangen am 29.07.2019 - Drs. 18/4279 an die Staatskanzlei übersandt am 01.08.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 30.08.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten In Lembruch am Dümmer-See wird ein Ferienhaus-Park gebaut. Dieser soll nach Fertigstellung auf insgesamt 500 000 Übernachtungen pro Jahr ausgerichtet sein. Es werden Häuser und Appartements in verschiedenen Größen sowohl für Einzelpersonen als auch für mehrere Personen angeboten . Insgesamt sollen 476 Ferienwohnungen auf 18 ha Fläche entstehen. Laut der Peiner Allgemeinen Zeitung sind ebenso Restaurants, ein Wellnesshaus, ein Fitnesscenter und eine See-Sauna an einem Steg im Wasser geplant (https://www.paz-online.de/Nachrichten/Der-Norden/Umstrit tenes-Millionenprojekt-Zwei-Daenen-bauen-476-Ferienwohnungen-am-Duemmer, abgerufen am 16.07.2019). Die Gebäude sind kastenförmig, teils mehrgeschossig und stehen in Ufernähe des Dümmer-Sees. Für einen künstlichen Sandstrand wurden 7 000 m3 Sand aus dem Dümmer-See entnommen, und weitere 20 000 m3 Sandentnahme sind geplant. Der Bürgermeister der Samtgemeinde Altes Amt Lemförde hat laut Medienberichten keine Sorge, dass der Ferienhaus-Park eine zu große Belastung für See und Region darstellt. Der Dümmer-See und seine Umgebung sind ein wichtiges Brut- und Rastgebiet für viele Zugvögel. Vorbemerkung der Landesregierung Der Dümmer-See, zweitgrößter Binnensee in Niedersachsen, ist neben dem Luftkurort Bruchhausen -Vilsen der touristische Hauptanziehungspunkt des Landkreises Diepholz. Die Orte Lembruch und Hüde sind auf der Ostseite des Sees die touristischen Hauptorte. Mit Anerkennungsbescheid des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (MW) vom 02.07.2019 wurden beide Orte als Ausflugsorte staatlich anerkannt. Die touristische Infrastruktur am Dümmer-See ist vielseitig und von hoher Qualität. Die Errichtung des Marissa-Ferienparks stellt für die Region eine große Chance dar, ganzjährig Urlaubsgäste in die Region zu holen und damit das touristische Angebot in besonderem Maße zu ergänzen. Das Projekt ist insbesondere aus regionaler Sicht zu begrüßen , weil es zur Standortattraktivierung beiträgt und positive Wirkungen auf Wertschöpfung und Beschäftigung hat. Der in Rede stehende Ferienhaus-Park ist auf der planungsrechtlichen Grundlage des dazu von der Gemeinde Lembruch gemäß § 12 des Baugesetzbuchs (BauGB) aufgestellten und am 02.07.2018 in Kraft getretenen vorhabenbezogenen Bebauungsplans „SW 11 Schoddenhof“ genehmigt worden. Dieser Bebauungsplan wurde im Rahmen der verfassungsrechtlich verankerten kommunalen Planungshoheit in eigener Verantwortung von der Gemeinde Lembruch aufgestellt. Am 13.03.2019 wurde der Wald & Welle GmbH, dem Betreiber des Marissa Ferienparks, durch den zuständigen Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4464 2 (NLWKN) die Plangenehmigung gemäß § 68 Abs. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes zur Sandentnahme aus dem Dümmer und Aufspülung zur Herstellung eines Sandstrandes in Höhe des Marissa Ferienparks in Lembruch erteilt. Die Maßnahme ist bereits abgeschlossen. Durch die Festlegung des Entnahmezeitraums (15. bis 31.03.2019) wurden erhebliche Eingriffe in faunistisch oder floristisch bedeutsame Bereiche vermieden. Weiterhin erfolgte bei der Sandumspülung eine ökologische Baubegleitung (Schutz von Brutvögeln, Fischen und Muscheln). Da sich während der Baumaßname abzeichnete, dass ein Abschluss bis zum 31.03.2019 infolge der Witterungsverhältnisse nicht möglich erschien, wurde auf Antrag der Antragstellerin und nach Beteiligung der zuständigen Naturschutzbehörden durch Planänderung die Umsetzungsfrist bis zum 12.04.2019 verlängert. Für die Umspülung mittels Saugbagger wurde Wasser aus dem Dümmer verwendet, das dem Dümmer unmittelbar wieder zugeführt und somit nicht verbraucht wurde. Es sollten ursprünglich ca. 7 000 m3 Sand aus einer ca. 6,3 ha großen Fläche im Dümmer mithilfe eines Spülbaggers und Spülleitungen entnommen werden. Da aus einer anderen Baumaßnahme Bodenmaterial zur Verfügung stand, konnte dieses für die neue Strandherstellung verwendet werden. In der Folge reduzierte sich die erforderliche Sandentnahme aus dem Dümmer auf ca. 4 250 m3. Durch die Reduzierung verringerten sich die Abbaufläche und -zeit und damit auch die Störwirkungen auf die Umwelt. Konkrete Planungen für eine geplante weitere Sandentnahme mit einem Volumen von 20 000 m3 sind dem NLWKN nicht bekannt. 