Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4703 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Islamisten in Niedersachsen Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD), eingegangen am 27.08.2019 - Drs. 18/4433 an die Staatskanzlei übersandt am 30.08.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 01.10.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Laut WELT online vom 25. August 2019 sind 2019 bislang 27 Islamisten aus Deutschland abgeschoben worden, 2018 waren es insgesamt 52 abgeschobene Islamisten (https://www.welt.de/ politik/deutschland/plus199113689/Gefaehrder-Ismail-Shalabi-Denn-sie-werden-ihn-nicht-los.html). Vorbemerkung der Landesregierung Die nachhaltige Bekämpfung des islamistisch motivierten Extremismus und Terrorismus hat für die Landesregierung höchste Priorität und bildet seit Langem einen Schwerpunkt im Rahmen der Aufgabenbewältigung und strategischen Ausrichtung der niedersächsischen Sicherheitsbehörden. Neben einer konsequenten Strafverfolgung und Präventionsarbeit werden auf der Grundlage im Einzelfall vorliegender Erkenntnisse durch die zuständigen Behörden auch alle für einen effektive Gefahrenabwehr notwendigen rechtlich zulässigen Maßnahmen getroffen. Die Ausländerbehörden können u. a. nach § 73 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) personenbezogene Daten betroffener Personen über das Bundesverwaltungsamt an die Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste übermitteln, die ihrerseits Versagungsgründe gegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder Sicherheitsbedenken vor der Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels oder einer Duldung oder Aufenthaltsgestattung mitzuteilen haben. Wie in der Antwort auf die Landtagsanfrage „Durch Gefährder verursachte Kosten“ (Drs. 18/2059) dargelegt, werden in Niedersachsen im Ministerium für Inneres und Sport mit hoher Priorität fortlaufend auf der Grundlage vorliegender Erkenntnisse insbesondere zu Personen, die als Gefährder eingestuft sind und eine ausländische Staatsangehörigkeit haben, aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten bis hin zu einer Aufenthaltsbeendigung geprüft. Handelt es sich um einen vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer, steht die konkrete Rückführung im Vordergrund. Ist dies noch nicht der Fall, kommen neben einer Ausweisung nach §§ 53 ff. AufenthG insbesondere auch die Versagung eines Aufenthaltstitels sowie eine Abschiebungsanordnung nach § 58 a AufenthG in Betracht. Die Zuständigkeit für entsprechende Maßnahmen - ausgenommen der Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 58 a AufenthG - ist bei den kommunalen Ausländerbehörden verortet. Die Maßnahmen werden vom Ministerium für Inneres und Sport begleitet. In der dafür dort eingerichteten „Arbeitsgruppe Einzelfälle“ werden ausländerrechtliche Maßnahmen bei ausweisungsrelevanten Personen mit islamistisch-extremistischem oder terroristischem Hintergrund geprüft und unter den in der Arbeitsgruppe Beteiligten, insbesondere mit den niedersächsischen Sicherheitsbehörden, abgestimmt. Gleichermaßen ist dabei das Bundesamt für Migration Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4703 2 und Flüchtlinge einbezogen, sodass gegebenenfalls Maßnahmen wie der Widerruf der Flüchtlingseigenschaft oder die Beschleunigung der Asylverfahrens bei negativer Bleibeperspektive in den Blick genommen werden können. Soweit länderübergreifende Bezüge bestehen, erfolgt die Abstimmung parallel auf Bundesebene in der durch das Bundesinnenministerium eingerichteten „Arbeitsgruppe Statusrechtliche Begleitmaßnahmen “. So wird sichergestellt, dass Erkenntnisse der Bundesbehörden eingebracht werden und zugleich ein abgestimmtes Vorgehen ermöglicht wird. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass eine eventuelle Bewertung der in der o. a. Vorbemerkung zitierten Presseveröffentlichung von Fallzahlen am 25.09.2019 dem Bundesministerium für Inneres, Bau und Heimat obliegt und diese durch die Landesregierung nicht weiter kommentiert wird. 1. Wie viele Islamisten wurden 2018 und 2019 aus Niedersachsen abgeschoben und in welche Länder? 2. Waren unter den in den Jahren 2018 und 2019 aus Niedersachsen abgeschobenen Islamisten auch Personen, die den Status „Gefährder“ hatten (bitte nach Jahr und Herkunftsland auflisten)? Die Fragen 1 und 2 werden zusammenfassend wie folgt beantwortet: Der niedersächsische Verfassungsschutz liefert im Rahmen seiner gesetzlichen Mitwirkungsaufgabe regelmäßig den Ausländerbehörden extremistische Erkenntnisse in ausländerrechtlichen Verfahren zu. Ergebnisstatistiken im Sinne der Fragestellung werden im Verfassungsschutz aber nicht geführt. Unter Hinweis auf die Vorbemerkung ergeben sich folgende Abschiebungsdaten für die Personen, welche in den genannten Arbeitsgruppen behandelt werden bzw. wurden: 2018 2019 (Stand 09.09.2019) Insgesamt 5 6 davon Gefährder* - 3 * Einstufung als Gefährder durch das LKA Niedersachsen im Bereich Politisch