Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4653 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Fristversäumnisse bei Dublin-Überstellungen Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD), eingegangen am 03.09.2019 - Drs. 18/4521 an die Staatskanzlei übersandt am 09.09.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 25.09.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) geht gemäß Artikel 29 Dublin-III-VO die Zuständigkeit für ein eigentlich unzulässiges Asylverfahren auf die Bundesrepublik Deutschland über, wenn eine Überstellung nicht innerhalb von sechs Monaten (in besonderen Fällen nach 12 bzw. 18 Monaten) nach der Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch den zuständigen Dublin-Mitgliedstaat gelingt. Fristversäumnisse haben weiteren Verwaltungsaufwand zur Folge, und durchgeführte Verwaltungsund Gerichtsverfahren, in denen die Unzulässigkeit der Asylanträge festgestellt wurden, werden folgenlos. Infolge des weiterzuführenden Asylverfahrens und der damit einhergehenden Aufenthaltsberechtigung der betroffenen Ausländer entstehen entsprechende Kosten. Verwaltungsrichter beklagen gescheiterte Abschiebungen. In den Monaten Januar und Februar konnten in Hessen in 255 Fällen Abschiebungen von Migranten, deren Asylanträge nach der Dublin -III-VO unzulässig waren, nicht wie geplant vollzogen werden, 147 Überstellungen fanden statt (https://www.welt.de/regionales/hessen/article192228055/Gerichtspraesident-Abschiebungen-in- EU-Laender-scheitern.html). 1. Wie hoch ist die Anzahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer in Niedersachsen , deren Asylanträge gemäß der Dublin-Verordnung unzulässig sind? Für die Durchführung des Verfahrens nach der Dublin-III-Verordnung ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig. Eigene statistische Daten liegen der Landesregierung daher nicht vor. Aus dem Ausländerzentralregister lässt sich die von der Fragestellung geforderte Anzahl durch das Land nicht ermitteln. Nach Auskunft des BAMF werden die entsprechenden Daten statistisch nicht erhoben. 2. Wie hoch war die Anzahl derjenigen in Niedersachsen wohnhaften Ausländer, deren Asylanträge als unzulässig abgelehnt wurden, die aber trotzdem nicht freiwillig ausreisten und nicht innerhalb der Fristvorgaben gemäß Artikel 29 Dublin-III-VO abgeschoben wurden, in den Jahren 2016, 2017, 2018 und 2019? Eine Statistik nach den Maßgaben der Fragestellung wird nicht geführt. Insbesondere sind die beim Landeskriminalamt Niedersachsen vorliegenden Daten über gescheiterte Überstellungsversuche nach der Dublin-III-Verordnung nicht deckungsgleich mit der Anzahl der Personen, die nicht innerhalb der Frist nach der Dublin-III-Verordnung überstellt worden sind, da beispielsweise mehrere Versuche für eine Person erfasst sein können oder ein Überstellungsversuch innerhalb der Frist nicht unternommen werden konnte. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4653 2 3. In wie vielen Fällen ist in den vorgenannten Jahren die Zuständigkeit für das Asylverfahren in Niedersachsen lebender Migranten aufgrund nicht fristgerechter Überstellungen auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Sind der Landesregierung die Gründe bekannt, die zu den Fristversäumnissen führen? Welches sind die häufigsten Ursachen? Die Gründe, aus denen Überstellungen im Vorfeld nicht vollzogen werden können oder diese während der laufenden Maßnahme scheitern, sind vielfältig. Zu den häufigsten Ursachen zählt das Nichtantreffen der zu überstellenden Person oder eines (minderjährigen) Familienangehörigen. Widerstandshandlungen während des Vollzugs der Überstellung , die zur Stornierung der Maßnahme führen, sind demgegenüber quantitativ weniger bedeutsam . Dies gilt auch für die Einzelfälle, in denen der Pilot des Flugzeugs die Mitnahme der zu überstellenden Person verweigert. Zudem sind auch bei Überstellungen nach der Dublin-III-Verordnung inlandsbezogene Vollzughindernisse zu prüfen, deren Bewertung in der Zuständigkeit des BAMF liegt und die zur Duldung des Aufenthalts führen. Lediglich am Tag der Überstellung prüfen die Behörden der Länder auf Grundlage der Vorgaben des BAMF, ob Gründe vorliegen, die zur Aussetzung des Vollzugs führen. Insofern kann auch eine mangelnde Reisefähigkeit am Überstellungstag zum Abbruch der Maßnahme führen. 5. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung in den vergangenen Jahren ergriffen, um fristgerechte Überstellungen durchzusetzen? In Niedersachsen wird der Rückführungsvollzug konsequent vollzogen. Im Unterschied zu Rückführungen in das Herkunftsland sind bei Überstellungen nach der Dublin-III-Verordnung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen EU-Staat die von diesem vorgegebenen Überstellungsmodalitäten zwingend zu beachten. Zu diesen Vorgaben zählt neben der Bestimmung des Flughafens, zu welchem die zu überstellende Person zu bringen ist, vor allem ein genauer Zeitrahmen , innerhalb dessen die Überstellung zu erfolgen hat. So werden nicht nur die einzelnen Kalendertage vorgegeben, sondern auch das Zeitfenster an diesen Tagen. In der Regel sind Überstellungen spätestens bis 14 Uhr möglich. An diesen Vorgaben orientiert sich die Flugbuchung im Einzelfall . Überstellungen werden regelmäßig mit Linienflügen vollzogen. Dies hat zur Folge, dass in Einzelfällen, vor allem wenn bereits ein oder mehrere Überstellungsversuche gescheitert sind, ein weiterer Versuch erst zum Ende des Überstellungsfrist möglich ist. Die niedersächsischen Ausländerbehörden sind per Erlass aufgefordert worden, von Ordnungsverfügungen nach § 46 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes Gebrauch zu machen, mit denen die zu überstellenden Personen aufgefordert werden, der Ausländerbehörde zu melden, wenn sie beabsichtigen , sich innerhalb des in der Verfügung genannten Zeitraums nicht in der ihnen zugewiesenen Unterkunft aufzuhalten. Zudem soll bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Abschiebungshaft zur Sicherung der Maßnahme zu beantragt werden. Der Verstoß gegen eine Ordnungsverfügung kann einen Haftgrund darstellen. Darüber hinaus sollen Personen, auf die die Dublin-III- Verordnung Anwendung findet, nach Maßgabe der gesetzlichen Rahmenbedingungen möglichst in der Erstaufnahmeeinrichtung verbleiben, um damit auch die Wahrscheinlichkeit eines Antreffens zu erhöhen. Niedersachsen setzt sich zudem auf Bund-Länder-Ebene verstärkt dafür ein, dass der Bund seine Bemühungen auf EU-Ebene intensiviert, bei den anderen EU-Staaten eine Akzeptanz von Überstellungen mittels Charterflügen bzw. Kontingentmaßnahmen zu erreichen. Des Weiteren fordert es die Aufstockung der Personalressourcen für Sicherheitsbegleitungen bei der Bundespolizei, um die Durchführung begleiteter Flugrückführungsmaßnahmen zu gewährleisten. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4653 3 6. Welche Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zu ergreifen, um Fristversäumnisse zukünftig zu vermeiden? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. (Verteilt am 27.09.2019) Drucksache 18/4653 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Fristversäumnisse bei Dublin-Überstellungen