Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4608 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer und Helge Limburg (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Was tut der vom Land beauftragte Dienstleister bei der Jagd auf den Rodewalder Rüden? Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer und Helge Limburg (GRÜNE), eingegangen am 14.08.2019 - Drs. 18/4360 an die Staatskanzlei übersandt am 19.08.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 16.09.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten „83 000 Euro - so viel hat das Land Niedersachsen bislang die erfolglose Jagd auf den Leitwolf des Rodewalder Rudels im Kreis Nienburg gekostet. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Landtag hervor. Ein Großteil der Kosten entfallen demnach auf einen ‚Dienstleister‘: Rund 48 200 Euro hat dieser dem Land bislang in Rechnung gestellt. Um was für eine Art Dienstleister es sich dabei handelt - dazu wollte sich das Umweltministerium nicht konkret äußern. Eine Sprecherin sagte NDR.de, es sei jemand, der das Land bei der ‚Individualisierung und dem Entnahme-Verfahren unterstützt‘“, so ein NDR-Bericht vom 7. August 20191. Auf eine weitere Anfrage von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu den verfügbaren Mitteln des Landes für Herdenschutzmaßahmen hatte das Umweltministerium zuvor geantwortet (Drucksache 18/4273): „Im Kapitel 15 20 beträgt die Gesamtsumme der Ansätze der Titelgruppe 71 für Ausgaben des Wolfsmanagements für das laufende Haushaltsjahr insgesamt 2 841 000 Euro. Die Ansätze der Titelgruppe 71 sind gegenseitig deckungsfähig und könnten im Rahmen dieser Deckungsfähigkeit gegebenenfalls auch zur Finanzierung von Präventionsmaßnahmen eingesetzt werden. (…) Im Jahr 2019 wurden bisher 484 Anträge für Präventionsmaßnahmen zum Herdenschutz gestellt. Die beantragte Summe für 365 dieser in 2019 gestellten Anträge beläuft sich auf rund 2,9 Millionen Euro. Für die Ermittlung dieser Zahl wurde das jeweils günstigste Angebot herangezogen. Die übrigen 119 Anträge kommen zu dieser Summe hinzu.“ Vorbemerkung der Landesregierung Für die Entnahme eines nicht besenderten Wolfes gibt es in Niedersachsen keine Präzedenz. Insofern ist die Maßnahme, die unter höchstmöglicher Schonung des Individuums sowie der übrigen Rudelmitglieder erfolgt, von großen Schwierigkeiten geprägt. Diese wurden durch die Aktivitäten von Störern noch verschärft. So lässt eine in sozialen Medien geschürte Missachtung der rechtsstaatlichen Entnahmeentscheidung Angriffe auf die an der Maßnahme Beteiligten befürchten und führt zu vielfachen Versuchen, die Anstrengungen vor Ort zu beeinträchtigen. 1 https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Wolfsjagd-83000-Euro-unddoch -kein-Abschuss,wolf4074.html Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4608 2 Im Ergebnis bleiben die Anstrengungen für eine zielgerichtete letale Entnahme des Wolfsrüden GW717m bislang ohne Erfolg. Die am 23.01.2019 erteilte Ausnahmegenehmigung ist daher mehrfach verlängert worden. An dem Sachverhalt, der die Entscheidung über die letale Entnahme des Wolfsrüden GW717m vom 23.01.2019 trägt, hat sich nichts geändert. Dieser Sachverhalt, dem Rissereignisse auf zum Selbstschutz befähigte Rinderherden im Territorium des Rodewalder Rudels (Landkreise Nienburg und Heidekreis sowie Region Hannover) zugrunde liegen, rechtfertigt die Zulassung einer Ausnahme vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot für das Individuum GW717m zur Abwendung erheblicher landwirtschaftlicher Schäden. Dies ist gerichtlich im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz bestätigt worden. Sowohl der erstinstanzliche Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg (Az: 5 B 472/19)2 als auch der zweitinstanzliche Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Az.: 4 ME 48/19)3 kommen zu dem Ergebnis, dass nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage alles dafür spricht, dass die erteilte Ausnahmegenehmigung für die letale Entnahme des Wolfsrüden GW717m rechtmäßig ist. Es ist davon auszugehen, dass der Wolfsrüde seine Fähigkeit, zum Selbstschutz befähigte Rinder anzugreifen und zu reißen, beibehalten hat, und es ist zu erwarten, dass er diese Fähigkeit weiter verfeinert und an andere Tiere des Rudels weitergibt. Die im Genehmigungsbescheid vom 23.01.2019 getroffene Schadensprognose hat weiter Bestand. Um die Entnahme weiter umsetzen zu können, ist die Genehmigung zuletzt bis zum 30.09.2019 verlängert worden. 