1. Welche Behörde hat den Ferienhaus-Park genehmigt? Genehmigungsbehörde ist der Landkreis Diepholz. 2. Wann wurde das Projekt genehmigt? Der erste Bauantrag wurde im Juni 2017 genehmigt. 3. Liegt eine stufenweise Genehmigung vor, oder ist bereits der gesamte Ferienpark genehmigt ? Die Anlage wird stufenweise beantragt und genehmigt. 4. Welche Ausgleichsmaßnahmen wurden für das Projekt im Rahmen der Genehmigung festgelegt? Das im Rahmen des von der Gemeinde Lembruch aufgestellten o. a. Bebauungsplans festgestellte Kompensationsdefizit der vorliegenden Planung in Höhe von 89 964 Werteinheiten wird über die im Bebauungsplan festgesetzten externen Maßnahmen zur Aufwertung von Natur und Landschaft ausgeglichen. – Maßnahme 1: Kompensationsfläche Brockum: Entwicklung einer Streuobstwiese sowie eines Waldrands: Gemarkung Brockum, Flur 27, Flurstücke 32/3, 53/1 und 54 (38 015 Werteinheiten). – Maßnahme 2: Flächenpool der Samtgemeinde „Altes Amt Lemförde“ am Stemweder Berg: Entwicklung von extensivem Grünland, Neuaufforstung, Entwicklung eines Waldrands/Waldsaums : Fläche Nr. 43: Gemarkung Brockum, Flur 28, Flurstück 21 (13 831 m2 = 27 662 Werteinheiten ). Optimierung eines naturnahen Stillgewässers: Fläche Nr. 55: Gemarkung Quernheim , Flur 1, Flurstücke 106/91 und 107/92 (1 169 m2 = 2 338 Werteinheiten). – Maßnahmen 3: Kompensationsflächen „Siedenburg“: Eigendynamische Entwicklung des „Eschbachs“ und Entwicklung von Wald- und Gehölzbeständen in der Samtgemeinde Siedenburg: Gemarkung Maasen, Flur 18, Flurstück 7 (21 949 Werteinheiten). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4464 3 5. Im Falle, dass eine Ausgleichszahlung statt Ausgleichsmaßnahmen festgelegt wurden: Welche Summe ist als Ausgleichszahlung festgelegt worden? Ausgleichszahlungen wurden nicht festgelegt. 6. Wann wird der Ferienpark voraussichtlich fertiggestellt sein? Der Landkreis Diepholz hat keine Kenntnis zum geplanten Fertigstellungstermin der Gesamtanlage. Den dazu veröffentlichten Pressemitteilungen (u. a. der HAZ vom 03.01.2019) war allerdings zu entnehmen, dass der Ferienpark voraussichtlich im Jahr 2021 fertiggestellt sein soll. 7. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den Häusern um kastenförmige, teils mehrgeschossige Gebäude handelt: Inwiefern wurde beim Genehmigungsverfahren § 10 NBauO berücksichtigt? Im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren sind vonseiten des Landkreises Diepholz die Bauanträge überwiegend nach § 64 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) unter der Berücksichtigung des § 10 NBauO geprüft worden. Lediglich bei den kleinen Ferienhäusern (bis zwölf Betten), die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 63 NBauO geprüft wurden, ist § 10 NBauO nicht im Prüfungsumfang enthalten. Die Gestaltung der Gebäude wurde zudem von der Gemeinde im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans und im Rahmen der Bauleitplanung von den Trägern der öffentlichen Belange und der Öffentlichkeit (öffentliche Auslegung mit Anlage über die Gestaltung aus dem Durchführungsvertrag ) berücksichtigt. Hierbei wurden keine Einwände erhoben. 8. Lassen die Prognosen zur touristischen Entwicklung der Dümmer-Region die Annahme zu, dass 500 000 Übernachtungen pro Jahr an diesem Standort ausgeschöpft werden? Eine Bewertung der Landesregierung, inwieweit die prognostizierten 500 000 Übernachtungen als valide eingestuft werden können, ist ohne Kenntnis der zugrunde gelegten Fakten sowie der Methodik der Prognoserechnung nicht möglich. Erfahrungen mit ähnlichen Projekten an anderen niedersächsischen Standorten haben allerdings gezeigt, dass durch neue attraktive Angebote nicht nur die Bettenkapazität erhöht wird, sondern neue Zielgruppen erschlossen werden und im Ergebnis die Übernachtungszahlen stark gestiegen sind. 9. Wie hoch ist die Gesamtbettenzahl des Ferienparks? Laut Stellungnahme des Landkreises Diepholz wurden bisher 1 042 Betten genehmigt/beantragt. Aus der unter Ziffer 6 genannten Pressemitteilung der HAZ soll der fertiggestellte Marissa-Ferienpark insgesamt über 3 000 Betten verfügen. 10. Ist die Infrastruktur der Region (Straßen, Nah- und Fernverkehr) auf eine Erhöhung des Fremdenverkehrs vorbereitet? Die Region ist durch eine bedarfsgerechte Verkehrsinfrastruktur (Straße/Schiene) gut angebunden. Die Region liegt an der DB-Hauptstrecke vom Ruhrgebiet nach Hamburg. Die nächstgelegenen Bahnhöfe in Lemförde und Diepholz sind 7 bzw. 10 km vom Standort des Ferienparks entfernt. Von beiden Bahnhöfen existieren Busanbindungen zur Gemeinde Lembruch und damit zum Marissa- Ferienpark. Der Ferienpark liegt unmittelbar an der Bundesstraße 51, sodass der Park auch mit dem Pkw sehr gut zu erreichen ist. Verkehrliche Probleme durch den wachsenden Tourismus sind in der Region aus Sicht der Landesregierung nicht zu erwarten. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4464 4 11. Teilt die Landesregierung die Einschätzung des Bürgermeisters der Samtgemeinde Altes Amt Lemförde, dass das Projekt keine zu große Belastung für den Dümmer-See und die Region darstellt? Die Landesregierung setzt sich für eine nachhaltige zukunftsorientierte touristische Entwicklung in Niedersachsen ein. Natur und Landschaft sind ein wichtiges Kapital für den Tourismus in Niedersachsen , insofern stellt der umfassende Umweltschutz auch die ökonomische Grundlage für den Tourismus dar. Quantitatives Wachstum ohne Rücksichtnahme auf die lokalen ökologischen und soziokulturellen Ressourcen führt zu umweltschädlichem Massentourismus. Die der Landesregierung bekannten Rahmenbedingungen für den Marissa-Ferienpark lassen eine derartige Entwicklung nicht befürchten. Vielmehr steigert und belebt dieses neue touristische Angebot die Attraktivität der Region und schafft bzw. erhält standortsichernde Wirtschafts- und Arbeitsplatzstrukturen. 12. Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung ein Konzept für eine Besucherlenkung, sodass der Schutz von Flora und Fauna und insbesondere der brütenden und rastenden Vögel gewährleistet ist? In den Schutzgebieten in der Dümmerniederung existiert ein hochwertiges und gut ausgeschildertes Wegenetz von Fahrrad- und Wanderrouten, wodurch die Gäste der Schutzgebiete gelenkt und geleitet werden, sodass es nach gegenwärtigem Stand zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen oder Störungen der Vogelwelt kommt. Die Wasserflächen, die u. a. im Winter für Rastvögel wichtige Rasträume darstellen, sind durch die entsprechenden Regelungen der Schutzgebietsverordnungen sowie der Dümmer- und Steinhuder Meer-Verordnung geschützt. 13. Stellt die Entnahme von 7 000 m3 Sand aus dem Dümmer-See eine Beeinträchtigung für den See dar? Die Entnahme des Sandes stellt aus wasserwirtschaftlicher Sicht keine Beeinträchtigung des Sees dar. Durch das Vorhaben werden die Umweltbelange in den Entnahmeflächen nicht negativ berührt , die erforderlichen Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen auf Basis der eingegangenen Stellungnahmen der Fachbehörden wurden in die Plangenehmigung integriert. So konnte die erforderliche Sandmenge aus der Entnahmestelle durch Verwendung von Aushub aus einer Unterhaltungsmaßnahme von ursprünglich 7 000 m3 erheblich reduziert werden (vgl. Vorbemerkung der Landesregierung). Schädliche Auswirkungen des Vorhabens auf biologisch-chemische bzw. morphologische Merkmale sind nicht zu erwarten. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. 14. Im Falle, dass die Sandentnahme eine Beeinträchtigung für den See darstellt: Warum wurde die Entnahme dann genehmigt? Entfällt. Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. (Verteilt am 03.09.2019) Drucksache 18/4464 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Marissa-Ferienpark in Lembruch am Dümmer-See