Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4594 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Christian Meyer und Dragos Pancescu (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Beamtinnen und Beamte der Landespolizei bei Einsätzen der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Christian Meyer und Dragos Pancescu (GRÜNE), eingegangen am 19.08.2019 - Drs. 18/4386, an die Staatskanzlei übersandt am 22.08.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 13.09.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Durch eine Recherche von Arne Semsrott und Luisa Izuzquiza, veröffentlicht u. a. durch das Recherchezentrum Correctiv, wurden Vorwürfe zu Menschenrechtsverletzungen bei Einsätzen der Grenzschutzagentur Frontex bekannt. Vorbemerkung der Landesregierung Mit der Beteiligung an internationalen Friedensmissionen und bilateralen Polizeiprojekten und der damit verbundenen Entsendung deutscher Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamter (PVB) in außerdeutsche Einsatzgebiete nimmt die Bundesrepublik Deutschland eine wichtige außenpolitische Verpflichtung als verlässlicher Partner der internationalen Staatengemeinschaften wahr. Eine personelle Beteiligung ist ungeachtet der Zuständigkeit des Bundes für die Außenpolitik gemeinsame Aufgabe der Polizeien des Bundes und der Länder. Mit Beschluss der 204. Sitzung vom 15. Bis 17. Juni 2016 befürwortete die Ständige Konferenz der Innenminister und Innensenatoren der Länder auch die personelle Unterstützung der Bundespolizei und entsprechende Beteiligung mit Personal der Polizeien der Länder an den von der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex koordinierten Einsätzen. Die Entsendung deutscher Polizeikontingente für den Frontex-Einsatz erfolgt zentral durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Verfassungsrechtliche Grundlage für den Frontex-Einsatz deutscher PVB ist Artikel 23 GG. Die Beteiligung an einem gemeinsamen europäischen Grenzschutz dient der Verwirklichung eines vereinten Europas im Sinne von Artikel 23 Abs. 1 GG. Aufgrund der Abordnung zum Bundespolizeipräsidium und der dann folgenden bundesseitigen Zuweisung zum jeweiligen Mandatgeber bzw. der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex unterliegen die niedersächsischen PVB deren geltenden Rechtsgrundlagen bzw. Weisungsbefugnissen. Die Personal-/Disziplinarhoheit für im Einsatz befindliche PVB obliegt weiterhin den Ländern, hier dem Land Niedersachsen. Die deutschen PVB arbeiten nach deutschen rechtsstaatlichen Grundätzen, die unrechtmäßige oder nicht den hiesigen Wertmaßstäben entsprechende Maßnahmen ausschließen. Entsprechend besteht die Verpflichtung , Menschenrechtsverletzungen oder Grundrechtsverstöße weder selbst zu begehen noch zu tolerieren und entsprechende Vorkommnisse namhaft zu machen. Die Bundesländer unterstützen in diesem Rahmen die Bundespolizei seit November 2015 durch einen freiwilligen Personalbeitrag mit bisher durchschnittlich zeitgleich etwa 30 PVB bei den Einsatzmaßnahmen der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex in Bulgarien, Griechenland, Italien und seit 2019 auch Spanien. Seit Anfang des Jahres 2016 beteiligt sich auch Niedersachsen mit der Entsendung von bisher 133 Polizistinnen und Polizisten (Stand: 03.09.2019). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4594 2 Der Einsatz erfolgt bei einer Einsatzdauer von jeweils ca. acht Wochen ausschließlich auf freiwilliger Basis und beinhaltet im Wesentlichen und abhängig vom Einsatzland die Tätigkeitsfelder Grenzüberwachung, Identitätsfeststellung durch die Abnahme von Fingerabdrücken, Befragung und Registrierung, Dokumentenprüfung sowie Rückführung nicht schutzbedürftiger Migrantinnen und Migranten. Wegen der globalen Entwicklungen, der Zunahme von Konflikten jedweder Art sowie der Gefahr des Zerfalls von Staaten zugunsten terroristischer Gebilde und der damit einhergehenden zunehmend spürbaren Belastungen, aber eben auch essenziellen Bedrohungen in Europa ist Niedersachsen auch zukünftig zu einer weiteren Entsendung niedersächsischer Polizistinnen und Polizisten in die von Frontex koordinierten Einsätze bereit. 1. Wurden in den vergangenen fünf Jahren Beamtinnen und Beamte der niedersächsischen Landespolizei zu Einsätzen der Grenzschutzagentur Frontex entsandt? Ja. Siehe Vorbemerkungen. 2. Falls ja, wie viele Beamtinnen und Beamte wurden entsandt, und in welche Mitgliedstaaten der EU wurden sie entsandt (bitte nach Jahr und Mitgliedstaat aufschlüsseln)? Der bisherige niedersächsische Personalbeitrag (Stand: 03.09.2019) ergibt sich aus nachstehender Tabelle. Die Zurechnung zu Kalenderjahren erfolgte auf Basis des Datums des jeweiligen Einsatzbeginns . 2016 2017 2018 2019 Gesamt Polizei Niedersachsen 25 44 35 29* 133 Bulgarien (BGR) 1 11 14 11* 37 Griechenland (GRC) 21 21 13 14* 69 Italien (ITA) 3 12 8 4* 27 * Für den weiteren Jahresverlauf 2019 sind zusätzliche Entsendungen bereits in der Vorbereitung bzw. zu erwarten. 3. Waren der Landesregierung die Vorwürfe bekannt, wonach Menschenrechtsverletzungen bei Einsätzen von Frontex mindestens geduldet wurden? Der Landesregierung sind entsprechende Vorwürfe bzw. Mutmaßungen derzeit ausschließlich aus der öffentlichen Berichterstattung bekannt. 4. Gab es Hinweise aus den Reihen der entsandten niedersächsischen Polizeibeamtinnen und -beamten auf die vorgeworfenen Menschenrechtsverletzungen? Nein. Der Landesregierung sind keine entsprechenden Hinweise niedersächsischer PVB bekannt geworden (Stand: 03.09.2019). 5. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung in Bezug auf die Entsendung niedersächsischer Polizeibeamtinnen und -beamter zu Grenzschutzeinsätzen von Frontex, falls sich die Vorwürfe erhärten? Zu möglichen Konsequenzen können derzeit in Ermangelung belegter Informationen noch keine Ausführungen gemacht werden. Die Landesregierung wird sich mit dieser Frage eingehend beschäftigen , soweit sich die Vorwürfe gegebenenfalls erhärten, belastbare Erkenntnisse vorliegen und beurteilungsfähige Fakten verfügbar sind. (Verteilt am 17.09.2019) Drucksache 18/4594 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay, Christian Meyer und Dragos Pancescu (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Beamtinnen und Beamte der Landespolizei bei Einsätzen der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex