Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4513 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Anja Piel, Christian Meyer und Meta Janssen-Kucz (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Wie kann die Versorgungslücke aufgrund einer besonderen Altersgrenze für niedersächsische Polizeibeamtinnen und -beamte beim Versorgungsausgleich geschlossen werden? Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Anja Piel, Christian Meyer und Meta Janssen-Kucz (GRÜNE), eingegangen am 08.08.2019 - Drs. 18/4332 an die Staatskanzlei übersandt am 13.08.2019 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 05.09.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Bedingt durch die besondere Altersgrenze bei Polizeibeamtinnen und -beamten gemäß § 109 Abs. 1 NBG kann eine Versorgungslücke bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze für den Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen, weil diese Rente erst mit Erreichen des 67. Lebensjahres ausgezahlt wird. Zwar besteht nach § 17 NBeamtVG (Vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes) für die dort gesetzlich geregelten Fälle die Möglichkeit einer vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehalts, nicht jedoch bei einer Versorgungslücke im Rahmen des Versorgungausgleichs nach Scheidung für die niedersächsischen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten. Denn die Ansprüche aus einem Versorgungsausgleich werden nicht schon mit Eintritt in den Ruhestand der Polizeibeamtinnen und -beamten gezahlt, sondern erst mit Eintritt in das höhere, gesetzliche Rentenalter. Der Bund hat diese Lücke bereits im Jahr 2009 für die Betroffenen geschlossen. Häufig sind Polizeibeamtinnen von dieser Versorgungslücke betroffen, insbesondere offensichtlich lebensältere Beamtinnen, die in der Vergangenheit noch nicht von familienfreundlichen und moderneren Arbeitszeitmodellen profitierten konnten. Vorbemerkung der Landesregierung § 17 des Niedersächsischen Beamtenversorgungsgesetzes (NBeamtVG) sieht eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes vor, um versorgungsrechtlich diejenigen Nachteile auszugleichen , die wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen für Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der Beamtenversorgung während der Zeit auftreten können, während der einerseits ein Besoldungsanspruch nicht mehr besteht und andererseits die für Invalidität und Alter vorgesehenen Leistungen entsprechend den erworbenen Anwartschaften nicht in vollem Umfang ausgeschöpft werden können. § 7 NBeamtVG greift insofern über das System der Beamtenversorgung hinaus, als er dazu führt, dass Zeiten einer Berufstätigkeit, die nicht ruhegehaltfähig und damit beamtenversorgungsrechtlich nicht relevant sind, zu einer Steigerung der Beamtenversorgung führen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.04.2000 - 2 C 25.99 zu § 14 a BeamtVG, BVerwGE 111,93 [96]). Eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes erfolgt nach § 17 Abs. 2 Satz 1 NBeamtVG nur, soweit die später zu erwartende Rente auf Pflichtbeitragszeiten beruht , nicht aber, wenn sie auf der Durchführung eines Versorgungsausgleichs beruht. Dies entspricht dem Sinn und Zweck des § 17 NBeamtVG, beruflich bedingte Nachteile auszugleichen, die durch einen Statuswechsel vom Arbeitnehmer zum Beamten und den dadurch bedingten Wechsel des Alterssicherungssystems eintreten (BVerwG, a. a. O., S. 97). Mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist davon auszugehen, dass die vorübergehende Erhöhung des Ruhe- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4513 2 gehaltssatzes ein im Grunde systemfremder Ausnahmetatbestand ist. Bereits der Charakter als Ausnahmevorschrift steht einer Erweiterung des Anwendungsbereichs entgegen. Eine Ehescheidung und der in ihrer Folge durchzuführende Versorgungsausgleich sind im Gegensatz zum Statuswechsel vom Arbeitnehmer zum Beamten nicht beruflich veranlasst. Die Ehescheidung ist der privaten Lebensführung zuzurechnen. Es kann deshalb nicht Aufgabe des Dienstherrn sein, über das Beamtenversorgungsrecht finanzielle Nachteile auszugleichen, die sich als Folge einer Ehescheidung ergeben. Ursächlich für die Problemlage, in der sich die betroffenen Beamtinnen und Beamten befinden, ist die Tatsache, dass die gesetzliche Rentenversicherung die aus dem Versorgungsausgleich resultierenden Leistungen noch nicht erbringt. Naheliegender als eine Aufstockung der beamtenrechtlichen Versorgung wäre deshalb eine Änderung der rentenrechtlichen Bestimmungen. Zu der Feststellung, der Bund habe diese Lücke bereits im Jahr 2009 geschlossen, ist Folgendes anzumerken: Auch die dem § 17 NBeamtVG entsprechende bundesrechtliche Vorschrift (§ 14 a BeamtVG) sieht eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nur vor, wenn die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger über Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügen. Jedoch hat der Bund die interne Teilung beamtenversorgungsrechtlicher Anrechte im Versorgungsausgleich eingeführt. Das Versorgungsausgleichsrecht wurde durch das am 01.09.2009 in Kraft getretene Gesetz über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700) einer umfassenden Strukturreform unterzogen. Das VersAusglG unterscheidet zwischen der internen Teilung (§§ 10 bis 13) und der externen Teilung (§§ 14 bis 17) von Anrechten. Bei der internen Teilung wird ein bei einem Versorgungsträger für einen der Ehegatten bestehendes Anrecht dergestalt geteilt, dass für den anderen Ehegatten ein eigenes Anrecht bei demselben Versorgungsträger begründet wird. Die externe Teilung beschreibt die Begründung