Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4596 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Clans in Niedersachsen Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD), eingegangen am 09.08.2019 - Drs. 18/4342 an die Staatskanzlei übersandt am 14.08.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 13.09.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Laut „NWZ online“ vom 23. Juli 2019 sind sogenannte Clans im Oldenburger Land sehr aktiv (https://www.nwzonline.de/blaulicht/oldenburg-region-organisierte-kriminalitaet-im-oldenburgerland -clans-auch-in-region-aktiv_a_50,5,1508799436.html). Vorbemerkung der Landesregierung Die Bekämpfung krimineller Clanstrukturen ist seit Jahren Gegenstand sicherheitsstrategischer Befassungen in Niedersachsen. Wiederholt wurde in der Beantwortung Kleiner Anfragen u. a. der Abgeordneten Genthe, Oetjen u. a. (FDP) zu „Clankriminalität in Niedersachsen“, Drs. 18/973 vom 27.06.2018 oder anlässlich einer Aktuellen Stunde zu der Anfrage der Fraktion der AfD zum Thema „Kriminelle Familienclans in Niedersachsen - Unternimmt die Landesregierung genug?“ zu TOP 2 a am 22.08.2018 sowie der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Ahrends (AfD) zu „Einsatz des SEK der Polizei in Delmenhorst“, Drs. 18/1606 vom 12.09.2018 und der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Ahrends (AfD) zu „Clan-Familien in Niedersachsen“, Drs. 18/3427 vom 05.04.2019 sowie in mehreren zurückliegenden Kleinen schriftlichen und Mündlichen Anfragen in der 17. Legislaturperiode von der Landesregierung deutlich herausgestellt, dass sich der Fokus polizeilicher und justizieller Maßnahmen nicht gegen ganze Clans oder Großfamilien richtet, sondern auf Straftaten, Ordnungsverstöße und Gefahrensituationen, welche durch Angehörige krimineller Clans oder unter Ausnutzung krimineller Clanstrukturen begangen werden. Bei aller Notwendigkeit einer klaren Problembeschreibung und Lagedarstellung im Zusammenhang mit kriminellen Clans oder Clanangehörigen gilt nach wie vor der Grundsatz, sorgsam zu differenzieren und einer Stigmatisierung ganzer Bevölkerungsgruppen entgegenzuwirken. Vor diesem Hintergrund werden ausschließlich als Straftäter oder Gefährder in Erscheinung tretende Clanangehörige in polizeilichen Vorgangsbearbeitungs- und Informationssystemen erfasst. Allgemeine Statistiken über Clan- bzw. Großfamilien oder deren Mitglieder werden nicht geführt. Stattdessen verfügt die Landesregierung über ein Konzept zur Bekämpfung krimineller Clanstrukturen : Im März 2018 wurde die „Landesrahmenkonzeption zur Bekämpfung krimineller Clanstrukturen in Niedersachen“, die der Gewährleistung landesweit einheitlicher Standards bei der Bekämpfung und Einsatzbewältigung in diesem Phänomenbereich dient und auf einen ganzheitlichen und niedrigschwelligen Bekämpfungsansatz zielt, in Kraft gesetzt. Die Landesrahmenkonzeption sieht u. a. vor, den kriminellen Clanstrukturen konsequent mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln zu begegnen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4596 2 1. Wie viele Clanmitglieder leben aktuell in Niedersachsen, und welche Staatsangehörigkeit (en) haben die Mitglieder? Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen. 2. Wie viele der unter Punkt 1 genannten Clanmitglieder leben im Oldenburger Land (bitte nach Städten/Landkreisen aufschlüsseln)? Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen. 3. Wie viele der in Niedersachsen lebenden Clanmitglieder sind bereits wegen Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten? Das Phänomen der Clankriminalität wird in Niedersachsen im Bereich der Polizei grundsätzlich auf Basis erkannter clankrimineller Strukturen ausgewertet. Im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem wird dazu recherchiert, ob Personen, die diesen Strukturen zugerechnet werden, polizeilich als Verdächtige, Tatverdächtige oder Beschuldigte in Erscheinung getreten sind. Das sich daraus ergebende Bild ist Gegenstand von periodischen Lagebildern, die das Landeskriminalamt seit 2013 jährlich fertigt, und beschränkt sich auf die Zählung von Straftaten, die durch Angehörige von Clanstrukturen aus dem Kreis der sogenannten Mhallamiye begangen wurden. Hierbei handelt es sich um eine Bevölkerungsgruppe, deren ursprüngliche Siedlungsgebiete hauptsächlich in bestimmten Regionen in der Türkei, aber auch im Libanon und weiteren Ländern zu finden sind. Kulturell gehören sie eher der arabischen Bevölkerungsgruppe an. Im Jahr 2016 wurden 882 Ermittlungsverfahren, im Jahr 2017 878 Ermittlungsverfahren und im Jahr 2018 822 Ermittlungsverfahren gegen kriminelle Angehörige der Mhallamiye eingeleitet. Zahlen für andere Ethnien liegen nicht vor. Die Zahlen für das Jahr 2019 wurden noch nicht erhoben. 4. Wie ist die Entwicklung der von Clanmitgliedern in Niedersachsen begangenen Straftaten in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 zu beurteilen? Welche Straftaten wurden im Einzelnen begangen (bitte nach Deliktgruppen für die einzelnen Jahre aufschlüsseln )? Im polizeilichen Lagebild zur clankriminellen Strukturen wurden bislang im „statistischen Überblick“ ausschließlich Aktivitäten der Mhallamiye beleuchtet. Das deliktische Spektrum hat sich in den vergangenen Jahren nicht maßgeblich verändert. Wie in den Vorjahren dominierten hier auch 2018 gefährliche Körperverletzungen, Bedrohungslagen, Beleidigungstaten und Sachbeschädigungen. Häufig dürften diesen Taten auf einen spontanen Tatentschluss hindeuten, der auch eine latente Gewaltbereitschaft widerspiegelt. Betrugstaten nehmen ebenfalls wieder eine herausgehobene Stellung ein. Eine über den Kreis der Mhallamiye hinausgehende Beantwortung ist nicht möglich. 5. Wie viele Clanmitglieder sind in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 in welche Länder abgeschoben worden? Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen. 6. Wie viele Polizisten und Justizbeamte sind in Niedersachsen in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 von Clanmitgliedern bedroht bzw. angegriffen worden (bitte nach Art der Bedrohungen/Angriffe einzeln aufschlüsseln)? Die Clan-Zugehörigkeit Beschuldigter wird auch bei der Justiz weder statistisch erfasst noch ist sie automatisiert anhand der Vorgangsbearbeitungs- und Verwaltungssysteme feststellbar. Die Fragestellung ließe sich vielmehr nur aufgrund einer händischen Auswertung des gesamten Aktenbe- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4596 3 standes bei den niedersächsischen Staatsanwaltschaften beantworten. Damit wäre ein Aufwand verbunden, der ohne Verletzung der gesetzlichen Aufgaben der Staatsanwaltschaft, zu denen vor allem die zügige und nachhaltige Aufklärung und Verfolgung von Straftaten gehört, nicht zu leisten wäre. Eine solche Auswertung würde daher das zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage Zumutbare und Leistbare übersteigen und muss deshalb unterbleiben. Darüber hinaus wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. (Verteilt am 17.09.2019) Drucksache 18/4596 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Clans in Niedersachsen