Niedersächsischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4629 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dirk Adomat und Karsten Becker (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Welche Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren in Niedersachsen sind beim Bau von Windkraftanlagen in benachbarten Bundesländern einzuhalten? Anfrage der Abgeordneten Dirk Adomat und Karsten Becker (SPD), eingegangen am 16.07.2019 - Drs. 18/4196 an die Staatskanzlei übersandt am 19.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 20.09.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Der Ausbau der Windenergie ist ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Energiewende. Um die Akzeptanz von Windkraftanlagen bei den in deren Nähe lebenden Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen und unzumutbare Einschränkungen für diese auszuschließen, sind in Niedersachsen im Zuge der Planung von Windkraftanlagen umfangreiche Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen. Bürgerinnen und Bürger, die an der Landesgrenze Niedersachsens leben, können jedoch auch vom Bau von Windkraftanlagen in den benachbarten Bundesländern betroffen sein, wenn diese dort in der Nähe der Landesgrenze errichtet werden. Aktuell planen beispielsweise die Firmen PROWIND Osnabrück und die Silixen Bürgerwindpark GmbH den Bau von zwei Windkraftanlagen im Extertal und im Landkreis Lippe, die in direkter Nähe zur niedersächsischen Landesgrenze errichtet werden sollen. Vorbemerkung der Landesregierung Nach Auskunft des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen liegt dem Landkreis Lippe als zuständige immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde derzeit kein entsprechender Genehmigungsantrag vor. Die Firma Prowind GmbH, Osnabrück, beabsichtigt die Errichtung von zwei Windenergieanlagen im Außenbereich der Gemeinde Extertal. Die Vorhabenträgerin wird die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß § 7 Abs. 3 i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) beantragen. Das Genehmigungsverfahren wird daher im förmlichen Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach den Regelungen der 9. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über das Genehmigungsverfahren - (9. BImSchV) durchgeführt werden. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Fragestellung nicht auf kleine baurechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen bezieht, sondern auf immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen zur Nutzung von Windenergie mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m (siehe Nr. 1.6 des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV). Die Beteiligung der Öffentlichkeit für diese Anlagen erfolgt in unterschiedlichen Stadien der Vorhabenplanung und Genehmigung, wie nachfolgend dargestellt. Seit der Änderung des Baugesetzbuches (BauGB) im Jahr 1996 gehören Windenergieanlagen im Außenbereich zu den nach städtebaulichem Planungsrecht privilegierten Vorhaben (§ 35 Abs. 1 Niedersächsischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4629 2 Nr. 5 BauGB). Windenergieanlagen sind demnach im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Einer planerischen Festlegung von Standorten bzw. Flächen bedarf es insofern nicht. Der Bundesgesetzgeber hat mit der Einführung der Privilegierung der Anlagen allerdings einen sogenannten Planvorbehalt verbunden, um insbesondere die möglicherweise auftretenden negativen Auswirkungen derartiger Anlagen auf das Landschaftsbild zu vermeiden. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB können sowohl die Gemeinden in ihren Flächennutzungsplänen als auch die Träger der Regionalplanung mit der positiven Darstellung für Windenergieanlagen auf bestimmten Flächen gleichzeitig einen Ausschluss der Anlagen außerhalb dieser Flächen herbeiführen (sogenannte Konzentrationsplanung mit Ausschlusswirkung). Nach § 3 BauGB ist im Rahmen der Flächennutzungsplanung bundesweit einheitlich die Beteiligung der Öffentlichkeit im Aufstellungsverfahren der Bauleitpläne vorgeschrieben. Das vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und Betrieb von Windkraftenergieanlagen ist ebenfalls durch Bundesrecht geregelt (siehe u. a. § 10 Abs. 3, 4 und 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), Nr. 1.6 des Anhangs 1 zur Vierten Verordnung zur Durchführung des BImSchG (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV) und der 9. BImSchV (Verordnung über das Genehmigungsverfahren ). Ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung ist nicht in jedem Fall erforderlich (vgl. § 19 BImSchG). Diese Regeln gelten bundesweit einheitlich und somit auch über die Landesgrenzen . Darüber hinaus sind bei UVP-pflichtigen Vorhaben die Vorgaben des UVPG über die Beteiligung der Öffentlichkeit (vgl. §§ 18 ff. UVPG) zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften des Bundesimmissionsschutzrechts die Beteiligung der Öffentlichkeit nicht näher bestimmen oder in ihren Anforderungen hinter den §§ 18 ff. UVPG zurückbleiben (§ 1 Abs. 4 Satz 1 UVPG). 1. Wie wird die Beteiligung der in Niedersachsen lebenden und vom Bau von Windkraftanlagen jenseits der Landesgrenze betroffenen Bürgerinnen und Bürger an Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren sichergestellt? Bei der Bauleitplanung haben die Gemeinden die Öffentlichkeitsbeteiligung für die Aufstellung bzw. Änderung von Bauleitplänen ortsüblich, d. h. in amtlichen Veröffentlichungsblättern oder in örtlichen Tageszeitungen und zusätzlich im Internet bekannt zu machen. Die jeweiligen Internetseiten der Gemeinden mit der Bekanntmachung und den auszulegenden Planunterlagen sind auch über die zentralen Internetportale der Länder zugänglich. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren haben die zuständigen Genehmigungsbehörden Vorhaben mit Öffentlichkeitsbeteiligung in ihren amtlichen Veröffentlichungsblättern und außerdem im Internet oder den örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standorts der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG). Bei UVP-pflichtigen Anlagen hat diese Bekanntmachung zusätzlich über das zentrale Internetportal nach § 20 Abs. 1 UVPG zu erfolgen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 9. BImSchV). Dies ist auch über die Landesgrenzen hinaus zu berücksichtigen. 2. Stehen diesen Bürgerinnen und Bürgern weniger Möglichkeiten der Beteiligung zu, als dies beim Bau von Windkraftanlagen auf niedersächsischem Boden der Fall wäre? Nein. Siehe Vorbemerkung der Landesregierung. 3. Enden entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren an der Landesgrenze? Nein. Siehe Vorbemerkung der Landesregierung. Niedersächsischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4629 3 4. Gibt es in benachbarten Bundesländern an der Grenze zu Niedersachsen Flächen, auf denen ohne eine Bürgerbeteiligung der betroffenen niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger Windkraftanlagen gebaut werden dürfen? Siehe Vorbemerkung der Landesregierung. 5. Welche Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung hatten die von den von den Firmen PRO- WIND Osnabrück und Silixen Bürgerwindpark in Silixen im Extertal geplanten Windkraftanlagen betroffenen Bürgerinnen und Bürger? Siehe Vorbemerkung der Landesregierung. 6. Wann und auf welche Weise wurden die betroffenen Bürgerinnen und Bürger über die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen dieses Projektes informiert? Wenn der vollständige und prüffähige Genehmigungsantrag vorliegt, wird das Verfahren nach den Regelungen der 9. BImSchV sowie des BImSchG eingeleitet. Die Information der Öffentlichkeit erfolgt dann durch die Bekanntmachung im „Kreisblatt - Amtsblatt des Kreises Lippe und seiner Gemeinden“, in der Tageszeitung vor Ort und angrenzend in Niedersachsen sowie im Internet auf den Seiten der Kreisverwaltung Lippe (www.kreis-lippe.de) unter: Natur und Umwelt > Immissionsschutz > Amtliche Bekanntmachungen und über das UVP-Portal unter: www.uvp-verbund.de. (Verteilt am 24.09.2019) Drucksache 18/4629 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dirk Adomat und Karsten Becker (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Welche Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren in Niedersachsen sind beim Bau von Wind-kraftanlagen in benachbarten Bundesländern einzuhalten?