eines Anrechts für den ausgleichsberechtigten Ehegatten bei einem anderen Versorgungsträger, beispielsweise der Deutschen Rentenversicherung, zulasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person. Nach § 16 Abs. 1 VersAusglG sind Anrechte auf beamtenrechtliche Versorgung extern durch Begründung eines Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung zu teilen, wenn der Träger der Versorgung keine interne Teilung vorsieht. Während die Länder sämtlich die interne Teilung beamtenrechtlicher Versorgungsanwartschaften nicht eingeführt haben, sieht das Recht der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten seit dem 01.09.2009 die interne Teilung vor. Das hat in der Tat zur Folge, dass in dem Fall, dass der ausgleichspflichtige Ehepartner Bundesbeamter ist, die beschriebene Versorgungslücke nicht entsteht, weil § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die interne Teilung beamtenversorgungsrechtlicher Ansprüche von Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten im Versorgungsausgleich (Bundesversorgungsteilungsgesetz - BVersTG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700) vorsieht, dass die Zahlungen aus dem übertragenen Anrecht beginnen, wenn die ausgleichsberechtigte Person pensioniert wird und aus ihrem „eigenen “ Anrecht eine Versorgung erhält. Von einem wirksamen Schließen der Versorgungslücke kann gleichwohl keine Rede sein, weil in allen anderen Konstellationen, in denen im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften für Beamtinnen und Beamte begründet werden, die Problematik weiterhin besteht. Hier darf der Blick nicht verengt werden auf die Fallgestaltung, dass beide geschiedenen Eheleute in einem Beamtenverhältnis zu ein und demselben Dienstherrn stehen. Betroffen sind insbesondere auch diejenigen Beamtinnen und Beamten, deren Ehegatten keine Beamtinnen oder Beamten, sondern Mitglieder der Rentenversicherung sind. Außerdem sind keineswegs nur Polizeibeamtinnen wegen ihrer besonderen Altersgrenze betroffen, sondern auch Beamtinnen und Beamte, die aufgrund einer dauerhaften Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden , da sie im Regelfall nicht die Bedingungen für den Genuss einer Erwerbsminderungsrente erfüllen . Eine umfassende Lösung für alle vorzeitig in den Ruhestand tretenden Beamtinnen und Beamten , für die im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften begründet wurden, kann deshalb nicht im Beamtenversorgungsrecht, sondern nur im Rentenrecht erfolgen. In Fällen, in denen die Begründung der Rentenanwartschaften auf die externe Teilung von Anrechten in der Beamtenversorgung zurückgeht, würde den Rentenversicherungsträgern kein Nachteil entstehen, da die Aufwendungen vom Versorgungsträger zu erstatten sind. Eine rentenrechtliche Lösung wäre auch gerecht , weil die Versorgungslücke auf Kosten des Versorgungsträgers des ausgleichspflichtigen geschiedenen Ehegatten geschlossen würde und nicht auf Kosten des eigenen Versorgungsträgers der ausgleichsberechtigten Person. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4513 3 1. Hat die Landesregierung Kenntnis von der Anzahl der Beamtinnen und Beamten, die von der Versorgungslücke im Rahmen des Versorgungsausgleichs betroffen sind bzw. künftig betroffen sein können? Die Landesregierung hat keine Kenntnis von der Anzahl der betroffenen Beamtinnen und Beamten. Die Pensionsbehörden speichern keine Daten über im Versorgungsausgleich Berechtigte, sondern lediglich über die ausgleichspflichtigen Ehegatten. 2. Beabsichtigt die Landesregierung die Versorgungslücke aufgrund der besonderen Altersgrenze für niedersächsische Polizeibeamte beim Versorgungsausgleich zu schließen und den § 17 NBeamtVG entsprechend zu ergänzen, gegebenenfalls wann? Die Landesregierung beabsichtigt keine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 17 NBeamtVG. 3. Welche tatsächlichen, rechtlichen, finanziellen oder sonstigen Gründe bestehen aus Sicht der Landesregierung für die betroffenen Personen, die Versorgungslücke nicht zu schließen (bitte jeweils begründen)? Die Beamtenversorgung ist Teil der lebenslangen amtsangemessenen Alimentation der Beamtinnen und Beamten durch den Dienstherrn. Die Versorgung ist öffentlich-rechtlicher Natur. Ihre Höhe bestimmt sich unter Beachtung des Leistungsprinzips aus dem letzten erreichten Amt und der Dauer der ruhegehaltfähigen Dienstzeit. Außerdienstliche Faktoren haben keinen Einfluss auf die Höhe der Versorgung. Eine Ehescheidung ist eindeutig der privaten Lebensführung der Beamtinnen und Beamten zuzurechnen. Sie kann deshalb nicht zu einer höheren als der erdienten Versorgung führen . Ursächlich für die Problemlage, in der sich die betroffenen Beamtinnen und Beamten befinden, ist die Tatsache, dass die gesetzliche Rentenversicherung die aus dem Versorgungsausgleich resultierenden Ansprüche noch nicht erbringt. Es besteht keine Veranlassung für den Dienstherrn der ausgleichsberechtigten Beamtinnen und Beamten, diese sich aus dem Rentenrecht ergebende Lücke durch eine Aufstockung der Beamtenversorgung auszugleichen. Dies würde in allen Fällen, in denen zwar der ausgleichsberechtigte, nicht aber der ausgleichspflichtige Ehegatte Beamter des Landes Niedersachsen ist, zu einer ungerechten Kostenverteilung führen. (Verteilt am 09.09.2019) Drucksache 18/4513 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Anja Piel, Christian Meyer und Meta Janssen-Kucz (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums Wie kann die Versorgungslücke aufgrund einer besonderen Altersgrenze für niedersächsi-sche Polizeibeamtinnen und -beamte beim Versorgungsausgleich geschlossen werden?