motivierte Kriminalität Rückführungen im Sinne der Fragestellungen erfolgen grundsätzlich in den Staat, dessen Staatsangehörigkeit die betroffene Person besitzt respektive in einen anderen Staat, in den diese einreisen darf oder der zur Übernahme der Person verpflichtet ist. Eben daher ist für die in der vorliegenden Kleinen Anfrage behandelte Abschiebung von Personen nicht deren Herkunftsland ausschlaggebend , sondern, im Sachkontext stehend, vielmehr auf die Staatsangehörigkeit der Person zu reflektieren . Diese Personen hatten nachstehende Staatsangehörigkeiten: 2018 2019 (Stand 09.09.2019) Staatsangehörigkeiten Algerien Georgien Marokko Serbien Tunesien Bosnien und Herzegowina Georgien Libanon Marokko Russische Föderation Tunesien 3. Wie viele Islamisten leben aktuell in Niedersachsen, und wie viele haben davon den Status „Gefährder“ (bitte nach Herkunftsland auflisten)? Ausweislich des niedersächsischen Verfassungsschutzberichtes 2018 umfasst das Islamismus- Potenzial für Niedersachsen derzeit etwa 1 530 Personen. Die Frage nach den Herkunftsländern respektive Staatsangehörigkeiten der aktuell in Niedersachsen lebenden Islamisten kann seitens des Verfassungsschutzes nur mithilfe einer händischen Auswertung der einzelnen Datensätze bzw. der dazu gehörenden Papierakten beantwortet werden. Eine solche Auswertung würde das zur Be- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4703 3 antwortung einer Kleinen Anfrage Zumutbare und Leistbare übersteigen und ist deshalb unterblieben . Außerdem liegen nicht zu allen Islamisten eindeutige Identifizierungen vor, bzw. es handelt sich um Personenpotenziale. Der Berichterstattung des Landeskriminalamts Niedersachsen vom 12.09.2019 zufolge hat nach derzeitiger Erkenntnislage ein mittlerer zweistelliger Bereich der dort im Phänomenbereich Politisch motivierte Kriminalität - religiöse Ideologie - als Gefährder eingestuften Personen seinen Wohnort oder regelmäßigen Aufenthalt in Niedersachsen. Bei der Staatsangehörigkeit bzw. den Staatsangehörigkeiten handelt es sich um Deutschland, Algerien, Kamerun, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien , Türkei sowie die ungeklärte Staatsangehörigkeit. 4. Wie viele Islamisten mit dem Status „Gefährder“ befinden sich in Haft (bitte nach Herkunftsland auflisten)? Von den in der Antwort zu Frage 3 genannten Gefährdern befindet sich eine hohe einstellige Anzahl an Personen derzeit in deutschen Haftanstalten. Die Frage hinsichtlich der Staatsangehörigkeit der in Haft befindlichen Gefährder kann insbesondere ob der geringen Fallzahl nicht im Rahmen dieser Anfrage beantwortet werden. Gemäß Artikel 24 Abs. 3 der Niedersächsischen Verfassung (NV) braucht die Landesregierung einem Auskunftsverlangen von Mitgliedern des Landtags nicht zu entsprechen, soweit durch das Bekanntwerden von Tatsachen dem Wohl des Landes oder des Bundes Nachteile zugefügt werden oder schutzwürdige Interessen von Personen betroffen sind. Aufgrund der nur geringen Anzahl an Personen, die in Haft sitzen, ist nicht auszuschließen, dass durch die Nennung der Anzahl in Verbindung mit der Angabe ihres Herkunftslands eine Identifizierung der konkret als „Gefährder“ eingestuften Personen ermöglicht wird. Dies könnte zum einen das informationelle Selbstbestimmungsrecht dieser Personen verletzten (Artikel 24 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 NV), da deren Identität gegenüber einem nicht eingrenzbaren Personenkreis bekannt werden könnte. Zum anderen könnten auf diesem Weg aber auch Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der niedersächsischen Sicherheitsbehörden gefährdet werden (Artikel 24 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 NV). Durch eine Identifizierung dieser Personen im Einzelfall können Kriterien zur Identifizierung und zur Einstufung als „Gefährder“ sowie Verfahrensweisen mit diesem Personenkreis allgemein bekannt werden. Die Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen von Sicherheitsbehörden mit Gefährdern sind im Hinblick auf die künftige Aufgabenerfüllung besonders schutzwürdig. Insofern können Nachteile für das Land und den Bund durch deren Nennung in schriftlicher Beantwortung nicht ausgeschlossen werden. Eine Beantwortung der Frage zur Staatsangehörigkeit der Gefährder kann im Rahmen einer vertraulichen Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes beantwortet werden. 5. Wo befinden sich die regionalen Schwerpunkte der in Niedersachsen lebenden Islamisten ? Die regionalen Schwerpunkte der islamistischen Szene in Niedersachsen liegen insbesondere in den großen Städten, wie Braunschweig, Göttingen oder Hannover. Darüber hinaus sind Aktivitäten von Islamisten aber auch landesweit festzustellen. 6. Was unternimmt die Landesregierung, um möglichst viele Islamisten aus Niedersachsen abzuschieben, vor allem auch diejenigen mit dem Status „Gefährder“? Siehe Vorbemerkung. (Verteilt am 04.10.2019) Drucksache 18/4703 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Islamisten in Niedersachsen