1. Sind die Kosten für die Jagd auf den Rodewalder Rüden deckungsfähig mit den Mitteln zur Finanzierung von Präventionsmaßnahmen? Wie in der Vorbemerkung der Abgeordneten zutreffend festgestellt, sind alle Mittel der TGr. 71 gegenseitig deckungsfähig, so auch Titel 547 71 (nicht aufteilbare sächliche Verwaltungsausgaben) und 683 71 (Billigkeitszahlungen für Wolfsrisse und Zuwendungen für Präventionsmaßnahmen an Nutztierhalter). 2. Welche weiteren Ausgaben des Wolfsmanagements ohne Präventionsmaßnahmen zum Herdenschutz werden voraussichtlich aus den insgesamt 2,841 Millionen Euro verbraucht ? Billigkeitsleistungen 80.000 € Erstattung an die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (fachliche Stellungnahmen für Präventivanträge) 30.000 € Besenderung Cuxhaven für 2019 50.000 € Eingreiftruppe Herdenschutzhunde für 2019 30.000 € Fang Rodewalder Rüde (Dienstleister) 150.000 € Beauftragung DNA-Analysen 170.000 € Material für genetische Analysen 4.000 € Mitarbeiter- und Wolfsberaterschulungen 13.500 € Öffentlichkeitsarbeit 10.000 € Zaunmaterial (zum Verleih) 30.000 € Verbrauchs- und Arbeitsmaterialien, Wolfsberaterpauschalen, Transport toter Wölfe/Nutztiere (Pathologie), Fachliteratur usw. 300.000 € Pilotprojekt „Deich und Wolf“ mit dem Deichverband Osterstader Marsch e. V. 375.000 € Förderung eines Besenderungsprojekts der TiHo Hannover (Anteil 2019 gerundet) 156.000 € Gesamt 1.398.500 € 2 http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=57BA8B0BD DAEFE23778D50B6D9E91E31.jp15?doc.id=JURE190002863&st=null&doctyp=jurisr&showdoccase= 1¶mfromHL=true#focuspoint 3 http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=57BA8B0B DDAEFE23778D50B6D9E91E31.jp15?doc.id=MWRE190000686&st=null&doctyp=jurisr&showdoccase= 1¶mfromHL=true#focuspoint Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4608 3 3. Wie viele Mittel werden dieses Jahr voraussichtlich für die Finanzierung von Präventionsmaßnahmen ausgegeben werden können? Abzüglich der in der Antwort zu Frage 2 aufgeschlüsselten Kosten sowie vorbehaltlich unvorhergesehener Kosten verbleiben ca. 1,44 Millionen Euro zuzüglich zugewiesener Ausgabereste 2018 für die Förderung von Präventionsmaßnahmen im laufenden Jahr. 4. Wie viele Anträge für Präventionsmaßnahmen wurden 2019 bereits abgelehnt? Im Jahr 2019 wurden bisher acht Präventionsanträge abgelehnt, in allen betroffenen Fällen waren die Voraussetzungen für eine Förderung nicht gegeben. 5. Was passiert, wenn die bislang im Haushalt bereitgestellten Mittel für das Wolfsmanagement bzw. den Herdenschutz erschöpft sind? a) Wird die Förderung für Weidetierhalter eingestellt? Wenn ja, wann ist dies zu erwarten? Innerhalb der TGr 71 sind insgesamt noch ca. 2,21 Millionen Euro verfügbar. Die Mittel der TGr. 71 sind gegenwärtig ausreichend zur Finanzierung der Erfordernisse des Wolfsmanagements, insbesondere zur Förderung von Präventionsmaßnahmen zum Herdenschutz. b) Erhöht die Landesmittel den Fördertopf für Herdenschutzmaßnahmen? Wenn ja, wann ist dies geplant? Es wird davon ausgegangen, dass mit „Landesmittel“ die Landesregierung gemeint ist und es sich bei der Formulierung um ein Versehen handelt. Gegenwärtig sind Mittel der TGr 71 verfügbar (siehe Nr. 5 a). Sofern darüber hinaus ein Finanzierungsbedarf entstehen würde, wäre darüber zu gegebener Zeit zu entscheiden. 6. Was tut die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass von 484 Anträgen für Präventionsmaßnahmen aus dem Jahr 2019 bislang nur 116 bearbeitet wurden (Stand 31. Juli 2019), um die Bearbeitung zu beschleunigen und Weidetierhalter beim Herdenschutz besser zu unterstützen? Die Zahl der Anträge ist mittlerweile insgesamt auf 1 280, davon allein 508 aus 2019, angestiegen (Stand 05.09.2019). Die noch nicht bewilligten Anträge befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Bearbeitung. Um dies weiter zu unterstützen, wurden und werden die Geschäftsprozesse kontinuierlich verbessert und der Einsatz von Personal intensiviert. Jede Antragstellerin / jeder Antragsteller hat eine Bestätigung über den Antragseingang oder eine sonstige Mitteilung (Bewilligung, Ablehnung, Nachforderung o. ä.) erhalten. Derzeit (2019) befinden sich 175 Anträge in der weiteren (inhaltlichen) Bearbeitung. 247 Anträge wurden noch nicht weiter bearbeitet. 7. Werden Herdenschutzmaßnahmen für Rinder und Pferde aktuell von der Landesregierung gefördert? Unter bestimmten Voraussetzungen sind Herdenschutzmaßnahmen für Rinder und Pferde im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel förderfähig. Die Richtlinie Wolf regelt die Vorrausetzungen. Grundsätzlich sind im Rahmen der Richtlinie Wolf Maßnahmen zum Schutz von Schafen, Ziegen und Gatterwild förderfähig. Maßnahmen zum Schutz von Pferden oder Rindern kommen nur in Betracht , wenn amtlich festgestellte Wolfsübergriffe auf die jeweilige Tierart in mindestens drei Fällen innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten vor Antragstellung in einem Radius von 30 km aufgetreten sind. Abweichend hiervon ist im Einzelfall eine Förderung bereits nach einem amtlich festgestellten Wolfsübergriff möglich, wenn dabei die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger einen durch den Wolf verursachten Schaden selbst erlitten hat. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4608 4 8. Wie begründet die Landesregierung, dass dem Rodewalder Rüden nachgewiesene Risse auf Pferde nicht entschädigt wurden, weil nach der Auffassung des Landes kein wolfsabweisender Grundschutz vorhanden war? Es gab im Raum Rodewald drei Fälle, in denen Pferde durch den Wolf zu Schaden gekommen sind. In zwei Fällen wurden Billigkeitsleistungen im Rahmen der Richtlinie Wolf ausgezahlt. Bei einem Fall konnte die Auszahlung der Billigkeitsleistung nicht erfolgen, da die Voraussetzungen für eine Gewährung der Billigkeitsleistung nicht erfüllt waren. Ein wolfsabweisender Schutz ist im Rahmen der Richtlinie Wolf bei Rindern und Pferden keine Voraussetzung für eine Auszahlung von Billigkeitsleistungen. 9. Was tut der beauftragte Dienstleister, um den Wolf zu orten und seiner habhaft zu werden ? Es erfolgt ein intensives Monitoring des Geländes; außerdem werden Wildkameras eingesetzt. Im Übrigen äußert sich die Landesregierung, um den Erfolg der Maßnahmen sowie die damit befassten Personen nicht zu gefährden, nicht zu Details des Vorgehens, siehe auch Ausführungen in der Vorbemerkung. 10. Sind Berufsjäger mit der Tötung des Rodewalder Rüden beauftragt? Nein. 11. Wie viele Lebendfallen werden zur Jagd auf den Rodewalder Rüden eingesetzt? Siehe Antwort zu Frage 9. 12. Sind sogenannte Soft-Catch-Fallen inzwischen vom LAVES genehmigt? Nein. 13. Wurde der Auftrag an den Dienstleister durch eine Ausschreibung vergeben? Wenn ja, wie lautete sie? Aufgrund der Vorkommnisse im Territorium des Rodewalder Rudels war zur Abwendung erheblicher Schäden in der Weidetierhaltung die Entscheidung getroffen worden, Maßnahmen zur Entnahme des Leitwolfes des Rodewalder Rudels einzuleiten. Die am 23.01.2019 erteilte Ausnahmegenehmigung war jedoch bis zum 28.02.2019 befristet. Innerhalb dieses kurzen Zeitfensters war es nicht möglich, potenziellen Bietern eine angemessene Frist zur Abgabe eines Angebotes einzuräumen , da bei Einhaltung der gebotenen Fristen die Ausnahmegenehmigung bereits vor Abschluss des Vergabeverfahrens abgelaufen wäre. Nachdem alle Möglichkeiten zur Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen geprüft wurden, ist ein Dienstleister mit der Unterstützung der Maßnahmen beauftragt worden. 14. Wie erfolgreich waren bislang die Maßnahmen, den Rodewalder Wolf zu orten und seiner habhaft zu werden? Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung daraus? Es wird zunächst auf die Ausführungen in der Vorbemerkung verwiesen. Ortungen des GW717m führten bisher nicht zum abschließenden Erfolg. Die im Verlauf der Maßnahme gewonnenen Erfahrung und Erkenntnisse werden genutzt, um die Entnahme gleichwohl abschließen zu können. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4608 5 15. Wie viel Geld ist die Landesregierung noch bereit, für die Jagd auf den Rodewalder Rüden auszugeben? Kosten sind bei der Durchsetzung von rechtsstaatlichen Entscheidungen nicht der primär entscheidende Faktor. Es gilt in diesem Fall, Schäden für die Weidewirtschaft sowie den Artenschutz abzuwenden . Das gilt sowohl allgemein für die Akzeptanz der Art Wolf im ländlichen Raum als auch konkret für die Rodewalder Rudelmitglieder, die bisher nicht durch Risse ausreichend geschützter Nutztiere in Erscheinung getreten sind. 16. Wann gibt der Umweltminister gegebenenfalls die Jagd auf den Rüden auf? Die fortbestehende Notwendigkeit der artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung wird bei jeder Verlängerung sorgfältig fachlich geprüft. Sobald die Gefahr erheblicher Schäden gebannt ist, wird die Genehmigung auslaufen. (Verteilt am 18.09.2019) Drucksache 18/4608 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer und Helge Limburg (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Was tut der vom Land beauftragte Dienstleister bei der Jagd auf den Rodewalder Rüden?